Chapter 10 - Kapitel 9: Das Grab ohne Namen

Ich kam erst spät in der Nacht nach Hause und wollte leise nach oben schleichen. Doch in dem Moment, in dem ich Tür öffnete, fand ich Merlin und Ignis vor, die in der Küche saßen und mich anstarrten, als wäre ich eine Fremde. 

„Ach, schau mal Ignis, was uns der Wind da reingetragen hat. Ein Loki."

„Weißt du eigentlich, wie oft wir versucht haben dich anzurufen?"

Ich sah auf meinen Kommi, beziehungsweise ich wollte das, aber mein Kommi war weg. 

„Ich muss ihn verloren haben. Es tut mir leid. Ihr wisst, das ist normalerweise nicht meine Art, ich werde mir morgen einen neuen besorgen. Aber erstmal hol Thorsten her, ich hab Chengmeng gefunden."

Merlin stand aufgeregt auf und holte seinem Kommi. Ich hingegen ging nach oben in den zweiten Stock, wo ich Noman und Sajin schlafen hörte. Ich klopfte höflich, aber auch etwas fordernd. Noman öffnete mir schlaftrunken die Tür und jammerte vor sich hin:

„Hast du getrunken? Bist du wahnsinnig mich zu wecken?"

Er rieb sich die Augen und gähnte, während ich sagte:

„Ich weiß, welcher Stern Chengmeng ist."

Er hielt ein und sah mich kurz an. 

„Wie hast du das den herausgefunden?"

„Das erzähl ich euch, wenn ihr aufwacht, also hol Sajin."

Er drehte sich um, ging zu Bett, zog Sajin die Decke vom Körper und warf sich auf ihn drauf. Ich hörte verschlafenes Gemurmel, bis sich Noman wieder aufrichtete, seinen Partner auch auf die Beine zog, woher dieser schmächtige Junge auch immer die Kraft dazu nahm, er zog einen halbschlafenden Sajin hinter sich her.

„Wir sind bereit."

Ich sagte leicht belustigt:

„Gut, dann gehen wir endlich runter, Thorsten sollte auch gleichkommen. Macht euch noch einen Kaffee."

„Wie kannst du nur so wach sein, ich hab gerade noch von… sagen wir mal sehr schönen Sachen mit meinen Partner geträumt."

Murmelte Noman, Sajin blinzelte so langsam. 

„Guten Morgen, Sajin."

„Leck mich Loki. Ich hoffe, es ist wirklich so wie Noman gesagt hast."

Solche Worte von Sajin waren weder Noman noch ich gewohnt. Naja, wie dem auch sei, wir kamen unten an, wo Thorsten putzmunter an der Tür stand. 

„Du warst jetzt aber schnell da."

„Jaja, man nennt es Teleportationstrank, und jetzt komm schon Loki, spann uns nicht auf die Folter."

Drängte er mich. 

„Gut, wie ihr wollt, Sajin und Noman ich hoffe ihr seid fit genug, ich habe mir mal die Bibliothek der Elfen angesehen und bin dabei über dieses Prachtexemplar gestolpert."

Ich zog das Buch aus Esyia hervor. 

„Ich weiß leider nicht, wie dieses Buch in die Anderswelt kam, und ich verstehe auch nur jedes dritte Wort, aber ich habe eine kleine Sternenkarte entdeckt, die den Stern Wanderer 4 als Chengmeng identifizieren. Und zwar steht er genau über Esyia, wenn er sich im Sternzeichen Krieger befindet."

Ich reichte Merlin das Buch und er sah es sich. Auch mein Meister konnte esyianisch lesen, so gut wie ich zumindest. 

„Esyia wandert zwar mit Wanderer 4, aber ich würde vorschlagen, dass wir trotzdem warten, bis er sich Krieger 4 nähert und dann in seine Richtung fahren."

„Er steht erst wieder Anfang nächsten Jahres wieder unter dem Krieger. Dann haben wir wirklich lange Zeit uns vorzubereiten."

„Ist vielleicht auch besser so Merlin, mehr Zeit, um esyianisch zu lernen."

Sagte ich zu Merlin. 

„Und wie kommen wir dahin? Fliegen können wir nicht, da fünfhundert Kilometer um Elystria herum schwere Gewitter herrschen."

stellte Thorsten fest, was wir schon lange wussten. Sajin sah kurz etwas belustigt in die Runde. 

„Was ist so verdammt witzig, Sajin?"

fragte Merlin. 

„Nun ja, ich habe mir vor Jahren einmal Gedanken zu diesem Thema gemacht. Den auf unserer Ebene gibt es ja nicht nur Esyia und Elystria, sondern auch noch einige besondere Ecken, wie zum Beispiel das Totem Hexagon. Und die Pläne für ein mögliches Unterwasservehikel liegen in meinen Geheimraum."

Ich musste auch ein wenig lachen. 

„Damit hätte ich dann wirklich alle Geheimräume meiner Vorgänger abgeklappert. Aber hoffentlich müssen wir deinen nicht auch noch suchen."

Er stand langsam auf.

„Nein, keine Sorge, meiner ist weder ein fliegender Raum noch im Laufe der Zeit verschwunden oder so. Wir müssen nur einen nächtlichen Ausflug zu dem Friedhof in der Nähe von Kanori machen."

