'Als der Morgen anbrach, war der Regen schon lange vorbei, doch der Himmel war immer noch von grauen Wolken verhangen. Ein Metallstab rüttelte an den Eisenstäben jeder Zelle, um einen jeden Sklaven früh aufzuwecken. Alle Zellen wurden geöffnet, damit die Sklaven nach draußen treten und die von dem Aufseher und seinen Wächtern zugewiesene Arbeit erledigen konnten.
Penny rieb sich die Augen und sah, wie die Zellentür aufgezogen wurde, was ihr eine gewisse Erleichterung bescherte. Das war ein gutes Zeichen! Die Sklaven waren nicht ständig in ihren Zellen eingesperrt, da gab es einen Fünkchen Hoffnung, und für jemanden, der auf dem Grund eines Brunnens feststeckt, könnte ein Hoffnungsschimmer ausreichend sein, um ihn herauszuholen. Zum jetzigen Zeitpunkt wusste sie kaum etwas über ihre Umgebung. Es wurde offensichtlich, dass das, was sie über diesen Ort von außen erfahren hatte, ungenügend und nicht korrekt war. Es wurde Zeit, Informationen zu sammeln!
Als sie aus der Zelle trat, gingen viele andere mit Lumpen bekleidete Menschen lustlos an ihr vorbei. Das Licht in ihren Augen war längst verblasst und hatte der Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit Platz gemacht. Sie waren offensichtlich Sklaven.
"Wo gehen wir hin?" fragte sie Caitlin, die an ihr vorbeiging und der sich bewegenden Menschenmenge folgte. Penny eilte, um neben ihr den schmalen Korridor hinunterzugehen.
"Du wirst schon sehen."
Penny wünschte sich, dass ihre Zellengenossin etwas ausführlicher in ihren Antworten sein könnte. Caitlin war knapp in ihren Antworten und ließ alles als ein zu lüftendes Geheimnis zurück, was man in ihrer Situation nur ungern erwartete. Erst als sie die anderen düsteren und schweigsamen Sklaven ansah, die neben ihnen gingen, fühlte sie sich etwas besser, jemandem wie Caitlin zugeteilt worden zu sein.
"Das ist der Aufseher. Stelle sicher, dass du nie in Konflikt mit ihm gerätst. Vermeide es um jeden Preis, ins Visier seines Blickes zu geraten", wies Caitlin auf jemanden hin, der weit vor den Sklaven stand.
Penny blickte durch die Menge und sah einen Mann in Uniform, der anscheinend Ende zwanzig war, viel zu jung, um der Leiter des Sklavenanwesens zu sein. Seine scharfen, roten Augen musterten die Sklaven, die an ihm vorbeigingen, und ließen sie vor Furcht zittern.
Er spürte, dass ein anderer Blick auf ihn gerichtet war, er drehte den Kopf in die Richtung dieses Blickes, aber Penny war schneller.
Gerade bevor sich ihre Blicke treffen konnten, richtete sie ihre Augen geradeaus, um so harmlos und unschuldig zu wirken, wie ein kleines Mädchen, das in einem Sklavenanwesen gefangen war, nur sein konnte. Wenn man unsicher ist, ist es klug, auf diejenigen zu hören, die Sicherheit ausstrahlen. Penny nahm Caitlins Rat ernst. Da Caitlin fünf oder sechs Jahre länger als Penny, und dabei unter schlechteren Bedingungen, überlebt hatte, schien sie recht sicher zu sein.
Die Sklaven hielten unvermittelt an, Penny konnte gerade noch rechtzeitig verhindern, dass sie mit der Person vor ihr zusammenstieß. Sie fragte sich, was passiert war, als sie plötzlich einen der Wächter die Anweisung geben hörte: "Ausziehen!"
Was?!
Pennys Augen weiteten sich. Sie drehte hastig ihren Kopf nach links und rechts und sah, wie alle Sklaven um sie herum anfingen, sich auszuziehen.
Die meinten das Ernst!
…
Es stand fest, dass sie sich nicht vor so vielen Fremden ausziehen würde! Moment, es spielte keine Rolle, ob sie die anderen kannte! Dieses Kleid würde sie nicht ausziehen!
Starr blieb sie stehen, ohne Anzeichen dafür zu geben, sich ausziehen zu wollen, als einer der Wächter, der den Befehl gegeben hatte, bemerkte, dass sie sich weigerte, sich auszuziehen.
"Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Zieh dich aus, Sklavin", sagte der Wächter, der groß und bullig war. Mit einem stacheligen Bart, der sein geballtes Kinn verdeckte, starrte er die widerspenstige Penny an.
Selbst nachdem sie seine ruppige Forderung an sie gehört hatte, blieb sie unnachgiebig. Ihre Untätigkeit erregte die Aufmerksamkeit der um sie herum sich entkleidenden Sklaven, die ihre Kleider vom Boden aufhoben. Es waren nicht nur die Sklaven, sondern auch die beiden anderen Wächter, die in der Nähe positioniert waren, um dafür zu sorgen, dass die Sklaven sich angemessen verhielten, während sie ihre allmorgendliche Show genossen.
"Zieh deine Klamotten aus", flüsterte Caitlin Penny zu. Als sie sah, wie Penny sich gegen den Befehl des Wächters stellte, fragte sich Caitlin, ob sie unter dem Druck zusammengebrochen war. Sie hatte ihr geraten, sich vor dem Aufseher zurückzuhalten, aber stattdessen zog sie sofort die Aufmerksamkeit auf sich, indem sie sich jetzt, ausgerechnet jetzt, gegen das Wort des Wächters stellte.
Bisher hatte Penny sich noch nie einem anderen preisgegeben, und sie hatte auch nicht vor, das jetzt zu tun, auch wenn man es ihr sagte.
Der Aufseher, der die Szene ruhig von der anderen Seite des Gangs aus beobachtete, hob seine Hand und brachte den Wächter zum Schweigen, bevor er weitere Befehle ausstoßen konnte. Er machte eine Geste zu dem muskulösen Wächter, der zustimmend nickte.
"Du bleibst hier", bellte der Wächter Penny an, die offensichtlich eine neue Sklavin in diesem Anwesen war, "Der Rest von euch geht duschen und macht sich sauber. Wir nehmen morgen nur die vorzeigbaren mit auf den Markt!" Er legte seine Hand auf Pennys Schulter, um sie davon abzuhalten, mit dem Rest der Sklaven in die Duschhalle zu hetzen.
Penny hielt die Miene unbewegt und zeigte kein Anzeichen von Angst, aber sie war sich nicht sicher, wie lange sie diese Fassade aufrecht erhalten konnte. Innerlich war sie gelähmt vor Angst, hatte so eine Angst, dass sie von dort fliehen wollte, wenn der muskulöse Wächter sie nicht festhielte.
Die übrigen Wächter folgten den Sklaven, um sie zu bewachen, während sie inaktiv dastand, unwissend von dem Aufseher, der sich ihr von hinten näherte, begleitet von seinem persönlichen Wächter. Er beäugte sie aufmerksam mit seinen scharlachroten Augen.'Plötzlich vernahm Penny das Schnipsen von Fingern, und im nächsten Augenblick wurde sie von der Wache in einen fensterlosen Nebenraum gezerrt und geschoben. Eine Laterne brannte auf einem Tisch in der Mitte des Raumes, doch sie war nicht hell genug, um die schwarzen Wände des Raumes zu enthüllen. Neben der Laterne lagen mehrere Logbücher zur Aufzeichnung und eine Steinstatue, die schwer genug war, um den Tisch zu stabilisieren.
Mit einem Stolpern kam sie vorwärts und verhinderte nur knapp, dass sie auf den Tisch fiel. Sie drehte sich um, um etwas zu sagen, sah jedoch, dass der Aufseher den Raum hinter ihr betreten hatte. In diesem Moment schloss sie ihren Mund und fragte sich, ob sie eine Dummheit begangen hatte.
Dies war nicht ihr Dorf, in dem sie sich weigern oder mit der anderen Seite verhandeln konnte. Dies war die Sklaveneinrichtung! Mit dieser Erkenntnis trat sie einen Schritt von dem Mann zurück, der dem Wachmann zugenickt hatte. Die Tür schloss sich mit einem Klick.
Der Mann ragte über sie hinaus. Penny war keineswegs klein, aber dieser Aufseher war vier Köpfe größer, vielleicht sogar mehr. Eine alte Narbe lief diagonal über seine Lippen, seine Augenbrauen waren dick und dunkel, und seine Augen funkelten boshaft - ein Detail, das sie aufgrund des zwischen ihnen liegenden Abstandes zuvor nicht bemerkt hatte.
Penny geriet in Panik.
Ihre Zellengenossin hatte sie gewarnt, diesen Mann zu meiden, aber hier war sie nun. Eingesperrt in einem dunklen Raum mit dem Teufel persönlich an ihrem ersten Tag hier.
