'"Entschuldigung für die Streiche des jungen Meisters Theo. Er spielt nur mit Ihnen", erklärte Ben, während er Lu Yizhou durch den gewundenen Gang führte. "Der junge Meister Theo ist eigentlich ein sehr braves und gehorsames Kind. Das werden Sie bald verstehen."
Lu Yizhou machte ein skeptisches Gesicht. Gehorsam? Nach dem widerspenstigen Verhalten, das Theodore an den Tag gelegt hatte, hatte er daran seine Zweifel. Sie gingen nebeneinander tiefer ins Haus hinein, bis sie vor einem separaten Gebäude im Osten ankamen.
"Dies ist das Privatgebäude des jungen Meisters. Er wartet derzeit auf Sie. Lassen Sie uns eintreten."
Lu Yizhou nickte. Beim Betreten spürte er ein Kribbeln auf seiner Haut. Es schmerzte nicht, war aber auch nicht gerade angenehm. Er sah sich nach der Ursache um und entdeckte, dass die Wände mit zahlreichen Kreuzen behängt waren.
Als er bemerkte, dass Lu Yizhou die Kreuze ansah, fügte Ben hinzu: "Das ist eine Schutzmaßnahme. Die Vampire sind in letzter Zeit sehr aktiv. Ihre Hauptaufgabe ist es, den jungen Meister zu schützen und ihm im Alltag zur Seite zu stehen. Achten Sie darauf, die Kreuze nicht zu entfernen."
Lu Yizhou spürte, wie Bens Blick ihm in den Nacken bohrte, und nickte. Sie folgten dem Hausherrn nicht, wie er gesagt hatte, sondern gingen in die Küche, wo viele Köche geschäftig hin und her liefen. "Heute backen wir Knoblauchbrot für den jungen Meister. Es ist sein Lieblingsgericht."
Der intensive Geruch von Knoblauch drang in Lu Yizhous Nase, so stark, dass er sich angewidert die Nase rümpfte.
Ben hob eine Augenbraue, musterte ihn prüfend. Er reichte Lu Yizhou ein warmes, knuspriges Knoblauchbrot, frisch aus dem Ofen. "Es ist wirklich lecker. Möchten Sie probieren?"
Ha... Jetzt verstand Lu Yizhou, was Ben bezweckte. Er verdächtigte ihn also, ein Vampir zu sein, nicht wahr? Er musste zugeben, dass Ben scharfsinnig war. Aber Lu Yizhou war nicht der Typ, der ohne Weiteres aufgeben würde. Er nahm das Knoblauchbrot, biss ein Stück ab und führte es zum Mund.
[666: AH, AH, HOST!!! Du wirst Bauchschmerzen bekommen, wenn du das isst!]
[Systemsmitteilung: Ding! Die dauerhafte Fähigkeit „Teufelsflüstern" ist aktiv! Für die nächsten fünf Minuten werden Ihre Worte als absolute Wahrheit angesehen!]
Lu Yizhou hielt inne, bevor das Brot seinen Mund erreichte. "Eigentlich bin ich hochgradig allergisch gegen Knoblauch. Wenn ich welchen esse, bekomme ich den ganzen Tag lang Durchfall."
Ben blinzelte, sichtlich verwirrt. "Oh, ist das so?"
"Ja, genau." Ein Lächeln umspielte Lu Yizhous Mundwinkel. "Wenn Sie befürchten, dass ich ein Vampir bin, können Sie beruhigt sein. Ich habe nur das Beste für den jungen Meister im Sinn. Ich werde ihm nie etwas antun. Sie müssen mir einfach vertrauen, Ben." Er beugte sich vor und flüsterte verführerisch: "Das können Sie doch, oder?"Der süße Duft von Rosen strömte in Bens Nase und riss ihn aus seinen Gedanken. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück. "Also gut, ich habe Ihre Aufrichtigkeit zur Kenntnis genommen. Ab jetzt werde ich Ihnen den jungen Theodore anvertrauen."
Lu Yizhou nickte zufrieden. "Ich danke Ihnen. Sollen wir dann gehen?"
Ben führte ihn aus der Küche und schließlich zu Theodores Zimmer. Er klopfte und verkündete: "Junger Meister, ich habe Ihren neuen Diener gebracht."
Theodore saß auf dem Diwan vor dem Balkon und genoss die Sonne. Als er sie näher kommen sah, wandte er den Blick ab und murmelte verärgert vor sich hin. Die Spitzen seiner Ohren, die unter den Haaren verborgen lagen, röteten sich ein wenig. "Warum bringst du ihn her? Ich hab ihn nicht verlangt!"
"Er ist der Diener des jungen Herrn, also muss er selbstverständlich zu jeder Zeit bei Ihnen sein." Ben lächelte und wandte sich an Lu Yizhou. "Wenn Sie etwas benötigen, zögern Sie nicht, mich um Hilfe zu bitten. Nun, wenn Sie mich entschuldigen würden. Ich werde Sie beide allein lassen."
Theodore weitete die Augen. "Warte—" Doch Ben war bereits wie der Wind fort, schloss leise die Tür hinter sich. Theodore starrte regungslos auf die Tür und geriet innerlich in Panik.
Lu Yizhou betrachtete ihn und verbeugte sich, wobei er seine rechte Hand auf seine Brust legte. "Danke, dass Sie mich ausgewählt haben, junger Meister."
Und wieder… Theodore biss die Zähne zusammen. Wieso konnte die Stimme dieses Mannes Gänsehaut bei ihm verursachen und Schauer über seinen Rücken jagen?! Unbehaglich wechselte er die Position auf dem Diwan, schmerzlich bewusst, dass trotz der gesenkten Blicke des anderen dessen Aufmerksamkeit ganz auf ihn gerichtet war, jede seiner Bewegungen und Reaktionen beobachtete. Warum machte ihm das überhaupt etwas aus?!