„Typisch der alte Totengräber. Ich hab mich immer gefragt, wo bei Solar du deinen Geheimraum hast."

warf Thorsten in den Raum. 

„Es heißt nicht umsonst Geheimraum, mein lieber ehemaliger Boss. Also Loki kommst du mit?"

„Natürlich, das lass ich mir nicht entgehen."

„Hey, nehmt uns auch mit!"

Beschwerte sich der Rest und stand auch auf. 

„Von mir aus können gerne alle mitkommen, aber wir sollten uns vorher umziehen."

Stellte Sajin fest. Ja, jetzt fiel es mir auch endlich auf. Sajin, Noman und Merlin trugen nach wie vor ihre Schlafanzüge. 

„Okay, dann treffen wir uns in zehn Minuten vor der Tür."

Beschloss Thorsten. 

Ich stand auf der Veranda und rauchte eine. Thorsten und Ignis warteten drinnen und tranken noch einen Tee. Der Grund, warum ich draußen stand, war sie. Die Assassine wollte reden. 

„Was ist los? Ich habe einige Zeit nichts mehr von dir gehört. Du bist auch nicht mehr so anhänglich mir gegenüber."

„Es tut mir leid, aber der König will, dass ich dir so wenig wie möglich helfe. Er ist etwas angefressen, weil du eine Shidao bist und keines seiner Wesen."

„Tja, dann hätte er nicht den Deal mit Noman machen dürfen. Deswegen muss dein Anliegen doppelt so wichtig sein, wenn du dich seinen Verbot widersetzt."

„Der Mann, der dich da neulich erwischt hätte, kam aus Esyia. Nimm dich vor ihm in Acht, er ist wahnsinnig gefährlich und sein Tori, der Vogel, der dich geschnappt hat, ist sehr schnell. Sie sind dir nur in der Luft überlegen. Vielleicht sollten Roro und du eine Zeitlang nicht fliegen."

Das war mir ehrlich gesagt etwas unrecht. Roro und ich liebten es zu fliegen. Aber meine Vernunft obsiegte und ich sagte zu ihr: 

„Okay, wie du meinst. Aber geh du trotzdem schnell wieder zurück zum König, bevor du Ärger bekommst."

Sie nickte und verschwand. Thorsten, Roro und Ignis kamen raus zu mir. Ignis knurrte wieder als sie mich mit der Zigarette sah. 

„Was wollte sie von dir?"

fragte Thorsten und sah nach ihr sich um, so, als wäre sie zu Fuß unterwegs. 

„Sie wollte mich nur warnen, ich sollte das Fliegen in nächster Zeit unterlassen."

Roro bekam einen halben Herzinfarkt. 

„Wie dem auch sei, wo bleiben die anderen?"

Im selben Moment kamen Noman und Sajin die Treppen runter, gefolgt von Merlin. Sie traten zu uns und fragten: 

„Also, können wir losfliegen?"

„Nein, wir müssen zu Fuß gehen. Das Ding was mich da neulich geschnappt hat, ist ein Krieger aus Esyia. Die Assassine hat mir jetzt erstmal Flugverbot erteilt."

Roro fiel versteinert zur Seite. Ich nahm ihn hoch und in den Arm. 

„Das heißt wir müssen entweder unser eigenes Portal erschaffen oder zu Fuß gehen."

Jammerte Merlin. 

„Wahrscheinlich zu Fuß gehen. Mir sind die Portaltränke ausgegangen und ich will jetzt keine neuen machen."

Sagte ich und ging die Treppen zur Veranda runter. Die anderen folgten mir, Roro war nach wie vor sprachlos vor Schock. 

Eine Stunde später standen wir vor einer kleinen Gruft. Sie war schön verziert, trotzdem war sie teils auch sehr gruselig und beklemmend. Wir waren wie gefangen von diesen Anblick, in mir breitete sich ein Gefühl der Panik aus, sogar Noman schien das zu fühlen und er lebte mit dem Totengräber zusammen. Sajin berührte uns kurz an der Schulter und sofort verschwanden diese Gefühle. 

„Verzeiht, das war einer meiner Schutzflüche. Jeder, der beabsichtigt diese Gruft zu betreten wird umgehen von ihr in den Bann gezogen."

„Nur einer? Wie viele gibt es?"

Fragte Merlin etwas schockiert. 

„Sehr viele mein Freund. Das war aber der Einzige der Leute auch in meiner Anwesenheit verflucht. Solange ich bei euch bin, kann euch in meinen Geheimraum nichts passieren."

Das war eher weniger beruhigend, man merkte halt doch in dem Moment das Sajin ein wenig besessen war vom Tod. Er genoss den Aufenthalt auf diesen Friedhof ein wenig zu sehr. Sajin stellte sich vor die Tür und berührte die Türklinke, ein Bannkreis erschien und verblasste direkt wieder. Daraufhin öffnete Sajin die Tür und vor uns erstreckte sich eine Treppe. Eine endlose Treppe. 

„Das ist ebenfalls eine Falle, wenn ihr nicht in meiner Nähe bleibt müsste ihr für immer Treppenlaufen oder bis euch befreie. Trotzdem bleibt in meiner Nähe, hier lungern noch mehr Gefahren herum."

