„Die Nachricht der Hinrichtung ist überraschend? Oder. Die Sardisten im Königreich haben sich natürlich gefreut. Ein weiteres Mal würde jemand sterben. Doch ist das nicht auch verwunderlich?" fragte Leander, als er in Mirenas Zimmer eintrat.
Mirena saß auf ihrem Bett, umgeben von Bücherstapeln über Drachen und Königreichsmythen, die ihr die Welt erklärten, wie sie sie kannte. Sie blickte auf und schüttelte den Kopf. „Es ist richtig so, Leander. Jeder, der sich gegen den König auflehnt, verdient es, bestraft zu werden. Die Drachen sind eine Bedrohung für uns alle. Wir können sie nicht einfach in unseren Wäldern herumlaufen lassen, als wären sie unsere Freunde."
„Aber was, wenn wir herausfinden könnten, dass nicht alle Drachen unsere Feinde sind? Vielleicht gibt es einen Weg, wie wir mit ihnen kommunizieren können, anstatt sie immer nur zu bekämpfen." Leander trat näher und setzte sich neben sie. „Ich habe gehört, dass es im Wald Gerüchte über einen Drachen gibt, der anders ist. Vielleicht könnten wir ihn finden und sehen, was wirklich vor sich geht."
Mirena sah ihn skeptisch an. „Und was wäre das Ziel? Mit einem Drachen zu reden? Das klingt gefährlich, Leander. Wenn wir erwischt werden, könnte das Konsequenzen haben. Wir könnten selbst im Gefängnis landen, oder schlimmer noch, als Verräter enden."
Leander schüttelte den Kopf und lächelte. „Ich weiß, dass du an die Geschichten über die Drachen glaubst, die das Königreich uns erzählt. Aber das bedeutet nicht, dass alles wahr ist. Lass uns diesen Drachen suchen. Wir könnten etwas Einzigartiges entdecken. Etwas, das die anderen nicht verstehen."
„Was, wenn er uns angreift?" Mirena war hin- und hergerissen. „Was, wenn wir die ganze Sache nur noch schlimmer machen?"
„Dann fliehen wir einfach! Aber stell dir vor, was wir herausfinden könnten. Eine neue Wahrheit, die die Propaganda des Königs entlarvt. Das könnte die Menschen dazu bringen, anders über Drachen zu denken. Und wenn wir etwas finden, das sie entlarvt, können wir den Menschen die Augen öffnen."
Mirena überlegte. Leander hatte recht – die Welt war nicht so schwarz-weiß, wie sie immer geglaubt hatte. Vielleicht war es an der Zeit, einen Schritt in die Ungewissheit zu wagen. „Okay, Leander. Ich mache mit. Aber wenn es zu gefährlich wird, ziehen wir uns sofort zurück, verstanden?"
„Versprochen!", rief Leander begeistert. „Lass uns in der Morgendämmerung aufbrechen. Wir müssen gut vorbereitet sein und alles, was wir brauchen, mitnehmen."
Leander holte seine kleine Tasche hervor und begann, die Gegenstände herauszupacken, während Mirena ihm zusah. „Okay, wir brauchen also ein Seil für den Fall, dass wir etwas erklimmen müssen. Ein Messer, um uns im Notfall verteidigen zu können. Und das hier..." Er hielt den Fisch in die Höhe und runzelte die Stirn. „Ich bin mir nicht sicher, warum ich den mitgebracht habe. Vielleicht dachte ich, wir könnten einen Drachen füttern, wenn wir ihn finden?"
Mirena schüttelte den Kopf und lächelte. „Vielleicht eher für uns selbst, falls wir hungrig werden. Aber wenn wir einen Drachen finden, der uns helfen kann, werden wir ihn wahrscheinlich nicht mit Fisch bestechen müssen."
„Das stimmt," gab Leander zu und steckte den Fisch wieder in die Tasche. „Aber besser, wir sind auf alles vorbereitet. Und wer weiß? Vielleicht sind Drachen nicht ganz so wild, wie wir immer gedacht haben."
„Das wäre wirklich eine Überraschung," murmelte Mirena. „Ich meine, wenn sie tatsächlich mit den Menschen kommunizieren könnten, würde das alles ändern."
Leander nickte und setzte sich auf den Boden, um seine Tasche zu organisieren. „Denk an all die Geschichten, die wir gehört haben. Was, wenn sie einen eigenen Willen haben, aber einfach nicht die Möglichkeit, sich zu zeigen? Wenn wir sie mit Respekt behandeln, könnte es sein, dass sie uns helfen."
Mirena dachte einen Moment lang nach. „Aber selbst wenn das wahr ist, wie können wir sicher sein, dass wir einem Drachen begegnen? Was ist, wenn wir nur Zeit verschwenden und in Schwierigkeiten geraten?"
„Das Risiko müssen wir eingehen," antwortete Leander entschlossen. „Wenn wir die Wahrheit herausfinden wollen, müssen wir uns von der Sicherheit der Mauern des Schlosses entfernen. Und wenn wir Glück haben, finden wir eine Möglichkeit, die Sicht auf Drachen zu ändern."
