Kapitel 15: Die Intrigen der freien Städte
Nach der beschwerlichen Reise durch die endlose, unversöhnliche Weite der Großen Steppe erreichten wir endlich die ersten freien Städte. Von der Ferne aus schienen sie wie Oasen in einem Meer aus Gras – imposante Festungen aus Stein und Holz, mit Mauern, die hoch in den Himmel ragten, und Türmen, die als Beobachtungsposten dienten. Innerhalb der Mauern herrschte eine Energie, die wir in den geschwächten und ausgezehrten Königreichen des Ostens nicht mehr gesehen hatten. Die Straßen waren ein einziges Gewirr aus Händlern, Abenteurern, Söldnern und Intriganten, und Gold war hier das Blut, das die Städte am Leben hielt.
Doch trotz ihrer scheinbaren Freiheit spürten wir sofort, dass die freien Städte kein Paradies waren. Jede Stadt wurde von mächtigen Gilden und Handelsfürsten kontrolliert, die ihren Einfluss mit Zähnen und Klauen verteidigten. Ihr Reichtum stammte aus dem Handel mit den Reichen der Welt, von den fernen Wüsten im Westen bis zu den üppigen Ländern im Süden. Doch besonders ihre Nähe zum Eisernen Königreich hatte sie reich gemacht – ein heikler Balanceakt zwischen Handel und Vasallentreue, der jederzeit zu kippen drohte.
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Die Reise durch die Große Steppe
Bevor wir die Städte erreichten, hatte die Steppe unsere Armee bis an ihre Grenzen geführt. Diese scheinbar endlose Wildnis war eine Prüfung, die mehr von uns forderte, als wir erwartet hatten. Nomadische Stämme, die das Land durchzogen, sahen uns als Eindringlinge. Wir wurden von ihren schnellen Reitern belauert, die sich im Schutz der weiten Ebenen bewegten wie Schatten im Wind.
Eines Nachts, kurz vor unserem Ziel, griffen sie an. Ihre Bogenschützen überfielen uns aus dem Nichts, ihre Pfeile flüsterten durch die Dunkelheit. Unsere Soldaten mussten schnell reagieren, und es war Zhang Yulins Führung zu verdanken, dass wir nicht vollständig ausgelöscht wurden. Doch der Sieg war hart erkämpft, und die Verluste nagten an unserer Moral.
Ein Stammesführer, der über die Schlacht hinaussah, bot uns schließlich einen Waffenstillstand an. Er war beeindruckt von unserer Entschlossenheit und unserem Mut. Im Austausch für Waffen und einige unserer Vorräte ließ er uns passieren – eine Allianz, die auf Notwendigkeit, nicht auf Vertrauen beruhte.
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Die Ankunft in den freien Städten
Als wir endlich die Mauern der ersten Stadt erreichten, waren wir erschöpft, hungrig und wachsam. Die Stadt, bekannt als Sarutai, war ein Symbol der Widersprüche, die die freien Städte ausmachten: prachtvolle Gebäude, mit bunten Stoffen behängt, und gleichzeitig die staubigen Straßen voller Kämpfer, Bettler und Händler. Die Luft war erfüllt vom Klang des Markttreibens, den Schreien von Feilschenden und dem metallischen Klang der Waffen, die unzähligen Schmiede produzierten. Söldner in schwerer Rüstung standen an den Ecken der Straßen, während abenteuerlustige Händler und Spione aus aller Welt sich in den Schatten der Basare versammelten. Sarutai war keine Stadt wie die geordneten Königreiche, die wir gewohnt waren – hier regierten Chaos und Kalkül gleichermaßen.
Unsere Ankunft zog sofort Aufmerksamkeit auf sich. Eine Gruppe so gut bewaffneter und organisierter Männer und Frauen war in den freien Städten selten. Einige betrachteten uns mit Respekt, andere mit Misstrauen, und wieder andere sahen nur die Möglichkeit, Profit aus uns zu schlagen.
Zhang Yulin führte uns direkt zum Handelsrat von Sarutai, der aus den einflussreichsten Gildenführern und Handelsfürsten der Stadt bestand. Dieser Rat war der wahre Herrscher der freien Städte. Jede Entscheidung, die hier getroffen wurde, hatte Auswirkungen auf die gesamte Region – und wir wussten, dass unser Überleben davon abhing, sie von unserem Vorhaben zu überzeugen.
