Chereads / Zeitstürmer (DE) / Chapter 13 - Folge 13 - Ein letzter Versuch (Ende Staffel 1)

Chapter 13 - Folge 13 - Ein letzter Versuch (Ende Staffel 1)

Von der Langeweile, die hier angeblich herrschen soll, habe ich noch nichts mitbekommen. Immer wieder gerate ich in Situationen, aus denen ich nur knapp gerettet werden kann.

Wie soll das nur weitergehen?

An meiner Vermutung, das Tosa und Kyle hinter dem Giftanschlag stecken, ändert nicht einmal Otscharsans Verhältnis zu einem der beiden etwas.

Ich habe so ein ungutes Gefühl dabei, aber vielleicht gibt Tosa es ja im Gespräch mit ihrem Bruder zu.

*** 

Es ist der Abend des fünften Tages, von der Zeit, die ich schon auf der Krankenstation liege, als Otscharsan seine Schwester zur Aussprache bittet. Wie auch die anderen Tage liege ich in meinem Bett, zu etwas anderem lässt mir mein Zustand keine Möglichkeit. Vor mir stehen der blonde Otscharsan und die brünette Tosa. Einzig in ihrer Augenfarbe ähneln die Halbgeschwister sich. Ein interessantes Grün, aus denen heraus mich das Mädchen meist giftig anschaut.

Doch diesmal liegen ihre Augen nur auf ihrem Bruder.

„Was soll ich hier?", verlangt das Mädchen zu erfahren. „Was soll ich bei dieser Zicke?"

Zicke? Ich hebe meine Augenbrauen und sehe die Ältere zornig an. Sie ist doch diejenige, die mich von Anfang an so angefeindet hat. Dabei habe ich ihr noch nicht einmal etwas getan.

Aber Marto hat mir ja gesagt, wie unsympathisch jemand wirkt, der mit Kaia und Gasard befreundet scheint. Dazu hat sie die gleiche Meinung zu Mak wie ich selbst, der mir ja auch oft etwas Leckeres zu Essen gegeben hat.

An ihrer Stelle würde ich da sicher nicht anders reagieren.

„Tosa, ich muss mit dir über etwas reden." Otscharsan scheint sich deutlich überwinden zu müssen, mit seiner Schwester über meinen Verdacht zu sprechen. „Janine hat etwas gesagt, dass ein schwerer Vorwurf gegen dich ist."

„Was?", verlangt die Brünette von ihrem Bruder zu erfahren. Ihr Blick liegt fordernd auf ihm, doch als sie weiter spricht, wandert er kurz feindselig zu mir. „Was hat dieses Biest für Lügen über mich erzählt?"

Würde es mir nicht so mies gehen, wäre ich aufgesprungen, um ihr die Meinung zu sagen. Doch nicht mal das kann ich. Mein Hals hat sich leider noch nicht groß gebessert. Er fühlt sich immer noch trocken und rau an, wenn ich spreche, außerdem brennt er wie Feuer.

„Sie bezichtigt dich, etwas mit dem Giftanschlag zu tun zu haben", spricht Otscharsan es endlich aus.

„Wie bitte?" Tosa wirbelt zu ihrem Bruder herum. „Das glaubst du doch nicht etwa?" Ihre Stimme klingt fassungslos, auch wenn sehr viel Zorn darin mitschwingt. Als ob es das Letzte wäre, dass sie von ihrem Bruder zu hören erwartet.

Wenigstens das kann ich verstehen.

Beide scheinen ein gutes Verhältnis zu haben.

Von dem Blonden kommt auch nur ein Kopfschütteln. „Als ob ich so etwas irgendjemandem glauben könnte." Das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht bildet, wirkt gequält. Es ist deutlich, dass er so etwas seiner Schwester nicht zutraut, aber auch nicht glaubt, dass ich ihn anlüge. Das Nächste, was er sagt, ist dagegen voller Ernst. „Bisher hat sie nur mir davon erzählt."

Über Tosas Lippen dringt ein Seufzen, das mir erleichtert erscheint, zu sehr sogar in meinen Ohren. Misstrauisch sehe ich sie an. Es ist, als hätte sie sich schon innerlich auf das Schlimmste vorbereitet und das wirkt auf mich nicht gerade unschuldig.

