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Chapter 28 - Ein kleiner Mann und eine kleine Frau

Die Stimmung in der Weiyang-Halle war an diesem Morgen ungewohnt angespannt. Der Kaiser war zweifellos eine einschüchternde Erscheinung, doch selten ließ er seinen Unmut offen vor seinen Beamten erkennen. Obwohl es niemand auszusprechen wagte, spürte doch jeder Anwesende, dass Kaiser Xuanjun heute wohl aus einem bestimmten Grund schlechter Laune war.

Einige der Beamten, die zuvor auf eine Erneuerung des Harems gedrängt hatten, tauschten verstohlene Blicke voll verhaltener Schadenfreude. Sie hatten schon oft genug betont, dass Prinz Xi, der strahlende Erstplatzierte, trotz seiner Beliebtheit beim Volk kein passender Thronfolger sei. Dass der Kaiser ernsthaft in Erwägung zog, ihn als direkten Erben einzusetzen, schien ihnen absurd. Auch wenn Kaiser Xuanjun dies nicht direkt geäußert hatte, so war die jüngste Gunst, die er seinem Bruder gewährt hatte, für sie Grund genug zur Sorge.

Doch scheinbar waren die Pläne des Kaisers vorerst durchkreuzt. Die Familie Wu hatte zwar versucht, die Wahrheit zu verbergen, doch die Nachricht hatte sich rasch in der Hauptstadt verbreitet. Jeder wusste mittlerweile, dass Prinz Xi im Rausch oder unter Drogeneinfluss - die genauen Umstände interessierten niemanden - sich an einer jungen Mätresse des Hauses Wu vergangen hatte. An einer unehelichen Tochter, die zuvor niemand beachtet hatte.

Wenn der Kaiser hartnäckig den Harem mied, dann waren diese Minister bereit, Prinz Xi wegen unanständigen Verhaltens vor ihm anzuklagen. Denn wer würde schon als Gast zu einer Hochzeit kommen und dann ohne Erlaubnis von den reifen Pfirsichen im Garten naschen?

Diese Beamten, die sich um die Gunst für ihre Töchter im inneren Palast sorgten, waren aufgebracht und bereit, erneut gegen ihren Herrscher vorzugehen. Doch entgegen jeder Erwartung zeigte sich Kaiser Xuanjun trotz seines düsteren Gesichtsausdrucks überraschend offen für ihre Vorschläge.

"Eine neue Auswahl an Schönheiten für den Winter veranstalten? Eigentlich ist die angemessene Frist zwischen solchen Auswahlen noch nicht erreicht, aber der Kaiser wird Ihren Vorschlag erwägen."

"Die Bedeutung eines Erben anerkennen? Das tut der Kaiser."

"Erlauben, dass Konkubinen den Kaiser im nächsten Frühjahr zur Jagd begleiten? Darüber wird der Kaiser nachdenken."

Mit jedem dieser Zugeständnisse, die der Kaiser machte, wurden die Gesichter der Beamten triumphierender, während Liu Weis Miene umso finsterer wurde.

Was hatte sein Bruder vor? Hatte er seine Meinung geändert und wollte nun doch nicht Liu Wei zum Kronprinzen machen – nur wegen dieses einen Mädchens? Seine Fingerknöchel wurden weiß, als er die Stofffalten seiner tiefblauen Hofrobe fester umgriff, Zeichen seines Status als Prinz erster Klasse. Ein Privileg, mochten viele denken, doch Liu Wei war damit nicht zufrieden. Er war seinem älteren Bruder in nichts nachstehend und übertraf ihn gar an Skrupellosigkeit und Einfallsreichtum. Warum sollte er denn nicht Kaiser werden? Nur weil er ein paar Jahre später geboren wurde?

Sogar ihre Mutter, die Kaiserinwitwe, hatte dem jüngeren Liu Wei wiederholt gesagt, dass er genauso herausragend sein könnte wie Liu Yao.