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Die Verhandlungen beginnen
Der Rat empfing uns in einer prächtigen Halle, die mit Teppichen aus den südlichen Wüsten und Seidenvorhängen aus dem Osten geschmückt war. Die Fürsten, gekleidet in edle Gewänder, saßen in einem Halbkreis, während wir vor ihnen standen – staubbedeckt und erschöpft von der Reise. Doch Zhang Yulin ließ sich davon nicht beirren.
„Wir sind nicht hier, um um Hilfe zu betteln," begann er mit fester Stimme. „Wir sind hier, um ein Angebot zu machen. Das Eiserne Königreich wird nicht ewig tolerieren, dass ihr unabhängig bleibt. Sie dulden keine Freiheiten an ihren Grenzen. Wenn wir sie nicht gemeinsam bekämpfen, werdet ihr die nächsten sein, die fallen."
Ein Murmeln ging durch den Saal. Einige Fürsten sahen sich an, andere schüttelten skeptisch die Köpfe. Einer, ein beleibter Mann mit scharfen Augen, lachte trocken. „Ihr sprecht von Kampf und Freiheit, als wären wir Kinder, die an Märchen glauben. Aber Freiheit hat hier ihren Preis – Gold, nicht Blut. Warum sollten wir uns in eure Kriege ziehen lassen?"
Doch bevor Zhang antworten konnte, meldete sich eine Frau mit scharfem Blick zu Wort. Sie war die Anführerin der mächtigen Waffenschmiedegilde und schien unsere Absichten genauer zu durchschauen. „Und doch seid ihr hier," sagte sie. „Ihr glaubt, dass wir etwas haben, das ihr braucht. Waffen? Söldner? Informationen? Erzählt uns, warum wir uns auf eure Seite stellen sollten."
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Die Intrigen entfalten sich
Die Verhandlungen waren alles andere als einfach. Jeder im Rat hatte eigene Interessen, und es war schnell klar, dass nicht alle bereit waren, uns zu unterstützen. Einige der Fürsten hatten profitable Abkommen mit dem Eisernen Königreich und wollten ihre Stellung nicht gefährden. Andere erkannten die Gefahr, die von ihnen ausging, und waren bereit, uns zu helfen – aber nur zu einem hohen Preis.
Während der Rat diskutierte, machten wir uns daran, die Stadt besser zu verstehen. Unsere Späher mischten sich unter die Bewohner und erfuhren von den Spannungen, die unter der glänzenden Oberfläche von Sarutai brodelten. Einige der Söldnerbanden waren bereit, für uns zu kämpfen, wenn der Preis stimmte. Andere Gruppen, besonders diejenigen, die dem Eisernen Königreich loyal waren, versuchten, unsere Bewegungen zu sabotieren.
Eines Nachts versuchte eine Gruppe von Attentätern, Zhang Yulin in seiner Unterkunft zu töten. Nur die Wachsamkeit unserer Soldaten verhinderte einen Mord. Die Gefangenen gestanden schnell, dass sie von einem rivalisierenden Fürsten angeheuert worden waren – jemandem, der fürchtete, dass unsere Ankunft das fragile Gleichgewicht der Macht in den freien Städten zerstören könnte.
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Ein gefährliches Bündnis
Trotz der Intrigen gelang es uns schließlich, die Unterstützung eines Großteils des Rats zu sichern. Der Schlüssel dazu war ein Bündnis mit der Waffenschmiedegilde und mehreren Söldneranführern. Sie erkannten, dass ein Sieg gegen das Eiserne Königreich auch ihren Einfluss stärken würde. Doch der Preis war hoch: Wir mussten einen Großteil unserer verbliebenen Schätze und Waffen als Vorauszahlung geben und versprechen, dass sie nach dem Sieg Handelsvorteile im gesamten Qing-Reich erhalten würden.
Die anderen Fürsten, die sich uns widersetzten, blieben jedoch eine Bedrohung. Wir wussten, dass wir auf jede mögliche Sabotage vorbereitet sein mussten, sowohl innerhalb der Städte als auch auf unserem weiteren Weg.
