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Chapter 13 - Stimmen der Erdrückung

Akio befand sich in einem Raum, der nicht existieren konnte. Weiß. Leer. Ohne Türen oder Fenster. Er spürte, dass er schwebte, obwohl er sich nicht bewegte. Alles um ihn herum war unwirklich, doch es fühlte sich unbestreitbar real an. Eine Tür formte sich vor ihm – massiv und fremd – doch sie öffnete sich nicht. Trotzdem kamen Stimmen hindurch. Zuerst flüsterten sie, kaum hörbar. Dann wurden sie lauter, eindringlicher.

„Akio, was machst du hier?" Kiyomis Stimme war streng. 

„Du solltest nicht hier sein", schloss sich Frau Wirsings Stimme an. 

„Hilfst du mir kurz?" fragte Auron beiläufig. 

„Hör nicht auf sie", raunte Sophie. 

 

Die Stimmen wurden zahlreicher, überlagerten sich, bis sie ununterscheidbar wurden. Eine fremde, tiefe Stimme sprach schließlich: „Du hasst ihn doch…" 

„Nein!" Akio schüttelte den Kopf. „Ich hasse niemanden!" 

„Deinen Vater." 

 

Die Worte schnitten tief. Sie fühlten sich schwer an, wie eine Last, die er kaum tragen konnte. 

 

„Lasst mich in Ruhe!" schrie er, doch die Stimmen hörten nicht auf. 

 

„Du bist eine Schande!" 

„Die größte Heulsuse von allen!" 

„Du bist es nicht wert!" 

 

Akio hielt sich die Ohren zu, doch die Worte prallten direkt in seinen Kopf. Sie hallten, multiplizierten sich. Seine Welt begann zu beben. Der weiße Raum um ihn herum veränderte sich – zuerst graue Schatten an den Wänden, dann begannen die Wände zu reißen.

 

„Du bist allein!" rief die fremde Stimme erneut. „Du bist nichts!" 

 

Eine andere Stimme erklang plötzlich, sanft und mächtig zugleich, wie ein Lichtstrahl in der Dunkelheit: 

„Du bist nicht allein. Ich bin bei dir." 

 

Akio spürte eine Welle von Ruhe und Hoffnung. Farben wirbelten durch den Raum: Blau, Türkis, Gelb. Doch die Hoffnung hielt nicht an. Die Farben verblassten. Die dunkle Stimme übernahm wieder. 

 

„Das war's, Akio. Du hast alles verloren." 

 

Die Stimmen der Ablehnung kehrten zurück, lauter und unerbittlicher. 

 

„Ich wollte nie einen Sohn wie dich!" 

„Du bist meine Zeit nicht wert!" 

„Ich hasse dich, Akio!" 

 

Die Worte durchdrangen ihn, ließen ihn wanken. Tränen liefen über seine Wangen, doch selbst seine Tränen fühlten sich leer an. Akio schrie: „Bitte, hört auf! Ich will das nicht!" 

 

„Hast du nicht gesagt, du bereust nichts?" Die fremde Stimme war jetzt spöttisch, fast lachend. 

„Ich… ich will nicht, dass sie mich hassen!" 

„Dann gib dich mir." 

 

Akio zögerte. Doch die Stimmen wurden nur noch lauter. Er konnte es nicht mehr aushalten. 

„Ja, bitte, ich gebe dir alles! Mach, dass es aufhört!" 

„So sei es." 

 

Der Raum verstummte. Die Wände hörten auf zu beben. Eine Tür tauchte auf. Akio streckte seine Hand aus. Er öffnete die Tür und…

 

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Er erwachte in seinem Bett. Sein Kopf fühlte sich schwer an, als ob er aus einem tiefen Abgrund hervorgestiegen wäre. Kiyomi saß an seiner Seite, ihre Hände hielten seinen Kopf. 

 

„Akio! Was ist passiert? Sag mir, was los ist!" Ihre Stimme war von Sorge erfüllt. 

„Mama? Mein Kopf tut weh…" 

„Akio, du bist hingefallen. Wieso hast du mir nicht gesagt, dass es dir schlecht geht?" 

„Ich… ich weiß nicht." 

 

Seine Worte stockten. Die Erinnerung an die Stimmen war noch frisch, als wären sie real gewesen. 

 

„Mama… du hasst mich nicht?" fragte er zögernd. 

Kiyomi zog ihn sanft an sich. „Wie kommst du auf so etwas? Akio, ich könnte dich niemals hassen." 

„Aber… aber sie alle hassen mich!" Akios Tränen begannen wieder zu fließen. 

„Das stimmt nicht. Niemand hasst dich. Das war nur ein Traum, Akio. Ein schlimmer Traum." 

 

Akio schüttelte den Kopf. „Nein, es war mehr. Es fühlte sich so echt an! Alle haben es gesagt. Papa, du, meine Freunde. Sie alle wollen mich nicht!" 

 

„Akio, hör mir zu." Kiyomis Stimme war fest, aber voller Wärme. „Träume sind keine Realität. Niemand hasst dich. Dein Vater liebt dich. Deine Freunde mögen dich. Und ich… ich liebe dich mehr als alles andere." 

 

Akio zögerte, doch er fühlte die beruhigende Kraft ihrer Worte. Die Stimme aus seinem Traum schien so mächtig, so real. Doch in den Armen seiner Mutter fühlte er sich wieder sicher, wenn auch nur für diesen Moment. 

 

Die nächsten Tage blieb Akio im Bett. Die Ereignisse hatten ihn ausgelaugt, sowohl körperlich als auch seelisch. Kiyomi blieb bei ihm, kümmerte sich um ihn, las ihm Geschichten vor und versicherte ihm immer wieder, dass er geliebt wurde. 

 

Akio versuchte zu glauben, dass es nur ein Traum war. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass die dunkle Stimme ihn nicht loslassen würde. Nicht so schnell.