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Chapter 2 - Kapitel 2 - Geteilte Wege, Verborgene Pfade

,,Die Welt mag dunkel und gefährlich sein, aber solange ich an der Seite meiner Schwester kämpfe, gibt es nichts, was wir nicht überwinden können." - Selennia Nightsong

"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben. Mut bedeutet, die Angst zu spüren und trotzdem weiterzugehen, weil ich weiß, dass du an meiner Seite bist." - Seraphina Nightsong

Alles auf der Welt ist vergänglich. Das Leben, die Menschen, die Tiere, die Gebäude und alle Gegenstände. Wenn man tiefer hinein blickt, merkt man, dass selbst Liebe und Freundschaften vergänglich sind. In einer kritischen Situation können sich die eigenen Gefühle so schlagartig verändern, dass man seinen früheren besten Freund plötzlich als Feind sieht. Vor allem nach jahrelanger Isolation eignen sich Instinkte an. Instinkte, die einen dazu verleiten, immer die Entscheidung zu treffen, von der man selbst am meisten profitiert.

Mittlerweile waren sieben Jahre vergangen. Der damals sechzehnjährige Aiden war nun bereits ein Erwachsener. So verbrachte er seine Tage mit Seraphina, Selennia und seinen weiteren Freunden aus dem Dorf. Er hatte das Ziel, den Dungeon und seine zwanzig Ebenen komplett zu bezwingen. Dafür trainierte er Tag für Tag und machte an keinem der Tage davor halt, die Labyrinthe zu überwinden und die Monster darin zu bezwingen. Der Thunderbear, der Aiden seinen ersten Versuch gekostet hatte, war nun auch kein Problem mehr für ihn und konnte innerhalb von ein paar Minuten besiegt werden. So kam es, dass es der junge Welteneinwanderer nach sieben Jahren endlich an sein Ziel schaffte - Ebene zwanzig des Dungeons, die letzte Ebene.

Voller Mut und Stolz betrat Aiden die finale Ebene. Vor ihm erstreckte sich ein langer, majestätischer Flur, der in einem hellen Licht mündete. Bei jedem Schritt entzündeten sich zwei der anfangs feuerlosen Fackeln an den Wänden, eine links und eine rechts. Es war wahrlich ein grandioser Aufbau für den letzten Boss des Dungeons. Aiden folgte dem Gang, voller Aufregung, welche Bestie das finale Monster sein mochte. Vielleicht ein Storm TItan (Tier II Elementar), oder gar ein Phoenix (Tier II Mythisch)? Als der junge Mann endlich das Ende des Ganges erreichte, konnte er das Bossmonster erblicken. Aiden konnte seinen Augen nicht trauen. Was er gerade sah, konnte nicht real sein. Es war etwas viel schlimmeres, als er erwartet hatte. Vor dem Jungen stand das weltweit einzige Tier III Monster der Kategorie ,WIld', der ,Behemoth'

Kapitel 2 - Geteilte Wege, Verborgene Pfade

Als Aiden den Behemoth erblickte, war es eine schier majestätische Gestalt, die glatt aus einem Märchen stammen konnte. Es hatte die Größe eines Mehrfamilienhauses, den Kopf eines Löwen, die Stoßzähne eines Elefanten, die Schuppen einer Schlange, den Körper eines Büffels, die Arme eines Gorillas, die Hinterbeine eines Bären, den Schwanz eines Krokodils, die Flügel eines Drachen und die leuchtenden Augen eines Wolfes. Seine Bewegungen waren grazil wie die einer Katze und doch so brachial wie die eines Nashorns. Der Junge wusste, dass diese Bestie nicht zu unterschätzen war, schließlich war es eine von vier Bestien, die es nur einmal auf der Welt gab. Selbst wenn es die schwächste Bestie von Tier III war, konnte man den Behemoth keinesfalls unterschätzen.

Aiden spürte, wie sein Herz schneller schlug, während er den Behemoth betrachtete. Jede Faser seines Körpers schrie vor Anspannung, doch er wusste, dass er jetzt einen kühlen Kopf bewahren musste. Der Behemoth bewegte sich langsam auf ihn zu, und mit jedem Schritt schien der Boden unter seinen Füßen zu erbeben. Die Luft war erfüllt von einem tiefen, dröhnenden Atem, der die Präsenz der Kreatur noch überwältigender machte. Aiden wusste, dass seine einzige Chance in der richtigen Anwendung seiner Fähigkeiten lag. Er hatte sieben Jahre lang trainiert, um diesen Moment zu erreichen. Sein Skill der Körperverstärkung war stark, aber gegen eine Bestie dieser Größe und Macht würde es schwer werden, die volle Dauer durchzuhalten. Doch heute war nicht der Tag, um zu zweifeln.