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Der Marsch in eine ungewisse Zukunft
Mit den Ressourcen und den Söldnern, die wir in den freien Städten gewonnen hatten, waren wir besser vorbereitet denn je. Doch die Intrigen, die wir hier erlebt hatten, hatten uns eine wertvolle Lektion gelehrt: Nicht alle Kämpfe werden mit Schwertern und Lanzen ausgefochten. Die Politik und das Ränkespiel, das in Sarutai herrschte, war genauso tödlich wie jede Schlacht auf dem Feld.
Als wir die Mauern von Sarutai hinter uns ließen, blickten wir nach Osten. Dort, jenseits der weiten Steppe, wartete das Eiserne Königreich – stärker und bedrohlicher als jemals zuvor. Doch diesmal waren wir vorbereitet. Die freien Städte hatten uns nicht nur mit Waffen und Söldnern ausgestattet, sondern uns auch gezeigt, wie wichtig es war, unsere Gegner nicht nur mit Stärke, sondern auch mit Strategie und Diplomatie zu besiegen.
Der nächste Schritt unseres Feldzugs hatte begonnen, und wir wussten, dass das Schicksal von Qing und der gesamten Region davon abhing, was wir als Nächstes taten.
Mit den freien Städten im Rücken und einer Armee, die nun durch kampferprobte Söldner verstärkt wurde, begann unser Marsch zurück Richtung Osten. Die Söldner, die wir angeheuert hatten, waren ein wilder und unberechenbarer Haufen. Sie kamen aus allen Teilen der Welt – einige aus den Wüsten des Westens, andere aus den Bergen des fernen Nordens oder von den Küsten des Südens. Sie hatten eines gemeinsam: Ihre Loyalität galt nur dem Gold, und ihr Ruf war so blutig wie die Klingen, die sie trugen.
Während sie uns anfangs wie Retter erschienen, wurde schnell klar, dass ihre Anwesenheit sowohl Segen als auch Fluch war. Die Söldner waren effektiv, keine Frage – aber sie waren auch unberechenbar und respektierten kaum die Disziplin, die unsere Rebellen und Soldaten auszeichnete.
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Die Spannungen wachsen
Schon in den ersten Tagen des Marsches zeigten sich erste Konflikte. Die Söldner trugen ihre eigene, raue Hierarchie mit sich, und viele ihrer Anführer zeigten offen Verachtung für unsere Offiziere. Sie forderten großzügige Rationen und ständige Bezahlung, und wenn sie nicht bekamen, was sie wollten, drohten sie damit, die Armee zu verlassen – oder schlimmer noch, sich gegen uns zu wenden.
„Diese Männer sind keine Verbündeten, sie sind Wölfe," murmelte ein Soldat zu Zhang Yulin, als die Söldner eines Abends am Lagerfeuer ihre Siege prahlend erzählten. „Sie werden uns in den Rücken fallen, sobald der Feind ihnen ein besseres Angebot macht."
Zhang Yulin ließ sich von solchen Ängsten jedoch nicht beirren. „Wölfe folgen nur einem Anführer, der stärker ist als sie selbst," sagte er. „Solange sie uns fürchten und respektieren, werden sie bleiben. Aber ja – wir müssen wachsam sein."
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Ein Test ihrer Loyalität
Der erste Test ihrer Loyalität kam schneller, als wir erwartet hatten. Auf halbem Weg durch die Steppe griff eine große Gruppe von nomadischen Reitern unser Lager an. Es war ein brutaler, chaotischer Überfall, bei dem die Angreifer darauf aus waren, unsere Vorräte zu plündern und unsere Moral zu brechen. Doch anstatt zu fliehen oder uns zu verraten, zeigten die Söldner ihren Wert. Mit wilden Schlachtrufen warfen sie sich in den Kampf, ihre Fähigkeiten und Kampferfahrung waren beeindruckend. Sie kämpften nicht für Ehre oder Stolz – sie kämpften, weil sie wussten, dass ein toter Söldner keine Bezahlung bekommt.