Er kam näher. Jeder seiner Schritte schien im Takt mit Pennys heftig vor Angst pochendem Herzen zu hallen. Sie wich zurück und strich mit ihrer Hand über die Tischplatte, während sie herumging, um das hölzerne Möbelstück zwischen sich und ihn zu stellen. Ihre Gedanken konnten keinen klaren Pfad finden, ihr Finger berührte einen zylindrischen Gegenstand, den sie instinktiv aufhob.
Es war eine Schreibfeder.
Der Aufseher wuchtete den Tisch auf den Boden und drängte sie schließlich mit dem Rücken zur Wand in die Ecke. Seine Hand strebte danach, ihr Gesicht zu berühren. Ängstlich strich Penny mit der Feder über seine Handfläche, riss die Haut auf und ließ ihn zusammenzucken, doch der Mann zog sich nicht zurück. Seine blutende Hand stürzte sich auf ihren Hals und schleuderte sie gegen die Wand.
Die Feder fiel zu Boden und sie spürte, wie die Luft langsam aus ihren Lungen wich, als der Aufseher fester zudrückte.
Der Aufseher brachte seinen Mund zu ihrem Ohr: "Ich bin vielen begegnet, die so waren wie du. Und jedes Mal habe ich es genossen, sie zu brechen, bis sie richtige Sklaven waren."
"L-lasst mich los..." Verzweifelt kratzte und zerrte sie an seiner Hand, doch es gelang ihr nicht, sie von ihrem Hals zu lösen. Der Mann bewegte sich nicht. Gerade als sie dachte, sie hätte seinen Griff gelockert, zog er sie nach vorne und schleuderte sie mit ungeheurer Kraft erneut gegen die Wand.
Sie stieß einen lauten Keuchzer aus und kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben.
"Ungehorsame Sklaven müssen ihren Platz gezeigt bekommen. Hältst du dich für etwas Besseres als die anderen hier? Nun, das bist du nicht", verspottete der Mann. Er starrte sie an, bevor er sie losließ und ihr eine Sekunde zum Luftholen gab.
"Zieh dich aus."
Gerade rieb sie sich den Hals, als sie ihn hörte. "Glaubst du, du bist besser als die anderen draußen, dass ich mich für dich ausziehen werde, nachdem ich sie abgelehnt habe? Nun, das bist du nicht." Kaum hatte sie den Satz beendet, wusste sie, dass die Folgen schmerzhaft würden.
Der Aufseher schlug sie so hart ins Gesicht, dass sie ein Klingeln in ihren Ohren hörte. Sie sank auf die Knie, eine Träne trat aus der geschlagenen Seite hervor.
Was der Aufseher jedoch nicht bemerkte, war, dass Penny ihren Blick auf einen anderen Gegenstand gerichtet hatte, der zu ihren Füßen gerollt war, als er den Tisch durch den Raum geschoben hatte. Der Aufseher gab ihr eine Sekunde, um sich zu fassen, und untersuchte die Verletzung an seiner Hand, was Penny die perfekte Gelegenheit gab, zuzuschlagen.
Sie griff nach der Steinstatue und schlug sie mit aller Kraft gegen seinen Kopf, wodurch die Statue in Stücke zerbrach.
Erneut blieb er ungerührt.
Dieses Mal war er überrascht und konnte ihren zweiten Schlag nicht vorhersehen. Er starrte sie mit spöttischen Augen an und lachte. Sein Lachen hallte laut durch den geschlossenen Raum und ließ Penny verwirrter und noch ängstlicher zurück als zuvor.
"Diesmal hast du es wirklich gemacht. Es ist schon lange her, dass ich eine so temperamentvolle Person wie dich genossen habe. Je mehr du ungehorsam bist, desto mehr Spaß werden wir haben!"
Sie schluckte.
Jetzt gab es kein Entkommen mehr, und das war ihr bewusst. Egal, wie oft sie ihn schlug, der Mann würde weiterhin unbewegt dastehen. Seine Hand griff nach ihrem Hinterkopf und zog sie an den Haaren hoch, was sie vor Schmerz aufschreien ließ, als sie vom Boden gehoben wurde.
"Du bist ziemlich mutig. Mich nicht nur einmal, sondern zweimal zu schlagen. Man muss dir beibringen, die Regeln zu befolgen. Und die erste Regel lautet: 'Befolge immer, was ich sage.'"