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Chapter 10 - Brunch, ruiniert

Die Bennett-Familie war nicht nur im eigenen Land, sondern auf der ganzen Welt berühmt.

Ihr Geschäft begann mit Oscar Bennett, einem versierten Software-Ingenieur, der die Herausforderungen der rasant wachsenden Technologiewelt meistern wollte. Zusammen mit zwei seiner Uni-Freunde gründete er ein kleines Start-up. Sie programmierten eine Software, die die Sicherheit von Code-Schlössern verbessern sollte, welche zunehmend beliebter wurden und traditionelle Schlösser rasch ersetzten.

Das Programm war bald sehr gefragt. Nach mehreren Anpassungen und Aktualisierungen entwickelte sich dieses zu einem umfangreichen intelligenten Sicherheitssystem für das Smart Home, das von allen großen Bauträgern genutzt wurde und den internationalen Markt beherrschte.

Mit der Zeit wuchs Oscars Unternehmen zu einem großen Konglomerat heran, bekannt als "Diamond Group", das eine Vielzahl von Geschäftszweigen umfasste. Ihre Aktien waren bei reichen Anlegern begehrt, und finanzielle Unterstützung durch die Diamond Group versprach sofortigen Erfolg und Beliebtheit.

Doch der Erfolg der Bennetts hatte seinen Preis.

Kurz nach der Geburt seines Sohnes Evan starb Oscars Frau Marianne an einem Krebsleiden, und er blieb allein, um ihren gemeinsamen Sohn großzuziehen. Er heiratete nicht wieder, da ihn seine Trauer daran hinderte, sich auf etwas anderes als seinen Sohn und das Unternehmen zu konzentrieren.

Evan war ein kluges Kind und bald eine unschätzbare Hilfe für seinen Vater. Schon mit vierzehn begann er im Hauptunternehmen zu arbeiten und brachte es mit seinen Fähigkeiten und seinem Geschäftssinn zu neuen Erfolgen.

Auch er musste einen Preis für seinen Erfolg zahlen.

Kurz nachdem Evan und seine Frau Jennifer ihren zweiten Sohn Liam bekommen hatten, kamen sie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, als sie von einer Geschäftsreise in ihrem Privatjet zurückkehrten. Das Unglück erschütterte die Wirtschaftswelt, traf aber Oscar am härtesten.

Er hatte erneut geliebte Familienmitglieder verloren und stand einmal mehr allein da, um als fähiger Elternteil für die jungen Bennett-Brüder zu sorgen.

Und das war nicht das Ende ihrer Tragödien.

***

"Wir haben Einladungen an die ganze Familie verschickt, aber wir haben nur eine einzige Rückmeldung erhalten. Einer meiner Assistenten kümmert sich um die Gäste, ich weiß also immer noch nicht genau, wer zur Wohltätigkeitsveranstaltung kommen wird", erklärte Amelie.

Sie dachte kurz nach, ob sie sich vielleicht bei der Gästeliste geirrt hatte. Nein, es war definitiv so angegeben, dass nur ein "Herr Bennett" teilnehmen würde, ohne Vornamen.

Elizabeth blickte auf ihr Handy und antwortete mit beiläufigem Tonfall: "Hm... Großvater Bennett wird es wohl kaum sein. Es ist gerade Jagdsaison, und es ist bekannt, dass er viel auf Jagd geht. Sein älterer Enkel liegt irgendwo in Europa im Krankenhaus und kann nicht fliegen, das lässt nur einen möglichen Kandidaten übrig... den berüchtigten Liam Bennett, den jüngsten Erben der Diamond Group!"

Liam Bennett hatte tatsächlich einen kontroversen Ruf. Er war ebenso bekannt für sein Talent wie sein Vater, aber auch berüchtigt für sein skandalöses Sozialleben. Kurz gesagt, Liam galt als Frauenheld, dem nachgesagt wurde, er sei ein Schwerenöter.

Allerdings hielten ihn die schlechten Gerüchte nicht davon ab, Frauen jeden Alters für sich zu gewinnen. Als einer der attraktivsten Junggesellen war er sehr begehrt.

"Das finde ich sehr aufregend!", rief Lizzy aus. "Der jüngste Erbe der Diamond Group macht seinen ersten offiziellen öffentlichen Auftritt bei unserer Wohltätigkeitsveranstaltung. Ich kann es kaum erwarten, sein umwerfendes Gesicht persönlich zu sehen!"