„[Body Enhancement]", murmelte Aiden und spürte, wie sich die vertraute, warme Energie durch seinen Körper zog. Seine Muskeln spannten sich an, seine Reflexe wurden geschärft. Er war bereit, sich dem Behemoth entgegenzustellen. Die Bestie sprang mit einer Geschwindigkeit, die im Widerspruch zu ihrer massiven Größe stand, auf Aiden zu. Der Junge konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite ausweichen, spürte aber den Luftzug und die Wucht des Aufpralls, als der Behemoth mit seinen gewaltigen Klauen den Boden zerschmetterte. Staub und Geröll wurden in die Luft geschleudert, und Aiden rollte sich geschickt ab, um wieder auf die Beine zu kommen. Er wusste, dass er schnell handeln musste. Ein direkter Angriff war riskant, aber Ausweichen allein würde ihn nicht retten. Der Behemoth setzte zu einem weiteren Angriff an, dieses Mal mit seinem kräftigen Schwanz, der wie eine Peitsche durch die Luft schoss. Aiden duckte sich und spürte, wie der Schwanz nur knapp über seinen Kopf hinwegstrich und dabei eine tiefe Furche in die Wand riss.

„Das ist unmöglich", dachte Aiden. „Selbst mit [Body Enhancement] bin ich ihm nicht gewachsen." Doch in diesem Moment, als er die Wucht des Angriffs spürte, kam ihm eine Idee. Aiden sprang zurück und konzentrierte sich tief. Anstatt seine Körperverstärkung auf seinen gesamten Körper anzuwenden, fokussierte er die gesamte Energie in seinen rechten Arm. Sofort fühlte er, wie die Kraft sich bündelte und sein Arm heiß wurde, als würde er gleich explodieren. Die Intensität war überwältigend, aber er spürte auch die immense Kraft, die in diesem einen Arm steckte. „Das könnte funktionieren", dachte Aiden und stürzte sich erneut in den Kampf. Der Behemoth sah ihn kommen und öffnete sein gewaltiges Maul, bereit, zuzubeißen. Doch Aiden war schneller. Mit einem mächtigen Sprung schloss er die Distanz zwischen sich und der Bestie und schlug mit seiner verstärkten Faust zu. Der Schlag traf den Behemoth genau am Kiefer, und die Wucht des Treffers ließ die Kreatur zurücktaumeln.

Der Boden unter den Füßen des Behemoth erzitterte, als es sich wieder aufrichtete, sichtlich überrascht von der Stärke des Angriffs. Doch es war noch lange nicht besiegt. Mit einem wütenden Brüllen stürmte es erneut auf Aiden zu. Aiden wusste, dass er seine neue Fähigkeit klug einsetzen musste. Der Behemoth war nicht nur stark, sondern auch schnell. Ein erneuter Frontalangriff wäre Selbstmord. Er musste eine andere Taktik finden. Der Junge sprintete los, den Behemoth ständig im Blick. Er ließ ihn absichtlich näherkommen, während er sich den Raum um sich herum einprägte. Als der Behemoth zum nächsten Schlag ansetzte, wich Aiden geschickt aus und rannte direkt auf eine der massiven Steinsäulen zu, die den Raum säumten. Der Behemoth brüllte und folgte ihm, seine schweren Schritte hallten durch die Halle. Aiden sprang auf die Säule zu und nutzte seine verstärkten Beine, um an ihr hochzuspringen. Mit einem kräftigen Stoß seines Arms durchbrach er die Basis der Säule, die daraufhin ins Wanken geriet.

In einem fließenden Bewegungsablauf sprang Aiden zurück auf den Boden, während die Säule genau in dem Moment umfiel, als der Behemoth heranstürmte. Der massive Steinblock traf die Bestie an der Seite und drückte sie für einen Moment zu Boden. Aiden nutzte die Gelegenheit, um seinen nächsten Plan auszuführen. Er spürte, dass er nicht mehr lange seine verstärkte Kraft aufrechterhalten konnte, also konzentrierte er alles, was ihm blieb, erneut in seinen rechten Arm. Dieses Mal zielte er auf den empfindlichsten Punkt, den er beim Behemoth ausgemacht hatte – das Auge. Mit einem einzigen, kraftvollen Sprung landete Aiden auf dem Kopf des Behemoth, der versuchte, sich unter dem Gewicht der Säule herauszuwinden.Mit einem letzten, alles entscheidenden Schlag rammte er seine verstärkte Faust direkt in das leuchtende Auge des Behemoth. Ein markerschütterndes Brüllen ertönte, als die Faust durch die Schutzschicht des Auges drang und die Energie in einem grellen Lichtblitz explodierte.

