Jules Perspektive:
Ich stand wie erstarrt da und hörte im Hinterkopf das panische Keuchen von Taylor und Josh. Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder, aber es kam kein Wort heraus.
Ich starrte ihn aus dieser Position an, mit mir zu seinen Füßen und ihm, der auf mich herabschaute, und mir fiel die Szene von gestern Abend auf der Party wieder ein. Sofort stieg mir die Röte ins Gesicht, und ich wandte hastig den Blick ab, während mein Herz raste. Er sah mich an, als wäre ich bedeutungsloser Schmutz, auf den er versehentlich getreten war und der ihm nun den Tag ruinierte.
In Angst hielt ich den Atem an und wartete auf einen heftigen Tritt gegen meine Brust oder Ähnliches. Sein Duft war in dieser Nähe so stark, dass er meine Lungen wie in Wellen erfüllte.
Einige Sekunden vergingen, und nichts geschah. Als ich erneut zu ihm aufblickte, starrte er nicht mehr auf mich herab. Stattdessen ging er wortlos an mir vorbei.
Nachdem er fort war, ließ ich einen langen, stockenden Atem der Erleichterung aus. Ich starrte auf meine Hände und wusste nicht, was ich von diesem Zusammentreffen halten sollte.
Taylor und Josh waren fast sofort bei mir und halfen mir auf die Beine. Josh sah entsetzt aus und Taylor war blass geworden.
Taylor untersuchte mich von oben bis unten und rieb dabei meinen Arm. „Geht es dir gut?" fragte er besorgt und ich räusperte mich, während ich nickte.
„Ja, denke schon", flüsterte ich als Antwort.
„Was hast du dir nur gedacht? Warum bist du ausgerechnet Blaze in die Arme gelaufen?", fragte Taylor und massierte sich stirnrunzelnd die Schläfen, während er ein wenig auf und ab ging.
Ich schluckte schwer und versuchte, nicht an das Angstgefühl zu denken, das durch meine Adern schoss, als er auf mich herunterblickte.
Kraftlos zuckte ich mit den Schultern. „Es war ein Versehen", flüsterte ich schließlich.
Taylor hörte auf, vor mir auf und ab zu gehen und nahm einen ernsten Ausdruck an. „Ehrlich gesagt, solltest du froh sein, dass er einfach vorbeigegangen ist, ohne etwas zu tun."
Josh nickte zustimmend. „Du kannst dich wirklich sehr glücklich schätzen, Jules", murmelte er ernst.
Ich neigte den Kopf und blinzelte die beiden an. „Ich denke, ihr habt recht. Er hätte mich treten können." Ich versuchte zu lachen, aber die Blicke auf Taylors und Joshs Gesicht ließen mich verstummen.
„Blaze ist nicht wie die anderen hier, Jules. Er tritt nicht einfach nach Menschen, die ihm lästig sind." erklärte Taylor nach einer kurzen Pause.
„Tut er das nicht?", fragte ich.
Er schüttelte angespannt den Kopf. „Nein, tut er nicht. Er ruiniert ihr Leben oder tötet sie, wenn er es will."
Die Farbe wich aus meinem Gesicht, als ich seine Worte aufnahm.
„Was?", flüsterte ich entsetzt.
Taylor und Josh tauschten einen Blick.
„Jules, anscheinend weißt du nicht, wer Blaze wirklich ist, lass mich dir alles erklären", murmelte Taylor, und ich nickte angespannt, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich wirklich mehr über ihn erfahren wollte.
'"Blaze ist... krank", verriet Taylor schließlich und ich blinzelte ihn verwirrt an, bereit darauf zu warten, dass er das genauer ausführen würde.
"Blaze ist gestört", fügte Josh hinzu, was mir allerdings nicht wirklich weiterhalf.
"Verglichen mit den anderen Sonderschülern ist Blaze wie jemand aus einer ganz anderen Kategorie. Ihm wurde ein ganzes Stockwerk im Bereich für Sonderschüler zuteil, weil bei ihm alles gefährlich ist", erklärte Josh, und mir wurde schwindelig.
"Oh", flüsterte ich.
"Er hat einem Schüler mal den Arm gebrochen, nur weil der unwissentlich seinen Lieblingsplatz im Klassenraum eingenommen hatte", offenbarte Taylor und mein Schock vertiefte sich.
"Er hat ein eigenes Stockwerk, weil er einmal einen Schüler getötet hat, bloß weil dieser zuerst die Hanteln im Fitnessraum benutzt hat. Natürlich wurde das Ganze als Unfall vertuscht", fuhr Taylor fort und meine Knie schwankten vor Angst.
"Weißt du noch, als ich dir gesagt habe, dass Malachi der Erbe eines der vier größten Clans im Staat ist? Nun, Blaze ist der Erbe des mit Abstand größten dieser vier Clans. Dieser Clan ist so riesig, viel größer, als wir uns alle vorstellen können, ehrlich. Blaze ist hier an der Schule wie ein Gott, nur angsteinflößender, aufgebrachter und definitiv um einiges gefährlicher."
Während Josh sprach, begann ich stillschweigend, mich selbst für all jene Momente zu verfluchen, in denen ich ihm in die Augen geblickt hatte und für die Nacht, in der ich ausgerechnet diese Tür geöffnet hatte.
Was, wenn er mich eines Tages in die Ecke drängt und mir das Genick bricht, weil ich gestern abend Zeuge dieser Szene geworden bin?, fragte ich mich insgeheim, während mein Herz unregelmäßig gegen meine Brust hämmerte.
Ach verdammt.
Jetzt habe ich mich wirklich in die Scheiße geritten.
"Alles in Ordnung?" fragte Taylor und riss mich aus meinen Gedanken. Ich zwang mich selbst zu einem kleinen Kichern.
"Natürlich, mir geht's gut."
"Du musst dich vor uns nicht verstellen, es ist in Ordnung, Angst zu haben. Jeder fürchtet sich vor ihm", flüsterte Taylor mitfühlend und griff nach meiner Hand und drückte sie. Das beruhigte mich leider nicht, sondern machte mich eher noch nervöser.
"Es wird alles gut werden, okay? Pass einfach auf, dass du ihm nie wieder über den Weg läufst. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich nicht mal mehr daran erinnert, dass du ihm begegnet bist." Diesmal war es Josh, der sprach, und verzweifelt hoffte ich, dass er recht hatte.
~~~
Ich verließ eben die letzte Stunde des Tages, als Kai mit einem sanften Lächeln auf seinem Gesicht mit den Grübchen neben Taylor, Josh und mir stehen blieb.
"Und, wie war dein Tag? Alles in Ordnung bei dir?" fragte er, und ich nickte als Antwort und erinnerte mich daran, dass er es war, der mich vom Schwimmbad bis zur Krankenstation getragen hatte.
Mit einem warmen, ehrlichen Lächeln dankte ich ihm. "Danke, dass du mir gestern geholfen hast, das weiß ich wirklich zu schätzen."
Er winkte sofort ab und schenkte mir ein weiteres Lächeln, das ihn wirklich attraktiv aussehen ließ.
"Kein Problem, ich habe dir doch gerne geholfen." Er machte eine kurze Pause, während seine Hände in seinen Taschen verschwanden.
"Also... hast du vielleicht Lust, heute Abend vorbeizuschauen, damit wir zusammen einen Kaffee trinken können?"
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