Sogar Noman wirkte verstört. Wir liefen die Treppen runter und jeder versuchte so nah wie möglich bei Sajin zu bleiben. Die Treppe war praktisch endlos, aber wir kamen doch irgendwann an ihrem Fuße an. Wir waren sicherlich gute fünfzig Meter unter der Erde. Hier unter war alles schon verziert, nach wie vor, und nicht einmal ansatzweise so eng, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wir standen in einen großen Raum mit einer Tür. 

„Sind wir endlich da?"

Fragte Noman und sah ehrfürchtig die Türe an. 

„Nein, noch nicht wir müssen erstmal noch an ihnen vorbei."

„An wen?"

Sajin ging zur Tür und öffnete diese. Vor uns erschien eine Stadt. Die Menschen würden diesen Ort als den Wilden Westen bezeichnen. Eine karge Wüste mit vereinzelt Gebäuden. Es war ruhig, zu ruhig. Sajin betrat die Stadt, hielt aber noch die Türe offen. 

„Geht raus, bevor ich zu mach, sonst seid ihr in einen fliegenden Raum gefangen."

Wir gingen alle heraus und standen in dieser Stadt. So leer wie ich eben noch gedacht hatte, war sie nicht. Ein paar Untote standen vor dem Gebäuden und schauten dem Spektakel zu. 

„Sajin, dein Geheimraum ist wahrscheinlich der Auslöser, aber ich habe gerade das Verlangen die Geheimräume der Hohen zu kontrollieren. Das ist ja utopisch gut gesichert, um es nett auszudrücken."

Meinte Thorsten. 

„Thorsten, das müsste mit allem im Rat abgesprochen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass Toma sich quer stellen wird."

In Wahrheit war ich nicht gerade sehr okay damit. Zur dieser Zeit hatte ich keinen Geheimraum, was wahnsinnig gefährlich war. Der Raum in der Bibliothek war mir zu heikel geworden, vor allem seit dort reger Besuchsverkehr stattfand. Meine ganzen Sachen waren derzeit in einen dritten Buch. Wenn Thorsten das kontrollieren würde, heiliger Moon, der würde mich einmal durch ganz Elystria jagen. 

„Das soll er versuchen. Sajin das ist übertrieben. Du hast hier eine Massenveranstaltung für Flüchen erschaffen."

Sajin sah geschmeichelt aus. 

„Das war kein Kompliment!"

„Tut mir leid, Thorsten, aber kurz nachdem ich Nummer eins wurde hatte ich eine ganz üble Phase, wo ich mit alten Flüchen herumexperimentiert habe. Und wo hätte ich sie besser ausprobieren können als an meinen Geheimraum."

„Gar nicht, Flüche sind illegal!"

Schimpfte Thorsten. 

„Reicht schon, dass sich meine neue Nummer eins dem Okkultismus verschrieben hat, aber dass meine alte Nummer eins sich mit Flüchen beschäftigt hat, hätte ich jetzt auch noch nicht wissen müssen. Darf ich fragen, warum du dich so sehr damit beschäftigt hast?"

Noman gab sofort Thorsten den Todesblick. Oh, ich ahnte warum, Sajin hatte versucht Keran wieder zurückzubringen.

„Das hatte keinen besonderen Grund."

Meinte Sajin und ging weiter. Wir folgten ihn, bis zum Ende der Stadt. Dort stand ein Kasten, Haus konnte man das nicht nennen, mit einer Tür. Vor diesem Kasten war ein Tisch mit Sitzgelegenheiten für zwei Untote. Diese Beiden Untoten spielten mit Würfel. Der eine sah Sajin und meinte:

„Junge, du mal wieder hier? Ich dachte wir sehen dich nach deinen Rücktritt nie wieder."

Ich hatte noch nie einen Untoten reden gehört. Die Stimme hörte sich heißer und alt an. 

„Da muss ich dich enttäuschen, Donnie. Ich brauche ein paar Unterlagen, könnt ihr den Raum bitte öffnen."

Der Untote fügte sich. Seltsam, ich dachte immer, dass Untote einen normalen Magier nicht gehorchten, Sajin war wegen seiner ehemals besonderen Fähigkeit als einziger in der Lage sie so einigermaßen zu steuern. Rein theoretisch mussten sie ihm nun nicht mehr gehorchen. Auch Noman wurde stutzig. Hieß das, dass Sajin vielleicht doch noch seine besondere Fähigkeit hat? Auch ein dezenter Blick zu meinen Meister verriet mir, dass er das gleiche dachte wie ich. Wir betraten einen tadellos aussehenden Raum. Ein paar Kisten, die aussahen wie Särge, standen zwischen Bücherregalen, voll mit Bücher und Ordnern. 

„Bleibt besser hier stehen, ich hole kurz die nötigen Ordner. Hier sind überall Fallen, bleibt also wirklich stehen."

Sajin schlenderte einfach los. Wir sahen einander an, ich hätte nie gedacht, dass Sajin so weit gehen würde, um seinen Geheimraum zu schützen.