Am Ende der Schlacht hatten wir die Nomaden zurückgeschlagen, doch die Verluste waren hoch – vor allem auf unserer Seite. Die Söldner, die kaum ihre Wunden behandelten, tranken am Abend übermäßig und prahlten mit ihren Taten, während unsere Soldaten still und erschöpft waren. „Sie mögen Kämpfer sein," sagte einer unserer Offiziere, „aber sie haben keinen Respekt für das Opfer, das unsere Männer bringen."
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Die Herausforderungen der Disziplin
Je weiter wir reisten, desto deutlicher wurde, dass die Söldner unsere Armee in zwei Lager teilten. Auf der einen Seite standen die Rebellen und Soldaten, die durch jahrelange Disziplin und den Kampf für eine gemeinsame Sache zusammengeschweißt waren. Auf der anderen Seite die Söldner, die nach eigenen Regeln lebten und keinerlei Rücksicht auf Einheit oder Moral nahmen.
Ein Vorfall brachte die Spannungen fast zum Überlaufen: In einem Dorf, das wir durchquerten, plünderten mehrere Söldner Häuser und griffen Dorfbewohner an. Die Rebellen waren empört und forderten eine harte Strafe, doch die Söldnerführer verteidigten ihre Männer und behaupteten, es sei „Teil ihres Lohns".
Zhang Yulin griff ein und stellte klar, dass solche Taten nicht geduldet würden. Er ließ die Schuldigen auspeitschen, was zu einem gefährlichen Moment führte: Die Söldnerführer drohten, die Strafe als Affront zu sehen. Doch Zhang Yulins eiserner Blick und die Entschlossenheit unserer Soldaten zeigten Wirkung. „Ihr seid hier, weil wir euch brauchen," sagte er. „Aber vergesst nicht: Ihr braucht uns genauso. Ohne uns seid ihr nur Söldner, ohne Krieg und ohne Bezahlung."
Die Strafen wurden durchgesetzt, und die Söldner fügten sich – zumindest vorübergehend.
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Eine gefährliche Allianz
Trotz der Spannungen zeigte sich der Wert der Söldner in den nächsten Kämpfen. Sie waren gnadenlos effektiv, besonders in kleineren Gefechten, bei denen ihre Taktiken unkonventionell und brutal waren. Sie nutzten Fallen, Hinterhalte und sogar psychologische Kriegsführung, um den Gegner zu zermürben. Doch mit jeder gewonnenen Schlacht wuchs auch ihr Stolz – und ihre Forderungen.
Unsere Offiziere begannen, die Gefahr zu sehen, die von ihnen ausging. Es war klar, dass diese Männer und Frauen nicht ewig loyal bleiben würden. Wenn das Eiserne Königreich ihnen ein besseres Angebot machte, würden sie uns ohne Zögern verraten. Zhang Yulin und der Kaiser diskutierten lange Nächte über die Frage, wie man mit dieser zweischneidigen Allianz umgehen sollte.
„Wir müssen sie so lange nutzen, wie wir können," sagte Zhang Yulin schließlich. „Doch wir dürfen niemals unsere Position schwächen. Wir müssen immer stärker erscheinen als jeder Feind – und stärker, als sie es wagen würden, uns zu hintergehen."
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Die Entscheidung: Ein riskanter Plan
Die Reise durch die Steppe und die Herausforderungen mit den Söldnern brachten uns an einen Wendepunkt. Es war klar, dass wir eine Entscheidung treffen mussten: Entweder wir setzten alles auf ihre Stärke und riskierten einen möglichen Verrat, oder wir fanden einen Weg, unsere Armee zu stärken, ohne auf sie angewiesen zu sein.
Der Kaiser beschloss schließlich, die Söldner in kleinere Gruppen aufzuteilen und sie gezielt für riskante Operationen einzusetzen. Auf diese Weise würden sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen – und gleichzeitig nicht genug Macht sammeln, um uns zu bedrohen. Es war ein riskanter Schachzug, doch es war der einzige Weg, sie unter Kontrolle zu halten.
Während wir uns dem nächsten Ziel näherten – den Vasallenstädten des Eisernen Königreichs – wussten wir, dass die Söldner entscheidend sein würden. Doch ebenso klar war: Sobald ihre Nützlichkeit endete, würden sie zur Gefahr.