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Chapter 18 -  Die Entscheidung liegt nah: Abschlussteil

Das Theaterstück hatte gerade eine seiner spannendsten Wendungen erreicht, als ein dicklicher, blasser Mann den Saal betrat. Seine Kleidung war unauffällig, doch sein gehetzter Blick und der dünne Schweißfilm auf seiner Stirn ließen ihn fehl am Platz wirken. Er wirkte, als hätte er etwas Dringendes auf dem Herzen.

 

Der dicke, blasse Mann schob sich weiter durch die Reihen, seine Kleidung zerknittert, sein Atem schwer. Der Geruch von Schweiß und Alkohol hing in der Luft, während er suchend um sich blickte, als wäre er in einem fieberhaften Traum gefangen. Seine Augen waren glasig, doch ein verzweifelter Glanz darin sprach von einer Mission, die ihn antrieb.

„Entschuldigen Sie… Seika? Kennen Sie ein Mädchen, das Seika heißt?" fragte er mit heiserer Stimme. Die Antworten blieben dieselben: Kopfschütteln, verwirrte Blicke, Ablehnung. Doch er gab nicht auf, sein Schritt wurde schneller, seine Fragen drängender.

Kiyomi spürte ihn, bevor sie ihn sah. Der beißende Geruch von Alkohol und Dreck ließ sie zusammenzucken, und sie wandte sich unwillkürlich von der Bühne ab. Ihr Blick fiel auf den Mann, der näher kam. Ihr Magen drehte sich um. Ein mulmiges Gefühl schlug ihr auf den Magen, wie ein Blitz, und sie griff instinktiv nach Akios Hand.

„Mama, was ist los?" fragte Akio leise, doch Kiyomi konnte nicht antworten. Ihr Körper spannte sich an, während der Mann direkt vor ihnen stehen blieb.

„Entschuldigung", begann er. Seine Augen musterten Kiyomi, dann Akio, dann wieder sie. „Seika? Wissen sie, wo meine Seika ist?"

Die Worte schnitten durch die Luft wie ein Messer, und Kiyomis Welt schien stillzustehen. Ihr Atem wurde flach, ihre Gedanken wirbelten. Sie zwang sich zu sprechen, ihre Stimme bebte vor Anspannung. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Gehen Sie weg."

Der Mann wich keinen Schritt zurück, seine Augen verengten sich. „Doch, Sie sind es. Ich erkenne es… nicht an Ihrem Gesicht, sondern… an Ihrem Geruch. Sie riechen wie sie. Sie riechen…wie meine Tochter."

Kiyomi blinzelte, und für einen Moment starrte sie ihn nur an. Dann brach etwas in ihr. „Mein… was?" Ihre Stimme war hoch, zitternd. „Mein Geruch? Sind Sie verrückt geworden?"

„Bitte", flehte der Mann. „Ich bin hier, um mich zu entschuldigen. Ich habe so viel falsch gemacht. Bitte, Seika, hör mich an."

„Ich bin nicht Seika!" Kiyomi sprang auf, und die Menschen um sie herum drehten sich überrascht um. Ihre Stimme schwoll an, jedes Wort ein scharfes Geschoss. „Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber Sie haben den falschen Menschen vor sich! Ich bin ganz sicher nicht ihre Tochter."

„Du kannst mich nicht täuschen", murmelte der Mann, als ob er in Trance wäre. „Ich weiß, dass du es bist."

„Mama, wer ist das?" fragte Akio leise, doch Kiyomi hörte ihn kaum. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und ihr Körper zitterte vor Wut.

„Es ist egal Akio. Wir gehen jetzt. Das ist nur ein verwirrter Alter Mann."

 

Doch kaum hatten sie das Gebäude verlassen, tauchte der Mann wieder auf. „Seika! Hör mir zu! Bitte!" rief er, während er den beiden hinterherlief.

„Bitte, Seika." Seine Stimme brach.

 

„Was wollen Sie?" rief sie lauter werden auf. „Wollen Sie hören, dass ich die Tochter bin, die Sie zerstört haben? Dass ich die Seika bin, die Sie Tag für Tag geschlagen und erniedrigt haben? Ist es das, was Sie hören wollen?"

Der Mann wich zurück, schien für einen Moment erschrocken, doch dann trat er wieder vor. „Ich will nur reden. Ich will, dass du verstehst, wie leid es mir tut. Ich habe Fehler gemacht, ja, aber ich bin dein Vater. Ich liebe dich."

„Liebe?" Kiyomi lachte, ein scharfes, kaltes Geräusch, das wie Eis splitterte. „Du weißt nicht, was Liebe ist. Du bist kein Vater. Du bist ein Monster. Ein verdammtes Monster!"