Mirena stand auf und ging zu einem Fenster, das auf den Garten des Schlosses blickte. Die Morgensonne tauchte alles in ein warmes Licht, und ein leiser Wind ließ die Bäume leicht rauschen. „Du hast recht. Es ist Zeit, die Mauern zu verlassen und die Welt da draußen zu erkunden. Lass uns einfach sicherstellen, dass wir einen Plan haben."
„Das haben wir!", rief Leander, während er die letzten Dinge in seine Tasche packte. „Erst einmal in den Wald. Wir können uns dort umsehen, und wenn wir einen Drachen finden, werden wir ihn einfach ansprechen. Und wenn wir nicht gleich einen finden, dann suchen wir nach Hinweisen oder Spuren."
„Und was ist, wenn wir einen Drachen finden und er uns angreift?" fragte Mirena mit einer Mischung aus Nervosität und Aufregung.
„Dann werden wir schnell denken müssen. Aber ich bin mir sicher, dass wir einen Weg finden, uns zu verständigen. Wir sind nicht die Feinde, auch wenn wir immer als solche betrachtet wurden."
Mirena drehte sich zu ihm um und lächelte. „Okay, Leander. Ich vertraue dir."
„Wir sollten los. Heute noch!" flüsterte er in ihr Ohr, und der Entschluss, den sie gefasst hatten, schien plötzlich greifbar.„Lass uns den geheimen Ausgang nutzen," schlug Mirena vor, während sie den Blick über die gut bewachten Mauern des Schlosses schweifen ließ. „Der führt uns direkt in den Wald, ohne dass jemand uns bemerkt."
Leander nickte zustimmend. „Gute Idee. Wenn wir uns an den Wachen vorbeischleichen, kommen wir schneller voran."
Sie schlichen sich durch die Korridore des Schlosses, wobei jeder Schritt von der Aufregung und der Nervosität begleitet wurde. Ihre Herzen klopften im Einklang, als sie den geheimen Ausgang erreichten – ein alter, schmaler Tunnel, der in die Dunkelheit führte.
„Bist du bereit?", fragte Leander, als er den Tunnel betrat und sich umdrehte, um Mirena anzusehen.
„Ja," antwortete sie, obwohl sie die Kälte des Tunnels spürte und sich ein mulmiges Gefühl im Bauch breit machte. „Ich bin bereit."
Sie gingen tiefer in den Tunnel hinein, und die Luft wurde kühl und feucht. Nach einer Weile fanden sie sich auf der anderen Seite des Schlosses wieder, im dichten Wald, der im Morgenlicht schimmerte.
„Wir sind draußen!", rief Leander begeistert, als sie die letzten Schritte aus dem Tunnel machten. „Schau dir das an!"
Der Wald war lebendig, die Geräusche der Natur umgaben sie. Die Vögel zwitscherten, und das Rascheln der Blätter erzeugte eine beruhigende Melodie.
„Es ist wunderschön hier," flüsterte Mirena, während sie sich umblickte. „Und so anders als im Schloss."
„Ja, das ist die Freiheit, die wir suchen," sagte Leander und machte einen Schritt vorwärts. „Jetzt müssen wir nur noch einen Drachen finden."
Sie begannen, tiefer in den Wald vorzudringen, auf der Suche nach Hinweisen oder Spuren, die zu einem Drachen führen könnten. Sie hielten Ausschau nach möglichen Nester oder Zeichen von Drachenaktivität – aber auch die Schönheit des Waldes lenkte ihre Aufmerksamkeit ab.
Nach einer Weile fanden sie eine kleine Lichtung, in deren Mitte ein glitzernder Bach plätscherte. „Hier ist es schön. Lass uns eine Pause machen," schlug Leander vor und setzte sich auf einen großen Stein am Ufer.
Mirena setzte sich neben ihn, und für einen Moment genossen sie die Stille. „Was denkst du, wird passieren, wenn wir wirklich einen Drachen treffen?", fragte sie und ließ ihre Beine ins Wasser baumeln.
„Ich hoffe, dass wir einen Drachen finden, der uns hören will. Vielleicht gibt es Drachen, die anders sind, als die Geschichten es erzählen," antwortete Leander nachdenklich. „Wir müssen nur geduldig sein."
„Und was, wenn wir die Wahrheit über die Drachen erfahren, die so ganz anders ist als die, die wir gelernt haben?" fragte Mirena.
„Dann wird das alles verändern," sagte Leander. „Und wir werden dafür sorgen, dass die Menschen im Königreich die Wahrheit erfahren. Wir müssen ihnen zeigen, dass Drachen nicht die Feinde sind, für die sie gehalten werden."
Sie sahen sich an, und Mirena spürte einen Funken Hoffnung in ihrem Herzen. Vielleicht war dies der Anfang einer neuen Ära, in der Menschen und Drachen einander verstehen könnten.
Plötzlich durchbrach ein lautes Geräusch die Stille der Lichtung. Beide schauten auf, und in der Ferne, zwischen den Bäumen, sahen sie einen Schatten, der sich schnell bewegte.
„Was war das?" flüsterte Mirena, ihre Augen weiteten sich vor Aufregung und Angst.
Leander stand auf und schaute in die Richtung des Schattens. „Wir sollten nachsehen. Vielleicht ist das unser erster Hinweis!"
Und mit einem letzten Blick auf die stille Wasseroberfläche sprangen sie auf, bereit, das Unbekannte zu erkunden und die Wahrheit zu finden, die sie so lange gesucht hatten.