Er knurrte: "Bilde dir nichts ein. Ich mag dich nicht einmal im Geringsten. Wäre Ben nicht gewesen, hätte ich mir gar keinen anderen Diener ausgesucht."
Er hatte erwartet, den Mann gedemütigt oder wütend zu sehen, doch was er erhielt, war nur eine teilnahmslose Erwiderung. "Dieser Diener versteht."
Theodore stockte der Atem. Dieser Mann – er ... er hat nichts Amüsantes an sich. Er deutete auf die Schale schwarzer Trauben, die auf dem Tisch im Zimmer standen. "Die dort. Füttere mich."
Der Mann nickte und drehte sich, das stoische Gesicht unverändert, um, um die Schale zu holen. Theodore beobachtete heimlich seinen Rücken, während seine Augen über die langen, welligen Haare glitten, die sich mit jeder Bewegung sanft bewegten, über die geraden Beine, die breiten Schultern, die Kraft ausstrahlten, und – ganz unwillkürlich – über den festen Hintern...
Sofort wendete Theodore die Augen ab, als der Mann sich umdrehte, und tat so, als würde er in den Garten schauen.
Die schlanken Finger des Mannes, der an Theodores Seite kniete, schälten bedächtig die Trauben, ihr dunkler Saft befleckte seine blasse Haut und sah so ganz besonders verführerisch und appetitlich aus...
Komm zu dir, Theodore! Wohin schaust du bloß?!Er schimpfte wütend: "Warum bist du so langsam?!"
"Verzeiht mir, junger Meister", sagte er, doch Theodore konnte keinen Funken Entschuldigung in seinem Ton ausmachen. Das machte ihn nur noch wütender. Er stand kurz davor zu explodieren, als plötzlich eine kalte Empfindung seinen Mund erfüllte, getragen von einer süßen, adstringierenden Note. Der Mann zog seine Hand zurück und fragte: "Ist sie süß?"
Theodore blieb wie erstarrt stehen. Diese... diese Kälte, die er auf der Zungenspitze spürte... war das der Finger dieses Mannes?! Er errötete vor Wut, seine Röte breitete sich bis zu seinen Ohrenspitzen und hinunter zu seinem Hals aus. "Warum steckst du es so plötzlich in meinen Mund?!"
Die Mundwinkel des Mannes zogen sich leicht nach oben, seine vollen Lippen wirkten verführerischer denn je. Diese silbernen Augen fixierten ihn mit einem Anflug von Hilflosigkeit und im Nu vergaß er, wie man atmet. "Soll ich dich das nächste Mal vorwarnen?"
H—Wie schamlos!
Theodore biss wütend auf die Traube, als sei es der Kopf des Dieners.
...Sie war süß.
Er wandte den Kopf und murrte: "Du solltest wissen, was zu tun ist, ohne dass ich es dir sagen muss."
"Schon gut." Der Diener hielt ihm eine weitere Traube an die Lippen, diesmal überrumpelte er ihn. "Hier ist noch eine. Mach den Mund auf, junger Meister."
"Du...!" Theodores Lippen öffneten sich, und der Diener ließ geschickt die Traube hineingleiten, während seine Fingerspitze sanft Theodores Lippen streifte und ein Kribbeln auslöste. Die kalte Traube rollte in seinem Mund und Saft breitete sich auf seiner Zunge aus. Sie schmeckte noch süßer als zuletzt und das Aroma schien seine Kehle hinunterzuströmen, direkt zu seinem Herzen, das unregelmäßig schlug.
Der Diener fragte erneut: "Mache ich es richtig, junger Meister?"
"S—Schamlos...", fluchte Theodore leise. Irgendwie wurde das sanfte Sonnenlicht, das auf ihn herabschien, plötzlich zu grell, sodass Schweißperlen auf seiner Stirn erschienen. Als der Diener dies bemerkte, zog er ein Seidentuch hervor und tupfte damit sanft und sorgsam Theodores Stirn ab.
Theodore spähte durch seine Wimpern: "Du."
"Ja, junger Meister?"
"Wie heißt du?"
Der Diener hielt inne und sagte langsam: "Raphael. Mein Name ist Raphael, junger Herr."
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Mini-Theater
"Bring mir einen Eimer mit heißem Wasser. Hol es vom Brunnen und erwärme es selbst!"
"Schäl den Korb mit Äpfeln. In fünf Minuten will ich sie in meinem Zimmer haben!"
"Liefere das in unsere Nachbarschaft. Denk daran, das machst du nur nachts! Tagsüber sind alle beschäftigt!"
"Du solltest eine Tüte schwarze Trauben mitbringen. Sie sollen süß sein! Wenn es nicht stimmt, kürze ich dir den Lohn!"
Theodores Anweisungen wurden von Tag zu Tag lächerlicher, doch Lu Yizhou gehorchte weiterhin ohne ein Wort. Als er sah, wie er arbeitete wie ein Hund, fühlte 666 Mitleid.
[666: Host, das ist zu lächerlich, ah! Warum sagst du nichts? Und noch etwas: Warum bist du so versiert darin, ein Diener zu sein?!]
Lu Yizhous Lippenwinkel hoben sich. Die Arbeit war keineswegs anstrengend, er kam nicht einmal ins Schwitzen. Der Grund, warum er schwieg, war, dass er jedes Mal, wenn er nach getaner Arbeit zurückkehrte, Theodores Zorn erleben durfte. Dieser frustrierte Blick, der keinen Ort zum Auslassen fand, war unerwartet... ziemlich entzückend.
Wie ein kleiner Igel, der glaubte, ein Mammut zu sein.