Download Chereads APP
Chereads App StoreGoogle Play
Chereads

Schicksalsweber (Fate Weaver)

Hamza_1sf
7
chs / week
The average realized release rate over the past 30 days is 7 chs / week.
--
NOT RATINGS
93
Views
Synopsis
In einer Welt, in der das Schicksal jedes Menschen durch unsichtbare Fäden bestimmt wird, besitzt der 17-jährige Ryeon eine außergewöhnliche Gabe: Er kann diese Fäden nicht nur sehen, sondern auch verändern. Doch als er unabsichtlich das Schicksal einer wichtigen Person beeinflusst, wird er zur Zielscheibe der mächtigen Gilde der Weber, die das Gleichgewicht der Welt bewacht. Auf der Flucht trifft er auf die mysteriöse Elya, eine Frau mit silbernem Haar und eisblauen Augen, die mehr über seine Kräfte weiß, als sie zugibt. Sie warnt ihn vor einer dunklen Prophezeiung: Seine Existenz allein könnte das gesamte Reich ins Chaos stürzen. Während Ryeon versucht, seine Bestimmung zu verstehen, gerät er in ein Netz aus Intrigen, Verrat und uralten Mächten. Wird er sich seinem vorherbestimmten Weg fügen – oder das Schicksal selbst herausfordern?
VIEW MORE

Chapter 1 - Kapitel 1 – Die Fäden des Schicksals

Szene 1: Das unsichtbare Netz

Es gab eine alte Legende, die besagte, dass jedes Leben mit einem unsichtbaren Faden verbunden war – ein Faden, der das Leben eines jeden Menschen bestimmte. Er verband Geburten, Entscheidungen, Begegnungen und sogar den Tod. Ein Faden, der die Richtung des Lebens vorgab, so fein, dass er nur von wenigen wahrgenommen wurde. Die meisten Menschen bemerkten ihn nie. Sie lebten ihr Leben, als wäre es eine Reihe von zufälligen Ereignissen. Sie akzeptierten ihr Schicksal, ohne zu hinterfragen, warum sie taten, was sie taten. Doch Ryeon war anders.

Er wusste nicht, wann es begonnen hatte. Es war wie ein sanfter Windstoß, der ihn in eine neue Welt zog. Anfangs war es kaum mehr als ein flimmerndes Gefühl, das in den Ecken seines Blickfeldes schwebte. Doch eines Morgens, als er auf dem Marktplatz von Terviel unterwegs war, bemerkte er sie zum ersten Mal – die feinen, goldenen Linien, die in der Luft schwebten, die Fäden, die von den Menschen ausgingen.

Es war ein markanter Morgen, der Himmel war wolkenlos und die Sonne tauchte die Stadt in ein sanftes, warmes Licht. Der Marktplatz war überfüllt mit Menschen, die geschäftig hin und her eilten, ihre Stimmen vermischten sich mit den Rufen der Händler, die ihre Waren anpriesen. Doch Ryeon achtete nicht auf die Geräusche, er starrte nur auf das, was sich vor seinen Augen abspielte. Die goldenen Fäden. Sie waren so dünn wie Spinnweben, fast unsichtbar, aber sie verbanden die Menschen miteinander, führten in alle Richtungen, wanden sich und kreuzten sich. Es war, als ob jeder Mensch ein unsichtbares Band hatte, das ihn an alles andere band.

Er trat langsamer, der Atem stockte ihm, als er eine ältere Frau beobachtete, die einen Apfel kaufte. Ihr Faden war ruhig, fast unberührt, und führte geradeaus, als ob ihr Leben in eine friedliche, vorbestimmte Richtung lief. Ryeon war fasziniert. Doch etwas zog ihn an, als er sie weiter beobachtete. Ein flimmerndes, zartes Zucken ging durch ihren Faden, als sie sich umdrehte, um den Apfel in ihren Korb zu legen. Ryeons Hand hatte den Faden berührt. Unabsichtlich. In dem Moment, in dem seine Hand den goldenen Faden streifte, spürte er einen kurzen, scharfen Ruck, als ob etwas in ihm riss.

Er zuckte zurück, als sich der Faden der Frau leicht verdrehte. Der goldene Schimmer flackerte und dann – ein weiteres Zucken, und Ryeon spürte einen unbehaglichen Druck in seiner Brust. Die Frau ging weiter, ohne sich dessen bewusst zu sein, was gerade geschehen war. Doch Ryeon konnte es nicht ignorieren.

Wenige Sekunden später, als er wieder auf den Boden sah, stolperte die Frau über einen losen Pflasterstein. Der Apfel, den sie in der Hand gehalten hatte, rollte über den Boden und landete direkt vor den Füßen eines jungen Mannes. Er hob den Apfel auf, seine Augen trafen die der Frau. Ihre Blicke verhakten sich in einem stillen Moment. Ein neuer Faden bildete sich zwischen ihnen – silbern und lebendig, eine Verbindung, die unweigerlich zu etwas Neuem führte.