Und dieser bemerkenswerte ältere Bruder hatte ihn in den letzten Monaten hin und her geworfen, ihm weisgemacht, er erwöge ernsthaft, Liu Wei als Thronfolger einzusetzen, nur um ihn nun fallen zu lassen?

Liu Wei presste die Kiefer zusammen. Er wagte es nicht, sich zu äußern, wissend, dass ihm die Hälfte des Hofes momentan feindselig gesonnen war, doch er hasste diese Ungerechtigkeit.

Nachdem die Versammlung am Morgen aufgelöst wurde, kam Cao Mingbao, der undurchschaubare Eunuch seines Bruders, und bat ihn, zurückzubleiben.Liu Wei spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Seine Hände wurden feucht. Er machte sich keine Illusionen darüber, dass der Kaiser Nichts von den Vorgängen auf dem Anwesen der Wu erfahren hätte. Zudem musste Liu Wei ihm die Übernahme einer Nebenkonkubine berichten. Obwohl eine Nebenkonkubine nicht die Hauptgemahlin war und nicht zum Ahnenregister der kaiserlichen Familie gehörte, war sie dennoch politisch bedeutsam.

Hätte er die Wahl gehabt, hätte er diese emporstrebende Frau aus dem Wu-Haushalt eher als Bettgespielin eingesetzt, dem niedrigsten Rang für eine Frau, die ihm mit ihrem Körper diente. Doch die Gerüchte, die sich in der Hauptstadt verbreiteten, besagten bereits, dass er sie ausgenutzt hätte. Würde er ihr nicht den gebührenden Respekt zollen, wäre sein Ruf am Ende des Tages ruiniert.

Aber das war egal. Sie hatten noch einen weiten Weg vor sich. Sobald der Wirbel nachließ und die naiven Bürger das Drama vergessen hatten, würde er seine Rache an ihr ausüben. Darauf freute er sich bereits.

Liu Wei verbarg das kalte Lächeln, das sich auf seinem Gesicht zu zeigen drohte, und folgte Cao Mingbao ins Arbeitszimmer des Kaisers.

In letzter Zeit war Liu Wei oft in den Tianlu-Pavillon eingeladen worden, um mit Liu Yao über Staatsangelegenheiten zu sprechen. Aber er war nicht so naiv zu glauben, dass dies der Grund für seine heutige Vorladung war.

Als Cao Mingbao Liu Weis Ankunft ankündigte, war Liu Yao über einen großen Stapel Schriften gebeugt. Doch statt Liu Wei einzuladen, sich neben ihn zu setzen, wie es sonst üblich war, sah Liu Yao nicht einmal auf.

Liu Wei stand unbeholfen vor dem Schreibtisch, immer noch in der üblichen höflichen Verbeugung gefroren, welche ein Prinz ersten Grades dem Kaiser gegenüber zeigen musste.

Die Zeit schien sich zu dehnen. Duftende Kohle wurde verbrannt, um den Raum warm zu halten, und Liu Wei spürte, wie seine Gewänder vor Schweiß feucht wurden und seine Rückenmuskeln zu zittern begannen. Es war ihm nun klar, dass Liu Yao unzufrieden mit ihm war und das deutlich machte.

So war es gut, Kaiser zu sein. Jeder musste vor diesem angeblichen "Sohn des Himmels" knien und ihm Respekt zollen, und wofür? Nur wegen des Drachenthrons.

„Wisset Ihr, warum dieser Herrscher Euch gerufen hat?", fragte Liu Yao schließlich, nachdem eine gefühlte Ewigkeit vergangen war. Er schlug das Skript, das er durchgesehen hatte, mit einem lauten Knall zu, und Liu Wei zuckte zusammen, als das plötzliche Geräusch die schwere Stille durchbrach.

"Dieser Bruder-Untertan bittet um Vergebung", murmelte er und verbeugte sich noch tiefer.

"Oh? Sagt diesem Herrscher genau, was Ihr Eurer Meinung nach falsch gemacht habt."