„Was hat den der alles hier herumstehen? Das müssen Aufzeichnungen und Bücher sein, die er schon vor seiner Zeit als Nummer eins bekommen hatte."

„Sajin hatte diesen Raum schon seit seiner Jugend, hat er mir mal erzählt, wenn auch nur nebenbei. Wahrscheinlich ist das alles seit seiner Jugend zusammengekommen."

„Das scheinen auch überwiegend Romane zu sein. Heute lerne ich zu viele Geheimnisse von Sajin kennen."

Murmelte Thorsten etwas verzweifelt. Wenn er wusste, dass die meisten Titel in Sajins Sammlung Romane mit homosexuellen Protagonisten waren, würde er wahrscheinlich rot vor Scharm werden. Ich und Nom sahen uns an. Wir wollten unbedingt wissen, was in diesen Kisten war. 

„Glaubst du, da sind echte Leichen drin?"

fragte ich unsicher und erwartete eigentlich, das Noman seinen Freund in Schutz nahm und wir eine auf die Schnauze geben würde. Aber dem war leider nicht so: 

„Ich würde mich nicht wundern, wenn es wirklich Leichen wären. Sollen wir uns trauen?"

„Bist du des Wahnsinns? Nein, ich will nicht von tollwütigen Leichen durch den Raum gejagt werden."

Und wieder einmal muss ich sagen, dass mein bester Freund eine sehr komische Vorstellung von Sex hat, ihm gefiel diese Idee. 

„Ich mach das nicht, Nom, egal wie sehr deine Libido gerade hochgeht, das ist nicht mein Problem."

„Komm schon Loki, vielleicht findest du etwas Neues heraus, was du für deinen komischen Okkultismus verenden kannst."

Das war nicht einmal so abwegig, ich konnte vielleicht einige Flüche analysieren. Ich knickte ein, was ein Fehler war. 

„Na gut. Aber wenn Sajin wütend wird steckst du ein, nicht ich."

Das gefiel ihm sogar noch mehr, er grinste rot in der Gegend herum. Noman und ich schlichen uns zu den Särgen, weder Merlin noch Ignis noch Thorsten hatten unser Verschwinden bemerkt, und Roro saß nach wie vor versteinert in meinem Armen, er konnte es nach wie vor nicht fassen, dass wir Flugverbot bekommen hatten. Bis jetzt war noch nichts passiert, wir standen unverletzt vor einen der Särge. Vorsichtig und langsam öffnete Noman einen Sarg. Das Holz knackte ein wenig und ich machte mich bereit zu kotzen, doch zu unserer Überraschung fanden wir nichts in diesen Sarg vor. Erleichtert seufzen wir auf und Noman war gerade dabei gewesen den Sarg zu schließen, als aus den Sarg ein merkwürdiger Ton herauskam. Es war wie ein kleines Wimmern. Noman und ich sahen uns etwas entsetzt an, was oder wer wimmerte da? Wir beide beugten uns leicht über den Sarg, als urplötzlich ein in dunkelblaugehülltes Wesen herausbrach. Es sah aus, als würde es ein Tuch tragen, und ungefähr die Körperform eines Magiers haben. Ich versuchte dieses Ding anzugreifen, doch die Attacken glitten durch es hindurch. Dieses Ding hatte keine Aura, es war unmöglich zu sagen, was genau es war. 

„Heilige Scheiße!"

Noman ließ den Deckel fallen, das Wesen raste mit diesem merkwürdigen Ton weiter auf uns zu. Mein bester Freund und ich nahmen die Beine in die Hand und rannten schreiend weg. Wir rannten wieder zu den anderen. 

„Um Moons Willen, was habt ihr rausgelassen?"

Fragte Merlin und sah uns streng an. 

„Macht die verdammte Tür auf!"

Merlin sah das Wesen auf uns zu kommen und versuchte direkt die Tür einzutreten. Aber es funktionierte nicht, sie war fest versiegelt. 

„Sie geht nicht auf, Sajin hat sie mit einen automatischen Versiegelungsfluch belegt! Nur er kann sie öffnen!"

Schrie er und rannte. 

„Wirklich nur wegen eurer Neugierde!"

Tadelte uns Thorsten und so gerne ich die Schuld auf Noman abgewälzt hätte, in dem Moment wollte ich einfach nur um mein Leben rennen. 

„Das ist nicht gut, Merlin, du kennst dich doch mit illegaler Magie aus, was machen wir jetzt?"

„Sehe ich so aus, als ob mir jeder X-beliebige Fluch geläufig ist, Thorsten!"

„Mit Verlaub Meister, ja!"

schrie ich ihn an. 

„Von dir und Noman will ich gerade nichts hören, ihr seid Beide Schuld an dieser verdammten Situation!"

Thorstens Kommentar war mir gerade egal, ich sah hinter uns noch mehr Geister erscheinen. 

„Roro, hier drinnen kann uns dieser Typ nicht abfangen wir müssen fliegen, jetzt!"