Der Behemoth bäumte sich auf, dann wurde es still. Das gewaltige Wesen fiel schwer zu Boden, und die Erde erbebte unter seinem Gewicht. Aiden sprang zur Seite, um nicht von dem fallenden Koloss erdrückt zu werden. Er sah, wie die leuchtenden Augen des Behemoth langsam erloschen und das mächtige Tier schließlich bewegungslos dalag. Schwer atmend betrachtete Aiden das besiegte Monster. Er konnte es kaum fassen, dass er tatsächlich siegreich war. Die schiere Erschöpfung ließ ihn auf die Knie sinken, aber ein Gefühl des Triumphs durchflutete ihn. Er hatte den Behemoth besiegt – mit Klugheit, Mut und der neuen, intensiveren Kontrolle seiner Fähigkeiten. „Die Lebensspanne einer Eintagsfliege, hm…?", flüsterte er, bevor er das Bewusstsein verlor und in den wohlverdienten Schlaf fiel, während die letzte Säule hinter ihm in sich zusammenstürzte und das Licht des Dungeons endgültig erlosch. 

Während seines Schlafes erinnerte sich Aiden an seine Freunde. Sie alle waren vermutlich irgendwo in dieser Welt. Sei es Ash mit seiner optimistischen Art, Yuichiro mit seiner Strenge, Azrael mit seiner stillen Persönlichkeit, Mikko mit seiner Hilfsbereitschaft oder Elara mit ihrem ruhigen, doch gerechten und immer freundlichen Charakter. Aiden hoffte, dass es allen gut ging. Doch am meisten dachte er über seinen besten Freund Vincent nach. 

,,Ich hoffe, es geht dir gut, Vincent."

Der Junge öffnete seine Augen. Ein Piepen war in seinen Ohren und für ihn grelle Lichter umgaben ihn. Neben ihm saßen Selennia und Seraphina. ,,Bist du wach?", fragte Seraphina. Selennia hielt sich nur die Hände vor den Mund und blickte den Jungen schockiert an. ,,Was ist denn passiert…? Ich war doch nur kurz weg." Eine Träne floss über Seraphinas Wange. Selennia antwortete: ,,Du warst fast eine Woche ohnmächtig. Als du nach zwei Tagen noch nicht zurück warst, sind wir mit ein paar Kämpfern hinuntergegangen, um nachzusehen. Da du den Boss besiegt hast, ist die Funktion mit den individuellen Dungeons auch verschwunden. Wir hatten auch keine großen Probleme, weil du die meisten Monster besiegt hast. Auf Ebene 20 fanden wir dich dann. Aus irgendeinem Grund ging es dir trotzdem gut. Du hast zwei Tage problemlos dort unten überstanden." Der Junge war schockiert. Fast eine Woche? Sofort richtete er sich auf. ,,Hey, kannst du wirklich aufstehen? Ruh dich lieber etwas aus." Aiden lächelte. ,,Ach, das geht schon." Daraufhin verließ er das kleine Haus und ging auf einen kleinen Spaziergang zur Hauptstraße. Doch was Shuji erblickte, war schockierend. ,,D-Du?!"