„Aber wenn sie sich an Gasard wendet, dann wird er der Sache sicher nachgehen." Otscharsan sieht das Mädchen voller Ernst an, um ihr ihre Position zu verdeutlichen. „Wenn sie recht hat, und du wirklich was mit der Sache zu tun hast, dann bitte sag es mir jetzt."

Zorn steigt in Tosa auf.

„Du würdest es mir wirklich zutrauen?", geht sie ihren Bruder an. Sie wirkt nicht mehr so unfassend wie vorhin, sondern einfach nur wütend über seine Worte. Auch etwas, dass ich in ihrer Situation verstehen kann.

Doch leider ist es nicht die Reaktion, die ich erhofft habe.

Dennoch … Ich glaube nicht, dass ich mich geirrt habe. Ihr Verhalten ist so auffällig gewesen. Dazu Kyle, der schon vor dem Angriff auf mich scheinbar vorfreudig auf etwas gewartet hat. Das bilde ich mir doch nicht ein!

„Nein!", sagt Otscharsan bestimmt. „Aber es sind sehr harte Anschuldigungen, gegen dich. Etwas, über das wir unbedingt reden müssen."

„Was gibt es da groß zu reden?", regt sich Tosa auf. „Ich habe keine Ahnung, wie sie auf so etwas kommt, aber ich finde es toll, dass du … Dass mein einziger Bruder solchen Anschuldigungen Glauben schenkt."

Ihre Stimme klingt so voller Wut, er dagegen sieht sie fast flehend an, als wolle er sie stumm bitten sich zu beruhigen. Etwas, das Tosa scheinbar nicht vorhat.

„Bitte Tosa", kommt es von ihm.

„Nichts da!", schreit sie. „Du bist mein Bruder! Du solltest mich vor solchen Anschuldigungen verteidigen und nicht so einem Biest glauben!"

„Tosa, was ich glaube, ist in dem Fall egal", sagt Otscharsan. Dabei sieht ihn Tosa fassungslos an. „Wenn sie es jemand anderes sagt, dann zählt ihr Wort mehr, als deines. Daher will ich es so aus der Welt schaffen."

„Wieso zählt ihr Wort mehr als meines?", verlangt Tosa von ihrem Bruder zu erfahren und wirkt verwirrt. „Wenn sie irgendetwas wert wäre, würde sie doch sicher nicht im Gefängnis landen."

„Sie ist die Tochter einer Legende" Otscharsan schüttelt seufzend den Kopf. „Torsos ist manchmal ein Idiot. Sie in die Todeszone zu stecken ist einerseits Irrsinn, andererseits hat es sicher einen Grund."

„Mak hat irgendwas davon gesagt, dass kein Zimmer frei ist", mische ich mich ein, worauf von Otscharsan nur ein Schulterzucken kommt. Mein Blick senkt sich zu Boden. Ob mein Vater wirklich dieser Malgard ist und wie er wohl war?, frage ich mich. „Und was meinen Vater betrifft, das kann ich nicht beurteilen."

Ein Lächeln liegt auf seinen Lippen, während seine Schwester mir weiter giftige Blicke zu wirft.

„Was für Lügen hat sie nun über mich erzählt?", verlangt Tosa im deutlich eingeschnappten Ton zu erfahren.

Als ob sie wirklich nicht wisse, was ich beobachtet habe, geht es mir durch den Kopf. Für mich ist sie nicht das unschuldige Mädchen, das sie spielt, auch wenn sie gut in ihrer Rolle ist.

„Es ist wegen einer Kette." Ein Seufzen dringt über seine Lippen, sein Blick wandert zur Decke. „Nur weil sie dich mit einer Kette gesehen hat, dessen Anhänger unterschiedliche Farben hatte."

Ein Lächeln bildet sich auf ihren Lippen, das siegessicher wirkt. Als könnte sie meine Vermutung ganz leicht als schwachsinnig wegwischen.

