Luna Liana saß im Büro des Alphas, ihr Blick eiskalt, während sie Alpha Jackson und seine Familie musterte. Der Alpha und seine Tochter Jessica wirkten unter ihrer strengen Beobachtung nervös und schuldbewusst. Sie wusste, dass sie auf eine Paarungsallianz zwischen Damien und Jessica gehofft hatten, doch Luna Liana hatte diese Idee nie in Betracht gezogen. Jessica war zu unberechenbar, zu verwöhnt und schwer zu kontrollieren. Allerdings hatte Liana nie erwartet, dass Damien in einer Halbblut wie Anne seine Gefährtin finden würde. Das konnte sie nicht zulassen.
Lianas Ambitionen waren im gesamten Rudel bekannt. Sie war die eigentliche Macht; ihr Gefährte war schwach und leicht zu manipulieren. Ihr Einfluss reichte weit, und sie hatte nicht vor, ihre sorgfältig ausgearbeiteten Pläne durch einen ungeeigneten Gefährten für ihren Sohn entgleisen zu lassen.
„Alpha Jackson", begann Liana mit kalter, gebieterischer Stimme, „ich finde es absolut skandalös, dass ein Mitglied deines Rudels meinen Sohn unter Drogen gesetzt hat. Die Dosis war so hoch, dass unser Heiler bestätigte, Damien werde für mehrere Stunden bewusstlos bleiben."
Alpha Jackson rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum, senkte den Blick. „Luna Liana, es tut mir zutiefst leid für diesen Vorfall. Ich versichere Ihnen, dies entspricht nicht den Werten unseres Rudels."
Lianas Augen verengten sich. „Ihre Entschuldigungen nehme ich zur Kenntnis, doch sie sind unzureichend. Wie konnte ein solcher gravierender Fehler unter Ihrer Aufsicht passieren? Diese Nachlässigkeit ist unerträglich."
Alpha Jackson schluckte schwer. „Ich verstehe Ihren Ärger, Luna Liana. Bitte sagen Sie mir, wie ich diesen Fehler wiedergutmachen kann."
Liana lächelte, doch es war ein Lächeln ohne Wärme. „Ich verlasse nun Ihr Büro, Alpha Jackson, doch ich erwarte, dass Sie dieses Problem rasch angehen. Das Problem ist Anne."
„Aber Luna Liana, Anne behauptet, Damiens Gefährtin zu sein. Wenn das, was sie sagt, wahr ist..."
„Wenn das wahr ist, was sie sagt, dann ist es umso wichtiger, dass wir diese Angelegenheit klären. Damien kann nicht mit einer Gefährtin zusammen sein, deren Herkunft so fragwürdig ist und die so viel Chaos verursacht."
Alpha Jackson nickte, sein Blick funkelte. „Ich werde mich persönlich darum kümmern. Anne wird sich verantworten müssen."
„Gut", entgegnete Liana, ihr Tonfall entschlossen. „Ich erwarte, dass Sie mich über Ihre Fortschritte informieren. Enttäuschen Sie mich nicht, Alpha Jackson."
Mit diesen Worten drehte sie sich auf dem Absatz um. Niemand würde sich ihr in den Weg stellen, am wenigsten ein Halbblut wie Anne.
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Kaum war Luna Lianas beeindruckende Gestalt außer Sicht, brach die Spannung im Raum aus. Jessicas Mutter, Luna Katherine, wandte sich ihrer Tochter zu, ihre Augen loderten vor Zorn.
Ohrfeige!
Jessicas Wangen brannten, als ihre Mutter sie ohrfeigte.
„Jessica! Wie konntest du nur so unvorsichtig sein?" Die Stimme von Luna Katherine hallte von den Wänden wider.
„Du hättest nur Damien verführen müssen, und selbst das hast du nicht geschafft?"
Jessica errötete vor Wut und Scham. „Es ist nicht meine Schuld! Anne ist schuld an allem! Ich habe Damien unter Drogen gesetzt, aber irgendwie hat sie es geschafft, ihm zuvorzukommen."
Alpha Jacksons Gesicht verdüsterte sich, und er trat vor, seine Stimme tief und drohend. „Jessica, begreifst du, was du getan hast? Siehst du, in welche prekäre Lage du uns gebracht hast?"
Luna Katherine nickte zustimmend, ihr Gesicht eine Mischung aus Enttäuschung und Wut. „Wir können es uns nicht leisten, dass unsere Familie mit einem solchen Skandal in Verbindung gebracht wird. Wenn Luna Liana herausfindet, dass du an der Betäubung von Damien beteiligt warst, wird sie unser Rudel vernichten. Du darfst niemandem davon erzählen."
Jessicas Augen weiteten sich vor Angst und Empörung. „Aber was ist mit Anne? Was machen wir mit ihr?"