Ryeon keuchte und trat zurück, der kalte Schweiß rann ihm den Rücken hinunter. Was habe ich getan? Es war wie ein Riss im Raum, ein Moment, in dem alles verändert wurde, nur durch eine einfache Berührung. Er hatte den Faden der Frau beeinflusst – vielleicht nicht absichtlich, aber er wusste, dass er etwas ausgelöst hatte. Etwas, das er nicht verstand. Er hatte den Faden verändert. Die goldenen Linien um ihn herum zuckten erneut, als er sich von der Szene entfernte, sein Herz schlug heftig in seiner Brust.

„Ich habe es wieder getan", murmelte er, als er in den belebten Markt zurücktrat und versuchte, das Gefühl der Veränderung zu verdrängen. Doch er wusste, dass er diese Fähigkeit nicht mehr ignorieren konnte. Was auch immer er war, es war mehr als das, was die meisten Menschen jemals erleben würden. Und es war gefährlich.

Szene 2: Die Verfolger

„Er ist hier."

Die dunkle Stimme durchbrach das Gedränge des Marktplatzes wie ein scharfer, kalter Windstoß. Ryeon fröstelte und drehte sich instinktiv um. Dort standen sie – drei Männer, die in langen schwarzen Mänteln gekleidet waren, ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Ryeon kannte diese Männer, oder besser gesagt, er kannte ihre Gilde: Die Weber.

Die Weber waren eine geheime Gruppe von Individuen, die die Schicksalsfäden manipulierten. Sie hatten die Macht, die unsichtbaren Verbindungen zwischen Menschen zu beeinflussen, zu kontrollieren, und sie besaßen das Wissen um das unsichtbare Netz, das das Leben aller bestimmte. Sie jagten diejenigen, die diese Macht besaßen und versuchten, das Schicksal zu verändern.

Ryeon erstarrte. Die Weber hatten ihn gefunden. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, doch er hatte gehofft, es würde länger dauern. Er war nicht bereit, sich ihnen zu stellen.

„Er läuft." Ein weiterer flimmernder Blick der Männer, und sie begannen, sich durch die Menge zu bewegen, ihre Blicke fest auf Ryeon gerichtet. Er wusste, dass er keine Chance hatte, ihnen zu entkommen. Doch er rannte.

Mit jedem Schritt, den er setzte, stieg das Adrenalin in ihm an. Der Marktplatz, der ihn eben noch vertraut und sicher erschienen war, wurde plötzlich zu einem Labyrinth aus Gesichtern und Geräuschen. Ryeon sprang über Kisten, stieß Händler zur Seite und riss einen Stand mit Tüchern um, um den Verfolgern etwas Zeit zu verschaffen. Doch die Weber waren schneller, ihre Schritte hallten unaufhaltsam hinter ihm.

„Komm nicht in die Nähe des Netzes", flüsterte eine innere Stimme in seinem Kopf, doch er konnte es nicht hören. Zu viel war auf dem Spiel. Er war nicht nur ein Mann, der die Schicksalsfäden berührte – er war ein Mann, der sie verändern konnte. Und das war gefährlich.

Plötzlich spürte er eine Hand, die sich wie eine eiserne Klaue um sein Handgelenk schloss. Ein kaltes, unangenehmes Ziehen durchbrach seinen Körper, und er konnte sich nicht wehren. „Still", sagte die Stimme, die ihn gefangen hielt. Sie war ruhig, kontrolliert – und doch spürte Ryeon sofort, dass er in den Fängen einer Macht war, die er nicht verstand.

„Wer bist du?" Keuchend, mit der Angst, die in seinem Hals stecken blieb, drehte sich Ryeon um. Vor ihm stand eine junge Frau, ihre silbernen Haare schimmerten im Dunkel der Gasse. Ihre eisblauen Augen blickten ihn ruhig an, während ihre Hand immer noch um sein Handgelenk lag. Sie trug eine Kapuze, aber darunter blitzte eine Kette hervor, deren Symbol Ryeon sofort erkannte – ein gebrochener Faden.

„Jemand, der dein Schicksal kennt, Ryeon", sagte die Frau mit einem schwachen Lächeln. „Und glaub mir… du bist nicht darauf vorbereitet."

Ihre Worte hallten in seinem Kopf nach, als sie ihn tiefer in die Dunkelheit der Gasse zog. Der Geruch von Feuchtigkeit und Erde stieg ihm in die Nase, als sie ihn weiter führte. Ryeon wusste, dass er jetzt einen Punkt erreicht hatte, an dem er nicht mehr zurück konnte. Die Weber waren nicht mehr sein einziges Problem. Es gab Dinge in der Welt, die er nie begreifen konnte, Dinge, die ihn in ein Schicksal zogen, das er nicht kontrollieren konnte.

„Warte", keuchte er. „Was soll das alles bedeuten? Wer bist du? Warum hast du mich gerettet?"

Die Frau schüttelte den Kopf. „Das ist nicht das, was du denkst. Du hast eine Macht, von der du nicht einmal träumen kannst. Aber du bist noch nicht bereit, sie zu verstehen."

Mit einem letzten Blick zurück in die Richtung, in der die Weber verschwunden waren, zog sie ihn weiter in die Dunkelheit, tiefer in ein Netz, das er nicht begreifen konnte. Ein Netz, das das Schicksal selbst spannte.