Etwas, dass ich ihr sogar zutraue. Ich weiß ja selbst, dass es kein richtiger Beweis ist. Dafür bräuchte ich mehr, als solche kleinen Beobachtungen, das ist mir schon klar.

So ist auch Tosas Reaktion darauf.

„Ach das." Das Lächeln, mit dem sie ihren Bruder ansieht, wirkt nett und zeugt nicht davon, dass ich sie als Mörderin verdächtige. „Ich habe mir irgendwann einmal eine Kette gekauft und jemand Bestimmtes hat gemeint, grün würde mir besser stehen." Dabei blickt sie ihn verlegen an. „Er hat so lange danach gesucht, bis er einen Anhänger gefunden hat, der die passende Farbe besitzt. Sie ist nur hineingeplatzt, als er ihn mir geschenkt hat."

„Das glaube ich erst, wenn ich es sehe!", platzt es mir grummelnd heraus. Vielleicht klappt es bei ihrem Bruder, aber mir kann sie keine solche Lüge auftischen.

Tosas Blick wandert zornig zu mir. „Ich kann ja beide holen, wenn du es mir nicht glaubst", geht sie mich giftig an.

„Janine! Tosa!" Otscharsans Stimme klingt streng und rügend. „Lasst diese Streiterei!"

„Sie beschuldigt mich doch hier des Mordversuchs", ruft sie barsch, dabei wandern ihre Augen kurz zu ihrem Bruder, danach auf mich. „Ich hab einen tollen Freund. Vielleicht ist sie ja eifersüchtig und gönnt ihn mir nicht."

„Eifersüchtig?" Ich hebe die Augenbrauen und sehe sie einen Augenblick sprachlos an. Doch beim Gedanken an diesen Widerling schüttelt es mich nur. „Wenn man auf Typen steht, die sich an wehrlose Frauen heranmachen." Meine Stimme ist zwar immer noch ein Krächzen, aber der Zorn ist dennoch herauszuhören.

„Kyle ist nett und liebt mich", geht sie mich an.

Dass ihre Gefühle zu ihm echt sind, ist mir nicht erst seit jetzt deutlich. Mir ist es auch klar, dass sie da meinen Worten nicht glaubt. Aber ich habe ja zwei Zeugen für den Angriff. Doch als ich weiter sprechen will, hindert mich Otscharsan mit seinem Blick.

Er schließt seine Schwester in die Arme und zieht sie nah an sich. „Es scheint ja so, als sei mein kleines Schwesterchen richtig verliebt." Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.

Weiß man nicht, dass beide verwandt sind, könnte man meinen, sie seien ein Liebespaar, geht es mir durch den Kopf.

„Solange der Kerl es mit dir ernst meint, habe ich nichts gegen eure Beziehung. Aber …" Er hält kurz inne. Etwas, bei dem ihn seine Schwester abwartend anschaut. „Wenn Janine recht hat, und er spielt nur mit dir, dann darf er es sich nicht wagen, mir unter die Augen zu kommen!" Seine Hand fährt ihr über die Wange. „Wer dich verletzt, bekommt Ärger mit mir!"

„Das wird er nicht!", ist ihre Meinung.

Otscharsan lässt sie aus seinen Armen frei. „Geh bitte wieder zurück."

„Nur eine Frage."

Der Blonde sieht seine Schwester neugierig an. „Weder in der Kantine, in der auch Torsos speist, noch in der deines Teams bist du zu finden. Oder meidest du mich zurzeit?" Ihr letzter Satz ist dabei als Scherz gedacht.

„Ich armer Kerl wurde dazu verdonnert ganz schwer zu arbeiten." Verlegen kratzt er sich am Kopf. „Der böse Gasard meint, ich soll für das, was ich anrichte auch leiden und hat mich kurzerhand ins Reparaturteam geholt."

„Mein armes Brüderchen", ruft Tosa lächelnd, dann verlässt sie mein Zimmer.

„Ich glaube ihr nicht!", sage ich, nachdem sie fort ist.

„Tosa ist ein gutes Mädchen!", ist seine Meinung.

„Sie ist eine Sklavin?" Auf meine Frage wirkt er zwar verwirrt, nickt aber dann.