Sagte ich zu Roro und warf ihn vor mich. Es sah einige Sekunden danach aus, als hätte ich ein Plüschtier geworfen. Meine Eule war aus seiner Schockstarre endlich erwacht und wurde schon wieder groß, wir sprangen auf ihr und schnell wieder Blitz flog er mit uns durch Sajins Raum. Er schnell, normalerweise waren wir Beide nur so schnell, wenn wir Rennen flogen, nicht, wenn wir Gäste dabeihatten. Meine Freunde hielten sich aber gut. Wir flogen Loopings, schlugen Haken in der Luft, Roro zeigte sich von seiner besten Fliegerseite. Er war genial. Ich wusste nicht, dass Roro solche Tricks auf Lager hatte. Ich war so stolz. Er schaffte es diesen Fluch abzulenken, aber lange konnte er dieses Tempo nicht mehr beibehalten. 

„Wir müssen Sajin suchen. Nur er kann diesen Fluch stoppen!"

Meinte Noman. Ich setzte das sechste Auge ein und suchte nach ihm. 

„Dafür, dass Sajin im Vergleich zu den anderen Nummer Einsen nur ein paar Jahre im Amt war, ist dieser Raum wahnsinnig groß und mit unzähligen Schutzflüchen belegt. Ich finde ihn selbst mit dem sechsten Auge nicht direkt."

„Was hat er hier drinnen getrieben?"

Überlegte Thorsten verzweifelt. 

„Sajin hat wahrscheinlich sehr viel Recherchearbeit gemacht, als wir noch bei Riguldo gelernt haben. Das hätten wir Drei kommen sehen müssen, Thorsten, der Junge ist wahnsinniger als Merlin, schon damals!"

Erklärte Ignis. Ich bekam dieses Gespräch nur so halb mit, ich suchte nach wie vor Sajin. Wo war er? So weit konnte er doch nicht gelaufen sein. 

„Ich finde Sajin nicht!"

Rief ich nach hinten. Merlin setzte sich zu mir und setzte auch seines ein. 

„Ich halte mit dem sechsten Auge Ausschau nach ihm. Setz du Aurealis Twilaris ein und suche nach seiner Aura. Denk dran, er ist ein Nachtmagier."

Danke, das wusste ich schon. 

„Aurealis Twilaris."

Die Stränge seiner Aura wurden sichtbar. Sie lagen gut dreißig Meter weit weg, genau in die Richtung, aus der drei Geister kamen. Mit Aurealis Twilaris merkte ich auch, dass diese Geister, die Seelen von toten Kindern waren. Ich schob das aber kurz weg und meinte zu Roro:

„Mein Freund, ich weiß du bist erschöpft, aber wir müssen jetzt unsere Wettkampf Strategie einsetzen. Rechts von dir sehe ich Sajins Aurenstrang. Schaffst du es auch noch dich zu drehen?"

Er nickte nur, drehte sich sofort sehr hart und sehr unerwartet herum und stieg nach oben, wir konnten die anderen nicht mehr warnen. Ich hörte Nomans Schrei und sah Reflexartig nach hinten, er hatte sich nicht halten können und war vom Sattel gefallen. In mir steig eine gewaltige Gänsehaut auf und meine Augen wurden auf einen Schlag so groß, dass sie beinahe rausfielen. 

„Noman!"

Kreischte ich und sprang vom Sattel. Roro düste ab, als ich den Arm meines Freundes zu fassen bekommen hatte und verschwand schneller als ein Komet. 

Loki, du bist wirklich meine beste Freundin. Danke dass du mich so oft aufgefangen hast.

Du musst dich nicht dafür bedanken, du hast mich auch schon zu oft gerettet. 

Oh, ihr seid so kitschig!

„Cornxga!"

Schrien wir Beide und bekamen Flügel. Wir waren einige Meter und den Geistern, das reichte aber nicht, wie waren selbst mit Ygafure nicht einmal halb so schnell wie sie. Sie griffen nach uns, ich versuchte sie mit Abendrot abzuwehren, doch die Klinge meines Schwertes glitt glatt durch die Geister hindurch. Doch die Hände der Geister, die nach und packten, griffen uns und drückten uns zu Boden. 

„Verdammt!"

Fluchte Noman und versuchte sich zu befreien. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und schrie:

„Ictusa Twilaris!"

Erst dann zeigten sie eine Reaktion und die Geister wichen zurück. Mein Instinkt sagte mir, dass sie mir als Shidao keinen Schaden zufügen konnten. Also verwandelte mich und stellte mich schützend über Noman. Das Fell brannte nicht, wahrscheinlich wollte der Wolf der grünen Flammen seinen besten Freund nicht verletzen. Ich knurrte und biss nach ihnen. Sie trauten sich nicht näherzukommen. Noman zog sich an meinen Vorderbein hoch. Ich stand da und knurrte einfach nur. Plötzlich zog mich einer am Schwanz, ich drehte mich um und schnappte nach dem Geist. 

„Kinder, was macht ihr da?"

Hörte ich Sajins Stimme fragen. Ich schaute genau in die Richtung, aus der seine Stimme kam und sah ihn, mit Roro und den anderen hinter ihm. Vor unseren Augen gingen die Geister in Licht auf und vor mir und Noman, der sich wie wild an meinen Vorderbein festgeklammert hatte, erschienen Kinder. Man merkte, dass sie gestorben waren, denn man konnte leicht durch sie hindurchsehen. Es waren vier Mädchen und fünf Jungen. Der älteste Junge trat lächelnd hervor und sagte:

„Sajin, du bist endlich wieder da."