,,Ach, was? Du bist doch Aiden, oder nicht?" Vor dem jungen Mann stand niemand anderes als Vincent, sein bester Freund. Vincent trug eine braune Jacke mit Pelzkragen. Er hatte dunkle Haare, die er hinter seinen Kopf gegelt hatte. Eine große Strähne hing ihm jedoch ins Gesicht. Vincent saß auf einem Thunderbear, der ihn jedoch nicht angriff. Neben ihm stand ein Direwolf, der freudig auf seinen Befehl wartete. Vincent hatte die Klasse des Beat Tamers gewählt. ,,Hey, Vince, wollen wir vielleicht die anderen suchen und unsere Freundesgruppe wieder vereinigen?" Doch Aidens Gegenüber war von dem Vorschlag unbeeindruckt. ,,Freundesgruppe? Moment Mal, du denkst ernsthaft, wir alle wären nach allem noch Freunde?" Der Junge mit seinen verschiedenen Haarfarben war schockiert. ,,Aber… Warum sagst du denn sowas? Du hast dich doch am meisten um uns gekümmert. Du hast die ganze Gruppe doch gegründet und hast am meisten dafür aufgeopfert. Willst du das alles ernsthaft aufgeben?" Vincent sah Aiden mit einem ernsten, ungläubigen Blick an. ,,Wir sind hier in einer anderen Welt, in der es nicht unsere größte Sorge ist, Freundschaften aufrechtzuerhalten. Hier wimmelt es von starken Monstern und Bestien. Aus diesem Grund kann ich mich nicht mit jemandem zusammentun, weil er mein Freund ist oder so etwas. Ich reise nur mit denen, die mir helfen können und nicht im Weg stehen. Solange du mir nicht nützlich bist, reise ich alleine."

Aidens Blick war nun etwas traurig und mitfühlend. Obwohl Vincent ihn schlecht behandelte und quasi die Freundschaft aufgab, wusste der Junge, dass etwas Größeres dahinter stecken musste. Der Mann konnte sich nicht einfach so zu einem Unsympathen entwickeln. Es musste ein langer, tiefer Schmerz verantwortlich sein. Der Junge konnte seinen besten Freund jedoch nicht aufgeben. Alleine konnte er niemals herausfinden, wie man wieder in seine Heimatwelt kam. So antwortete er: ,,Ich kann dir nützlich sein." Vincent sah ihn an. ,,Ach ja, und welche Klasse hast du?" Aiden senkte seinen Blick. ,,Straßenkämpfer…" Ohne ein Wort zu sagen, drehte sich Vincent um. ,,Ich gehe." Er war enttäuscht. Endlich hatte er einen der sechs Freunde gefunden, nur um festzustellen, dass er nutzlos war. Doch Shuji wollte das nicht einfach auf sich sitzen lassen. ,,Warte!", rief er, woraufhin Vincent kurz stehen blieb. ,,Ein einziger Kampf. Wenn ich gewinne, kann ich mit dir reisen. Wenn du gewinnst, kannst du machen, was du willst. Okay?" In diesem Moment erschien Vincents Statusfenster vor Aiden. Es war genau wie sein eigenes:

< Profil >

< Name: Vincent Eberhart >

< Alter: 25 Jahre >

< Klasse: Beast Tamer >

< Skills: >

< [Beast Taming] >

< [Beast Empowerment] >

< [Interdimensional Communication] >

Mit einem Seufzen drehte sich der Überlebenskämpfer wieder um. ,,Na schön, bringen wir es schnell zu Ende." Vincent lächelte leicht, ein Ausdruck, der Aiden unangenehm vertraut war. Es war derselbe selbstbewusste, fast überhebliche Ausdruck, den er immer hatte, wenn er überzeugt war, dass er die Oberhand hatte. „Thunderbear, Direwolf – Angriff!" rief Vincent und die beiden Bestien stürmten auf Aiden zu. Aiden spürte, wie sein Herz wieder schneller schlug, aber dieses Mal war es nicht nur Angst, sondern auch Entschlossenheit. Er wusste, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. „[Body Enhancement]!" Er aktivierte seine Körperverstärkung, spürte, wie die Kraft durch seinen Körper strömte, und machte sich bereit für den Angriff.

Der Direwolf war als Erster bei ihm. Mit einem blitzschnellen Sprung versuchte die Bestie, Aiden mit ihren mächtigen Fängen zu packen. Doch Aiden war vorbereitet. Er sprang zur Seite, fokussierte die Energie in seine Beine und trat im letzten Moment zu. Sein Fuß traf den Direwolf hart am Kopf, schickte ihn seitlich gegen eine Mauer, aber die Bestie war zäh. Sie schüttelte den Kopf und richtete sich wieder auf, die roten Augen glühend vor Wut. Bevor Aiden reagieren konnte, war der Thunderbear bei ihm. Der riesige Bär schlug mit seiner elektrisch geladenen Klaue nach ihm, und Aiden spürte die Luft um sich herum knistern, als der Blitz an ihm vorbeizischte. Er konnte dem ersten Angriff ausweichen, aber der zweite Schlag traf ihn an der Schulter und warf ihn zu Boden. Die Energie durchfuhr seinen Körper und er spürte einen brennenden Schmerz, als der Blitz in seine Muskeln eindrang.

