Ich konnte geradeso meine Eltern abwimmeln, da klingelte auch schon mein Handy.
Mama.
Ich runzelte die Stirn. War das ihr ernst?
Seufzend nahm ich ab „Ja?"
Am anderen Ende der Leitung konnte ich leise hören wie meine Eltern diskutierten, wobei meine Mutter kein weiteres Wort duldete. Stille. „Hallo? Aneko?"
Ich rollte mit den Augen und ließ mich auf mein Bett für die nächsten paar Jahre Fallen. Während meines Magiestudiums würde ich im Studentenwohnheim der Akademie für magische Wesen unterkommen.
„Ja, was gibt es Mom?"
Eigentlich ließen Vampire nicht gerne ihre Emotionen durchscheinen, aber meine Mutter zeigte sich in ihrem privaten Umfeld schon manchmal recht dramatisch. Ich will mich nicht beschweren, eine liebevolle Vampirin als Mutter war selten und ich war ihr sehr dankbar, aber wenn sie sich wie jetzt Sorgen machte, dann wurde die Frau für mich unendlich nervig. Ich hörte kaum hin und antwortete wie programmiert auf ihre ganzen Fragen.
„Ja, die Medikamente habe ich. Keine Sorge." Das Gespräch zog sich über eine halbe Stunde, dann legte ich erschöpft auf.
Eine Gestalt am Eingang erregte meine Aufmerksamkeit.
Eine zierliche junge Frau stand mit zwei Koffern unsicher im Türrahmen. Ihre dunkle Haut strahlte einen hohen Kontrast zu ihren hellblauen Augen und hellblauen Braids aus.
„Hey, Ich bin Zawadi" sie presste ihre Lippen zusammen.
Leicht Schmunzelnd über ihren Anblick bat ich sie herein und stellte mich knapp vor „Aneko".
Sie roch ganz leicht nach Seewasser. In der Nähe der Akademie befand sie ein riesiger See und einen Teil des Sees lag direkt am Königreich Bungunda, eines von wenigen großen Reichen im Kontinent. Bungunda vereinte und Bildete die nächsten Generationen gemeinsam weiter, daneben baute das Land Magiekristalle ab und führte gute Beziehungen zu den Bauern innerhalb des Landes und auch im Umland. Viele Händler wollten durch das Königreich, aber nur sorgfältig Ausgewählten wurde es erlaubt.
Ich beobachtete wie Zawadi ihr Gepäck aus den Koffern holte und anfing es sich im Zimmer gemütlicher zu machen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass heute schon jemand hier einziehen würde" sagte ich neugierig, hoffend sie würde darauf eingehen.
Es stimmte. Erst morgen sollten sich die Studenten für das neue Semester einfinden, aber weil ich nicht wollte dass die Leute hier wussten wer meine Eltern waren entschied ich heute schon einzuziehen.
Zawadi wollte gerade einige Hosen in den Schrank legen, erstarrte aber für einige Sekunden in ihrer Bewegung. Es war nur ein Augenblick und der hatte mir verraten, dass es etwas gab was sie nicht erzählen wollte.
„Hmm..ich denke ich wollte so schnell wie möglich raus von zu Hause" murmelte die junge Frau, noch immer in Richtung des Schrankes gewandt.
Ich starrte Zawadi einfach an. Ihre langen blauen geflochtenen Zöpfe, die Rundungen an ihrer Hüfte. Meine Augen schließend sog ich erneut den Duft von Seewasser auf, diesmal schwang der leichte Geschmack von Angst mit. Ich öffnete nachdenklich meine Augen und sah wie mich ihre hell leuchtenden Augen fixierten.
„Gehen wir shoppen, Meerjungfrau Zawadi" fragte ich lächelnd.
Ihr Mund stand einen Moment lang offen, bevor er sich zu einem lächeln verzog.
„Wenn du das weißt, dann musst du schon ein älterer Vampir sein „ funkelte Zawadi und antworte nicht auf meine Frage.
Wenn sie wusste, dass ich ein Vampir war, dann bedeutete das nichts Gutes.
Ich nahm einen kleinen Spiegel vom Nachttisch und sah in zwei Blutunterlaufene Augen. Erschrocken stellte ich fest, dass ich meine Tabletten nach dem Telefonat mit meiner Mutter nicht genommen hatte.
Ich kramte schnell in der Schublade neben dem Bett und nahm hastig eine Pille, ohne sie mit Wasser runterzuschlucken. Angewidert schüttelte ich mich, fand noch eine Wasserflasche von der Fahrt hierher und nahm einige kräftige Schlücke.
Zawadi sah sich das ganze still an und wartete einfach ab und als ich mich räusperte und sie anlächelte, lächelte sie zurück.
„Ich bin wohl im Moment sehr hungrig" stellte ich fest, ließ die Altersfrage jedoch unbeantwortet.
Zawadi nickte bestätigend und klemmte sich bei mir unter den Arm sobald ich aufgestanden war.
„Dann also Shoppen und Essen" lachte sie.
Gerade als wir gutgelaunt das Zimmer verließen, erklingt eine Nachricht auf meinem Smartphone. Ich sah die Nachricht auf dem Display aufleuchten und blieb abrupt stehen.
`Ach und Liebes,
Fast hätte ich es in dem ganzen Durcheinander vergessen. Dein Verlobter geht schon seit letztem Jahr an die Akademie. Jetzt könnt ihr euch sogar noch vor der Hochzeit kennenlernen.
Hab dich Lieb, Kuss Mama`
Wie bitte? MEIN WAS, BITTE WER?!
Aufgeregt rief ich meine Mutter an, aber es sprang sofort die Mailbox an. Bei meinem Vater genau das Gleiche. Diese Feiglinge.
Mir war durchaus bewusst, dass gerade mein Vater einen sehr hohen Rang bekleidete und an gewisse Abmachungen und Hierarchien gebunden war. Aber was war das bitte für eine Verlobung von der hier die Rede war? Wieso hatten sie mir noch nie davon erzählt? Und mit wem überhaupt?
„Alles in Ordnung" erkundigte sich Zawadi und strich nervös über ihren blauen Rock.
Ich nickte und ergriff wieder ihren Arm „Shoppen ist jetzt genau das Richtige".