„Meine Familie hat die Sklaverei immer befürwortet, nur ich verachte sie", erklärt er mir. „Tosa ist die Tochter einer unser einstigen Sklavinnen und meines Vaters. Als ihre Mutter schwanger wurde, hat mein Vater sie weggejagt. Ich habe erst spät von ihr erfahren, seitdem kümmere ich mich um sie."

„Dieser Typ nutzt Tosa nur aus und verachtet sie scheinbar sogar." Auch wenn er es mir nicht glauben wird, spreche ich weiter. „Rede einfach mit Mak, der war Zeuge, als ich und das andere Mädchen im Gefängnis angegriffen wurden."

„Diese süße Blonde?" Etwas, auf das ich sofort nicke. „Ich werde mal mit ihm reden, auch wenn ich dir nicht glauben kann, was du meiner Schwester vorwirfst."

Darauf nicke ich.

Ihr Verhältnis scheint so gut zu sein, dass ich es sofort glaube. Wenn ich einen Bruder hätte und so etwas über ihn hören würde, könnte ich es sicher auch nicht glauben.

Otscharsan erzählt mir noch etwas über seine Familie, bis er mich wieder verlässt.

Für den Rest des Abends besucht mich niemand weiter.

 ***

Auch wenn ich hier in Sicherheit sein soll, schließe ich in dieser, wie auch in den vergangenen Nächten kaum meine Augen. Hindert mich mal nicht der Schmerz am Schlafen, ist es der Gedanke daran, dass sich doch noch einmal jemand in mein Zimmer schleichen könnte, um mich umzubringen.

Ich weiß selbst, dass es Schwachsinn ist, immerhin stehen die beiden Krieger vor meiner Tür wache. Was soll mir da schon passieren?

Langsam schließe ich erneut meine Augen und versuche zu schlafen. Dieses Mal verhindert das Einschlafen ein durch die geöffnete Tür hereinfallender Lichtschein. Es ist jemand in mein Zimmer gekommen.

Ist es denn schon morgens?, frage ich mich, während das Licht im Zimmer angeschaltet wird. Wenn es Tarisa ist, die mir mein Essen bringt, werde ich sie dieses Mal enttäuschen müssen.

Im Moment habe ich einfach noch keinen Hunger.

Die Tür schließt sich wieder und ich setze mich auf, um zu schauen, wer mein Zimmer betreten hat. Doch es ist diesmal nicht Tarisa, die mir mein Essen bringt. Mit aufgerissenen Augen sehe ich das brünette Mädchen an, dessen grüne Augen auf dem Schälchen liegen, dass sie in den Händen hält.

Mein Blick liegt verwirrt auf ihr. Was ist hier los?, frage ich mich. Wieso ist sie hier?

Eine leichte Angst steigt in mir auf, besonders nach dem Gespräch am vergangenen Abend.

Nach meinen Anschuldigungen wird sie wohl kaum rein aus nettem Willen mir mein Essen bringen. So wütend, wie sie darüber schien.

„Tarisa ist leider verhindert und ich soll ihr heute die Arbeit abnehmen." Auf ihren Lippen liegt ein nettes Lächeln. Viel zu nett, besonders wo sie mich sonst immer mit einem giftigen Blick anschaut. Und genau das weckt mein Misstrauen.

Aber nicht nur sie kann gut schauspielern.

Mein verwirrter Blick verschwindet und weicht einem Lächeln, mein Misstraue ist mir dabei nicht anzumerken.

„Würdest du mir mein Essen bitte auf den Tisch stellen", bitte ich sie. „Ich habe noch keinen Hunger."

Tosa tritt neben mein Bett, ihr Blick liegt besorgt auf mir. „Du musst aber essen, damit du dich schnell erholst."

Würde ich sie nicht auch anders kennen, würde ich ihr ihre Sorge abnehmen, doch jetzt verstärkt sie mein Misstrauen damit nur.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie das Gespräch gestern vergessen hat. Sie war so wütend, da passt diese Sorge einfach nicht. Es käme ihr doch sicher recht, wenn ich leide.

„Erholen kann ich mich auch in einer Stunde noch", sage ich und bin gespannt auf ihre Reaktion.