Aiden biss die Zähne zusammen und rappelte sich auf. Er wusste, dass er nicht lange durchhalten konnte, wenn er nur verteidigte. Er musste Vincent direkt angreifen, bevor dieser eine Chance hatte, noch mächtigere Befehle zu geben. „Das wird schwer", dachte Aiden und sah, wie der Direwolf erneut auf ihn zu sprintete. Er sprang hoch, ließ die Bestie unter sich hindurchlaufen und fokussierte all seine verbleibende Energie in seine Faust. „Jetzt oder nie!" Mit einem gewaltigen Sprung sprang Aiden direkt auf Vincent zu, der die Augen vor Überraschung weit aufriss. Der Thunderbear wollte sich zwischen sie werfen, aber Aiden war schneller. Mit einer einzigen, verstärkten Faust schlug er Vincent direkt in den Magen. Vincent keuchte auf, die Luft wurde ihm aus den Lungen getrieben, und er wurde nach hinten geschleudert.

Doch Aiden wusste, dass ein Treffer nicht reichen würde. Noch während Vincent zu Boden fiel, drehte sich Aiden um und konzentrierte sich auf die Bestien, die jetzt zögerten. Der Thunderbear stand einen Moment still, während der Direwolf knurrte und sich auf den nächsten Angriff vorbereitete. „Nur noch ein bisschen mehr", murmelte Aiden zu sich selbst. „Nur noch ein bisschen mehr Kraft…" Er wusste, dass er nicht genug Energie hatte, um beide Bestien gleichzeitig zu bekämpfen, also musste er schnell handeln. Er rannte auf den Thunderbear zu, sprang hoch und packte das Horn des Tieres, um sich hochzuziehen. Mit all seiner verbliebenen Kraft schlug er dem Thunderbear direkt auf den Schädel. Der Bär brüllte vor Schmerz und Stolz, doch Aidens Schlag reichte aus, um die Bestie für einen Moment zurückzudrängen. Vincent, der sich inzwischen wieder gefasst hatte, stand auf, Blut lief ihm aus dem Mundwinkel. „Du… du bist besser geworden, Aiden", murmelte er, während er seinen eigenen Schmerz unterdrückte. „Aber das reicht nicht."

„Das werden wir sehen", antwortete Aiden und drehte sich in einem fließenden, schwindelerregenden Bewegungsablauf, um den Direwolf abzuwehren, der ihn von der Seite ansprang. Mit einem knappen Hieb traf er die Bestie am Kiefer und warf sie zurück. Aiden wusste, dass seine Zeit ablief. Die Körperverstärkung ließ langsam nach, und er hatte kaum noch genug Energie, um weiterzukämpfen. Doch er konnte nicht aufgeben. Nicht jetzt. Er sah sich um und entdeckte einen losen Felsbrocken in der Nähe. „Das könnte funktionieren…", dachte er und rannte mit allem, was er hatte, darauf zu. Er hob den schweren Stein auf, gerade als der Direwolf wieder auf ihn zusprang. „Komm schon…", murmelte Aiden, während er den Felsbrocken nach dem Direwolf warf. Der Fels traf die Bestie hart am Kopf und ließ sie taumeln. Im selben Moment sprang der Thunderbear wieder auf Aiden zu, doch diesmal war Aiden vorbereitet.

Er aktivierte den letzten Rest seiner Körperverstärkung und konzentrierte all seine verbleibende Kraft in seinen rechten Arm. Mit einem letzten, verzweifelten Schlag hieb er auf den Thunderbear ein, genau in die Mitte seines Schädels. Die Wucht des Schlags ließ die elektrischen Muster des Thunderbears kurz flimmern, und dann brach das riesige Tier zusammen. Der Direwolf, der sich gerade erholt hatte, sah seinen gefallenen Kameraden und knurrte leise, bevor er sich zurückzog. Vincent stand still, seine Augen auf den am Boden liegenden Thunderbear gerichtet. Aiden keuchte schwer, jeder Atemzug brannte in seiner Brust. „Also, Vincent…", begann er und sah seinen besten Freund an, „Was jetzt?" Vincent starrte ihn einen Moment an, dann entspannte sich sein Gesichtsausdruck, und er ließ ein schwaches, aber anerkennendes Lächeln zu. „Du hast gewonnen", sagte er schließlich, „Du kannst mitkommen."