Sie stürmten auf ihn zu und umarmten ihn. Ich sah selbst als Wolf perplex zu Sajin und dann runter, nur um denselben Gesichtsausdruck bei Noman zu sehen. Aber er stellte sich hin und 

Ich verwandelte mich wieder zurück, zusammen traten wir zu den anderen. 

„Kommt nicht näher!"

Zischte ein Mädchen und schwebte schützend über Sajin. 

„Nea, alles ist gut, das sind Freunde von mir."

Nea gab Sajin misstrauisch frei. 

„Noman, du bist wie eine Katze, Neugierig und du kannst genauso wenig hören!"

„Sai, ich bin nicht mehr dein Schüler, beherrsch dich."

Sajin wurde ruhig. 

„Wie dem auch sei, ich habe die Pläne für das Boot. Wir können gehen."

„Nein, Sajin, bleib, spiel noch ein bisschen Wahrheit oder Tod mit uns, mit deinen Freunden."

Ich war nicht gerade sehr erpicht darauf etwas namens Wahrheit oder Tod zu spielen. Doch meine innere Stimme sagte mir, dass die Kinder uns nicht gehen lassen würden, bevor wir nicht mindestens eine Runde gespielt hatten. 

„Hört mal, wir sind in Eile."

„Bitte Sajin, du warst schon so lange nicht mehr da…"

Bettelte ein Mädchen. 

„Außerdem kennst du die Regeln und da du dich zu diesen Leuten bekannt hast müsst ihr jetzt auch mit uns spielen."

Sajin seufzte. 

„Stimmt. Der Fluch der neun spielenden Kindergeister. Ich kann mich wieder dran erinnern."

„Was bedeutet das Sai?"

Fragte Noman und hielt Sajins Arm. 

„Wahrheit oder Tod ist wie Wahrheit oder Pflicht, es gibt nur zwei Änderungen. Erstens wer nicht mitmacht wird von uns Kindern getötet, wer mitmacht muss die Wahrheit sagen, sonst folgt auch der Tod. Das Thema bestimmten wir."

Erklärte der Junge. 

„Das könnte interessant werden, lasst uns spielen."

Meinte Merlin. Es waren diese Momente, in denen ich an dem normalen Magierverstand meines Meisters zweifelte. Ich war nach wie vor nicht begeistert, aber was sollte großartig passieren?

„Und Sajin, wenn wir hier fertig sind, zeigst du mir alle deine Flüche. Mensch, und ich dachte ich wäre der Einzige von Riguldos Schülern, der einen Fable für Okkultismus hat."

Sagte er im selben Atemzug. Die Kinder freuten sich und wollten, dass wir uns in einem Kreis setzen. Der älteste Junge stellte sich in die Mitte und sagte:

„Heute müsst ihr folgende Wahrheit sagen, was ist euer schlimmstes Geheimnis, dass die Sichtweise euerer Freunde auf euch vollkommen verändern könnte."

Habe ich gerade gesagt, was sollte schon großartig passieren? Das würde schlimm enden. Er drehte sich und zeihte auf Noman:

„Du fängst an."

„Oh verdammt, Loki, hast du Sjn dabei? Ich muss mir Mut antrinken."

Zu seiner Überraschung hatte ich noch das Picknick von gestern Morgen dabei und gab jeden eine Flasche. Sogar Ignis trank nervös aus ihrer. Nom atmete kurz durch, zündete sich noch eine Zigarette an, nahm einen Zug und sagte:

„Solar, dass wird etwas pervers und eklig. Aber Sajin, du warst mein erstes Mal."

Ich sah ihn fragend an, wohlwissend, dass allein wir Beide vor seiner Beziehung mit seinen ehemaligen Meister miteinander geschlafen hatten, und dass drei Mal, wenn auch zweimal dicht wie Zement. Auch Sajin hatte ihn einige Mal vor ihrer Beziehung erwischt, also war er dementsprechend auch verwirrt.

„Du musst das näher erläutern."

Ermahnte ihn der Junge. 

„Wieso bei Solar wusste ich das… Sajin hat sich öfters mal in ein Bordell verzogen, wo man auch mit Männern schlafen konnte. Meistens war er immer Kunde beim selben Prostituierten. Ich habe ihn mit zwölf Jahren ein paar Mal verfolgt und irgendwann habe ich denjenigen mit Dorminates verzaubert, mich in ihn verwandelt und dann… muss ich glaube ich nicht mehr weiterreden."

Sajin war totenblass, mehr als sonst, eine Sekunde lang glaubte ich sein Herz wäre stehen geblieben. Ich war in diesen Moment eher angewidert von Noman, sich als Zwölfjähriger sowas auszudenken war schon grenzwertig, sehr grenzwertig, und das ist noch nett ausgedrückt. 

„Es tut mir leid, Sai, aber ich… bin schon seit sehr langer Zeit in dich verliebt."

„Wir reden zu Hause darüber…"

Sagte Sajin fassungslos. 

Oh, Sajin hat so leiden müssen bei dieser Geschichte. Das gefällt mir. 

Hast du dich mittlerweile an den Gedanken gewöhnt, dass dein bester Freund auch ein Liebesleben hat?