„Der Brei ist frisch gekocht, da schmeckt er am Besten", kommt es von ihr. Dabei behält sie das Lächeln auf ihren Lippen. „Später verliert es deutlich an Geschmack, daher richten die Weisungsberechtigen und unser Herrscher ihre Pausen danach aus, wann die Küche gerade mit dem Kochen fertig ist." Sie zwinkert mir zu, dennoch bleibe ich stur.

„Es tut mir leid, aber ich möchte wirklich noch nichts."

„Aber …" Tosa wirkt jetzt nicht mehr so nett wie zuvor. Ihre Stimme klingt ungeduldig, als sei sie es leid mit mir zu diskutieren. „Du musst etwas essen!"

Jetzt bin ich erst recht stur. Irgendwas stimmt doch mit dem Essen nicht, wenn sie so darauf besteht, dass ich etwas esse.

Auch wird mein Blick jetzt voller Misstrauen.

„Ich will aber nichts essen!"

Egal was Otscharsan denkt, Tosa hat etwas mit dem Giftanschlag zu tun, das steht für mich fest und beweist sie mir auch jetzt.

„Wenn du nicht von alleine isst, muss ich dich halt dazu zwingen!" Ihre Stimme, mit der sie es sagt, klingt nicht wie die einer eiskalten Mörderin, genau wie ihr Blick, in dem ehrliches Bedauern zu lesen ist.

Langsam stellt sie das Schälchen neben mir auf den Tisch.

Mein Körper verkrampft sich, Angst kriecht in mir hoch.

„Also habe ich recht!", rufe ich. Auch wenn meine Stimme nur ein Krächzen ist, hört man darin, wie ich vor Angst zu zittern beginne. „Du und dieser Kyle steckt hinter dem Giftanschlag und den Angriffen auf mich!"

Ihr Nicken darauf ist vollkommen unnötig. „Ja du hast recht! Mit allem!" Ihr Blick wandert voller Ernst zu mir. „Kyle hat mir angewiesen Torsos Essen zu vergiften, nur da er, wenn Früchte auf der Station sind, eher zu diesen greift als zu dem Essen, das wir extra für ihn zubereiten, habe ich das Trinkwasser vergiftet." Etwas, dass ich nur bestätigen kann, so oft wie mir von Akara vor dem Giftanschlag eine zweite Portion angeboten wurde. „Nur das hat ja nicht geklappt." Ein Lächeln huscht ihr über die Lippen, dass aber eher gequält als glücklich wirkt. „Du warst leider zur falschen Zeit am falschen Platz."

„In dem Anhänger war das Gift!", werfe ich ein und richte mich langsam auf.

„Genau!" Sie nickt. „Kyle hat diesen Idioten etwas von dem Armreif erzählt und auch versucht dich auf der Krankenstation zu töten. Aber du wurdest ja von diesen Monstern gerettet."

Über das Motiv habe ich jetzt keine Zeit nachzudenken.

Ich will aufspringen, mich in Sicherheit bringen, doch da wirft sie sich auch schon auf mich.

Ein Schmerz durchfährt meine Rippen, als ihr Gewicht darauf liegt.

Vor Schmerz schreie ich laut auf.

 ***

Ich versuche mich gegen Tosa zu wehren, versuche sie von mir herunterzustoßen, doch es gelingt mir einfach nicht. Sie ist viel zu schwer für mich, dazu kommt ein höllischer Schmerz in der Gegend meiner gebrochenen Rippen, auf denen sie sich geworfen hat.

Tränen schießen mir in die Augen. Bei jedem Schrei, den ich ausstoße, brennt meine Kehle wie Feuer.

Womit habe ich das nur verdient?

„Lass mich!", gehe ich sie an. „Nimm deine Pfoten von mir!"

Doch mein Schreien kann sie kaum beeindrucken.

Tosa greift neben mich, nach dem Löffel, der in dem Schälchen mit Brei steckt. „Sei schön brav, dann musst du auch nicht leiden." Zur Untermalung ihrer Androhung verlagert sie ihr Gewicht auf meine gebrochenen Rippen. Den Löffel hält sie vor meine Nase. „Iss!", fordert sie mich auf.