Liu Wei knirschte mit den Zähnen. Er war sich nicht sicher, welche Version der Geschichte der Kaiser gehört hatte, aber die Wahrheit war, dass Liu Wei das Mädchen nicht hatte berühren wollen. In diesem Sinne hatte er nichts 'falsch' gemacht. Doch das konnte er dem Kaiser auch nicht sagen.

"Dieser Bruder-Untertan hätte in seinen Handlungen vorsichtiger sein sollen", sagte Liu Wei mit großem Bedauern. "Weil dieser Bruder-Untertan eine Verschwörung gegen ihn zugelassen hat, ist der Name der kaiserlichen Familie befleckt worden." Er sank in eine tiefe Verbeugung. "Dieser Bruder-Untertan bittet seinen königlichen älteren Bruder demütig, ihn für seine Verfehlungen zu bestrafen."

Nachdem er sein Bedauern ausgedrückt hatte, erwartete Liu Wei, dass sein Bruder ihn über sein Verhalten belehren würde. Vielleicht würde er sogar von ihm verlangen, einige Schriften als Buße abzuschreiben und sie in einen Tempel zu bringen, um sie zu verbrennen. Doch Liu Yao betrachtete ihn nur mit einem undurchdringlichen Blick. Liu Wei wurde plötzlich klar, dass er seinen fürsorglichen älteren Bruder nicht mehr einschätzen konnte.Seit er den Tianlu-Pavillon betreten hatte, fühlte er zum ersten Mal Angst.

"Die dritte junge Herrin des Wu-Hauses hat dich mit Weihrauch betäubt und dann eine unziemliche Beziehung mit dir begonnen, willst du das behaupten?"

Liu Wei nickte steif. Er traute sich kaum zu sprechen.

"Und war das alles?"

Er erstarrte. Was meinte Liu Yao damit?

"Dieser Bruder-Untertan versteht nicht..."

"Dieser Herrscher fragt, ob das all deine Vergehen sind?"

Für einen Moment glaubte Liu Wei, dass sein Bruder alles wusste. Aber er schüttelte diesen erschreckenden Gedanken schnell ab. Das konnte nicht sein. Er war so vorsichtig gewesen, dass nur Xiao Lichun von seinen hinterlistigen Machenschaften wusste. Und bezüglich des Handels mit Wu Bin ... Wu Bin wäre nicht töricht genug, irgendjemandem davon zu erzählen, und der Sklavenjunge, den Liu Wei begehrt hatte, war so unbedeutend. Der Kaiser hatte zu viele andere Dinge zu beachten, als sich um einen unwichtigen Diener zu kümmern.

Es gab einfach keinen Weg, redete er sich ein.

"Ja, mein königlicher älterer Bruder."

Liu Yao blickte weg. "Gut. Du kannst gehen."

Das war's? Mehr nicht? Liu Wei konnte sein Glück kaum fassen. Tatsächlich war er sich sicher, dass dies kein Glück war. Während er auf den Ausgang zuging, wartete er darauf, dass der nächste Schuh fallen würde. Vielleicht wollte Liu Yao ihn nur weiter quälen, bevor er ihn zur Rechenschaft zog.

Doch bis er wieder im Herbstsonnenlicht stand, hielt Liu Yao ihn nicht auf.

Irgendwie ließ ihn das noch schlechter fühlen.

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Es war Brauch, dass die jüngeren Frauen eines Haushalts der Hausherrin jeden Morgen und jeden Abend ihre Aufwartung machten. Obwohl Guo Zhen die Tochter eines einflussreichen Generals war, gab es hier keine Ausnahme. Jedes Mädchen aus einer angesehenen Familie kannte diese Regeln. Trotz ihrer Vorbehalte befahl Guo Zhen ihren Zofen, sie in ihre prächtigen Kleider zu kleiden, bevor sie sich auf den Weg zur Residenz ihrer Schwiegermutter machte.

Die Ehe entpuppte sich bereits als Desaster. Eine schamlose junge Frau hatte es gewagt, einen Prinzen in ihrer Hochzeitsnacht zu verführen und am darauffolgenden Tag einen riesigen Skandal zu provozieren.