Daran werde ich mich nie gewöhnen, schließlich ist er wie ein kleiner Bruder für mich. Aber seine fassungslosen Gesichter sind geil, waren sie schon als wir Kinder waren. 

Jungs, seid leise, jetzt wird's gleich noch interessanter.

Es ging im Uhrzeigersinn weiter, neben Noman saß Sajin. Er nahm einen großen Schluck Sjn und schnappte sich Nomans Zigarette. Das hatte keiner bei ihm jemals gesehen. Normalerweise rauchte er nicht und trank selten und wenig, vor allem trank er keinen Sjn. 

„Ich habe nach wie vor meine besondere Fähigkeit. Aber bevor ihr meckert, ich habe es erst nach dem Bürgerkrieg bemerkt."

Noman sah ihn etwas wütend an, lehnte sich aber an seiner Schulter an. 

„Das habe ich schon geahnt Sai. Ist schon okay."

Sajin legte seinen Arm um Nomans Hüfte und zog ihn an sich. Auch da blieb ich ruhig, klar, es hätte mir einiges erspart, aber Sajin hatte vor meinem Augen diesen Trank genommen und erst nach dem Krieg festgestellt, dass er nicht gebracht hat, also konnte er für das alles nichts. 

„Dann verzeih ich dir auch dein Geheimnis."

Er küsste Noman auf die Stirn. Bisher war nichts geschehen, was wirklich schlimm war. Im Gegenteil, Thorsten sagte, gespielt wütend: 

„Um dir zu verzeihen musst du wieder hoher Magier werden."

Wir sahen ihn fragend an, da wurde er ernst und meinte: 

„Ich habe es noch nicht in den Rat geworfen, aber Nummer drei, Tiancha, hört auf. Nach dem Vorfall mit den Negativfrauen hat sie gesagt, dass sie nicht mehr kann. Ihre Position kümmert sich um tierische Wesen bei uns und teils auch in der Anderswelt. Du magst doch Tiere, oder nicht?"

Sajin meinte, dass er es sich doch noch mal überlegen musste, obwohl Noman ganz aus dem Häuschen war. Jetzt war Thorsten an der Reihe. Die Flasche Sjn ging rum. 

„Ich möchte kurz erwähnen, dass ich untröstlich bin und das, was ich verschwiegen habe, zutiefst bereue."

Er trank und sagte dann:

„Aber ich wusste, dass Riguldo in einigen Dingen korrupt war und habe ihn bei meinem Amtsantritt trotzdem in die Reihen der Hohen aufgenommen."

„Was!"

Fragten wir alle gleichzeitig, sogar Sajin war entsetzt. 

„Ich weiß, das hört sich schlimm an, aber ich hatte meine Gründe ihn trotzdem zu behalten… er war…"

Ich wusste, dass Thorsten eine tiefe Bindung zu Riguldo hatte, anders als Merlin und Sajin, seine beiden besten Schüler. Ich schluckte die Wut in mir bei diesen Gedanken runter, auch wenn dieser Mann ganz Elystria übel mitgespielt hatte. Ich hätte ihm gerne eine reingehauen, aber mein Geheimnis war wahrscheinlich eintausend Mal schlimmer, weswegen ich ihn ablöste:

„Thorsten ich bin sehr wütend auf dich, aber dein Geheimnis ist wahrscheinlich nicht einmal halb so schlimm wie meines. Trotzdem, sei froh, dass alles einigermaßen gut ausgefallen ist. Auch wenn dieses Arschloch mich mehrere Male auf unterschiedliche Weisen getötet hat."

„Und wir reden später darüber wie viel du wusstest und Gnaden dir die hohen Geschwister, wenn du das mit Urian wusstest."

Drohte Merlin. Darüber wusste Thorsten aber wirklich nichts. Nun lag die Aufmerksamkeit auf mir. Der Sjn stand vor mir, aber beim besten Willen ich bekam nichts runter. Diese Wahrheit wollte ich mir nie eingestehen. Aber es war so:

„Als Kalli geboren wurde, wurde ich am Morgen desselben Tages zu Nightmare gerufen, er wollte mich kennenlernen. Als ich bei ihm war… merkte ich, dass er wahnsinnig stark war, selbst in diesem Zustand. Diese Macht schien selbst für ein achtjähriges Mädchen in dem Moment so verlockend, dass ich für ihn alles getan hätte. Auch wenn das bedeutet hätte, dass ich jeden hier anwesenden hätte töten müssen. Um ehrlich zu sein, wäre Kalli später geboren worden, wäre ich vielleicht nicht hier."

Alle Augen lagen auf mir und in ihnen spiegelte sich eine gewisse Form der Angst, bei jeden drückte sich diese Angst anders aus. Sajin zum Beispiel hatte den zitternden Noman an sich gedrückt. 

„Du bist jetzt aber hier, das ist die Hauptsache."

Versuchte Merlin es schön zu reden. 

„Ja Merlin, aber ich habe mit dem Gedanken gespielt meine Freunde… dich zu töten."

„Ich denke, darüber müssen wir jetzt nicht nachdenken, Lolo, du bist hier und hast die richtige Seite gewählt."

Sagte Noman und stand auf, um mich zu umarmen. 

