Tang Zhinian ließ sofort das landwirtschaftliche Werkzeug, das er in Händen gehalten hatte, fallen und rannte ins Haus. Dort angekommen, sah er Sang Weilan, die dumm herumstand, während seine Tochter, die kleine Tang Yuxin, laut weinend wie ein kleiner Ball auf dem Boden lag.
"Xinxin...", Tang Zhinians Augen füllten sich mit Röte. Schnell lief er zu ihr, verringerte die Distanz in ein paar großen Schritten und hob seine Tochter auf. Tang Yuxins Stirn war stark angeschwollen, sie weinte und rang nach Atem.
"Weine nicht, weine nicht, Papa ist jetzt hier."
Während Tang Zhinian dies sagte, wurde er von Tränen übermannt. Er hatte seine Tochter wie seinen Augapfel behütet und war immer sehr um ihre Sicherheit bemüht. Selbst als Sang Zhilan darauf bestand zu arbeiten und das Baby allein bei ihm ließ, bettelte er von Haus zu Haus um Milch, um sie mit Schafsmilch großzuziehen. Er sorgte immer dafür, dass Tang Yuxin weder litt noch Schaden erlitt.
Aber jetzt war die Stirn seines Kindes durch eine große Beule verunstaltet.
"Was hast du ihr angetan? Warum hast du meine Tochter geschubst?" Tang Zhinians Stimme war nahezu ein Schrei, seine Augen loderten vor Wut.
"Ich war es nicht, ich schwöre es, ich war es nicht...", stammelte Sang Zhilan schockiert und hatte vergessen, Tang Yuxin beizustehen. Sie versuchte hastig zu erklären, dass sie nur ein Kleidungsstück hatte nehmen wollen, doch trotz ihrer Erklärungen war Tang Yuxin hingefallen. Eine unleugbare Tatsache.
"Wie kannst du es wagen, meiner Tochter die Kleider wegzunehmen?" Empört riss Tang Zhinian die Kleidungsstücke aus Sang Zhilans Händen. "Sang Zhilan...", knirschte er zwischen den Zähnen, seine Augen erschreckend rot, "schön, du willst die Scheidung, ich werde sie dir geben. Aber Xinxin werde ich dir keinesfalls überlassen. Hast du sie je gestillt? Hast du sie aufgezogen? Hast du je ihre Windel gewechselt? Wo warst du, als sie nach ihrer Mutter rief? Das erste Wort, das sie sprach, war 'Papa', nicht 'Mama'. Ich habe unsere Tochter mit so viel Mühe großgezogen und denkst du, du kannst einfach gehen? Gut, geh, wenn du es musst, solange du ihr Gutes tust. Aber sag mir, was hast du gemacht? Was hast du eigentlich gemacht?"
Tang Zhinian hielt seine Tochter noch fester im Arm. Das kleine Kind, kaum ein Jahr alt, schluchzte noch immer, mit einer riesigen Beule auf der Stirn – sie war rot und geschwollen, ein alarmierender Anblick.
Tang Zhinian nahm seine Tochter in den Arm und ging auf die Tür zu. Tang Yuxin klammerte sich an seine Kleidung.
"Was ist los? Tut es sehr weh?"
Sanft strich Tang Zhinian über die kleine Wange seiner Tochter, seine Augenränder röteten sich, als stünde er kurz vor den Tränen.
"Papa, lass Mama meine Kleider nicht nehmen. Sie ist böse." Sie legte ihren Kopf an Tang Zhinians Schulter, ihre gesenkten Wimpern verbargen den kalten Glanz in ihren Augen.
Wei Jiani würde in diesem Leben keinen einzigen Gegenstand von ihr erhalten, nicht einmal einen einzigen Faden.
"Zhijun, sammle die Kleider und verwahre sie sicher. Achte darauf, dass sie nicht gestohlen werden."
Tang Zhinian umarmte seine Tochter liebevoll und wies seinen Bruder an. Früher hatte er befürchtet, dass seine Tochter sich dafür entscheiden könnte, mit Sang Zhilan zu gehen. Immerhin mochte sie ihre Mutter vielleicht noch. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte er, egal wie gebrochen sein Herz gewesen oder wie sehr er gezögert hätte, Sang Zhilan sie mitnehmen lassen. Aber nun erkannte er, dass er in seinen Gedanken völlig falsch gelegen hatte. Sang Zhilan war nicht dazu geeignet, Mutter zu sein.
Nein, er hatte sich erneut geirrt. Sang Zhilan war durchaus eine gute Mutter, aber sie war nicht die richtige Mutter für Tang Yuxin.