Die Firmenkantine war voller Menschen, was es für Frau Lee und ihr Gefolge zunächst schwierig machte, einen freien Tisch zu finden. In freudiger Erwartung darauf, das Mittagessen ganz ausfallen zu lassen, wollte Min Hyun sich gerade entschuldigen und ins Büro zurückkehren, als Herr Woo ihn sanft an der Schulter packte und nach rechts deutete.
„Oh, schau, dort wird ein Tisch frei! Schnell, bevor sich jemand anderes hinsetzt."
Er winkte Frau Lee zu und drückte Min Hyun dann fast auf den Stuhl. „Frau Lee und ich holen das Essen, und du bleibst hier sitzen und passt auf unsere Plätze auf, okay?"
Der Praktikant nickte und stieß einen lauten Seufzer aus, als Herr Woo sich in die Schlange neben der Theke einreihte.
„Ich habe echt keine Lust, diesen Mist zu essen... Das ist so verdammt nervig."
„Entschuldigung, sind Sie an diesem Tisch allein?" Min Hyun blickte auf bei der Stimme einer unbekannten Frau und sah eine recht jung aussehende Frau mit einem Tablett neben sich, auf dem lediglich ein grüner Salat und eine Flasche Sprudelwasser standen. Er erkannte sie nicht und es war ihm auch egal. Das Mädchen starrte ihn mit großen, fragenden Augen an, als hätte sie nicht die Absicht zu gehen, bevor sie nicht zumindest eine Antwort von ihm bekommen hätte. Also entschied Min Hyun sich, ihr zu antworten.
„Nein, ich bin mit meinen Kollegen hier, die warten gerade an der Schlange."
Er machte eine schnelle Handbewegung, die den Standort seiner Kollegen anzeigen sollte, und sah das Mädchen erneut an. Sie blickte zur sich bewegenden Reihe neben dem Tresen und strahlte plötzlich.
„Oh, sind Sie mit Frau Lee aus der Abteilung Account Management hier?"
„Ja."
„Ich kenne sie! Wir sind gute Freunde. Dann kann ich mich ja zu Ihnen setzen, sie wird sicher nichts dagegen haben."
Sie ließ sich auf den Stuhl gegenüber vom Tisch fallen und lächelte mit ihren Lippen und ihren Augen. Der Mann beobachtete, wie sie das Dressing über ihren Salat goss, und konnte sich eines weiteren genervten Gedankens nicht erwehren.
„Was zum Teufel ist an Frau Lee hier in der Firma so faszinierend? Ist sie hier die Büro-Zuhälterin oder was?"
Und genau als er diesen Gedanken zu Ende dachte, wurde ein Tablett mit Essen vor ihm abgestellt, und Frau Lee schrie fast direkt neben seinem Ohr,
„Hwang Na Ra! Lange nicht gesehen! Bist du gerade aus dem Urlaub zurück?"
Na Ra nickte sowohl Frau Lee als auch Herrn Woo zu, die nun neben Min Hyun saßen, und lächelte.
„Ja, ich habe meine Eltern auf der Insel Jeju besucht und eine Menge Mandarinen mitgebracht, also könnt ihr bald mit einer Lieferung rechnen."
Frau Lee faltete ihre Hände in einer offensichtlich inszenierten Aufregung und wandte sich an den Praktikanten.
„Na Ras Eltern haben eine Farm auf Jeju, jedes Mal, wenn sie sie besucht, bringt sie einen Koffer voll Obst mit, weil sie nicht an Fernlieferungen glauben."Dann erweiterte sie die Augen und lachte verlegen.
"Oh je! Lee Min Hyun, das ist Hwang Na Ra aus der Marketingabteilung, wir sind zusammen zur Uni gegangen. Na Ra, das ist Lee Min Hyun, unser neuer Praktikant."