Ihr verträumter Kommentar brachte Amelie zum Lachen. Obwohl auch sie neugierig war, ihn persönlich zu sehen, hatte sie wenig Interesse an seinem Aussehen.

Plötzlich verstummte Elizabeth, und ihre aufgeregte Miene verwandelte sich in ein tiefes Stirnrunzeln, als ihr Blick auf etwas hinter Amelie fiel. Besorgt über diesen drastischen Ausdruckswechsel drehte sich Amelie um und sah den Anlass für die Bestürzung ihrer Freundin.Es war Samantha.

"Was zum Teufel macht die hier?" Lizzys kalte Stimme hallte in Amelies Kopf wider. Sie verengte die Augen, teilte stumm die Verärgerung ihrer Freundin.

Sie betrachtete die Frau genauer. Obwohl Samantha nun teure Marken trug, fehlte es ihr völlig an Stil. Es schien, als ob sie sich lediglich in teure Kleidung hüllte, um der Welt zu zeigen, dass sie es sich leisten konnte.

Schließlich bemerkte Samantha, dass die beiden Frauen sie ansahen. Sie breitete ein breites Lächeln aus und winkte ihnen mit ihrer frisch manikürten Hand zu.

"Amelie!"

Ohne Einladung oder Zögern schritt sie schnell auf ihren Tisch zu. Lizzys Stirnrunzeln vertiefte sich, als sie seufzte: "Oh Gott, sie hat sogar die Dreistigkeit, zu uns zu kommen?!"

Als Samantha näher kam, war offensichtlich, dass sie gerade von einem Schönheitssalon und einem Kaufhaus zurückgekehrt war. Die Anzahl der glänzenden Einkaufstüten, die an ihrem linken Arm baumelten, war beeindruckend.

"Oh, Amelie, ich hatte keine Ahnung, dass du dieses Restaurant magst!"

Amelie hob eine Augenbraue, als sie hörte, wie Samantha sie beim Vornamen nannte. Samantha fuhr fort: "Richard hat mir dieses Restaurant empfohlen, weil er den Chefkoch kennt. Er meinte, ich könne einfach vorbeikommen und den besten Service bekommen, wenn ich seinen Namen nenne! Beziehungen zu haben, ist fantastisch. Darf ich mich zum Brunch zu euch gesellen? Es war so anstrengend im Kaufhaus!"

"Nein." Die Antwort von Amelie war bestimmt und kalt. Sie blickte zu ihrer Freundin, und Lizzy bestätigte mit einem Nicken ihre Ablehnung. "Falls es dir entgangen ist, wir sind zwei beste Freundinnen, die zusammen brunchen und eine angenehme und anregende Unterhaltung führen. Ich glaube nicht, dass du dazu beitragen kannst."

Samanthas Lippen krümmten sich nach unten, sie war eindeutig beleidigt von Elizabeths scharfen Worten. Sie blieb still, und endlich bemerkte Amelie, dass Samantha den Tränen nahe war.

Das wird unheimlich. Ein so schneller Wechsel der Gesichtsausdrücke erfordert schauspielerisches Können. Wen versucht sie hier zu täuschen?

Lizzys Blick glitt über die Einkaufstüten an Samanthas Arm. Die meisten Artikel stammten aus Hautpflege- oder Make-up-Geschäften, nur eine glänzende schwarze Einkaufstasche kam aus einer Boutique eines bekannten Labels. Elizabeth spottete.

"Es sieht so aus, als ob du es doch nicht geschafft hast, alles anzuziehen, als du das Kaufhaus verlassen hast."

Samantha überging ihren Sarkasmus und lächelte. "Ach, das? Das ist ein Kleid für das bevorstehende Benefiz-Event."

Die Augen der Frauen weiteten sich vor Schreck, beide konnten nicht glauben, was sie gerade gehört hatten.

"Die Benefizveranstaltung?"

Samanthas Grinsen wurde breiter, als sie nickte. "Ja, Richard hat mich auch eingeladen. Schade, dass ich mich euch nicht zum Brunch anschließen kann, aber ich werde sicher abends dort sein."

Ihre Stimme klang süß und freundlich, doch mit jedem Wort, das ihren Mund verließ, fühlte Amelie sich, als würde sie mit eiskaltem Wasser übergossen.

Diese Frau bahnte sich langsam ihren Weg in jeden Aspekt von Amelies Leben.