„Außerdem hast du doch gesagt, dass Kalli viel zu früh kam. Wer weiß, vielleicht war sie dein Schutzengel."

Ich klammerte mich an Nom. Er hatte Recht. Wenn ich nach Hause kommen würde, würde ich Kalli zu einen, oder mehreren Scalisque einladen. Ignis war als nächstes dran:

„Merlin, ich weiß, dass hört sich jetzt erstmal schlimm an, aber hör mir zu. Bevor ich in einen Phönix verwandelt wurde, ahnte Riguldo weswegen du noch bei ihm warst. Er wusste, dass du in mich verliebt warst und wollte, dass ich so tat, als wäre ich in dich verliebt. Ich… ging darauf ein, bevor ich in diese Form gezwungen wurde, habe ich dir also was vorgemacht, aber ich schwöre bei Solar Merlin, als du mich auch noch geliebt hast, als ich eine etwas schönere Taube wurde, hat mich das so beeindruckt, dass ich mich dann auch in dich verliebt hatte. Merlin es tut mir leid."

Oh scheiße, Merlin ist, je länger Ignis geredet hatte, immer bleicher geworden und ich glaubte kurz, dass er gleich weinen würde. Er sagte nichts, auch niemand anders traute sich was zu sagen. Ignis war das erste Mal seit langem unsicher. Sie wollte ihre Flügel über seine Hände legen, aber er zog sie weg. Vorsichtig legte ich meine Hände auf ihren Rücken, das mochte sie normalerweise nicht, aber sie brauchte das in dem Moment, dass merkte man. Keiner konnte was sagen, nur Ignis weinte und vergrub ihren Kopf in meiner Lederjacke. Ich drückte sie zu mir uns tätschelte ihren Rücken. Merlin war dran. Er trank die Flasche Sjn sofort leer. 

„Ich habe meinen Vater getötet."

Wir wussten, was dieser Mann Merlin angetan hatte. Aber was hatte er getan, damit Merlin, ein damals nicht einmal ganz acht Jahre alter Junge, seinen Vater eigenhändig umbringt, das hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können. 

„Du meinst in der Nacht, in der wir mit den Zwillingen so Hals über Kopf verschwinden mussten?"

Fragte Sajin. Er wurde als Kind von seinen Eltern an die Monsterjäger verkauft, ganz zufällig an die Sippe von Merlin und seiner Familie. Merlin, Mewina und Urian haben ihn dann zu sich genommen. 

„Ja, er hat von unseren Vorhaben, die Mädchen zu retten herausgefunden. Ich stand dazwischen, also habe ich mich gewehrt und ihn dabei getötet."

Merlin wirkte augenblicklich ganz komisch. Sajin versuchte ihn aufzuheitern.

„Merlin, dein Vater war ein Arsch, ich weiß das nur zu gut, besser würden das wahrscheinlich nur Urian und Mewina wissen. Wie er dich fertig gemacht hat, war in Anbetracht deines Alter lebensgefährlich. Du warst nicht einmal ganz acht Jahre alt, du hattest Angst, du hast das sicherlich nicht aus Hass oder Mordlust gemacht."

Irgendwie erinnerte mich das ein wenig zu sehr an mich. Deswegen passten wir so gut zueinander. Als wir das kurz sacken gelassen hatten, sagte Sajin zu seinen Kindergeistern:

„So Kinder das war's, jeder hat sein schlimmstes Geheimnis preisgegeben. Es ist schon spät, ihr solltet wieder schlafen."

„Nein, bitte Sajin, spiel noch eine Runde mit uns…"

Bettelten die Kinder und umarmten ihn. 

„Nein Kinder, ihr seid schon viel zu lange wieder wach. Ich komme bald wieder, und dann bring ich etwas Spielzeug mit."

„Yay!"

riefen die Kinder und schwebten zurück in die Särge. Es war ruhig, bevor ich sagte: 

„Kommt Leute, lasst uns nach Hause gehen und einfach vergessen, was heute Nacht hier geschehen ist."

Ach ja, die Nacht, die alles verändert hat. Sajin ist wieder ein Hoher geworden, Merlin und seine Frau haben sich ordentlich verkracht und wir Beide hätten beinahe Thorsten krankenhausreif geprügelt. 

Also so schlimm war es nun auch nicht. Thorsten hat sich ja zigtausend Mal bei uns entschuldigt. 

Naja, der Streit den Ignis und ich daraufhin hatten zog sich bis zu unserer Abreise.

Als wir zu Hause angekommen waren beschlossen wir eine Sache: 

„Nächstes Jahr werdet ihr Beide, Merlin und Sajin nach Esyia abreisen."

Meinte Thorsten, als Höchste musste er hierbleiben, Ignis musste dementsprechend auf Kalli und die Hüterinnen aufpassen. 

„Bereitet euch gut vor, lernt weiterhin das esyianisch, was euch die Assassine beibringen konnte."

Wir nickten, es war spät an diesen Vormittag, weswegen Thorsten sich verabschiedete, der Rest von uns betrat das Haus. Kalli begrüßte mich fröhlich. Ich nahm sie hoch und drückte sie an mich. Sie war wirklich ein kleiner Engel.