Na Ra lächelte und neigte leicht den Kopf, richtete dabei ihr schulterlanges braunes Haar, das ihr ins Gesicht fiel. Sie war hübsch, auf eine Art, die kaum noch besonders wirkte - glatte elfenbeinfarbene Haut mit einem künstlichen Hauch von Rosa auf den Wangen, professionell gefärbte und gestylte Haare, die nie über zarte Schultern hinauswuchsen, ein schlanker, eleganter, aber stets hungriger Körper, gehüllt in ein pastellfarbenes Kleid. Subtile Bewegungen, ein falsches, höfliches Lächeln, das niemals die Zähne zeigte, eine sanfte Hand, die den Mund bedeckte, wenn sie lachte... Solche Frauen waren überall zu finden, würde man ihre Gesichter unkenntlich machen, könnte man meinen, es handle sich um dieselbe Person in unterschiedlichen Outfits. Miss Yoon unterschied sich jedoch erheblich von ihnen - während diese Frauen ihr Bestes gaben, ihre Tarnung mit ihrem wahren Ich zu verschmelzen, nutzte Miss Yoon sie nur als Schutzschild. Und sie hasste es, sie anzulegen.
Als sie Min Hyuns Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Freundin bemerkte, räusperte sich Miss Lee leise, sah ihm direkt ins Gesicht und lächelte erneut.
"Min Hyun! Du weißt doch, wie gerne sich die Leute in unserer Firma zu Mixerpartys treffen, oder?"
Der Praktikant nickte und schenkte ihren Worten kaum Beachtung. Sie fuhr fort,
"Ich habe gedacht... Möchtest du beim nächsten Mal dabei sein?"
Sie verengte ihre Augen wie eine neugierige Katze und beobachtete seine Reaktion. Min Hyun spielte ein paar Sekunden mit seiner Gabel, dann hob er den Kopf und bemerkte drei Paar Augen, die ihn mit größtem Interesse beobachteten. Die Antwort lag auf der Hand - er wollte nicht an Miss Lees Verkupplungsparty teilnehmen, allein der Gedanke daran, sich unter die Leute zu mischen und jemandes Aufmerksamkeit zu erregen, widerte ihn an, also strich er sich mit einer müden Geste durchs Haar und seufzte.
"Ich weiß nicht, Miss Lee. Gibt es einen Grund, warum ich gehen sollte?"
Solche Zufälle sind schwer vorherzusagen - vielleicht hatte es etwas mit dem Timing zu tun, vielleicht mit dem natürlichen Fluss der Ereignisse, aber es fühlte sich wirklich so an, als hätte Miss Lee alles im Voraus geplant, wie eine Art perverse Gottheit.
"Ich dachte, es wäre gut für dich, schließlich bist du noch neu in dieser Firma, und es scheint, als wäre Miss Yoon Se Ah die einzige Person, mit der du dich unterhältst. Wo wir gerade davon sprechen!"
Sie beugte sich vor und fragte unerwartet laut,
"Miss Yoon! Kommst du zu unserem nächsten Mixer?"
Als wäre ihm etwas Kaltes und Schweres auf den Kopf gefallen, drehte Min Hyun seinen Kopf nach links und sah Miss Yoon mit einem schwarzen Tablett in der Hand neben ihrem Tisch stehen. Se Ah warf ihm einen kurzen Blick zu, lenkte dann aber schnell ihren Blick wieder auf Miss Lee und nickte.
"Ja, ich habe bereits auf Ihre E-Mail-Einladung geantwortet. Ich dachte, Sie wüssten das."
Miss Lee schaute zur Seite, um Min Hyuns Reaktion zu sehen, lächelte dann zu Miss Yoon und winkte mit der rechten Hand.
"Ich habe es gewusst, wollte es nur bestätigen! Okay, Yoon Se Ahs erste Firmenparty, wie aufregend!"
Lee Min Hyun betrachtete Se Ahs ausdrucksloses Gesicht, während Miss Lee irgendetwas über die Reservierung eines Lokals und die Bestellung von Getränken erzählte. Er ballte die Fäuste unter dem Tisch und spürte ein unangenehmes Zittern, das sich bis zu seinen Schultern ausbreitete.
'Warum geht sie? Ist es vorbei?'
Er konnte nicht anders, als das Schlimmste zu denken. In diesem Moment konnte er nicht anders, als sie zu verabscheuen, und als die rasche Welle der Wut, die sein Herz wie Säure umspülte, endlich abebbte, schaute Min Hyun direkt in Na Ras Gesicht und verkündete mit klarer Stimme,
"Ich... werde auch da sein."