Und als wäre das nicht bereits schlimm genug, war ihr Mann die ganze Zeit, die sie zusammen im Bett verbracht hatten, teilnahmslos und abgelenkt gewesen. Seine Berührungen waren grob und rücksichtslos gewesen, so dass ihre rosigen Hoffnungen auf eine leidenschaftliche Nacht mit einem liebenden Mann zunichte gemacht worden waren und sie nur wollte, dass er fertig wurde. Und als er schließlich in ihr kam, hatte er den Namen einer anderen Frau auf den Lippen. Eine gewisse 'Yun Er', deren Präsenz wie ein Geist in der Residenz ihres Mannes umging.

Guo Zhen hatte sich noch niemals so erniedrigt gefühlt. Sie hatte am nächsten Morgen während der Teezeremonie geweint, aber niemand hatte ihr viel Beachtung geschenkt, da der Haushalt von einem Skandal heimgesucht worden war. Und in der zweiten Nacht hatte es ihr Mann nicht einmal für nötig befunden, ihr Schlafzimmer aufzusuchen.

Warum hatte sie überhaupt gedacht, dass dieser älteste Sohn des Wu-Hauses ein strahlender Gentleman sei? Er entsprach in nichts ihren Träumen!

Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihr Status in der Familie belanglos würde und die Dienstmädchen auf dumme Gedanken kämen. Schon jetzt waren die Bettgespielinnen ihres Mannes zu auffällig. Guo Zhen hatte ihnen nach ihrer Ankunft nicht erlaubt, im Haus zu dienen, und hatte sie stattdessen zu niedrigen Arbeiten im Garten verbannt. Vor allem die schöne Mingyue, die eindeutig eine opportunistische Schlampe war.

Und trotz alledem war Guo Zhen nicht zufrieden. Sie hatte vielleicht noch nicht die Zuneigung ihres Mannes gewonnen, aber sie würde es nicht zulassen, dass eine andere Frau den Platz einnahm, der ihr zu Recht zustand.

Als sie die Residenz ihrer Schwiegermutter betrat, war es bereits sehr voll. Liang Hui schenkte ihr ein kleines, erfreutes Lächeln, als sie sie sah, und bot ihr den nächsten Platz zu ihrer Rechten an. Guo Zhen fühlte sich ein wenig geschmeichelt. Immerhin war der Wu-Haushalt einer der sechs alten Adelsfamilien. Eine solche Wertschätzung der Herrin des Hauses würde Guo Zhens Status in den Augen anderer aufwerten.

Doch es schien jemanden zu geben, der es nicht mochte, andere in guter Stimmung zu sehen.

"Aiyo, die junge Herrin erstrahlt heute ganz besonders", sagte die Frau, die auf Liang Huis linker Seite saß, mit einem grausam gekräuselten roten Mund. Guo Zhen erkannte sie als eine der neueren Nebenfrauen ihres Schwiegervaters, hatte sich aber nicht die Mühe gemacht, ihren Namen zu lernen.

Sie erwiderte diese Bemerkung mit einem höflichen Lächeln, sprach aber nicht mit der Nebenfrau. Sie wollte sich nicht auf dieses Niveau herablassen.

Doch die Nebenfrau wollte das nicht auf sich beruhen lassen. "Zhen Zhen erinnert sich vielleicht nicht, aber ich bin die Dritte Nebenfrau, Meng Die," sagte sie mit einem schmachtenden Seufzer. "Ich habe gerade der Großen Schwester hier," fuhr sie fort und meinte damit Liang Hui, "erzählt, wie gut du und Bin Er zusammenpasst."

Guo Zhen lächelte gezwungen. "Danke, Dritte Nebenfrau," sagte sie mit tadellosen Manieren. Doch leider gerieten diese ins Wanken, als sie Meng Dies folgende Worte hörte.

"Ich habe mir auch solche Sorgen gemacht, wissen Sie," sagte Meng Die beiläufig. "Aber ich bin froh, dass Bin Er anscheinend über diese Yan Yun hinweggekommen ist."