Der Thronsaal von Ignais war in Dunkelheit gehüllt, nur das schwache Licht der Fackeln an den Wänden warf gespenstische Schatten auf die Steinmauern. Der Geruch von Rauch und verbranntem Holz hing in der Luft, ein ständiger Begleiter meiner Macht. Ich, König Valgor von Ignais, hatte in den letzten Jahren die Welt in Flammen gehüllt. Und an meiner Seite: Rau, mein mächtiger Drache, die unaufhaltsame Waffe, die meine Feinde in die Knie zwang.
Doch heute war etwas anders. Die Stille, die über den Saal hing, war schwer und bedrückend. Seit Tagen wartete ich auf Nachricht von der letzten Mission, die ich meinem Drachen befohlen hatte. Ein Angriff auf das verbündete Königreich Elor, ein entscheidender Schlag gegen die, die wagten, sich mir entgegenzustellen.
Doch Rau war nicht zurückgekehrt.
Meine Hände umklammerten die Armlehnen meines Throns, als der Hauptmann der Wachen sich vor mich kniete. „Majestät, es gibt Neuigkeiten von der letzten Schlacht."
„Sprich," knurrte ich und richtete mich in meinem Thron auf. „Hat Rau das Dorf zerstört? Hat er die Gegner in die Flucht geschlagen?"
Der Hauptmann zögerte, und ich spürte, wie sich eine Welle des Zorns in meiner Brust zusammenbraute. „Majestät… Rau ist nicht zurückgekehrt."
Es war, als hätte ein Blitz den Raum durchzogen. Die Worte hingen in der Luft, schwer und bedeutungsschwanger. Rau ist nicht zurückgekehrt.
„Nicht... zurückgekehrt?" Meine Stimme war ein tiefes Grollen, und ich spürte, wie der Zorn in mir aufstieg. „Was soll das heißen? Hat er versagt? Ist er gefallen?"
Der Hauptmann schüttelte den Kopf, ohne mir in die Augen zu sehen. „Es gibt Berichte, dass er bei dem Angriff gefangen genommen wurde. Die Drachenreiter von Elor haben ihn überwältigt."
Meine Faust krachte auf den Arm meines Throns. „Gefangen genommen? Wie konnte das geschehen?" Mein Drache war das mächtigste Wesen auf diesem Kontinent! Wie konnten die schwächlichen Menschen von Elor es wagen, ihn zu fangen?
„Es scheint, dass sie eine Falle gestellt haben, Majestät. Sie hatten starke Magie und mächtige Drachenreiter. Rau wurde betäubt und weggebracht. Unsere Späher haben berichtet, dass er in eine Drachenkrankenstation gebracht wurde."
Meine Augen verengten sich, während ich versuchte, die Bedeutung dieser Nachricht zu verarbeiten. Rau, der Drache, den ich so lange kontrolliert hatte, der mein Werkzeug der Vernichtung gewesen war, war jetzt in den Händen meiner Feinde. Aber sie würden ihn nicht lange behalten können. Er gehörte mir.
„Er gehört zu mir," flüsterte ich leise, meine Stimme voller Besessenheit. „Kein anderer wird ihn kontrollieren können. Die Magie, die ihn bindet, ist unzerstörbar."
Der Hauptmann blickte nervös zu Boden. „Majestät, es gibt Berichte, dass er angefangen hat... zu sprechen."
Mein Herz stockte, und mein Blick verhärtete sich. Sprechen? Das konnte nicht sein. Die Magie, die ich auf ihn gelegt hatte, sollte seine Stimme für immer unterdrücken. Wenn er wirklich zu sprechen begann, bedeutete das, dass die Kontrolle, die ich über ihn hatte, zu schwinden begann.
„Was hat er gesagt?" Meine Stimme war jetzt ein gefährliches Flüstern.
„Er hat seinen Namen genannt, Majestät. Nicht Rau. Sie nennen ihn... Feuerherz."
Die Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Feuerherz? Diese Narren hatten ihm einen neuen Namen gegeben? Sie glaubten, dass sie ihn befreien könnten? Ein kaltes Lächeln verzog meine Lippen. „Feuerherz, sagst du? Sie glauben, sie könnten seine Loyalität ändern?"
Der Hauptmann nickte. „Es scheint, als hätten sie ihn überzeugt, dass er frei sein könnte."
Mein Lachen hallte durch den Saal, kalt und höhnisch. „Frei? Er ist mein! Ich habe ihn geschaffen, ihn geformt. Seine Freiheit ist eine Illusion. Früher oder später wird er erkennen, dass er ohne mich nichts ist."
Ich erhob mich von meinem Thron, mein Zorn kochend, aber kontrolliert. „Lass die Späher weiter ihre Berichte senden. Wir werden ihn zurückholen, und er wird lernen, was es bedeutet, sich gegen mich zu stellen."
Ich ging zum großen Fenster des Thronsaals, von wo aus ich auf die rauchenden Vulkane von Ignais blicken konnte. Die Flammen, die dort ewig brannten, waren ein Symbol meiner Macht. Meine Drachen, meine Armeen, alles stand unter meinem Kommando. Und Rau – nein, Feuerherz – war das Juwel meiner Sammlung. Kein anderer König konnte behaupten, einen so mächtigen Drachen zu besitzen.
„Feuerherz..." murmelte ich leise, das Wort schmeckend wie Gift auf meiner Zunge. „Sie mögen dir einen neuen Namen gegeben haben, aber du wirst niemals entkommen. Die Bindung zwischen uns ist stärker, als sie glauben."
Ich dachte an die magischen Fesseln, die ich auf ihn gelegt hatte, die ihn gehorsam machten, ihm die Fähigkeit zu sprechen nahmen und seine Seele an mich banden. Diese Fesseln konnten nicht einfach gebrochen werden.
„Schickt die besten Magier," befahl ich dem Hauptmann. „Und die stärksten Reiter. Ich will ihn zurück, bevor er sich zu sehr in die Illusion der Freiheit verliert."
———
Ich schritt durch die Flure meiner Festung, mein Geist von finsteren Gedanken durchdrungen. Feuerherz mochte jetzt unter der Obhut meiner Feinde sein, aber er war immer noch meiner Macht unterworfen. Die Magie, die ich in ihn gesponnen hatte, war nicht so leicht zu durchbrechen. Und wenn sie es doch wagen sollten, ihn vollständig zu befreien, würden sie den Zorn eines entfesselten Dämons spüren.
„Niemand kann sich mir entziehen," flüsterte ich, während ich durch die Schatten ging. „Nicht einmal du, Feuerherz."
Die Dunkelheit von Ignais war mein Verbündeter, und bald würde mein Drache zu mir zurückkehren. Bereit, erneut Feuer und Zerstörung über die Welt zu bringen – diesmal mit noch größerem Hass in seinem Herzen.