„Seika, bitte…"

„Nenn mich nicht so!" Ihre Stimme überschlug sich, und sie packte Akios Arm. „Wir gehen, Akio. Sofort."

„Aber Mama, ich verstehe nicht…" begann Akio, doch Kiyomi zog ihn mit sich, ihre Schritte hastig, fast panisch. Sie konnte das Pochen ihres Herzens in ihren Ohren hören, und die Welt um sie herum verschwamm.

Doch egal wie weit sie rannten, der Mann lies nicht von ihrer Fährte los. Kiyomi blickte immer wieder nach hinten, während sie mit Akio an der Hand zunehmend schneller wurde.

„SEIKA!"

Kiyomi blieb stehen, drehte sich um, und die Maske, die sie trug, zerbrach endgültig. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Stimme ein raues Schreien. „Hör auf, mich zu verfolgen! Hör auf, diesen Namen zu benutzen! Du hast kein Recht, ihn auszusprechen!"

„Ich will nur, dass du weißt, dass es mir leidtut!" Der Mann streckte die Hände nach ihr aus, doch sie wich zurück. „Ich weiß, was ich getan habe. Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Aber ich… ich bin dein Vater. Und ich…"

 

Kiyomi lachte, ein scharfer, bitterer Laut entwich ihren Lippen.

„Was? Du liebst mich?" Ihre Augen funkelten vor Zorn. „Du hast keine Ahnung, was Liebe ist. Du hast sie zertreten, hast sie ertränkt in Alkohol und deinen kranken Ausreden."

„Ich weiß, was ich getan habe. Und ich bereue es. Bitte, hör mich an. Ich will es wiedergutmachen."

„Wiedergutmachen?" Kiyomi machte einen Schritt auf ihn zu, ihre Stimme voller schneidender Verachtung. „Du kannst nichts wiedergutmachen. Du hast alles zerstört. Dich selbst. Mama. Mich."

„Mama?" Akio zog erneut an ihrem Ärmel, doch Kiyomi war wie in Trance, gefangen in der Welle ihrer aufbrechenden Erinnerungen.

„Seika, ich will es versuchen", flehte der Mann weiter. „Bitte gib mir eine Chance."

„Seika ist tot." Die Worte kamen kalt und endgültig. „Ich habe sie umgebracht. Sie musste sterben, damit ich überleben konnte. Damit ich frei sein konnte."

Der Mann schüttelte den Kopf, seine Augen glasig. „Nein, nein, das kannst du nicht meinen."

„Doch!" Ihre Stimme überschlug sich, Tränen traten in ihre Augen. „Du hast mich gezwungen. Dein Hass, deine Fäuste, dein widerlicher Gestank – du hast sie getötet. Du hast mich dazu getrieben, alles zu zerstören, was ich war, damit du mich nicht weiter quälen konntest."

„Ich wollte doch nur, dass du es besser hast." Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

„Besser?" Sie lachte erneut, ein kaltes, hysterisches Lachen. „Du hast mich gehasst. Du hast mir gesagt, dass ich ein Fehler war. Du hast mir gesagt, dass ich dich ruiniert habe. Du hast Mama geschlagen, weil sie mich beschützen wollte. Das nennst du besser?"

Der Mann öffnete den Mund, doch keine Worte kamen heraus. Seine Schultern sackten ein, und für einen Moment sah er aus wie ein gebrochener Mann, eine Hülle dessen, was er einst gewesen war.

„Mama…" Akios Stimme brachte sie zurück in die Realität. Sie sah ihn an, ihre Augen suchten Halt, doch da war nur Verwirrung und Angst in seinem Blick.

„Akio." Ihre Stimme war sanft, doch ihre Hände zitterten. „Lass uns gehen."

„Aber er…"

„Lass uns gehen!" Sie packte seinen Arm und zog ihn hinter sich her, während der Mann ihnen nachblickte, zu erstarren schien. Doch dann bewegte er sich wieder, humpelte ihnen hinterher.

„Bitte!" rief er. „Ich will dich nicht verlieren! Ich wollte dir nur sagen, dass ich es bedaure!"

Kiyomi drehte sich noch einmal um, ihre Augen voller Zorn. „Ich will dich nie wieder sehen. Geh zurück in die Hölle, aus der du gekommen bist, und bleib dort. Du hast keinen Platz mehr in meinem Leben."

 

Sie ließ seine Worte nicht mehr an sich heran, zog Akio mit sich, bis sie in der Dunkelheit verschwanden. Doch in ihrem Inneren bebte etwas. Es war nicht vorbei. Nicht, solange er noch lebte.