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Chapter 8 - Umgekehrte Wirkung

Die Musik verstummte und signalisierte das Ende ihres Tanzes. Abigail war noch nicht bereit die Tanzfläche zu verlassen, nicht ohne eine Antwort auf ihre Frage bekommen zu haben. Doch der Mann hatte sie bereits weggeführt.

Herr Qinn führte sie zu einer beeindruckenden Treppe und gemeinsam stiegen sie die Stufen hinauf. Sie schritten einen Korridor entlang, bis sie eine große Tür erreichten, die sich öffnete und einen Garten unter freiem Himmel offenbarte. Der Anblick des Gartens war atemberaubend. Die Blumen standen in voller Blüte, in verschiedensten Sorten und Farben, ihre Blütenblätter schienen im Mondlicht zu leuchten. Aber das war noch nicht alles. Die Aussicht von ihrem Standpunkt aus war großartig. Unter ihnen breiteten sich die Lichter der Hochhäuser und die Stadt wie ein leuchtendes Gemälde aus.

Der Mann ging zur Balustrade und lehnte sich dagegen. Endlich fiel ihr auf, dass er einen klassischen schwarzen Anzug trug. Sie hatte so sehr auf sein Gesicht geachtet, dass sie seine Kleidung gar nicht bemerkt hatte. Als sie ihn jedoch dort stehen sah, konnte sie nicht umhin, ihn anzustarren. Seine Kleidung wirkte, als wäre sie genau auf ihn zugeschnitten. Sein schwarzes Jet lag perfekt auf seinen breiten Schultern und betonte seine gut gebaute Statur. Er sah aus wie ein unsterblicher Gott, der auf die Erde gekommen war, um den unbedeutenden Menschen zu zeigen, was Perfektion bedeutet.

Als er seine Maske abnahm, betrachtete er sie mit denselben prüfenden Augen.

Abigail hob die Hände und nahm ebenfalls ihre Maske ab. Sie sah ihn an, als sie sie langsam entfernte. Der Mann schwieg, aber seine Augen hafteten auf ihrem Gesicht.

Abigail trat näher zu ihm, von Mondlicht umhüllt. Die silbernen Akzente auf ihrem Kleid glitzerten, ihre rehbraunen Augen strahlten, und ihr langes, seidiges schwarzes Haar bewegte sich hinter ihrer schlanken und zierlichen Gestalt.

Der Blick des Mannes blieb auf ihr haften, als könne er seine Augen nicht von ihr lösen.

"Herr Qinn, Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet", unterbrach Abigail die Stille.

"Ich werde es Ihnen sagen, sobald Sie die Prüfung bestanden haben."

Abi stutze. Sie hatte angenommen, dass sie es geschafft hatte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, da er seinen Blick bis jetzt nicht von ihr abgewandt hatte.

Sprachlos stand sie einfach nur da und bewegte sich nicht, als sich ein feines Lächeln auf den Lippen von Herrn Qinn zeichnete. Dann bewegte er sich, kam näher und neigte sich zu ihr. Er beugte sich zu ihr hinunter, bis seine Lippen fast ihr Ohr berührten.

"Tatsächlich, Sie haben sich gut bewährt. Sie haben meine Erwartungen weit übertroffen", flüsterte er. Sein Atem streifte ihre Haut und elektrisierte ihre Nerven, so dass sie fast vergaß zu atmen. Seine Stimme schien eine Art Zauber zu haben, als sie in ihrem Ohr verweilte.

Die Erkenntnis, dass sie sich geirrt hatte zu glauben, für ihn immer noch unattraktiv zu sein, durchfuhr Abi wie ein Schauer. Doch das Lächeln, das sich ihre Lippen hatte stehlen wollen, verblasste schnell, als sie seine nächsten Worte hörte.

"Aber noch nicht, Sie haben die Prüfung noch nicht bestanden", sagte er.

"Ähm, was meinen Sie damit?"

"Es gibt noch eine letzte Prüfung, die Sie bestehen müssen."

"Eine letzte... Prüfung?"

Er nickte, seine Augen suchten sorgfältig die ihren.

"Gut, dann sagen Sie mir, was es ist", erwiderte sie entschlossen. Ihre anscheinend unnachgiebige Entschlossenheit brachte ihn dazu, die Augen zusammenzukneifen.

"Sind Sie sicher?"

"Ja."

Für einen kurzen Moment verharrte der Mann regungslos. Im nächsten Augenblick führte er sie sanft zu einem Aufzug, der sie in die oberste Etage des Hotels brachte. Eine Atmosphäre der Stille umhüllte sie und Abi spürte, wie ihr Herz unkontrolliert zu rasen begann. Dann betraten sie eine Präsidentensuite. Lange, dicke Samtvorhänge schmückten die Wände und verbargen die Fenster, so dass jede Spur von Licht draußen blieb. Der weitläufige Salon war mit erlesenen Möbeln ausgestattet. In einer Ecke befand sich eine Bar mit Flaschen erstklassigen Alkohols, während das Schlafzimmer auf der gegenüberliegenden Seite lag.

Der Mann blieb direkt vor ihr stehen und ließ die Tür offen, als er ihre Hand losließ. Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen, er stand still, als würde er warten, dass sie etwas unternahm.

Als Abi die Tür leise hinter sich schloss, drehte sich der Mann schließlich um. Ein schwaches, ungläubiges Lächeln spielte um seine Lippen, als sich ihre Blicke trafen.

Er breitete seine Arme aus und stützte sich am Türrahmen ab, so dass sie praktisch darin gefangen war. Sein Blick bohrte sich in den ihren und er ließ die Schlüsselkarte vor ihren Augen auf und niederbaumeln. "Ich lasse sie hier", sagte er und legte die Schlüsselkarte auf den Tisch neben der Tür. "Sie können jederzeit gehen, wenn Sie es sich anders überlegen", fügte er hinzu und ein spitzbübisches Lächeln zierte erneut seine Züge.

Abi widerstand dem Bedürfnis zu schlucken, da sie wusste, dass er wieder versuchte, ihre Entscheidung zu beeinflussen. Aber merkwürdigerweise bestärkte das, was er tat, ihre Entschlossenheit nur noch mehr. Trotz seiner Bemühungen, sie davon abzubringen, schien sein Verhalten bei ihr nur das Gegenteil auszulösen.

Also antwortete sie dieses Mal nicht. Sie war schon hier. Ganz gleich, welche Herausforderungen er ihr stellte, sie würde ihre Meinung nicht mehr ändern.

Herr Qinn hob seine Hand und streichelte mit dem Rücken seiner aderigen Finger sanft über ihre Wange.

"Haben Sie Angst?", flüsterte er.

"Nein."

Abigails unglaublich schnelle Antwort brachte den Mann zum Kichern. Er warf ihr einen letzten Blick zu, bevor er ihre Hand ergriff und sie zum Schlafzimmer führte.