Ein Klingeln der Schulglocke erlöste Sel vom Unterricht und denkbar schnell hatte die
Schülerin ihre Sachen gepackt. Auf die Klassenkameraden wollte sie nach der
peinlichen Gegebenheit des Geschichtsunterricht nicht warten. So trat sie schließlich
aus dem Gebäude, in die schönen Grau- und Weißtöne der Großstadt.
Ein tiefer Atemzug und endlich machten die stickigen Klassenraumgerüche der klaren Luft platz, welche sie seit Stunden begehrte. Sel sah sich kurz um und beschloss heute den langen Weg
nach Hause zu nehmen. Nach den ersten Schritten entlang des Schulzauns kam sie an
einem Werbeplakat vorbei, darauf eine Chimäre, feuerspeiend und mit grausigem Fell, daneben die Warnung »Melden Sie alle Aktivitäten.«, kurz prägnant und, auch wenn sie fand
dass die Illustration übertrieben war, zutreffend.
Beinahe direkt im Anschluss kam sie an dem Punkt an, wegen dem sie sich fast immer für diesen
Weg entschied der Platz des Schildes. Eine große marmorne Statue auf der Mitte des Steinplatzes. Beeindruckend und wunderschön war es das alte Symbol der "Schild des Verstandes". Seit Beginn seiner Geschichtsschreibung war es ein großer, eckiger Schild beschlagen mit metallenen Stücken und oben drauf eine wachsame Eule. Dennoch gab es an diesem Bild
einen wichtigen, doch auch umso interessanten Unterschied. Sonst sah man die Eule
seitlich sitzend, die Flügel angelehnt und mit großen Augen. Hier jedoch waren die Flügel weit
gespreizt, die Krallen bohrten sich tief in das obere Ende des Schildes. Kraft
ging davon von der Statue aus und wieder fühlte sich Sel davon angezogen. Ihre Füße trugen sie vor das Monument und sie starrte der Eule tief in die Augen. Es fühlte sich an als würde
das Tier zurückstarren. Ein Schauer überkam die junge Frau, ihr Blick fiel und wieder hatte sie das
Blickduell gegen diese Statue verloren. Lesend schweifte sie über den Sockel des
Objekts,
»ένα από πολλά«
»Securitas in unum«
»Unified into the future«
Die Einigungssprüche der bisherigen Inkarnationen des Schildes. »Aus Vielem Eins, Sicherheit in Einigkeit und Vereint in die Zukunft.«, die Übersetzungen hatte Sel nach
dem ersten Jahr ihre Schule bereits auswendiggelernt und bei ihrem Vorgespräch für
die Akademie voller Herzblut zitiert und erklärt… oh, auch so ein peinlicher Moment.
Sie atmete aus und wollte nochmal aufsehen, zur Eule … doch entschloss sich lieber
weiter zu gehen. Eine Niederlage gegen einen Steinvogel pro Tag reichte komplett aus, ihre Gedanken jedoch hingen auch auf dem weiteren Weg noch bei dieser Statue. Ebenso als sie den Park durchquerte an dessen Ende beinahe bereits das Haus ihrer
Eltern stand.
Es war doch sehr ironisch, dass gerade eine Eule, dass Zeichen einer Art von Inmati
die der Menschheit regelmäßig und wiederholt tief in das Fleisch schnitt das
Zeichen der Organisation war, die versprach die Menschheit zu schützen. Sie sah
auf und entdeckte eine der Kameras zum Schutz … sicher nicht die Erste, die sie seit
dem Verlassen der Schule aufnahm, aber Sel nahm diese Kleinigkeiten kaum wahr. Warum auch ? Es gab nie eine Zeit oder einen öffentlichen Ort ohne diese Kameras. Gut so, schließlich
hatte sie damals in der ersten Schule ihres Leben eine solche Kamera vor einem Feuerinmati
gerettet.
Doch die Gedanken kamen auf die Atheniden zurück. Schlaue Inmati deren Kräfte
die Griechen und deren Vorgänger zu den olympischen Sagen und letztendlich zu
Athena und deren Götterfamilie inspiriert hatte. Es heißt, einstmals hat eine Athenidin, zur ersten Zeit des Schildes, ihre Schwestern verraten um eben die Menschheit zu schützen. Aber das war nie etwas, was wissenschaftich belegt werden konnte. Dennoch, diese Begründung war so gut wie
die, das der Schild die Eule als Trophäe trägt, um die Inmati zu warnen das Menschen
schlauer und stärker sind und sich stets nehmen werden, was ihnen gehört.
In diesem zufriedenstellenden Gedanken öffnete Sel die Haustür …