Aiden ließ die Anspannung aus seinen Schultern weichen und nickte langsam. „Danke", antwortete er leise. Vincent klopfte dem erschöpften Aiden auf die Schulter. „Vielleicht… vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für diese Freundschaft." Die beiden jungen Männer, einst Freunde, die durch die Härten der Welt getrennt wurden, gingen nun gemeinsam in eine ungewisse Zukunft. Doch Aiden wusste eines sicher: Er würde nicht aufgeben, weder auf seine Freunde, noch auf die Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren.

Bald trat die Dämmerung ein und der Tag nahte seinem Ende. Die Wunden von Vincent und Aiden wurden von Selennia und Seraphina versorgt. ,,Haha, ich hab' Vincents Wunden besser versorgt, als du Aidens Wunden versorgt hast!", sagte Selennia voller Stolz zu ihrer Schwester. Diese seufzte nur. Schließlich wurden Vincents Wunden nur mit einer minderwertigen Salbe gegen Brandverletzungen und losen Verbänden behandelt, die systemlos um Vincents Arme gewickelt waren. Die Verletzungen waren größtenteils Schlagwunden im Bauchbereich. Aiden dagegen wurde von Seraphina perfekt behandelt. So begann der Junge mit seinen zwei Haarfarben: ,,Also, Vince. Wie war dein Leben so in den sieben Jahren, in denen wir uns nicht mehr gesehen haben?" Vincent schloss kurz seine Augen, bevor er antwortete: ,,Naja, ich bin in einer Gegend aufgewacht, in der keine menschliche Zivilisation weit und breit ist. Ich habe täglich mein Essen gejagt und um mein Überleben gekämpft. Dort wurde mir auch bewusst, wie wichtig es in dieser Welt ist, zu überleben. Irgendwann fand ich ein Dorf, wo ich zum ersten Mal seit fünf Jahren Menschen gesehen habe."

Während Vincent seine Geschichte erzählte, betrat ein Mann in einem dunklen Mantel das Gasthaus, in dem sie saßen. Aiden sah seinen besten Freund traurig an. ,,Tut mir leid, dass ich dich das gefragt habe…" Natürlich achtete Vincent nach fünf Jahren kompletter Isolation nur noch auf sein Überleben. Scheinbar hatte er sich starke Überlebensinstinkte angeeignet. ,,Ach, Schwamm drüber. Hättest ja nicht wissen können, wie schlimm die Zeit war." Bevor sie ihr Gespräch fortsetzen konnten, stellte sich der düstere Mann, der das Gasthaus vorhin betreten hatte, vor ihren Tisch. ,,Meine Herren…" Der Mann hatte eine raue, düstere Stimme. Sofort drehten sich die beiden Jungs um. Die Gestalt löste tiefes Unbehagen in ihnen aus. Doch sie ließ ihnen keine Zeit, um darüber nachzudenken. ,,Mein Meister, Herr Azrael, würde Sie gerne sehen. Seien Sie bitte morgen um zehn Uhr in der Bar ,,Le Clair de Lune" in Valoria." Sofort sprang Aiden auf. ,,Azrael? Das kann doch nicht…" Azrael war einer der sieben Freunde, die durch das Buch ins Paradies kamen. 

Sofort riss Aiden dem Mann seine Kapuze hinunter, nur um einen Schädel an Stelle des Kopfes zu sehen. ,,Ein Skelett…? Nein, Nekromantie!" Sofort zerfiel das Skelett mitsamt seines Mantels zu Staub. Azrael hatte anscheinend die Klasse des Nekromanten gewählt, was ihn unglaublich gefährlich machte. Das Duo musste am nächsten Tag vorsichtig sein. Vielleicht würden sie niemals zurückkehren können. ,,Dann gehen wir morgen nach Valoria." Vincent sah Aiden mit einem leichten Lächeln an. Dieser seufzte kurz, bevor er zustimmend nickte. Für's Erste war es am Wichtigsten, sich nicht zu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Schließlich war Takeo ihr Freund. So gingen sie zu Bett, in Hoffnung, morgen ein freundliches Wiedersehen zu haben.

Das zweite Kapitel meiner zweiten Online-Geschichte ,Tales of Seven' ist nun endlich da! Im Gegensatz zu Akuma wird diese Geschichte eher kürzer und nur um die zwanzig Kapitel besitzen. Trotzdem freue ich mich, euch die Geschichte von Aiden und seinen Freunden zu zeigen! :D

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