Alpha Jacksons Miene wurde stählern; seine Entscheidung stand fest. „Mit Anne wird sich bald befasst."Jessica's Mutter trat näher zu ihr, ergriff ihre Schultern fest und sagte: "Jessica, hör gut zu. Du musst vorsichtig sein. Ein falscher Schritt und alles, wofür wir gearbeitet haben, kann zerstört werden. Hast du das verstanden?"
Jessica nickte und schluckte schwer. "Ja, ich verstehe. Ich werde nichts verraten, das verspreche ich."
Anne saß auf dem kalten, harten Boden ihrer Zelle, umgeben von Verwirrung und Angst. Sie umschlang ihre Knie, ihr Herz erfüllt von verzweifelter Hoffnung. Damien würde sie doch retten, oder? Gefährten sollten durch ein unzerbrechliches Band miteinander verbunden sein, dazu bestimmt, einander zu beschützen und zu sorgen. Sie setzte all ihre Hoffnung auf ihn.
Eine leise Stimme außerhalb ihrer Zelle unterbrach ihre Gedanken. Sie blickte auf und sah Aron.
"Aron?" flüsterte sie mit zitternder Stimme. "Was passiert hier? Wo ist Damien?"
Arons Gesicht war vor Sorge gefaltet, als er sich den Zellengittern näherte. "Anne, es ist noch schlimmer, als du denkst. Damien und seine Leute sind fort. Luna Liana hat dich als seine Gefährtin abgelehnt und er wurde unter Drogen gesetzt. Jessica gibt dir die Schuld an allem."
Annes Herz sank. "Aber ich habe ihn nicht unter Drogen gesetzt! Er ist mein Gefährte, Aron. Wie könnten sie das tun?"
Aron seufzte und schüttelte den Kopf. "Niemand hier wird dir glauben, Anne. Der Alpha und Luna haben zu viel Macht, und sie haben dich bereits für schuldig erklärt. Deine einzige Möglichkeit ist die Flucht. Deshalb bin ich hier."
Er reichte ihr eine kleine Tasche durch die Gitterstäbe. "Hier drin sind etwas Geld, Kleider und ein Telefon. Ich habe noch einige Kontakte zu Menschen aus meiner Studienzeit. Du musst zu ihnen gehen und dich eine Weile verstecken. Alpha Jackson plant, dich loszuwerden, Anne."
Anne weitete ihre Augen, Angst und Entschlossenheit mischten sich. "Aber wie komme ich hier heraus?"
Aron blickte sich nervös um und zog einen Schlüssel hervor. "Den konnte ich einem der Wachen abnehmen. Wir haben nicht viel Zeit."
Er schloss ihre Zellentür auf, und Anne trat mit klopfendem Herzen hinaus. Aron führte sie durch die schwach beleuchteten Gänge des Packhauses, ihre Schritte hallten ominös in der Stille wider. Sie bewegten sich schnell, erreichten die Garage und Aron deutete ihr, sich hinter einem Stapel Kisten zu verstecken.
Ein Müllwagen kam in der Nähe zum Stehen, sein Motor summte leise vor sich hin. Aron öffnete die hintere Klappe des LKW, enthüllend einen schmalen Raum, der mit Müllsäcken gefüllt war.
"Es ist nicht ideal, aber es ist der beste Weg, dich unbemerkt fortzubringen; der Gestank wird deinen Geruch überdecken", flüsterte Aron.
Anne nickte, ihre Kehle eng vor Angst und Dankbarkeit. "Danke, Aron. Ich weiß nicht, wie ich dir jemals danken kann."
Aron lächelte traurig. "Pass einfach auf dich auf, Anne. Ich werde von hier aus tun, was ich kann, um zu helfen."
Er half ihr, sich zwischen die Müllsäcke im Lastwagen zu zwängen, und arrangierte sie um sie herum, um ihr etwas Schutz zu bieten. Als sich der LKW in Bewegung setzte, pochte Annes Herz heftig. Sie ließ alles hinter sich, was sie kannte, und trat mit nicht mehr als einer Tasche und einer zerbrechlichen Hoffnung ins Unbekannte.
Schließlich kam der Lastwagen zum Stehen. Aron öffnete die Heckklappe und half ihr heraus, die Nachtluft war kühl und frisch auf ihrer Haut.
"Hier endet meine Fahrt für dich", sagte er und reichte ihr die Tasche. "Ein paar Kilometer von hier gibt es einen Busbahnhof. Nimm den ersten Bus, den du kriegen kannst, und kontaktiere die Leute, die ich erwähnt habe. Sie werden dir helfen."
Anne nickte, ihre Augen füllten sich mit Tränen. "Danke, Aron. Das werde ich nicht vergessen."
"Viel Glück, Anne. Bleib stark."
Damit kletterte Aron zurück in den Wagen und fuhr davon, während Anne allein am Straßenrand zurückblieb. Sie atmete tief durch, ihre Entschlossenheit härte sich. Sie hatte bisher überlebt und würde weiterhin überleben. Für Damien würde sie zu ihm gehen und ihm sagen, dass sie seine Gefährtin war.