Endar hatte das Dorf Hohenbach verlassen und war nun allein auf seinem Weg durch die weiten, ungezähmten Lande. Die Wälder, Wiesen und Berge boten ihm eine Bühne, auf der er seine magischen Fähigkeiten weiterentwickeln konnte. Der alte Weise hatte ihm nicht nur Hinweise auf seine Bestimmung gegeben, sondern ihm auch ein altes, verstaubtes Buch überreicht. Es enthielt uralte magische Formeln und Übungen, die Endar helfen sollten, seine Kräfte wiederzuerlangen.
Mit jedem Schritt spürte Endar die Verbindung zu seiner früheren Macht stärker werden. Er wusste, dass die Magie tief in ihm schlummerte, und er war entschlossen, sie zu wecken. Er schlug sein Lager an einem friedlichen Ort auf, wo ein klarer Bach durch eine sonnendurchflutete Lichtung floss. Hier begann er, die ersten Lektionen aus dem Buch zu studieren.
Eine der ersten Fähigkeiten, die er wiederentdeckte, war die Kontrolle über das Element Feuer. Darion, der Magier, war einst für seine meisterhafte Beherrschung der Feuermagie bekannt. Endar erinnerte sich an die Kraft, die durch seine Adern geflossen war, als er mit einem Fingerzeig mächtige Flammen beschwören konnte. Er stand auf der Lichtung, schloss die Augen und konzentrierte sich. Er spürte die Hitze, die tief in ihm aufstieg, und fokussierte seine Gedanken. Plötzlich erschien ein kleiner Funke in seiner Handfläche. Mit einem sanften Atemzug wuchs der Funke zu einer kleinen Flamme.
„Es funktioniert", flüsterte Endar, und ein Gefühl der Erleichterung durchströmte ihn. Die Flamme tanzte in seiner Hand und beleuchtete sein Gesicht. Doch er wusste, dass dies erst der Anfang war. Er musste seine Kontrolle und die Größe der Flamme ausbauen. In den folgenden Tagen übte er unermüdlich, bis er in der Lage war, Feuerbälle zu formen und sie gezielt zu werfen. Er nutzte die Flammen, um Holz zu entzünden und einfache Verteidigungszauber zu wirken.
Neben der Feuermagie übte Endar auch die Kunst der Telekinese – die Fähigkeit, Objekte mit seinen Gedanken zu bewegen. Diese Fähigkeit war äußerst nützlich, um alltägliche Aufgaben zu bewältigen, aber auch, um sich in gefährlichen Situationen zu verteidigen. Endar begann mit kleinen Steinen, die er durch die Luft schweben ließ. Es war eine Herausforderung, die Konzentration zu bewahren und die Steine präzise zu steuern, aber mit der Zeit wurde er immer geschickter. Bald konnte er mehrere Steine gleichzeitig kontrollieren und sogar schwere Felsen bewegen.
Ein weiteres wichtiges Element seiner magischen Ausbildung war die Heilmagie. In seiner früheren Existenz hatte Darion diese Fähigkeit selten genutzt, da er meist offensiv kämpfte. Doch Endar erkannte, dass Heilung in dieser neuen Welt von großer Bedeutung sein würde. Er begann, einfache Heilzauber zu studieren und übte an kleineren Wunden, die er sich absichtlich zufügte. Er spürte die heilende Energie, die durch seine Hände floss, und sah zu, wie sich Schnitte und Kratzer schnell schlossen. Die Heilmagie ermöglichte es ihm, seine Ausdauer zu erhöhen und längere Trainingssitzungen zu absolvieren, ohne zu erschöpfen.
Während Endar seine Fähigkeiten erweiterte, stieß er auch auf die Kunst der Illusionsmagie. Diese Disziplin erforderte eine besonders feine Kontrolle über die Magie, da sie auf der Manipulation der Sinne basierte. Endar begann mit einfachen Illusionen, wie dem Erscheinen kleiner Lichtpunkte oder dem Verändern von Farben. Allmählich wurde er fähig, komplexere Illusionen zu erschaffen, wie zum Beispiel die Projektion von Bildern und Geräuschen, die seine Feinde täuschen konnten.
Eines Nachts, als der Vollmond hoch am Himmel stand und die Welt in silbernes Licht tauchte, entschied Endar, eine besonders anspruchsvolle Illusion zu versuchen. Er stellte sich vor, wie eine riesige, majestätische Eule über die Lichtung flog. Mit geschlossenen Augen konzentrierte er sich auf jedes Detail – die Federn, die Augen, den lautlosen Flug. Als er die Augen öffnete, sah er die Eule durch die Luft gleiten, so real, dass er beinahe selbst daran glaubte.
Doch nicht nur offensive und defensive Magie interessierte Endar. Er wusste, dass Wissen Macht bedeutete, und so wandte er sich auch der Weissagung zu – der Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken und verborgene Wahrheiten zu enthüllen. Diese Magie war besonders komplex und gefährlich, da sie die Grenzen der Zeit selbst berührte. Endar meditierte lange Stunden, versuchte, in die Gewebe der Zeit zu blicken und die Schicksale zu erahnen. Erste Visionen waren verschwommen und unklar, doch hin und wieder gelang es ihm, flüchtige Bilder zu erhaschen – ein bevorstehender Sturm, eine Begegnung mit einem Fremden oder das Aufscheinen eines mächtigen Artefakts.
Eines Tages, als Endar tief in seine Weissagung versunken war, hatte er eine Vision, die ihn erschaudern ließ. Er sah eine mächtige Festung, umgeben von dunklen Wolken und Flammen, und in ihrem Inneren lauerte eine bedrohliche Präsenz. Endar wusste instinktiv, dass dies ein Schlüssel zu seinem Schicksal war – ein Ort, den er eines Tages aufsuchen musste, um die Wahrheit über seine Wiedergeburt zu erfahren.
Mit dieser neuen Erkenntnis und den wachsenden Fähigkeiten setzte Endar seine Reise fort. Die Welt außerhalb des Waldes war gefährlich und unvorhersehbar, aber er fühlte sich bereit, den Herausforderungen entgegenzutreten. Er wusste, dass er noch viel zu lernen hatte, aber mit jeder neuen Fähigkeit und jeder bestandenen Prüfung kam er seinem Ziel näher.
Auf seinem Weg traf Endar auf andere Magier, Krieger und Kreaturen, die ihm sowohl Freund als auch Feind waren. Jeder von ihnen brachte ihm neue Lektionen und half ihm, seine Kräfte weiter zu verfeinern. Doch in den dunklen Schatten der Welt regten sich auch die Mächte, die ihn einst verflucht hatten. Sie spürten seine wachsende Macht und bereiteten sich darauf vor, ihm entgegenzutreten.
Endar wusste, dass der Weg vor ihm lang und beschwerlich sein würde, aber er war entschlossen, seine Bestimmung zu erfüllen. Mit den Erinnerungen seines früheren Lebens und den neuen Kräften, die er erlangte, setzte er seine Reise fort – ein wiedergeborener Magier, der stärker wurde und dem Unbekannten mutig entgegentrat.