Es könnte ihr so passen, dass ich kampflos aufgebe.

Meine Hände sind frei, sodass ich ihr den Löffel ohne Probleme aus der Hand schlagen kann. Auch wenn ich es sofort bereue, als sie erneut ihr Gewicht auf meine gebrochenen Rippen verlagert. Ich schreie vor Schmerz auf, beginne zu weinen.

Selbst das scheint sie nicht zu erweichen.

„Lass mich in Ruhe", presse ich unter Schmerzen hervor. Mein Blick geht zu der Tür.

Werden meine Schreie so von den Wänden gedämpft, dass die Krieger, die auf mich aufpassen sollen, es nicht hören?, frage ich mich. Oder wollen sie mir nicht helfen?

Über Tosas Lippen zieht sich ein zufriedenes Lächeln. Sie braucht nicht einmal etwas sagen, schon dieses Lächeln nimmt mir jede Hoffnung auf Hilfe.

„Zu deinem Zimmer gibt es nur wenige, die einen Zugang haben", erklärt sie mir. „Tarisa." Sie hebt ihren Arm und zeigt mir ein schwarzes Armband. „Von ihr habe ich dieses Armband. Zwar haben auch die Krieger eines, die auf dich aufpassen sollen, aber sie hätten dennoch ein Problem werden können."

Instinktiv schüttele ich den Kopf, als ich ihre Worte zu verstehen beginne. Tarisa, dieses nette Mädchen, dass mir immer mit einem Lächeln auf den Lippen das Essen gebrach hat. Auch sie muss Tosa beseitigt haben.

Und das erzählt mir die Brünette mit einem kalten Lächeln auf den Lippen.

Dass Otscharsans Schwester so kalt ist, hätte ich vorher nicht gedacht, eher das sie blind vor Liebe ist.

Mein Blick, der auf ihr liegt, wirkt über diese Worte geschockt und zeigt deutlich, dass ich jeden Funken Hoffnung auf Rettung verloren habe.

„Die beiden Krieger bekommen immer vor dir ihr essen", spricht sie weiter.

„Koro, Waro", hauche ich leise und voller Unglauben. Die beiden scheinen so nett zu sein.

Tosa nimmt das Schälchen in ihre Hände. „Gasard hat dich das letzte Mal gerettet. Er bestimmt, wer in dein Krankenzimmer darf und wer nicht. Aber der ist so mit seiner Arbeit beschäftigt, dass er höchstens sofort in die Kantine geht, statt dich zu besuchen. Als Letztes, eine der Ärztinnen. Eine der wenigen, die selbst Torsos behandelt, aber die ist auch nicht in der Nähe."

Woher Tosa das alles weiß? Aber mir ist klar, dass sie alles von ihrem Bruder wissen muss. Ob der auch daran beteiligt ist? Vielleicht hat ja auch er, als ein Freund von Kaia, Gasard und Torsos etwas damit zu tun.

„Würdest du jetzt bitte etwas Essen?" Auf ihren Lippen liegt ein nettes Lächeln.

Doch ich sehe sie nur aus verweinten Augen an. Flehend darum, dass sie mich gehen lässt.

Nur weckt es in ihr kein Mitleid.

Als ich ihrer Bitte nicht freiwillig nachkomme, verlagert sie wieder ihr Gewicht so, dass ich erneut vor Schmerz aufschreie.

Das Schälchen hält sie dabei über meinen Mund. Jetzt verstehe ich auch, was sie vorhat. Sie will mir den Brei in den Mund schütten.

Erneut versuche ich mich zu wehren. Tränen kullern über meine Wangen und benetzen den Stoff meiner Kleidung.

„Hilfe!", hauche ich leise.

Erneut verlagert sie ihr Gewicht auf meine gebrochenen Rippen, doch diesmal bleibt sie so liegen.

Bitte hilft mir jemand, flehe ich stumm, während sie quälend langsam eine Seite des Schälchens senkt.

Sie kommt nicht mehr dazu, mir den Brei in den Mund zu schütten.

Die Tür öffnet sich.

Der Blick des jungen Kriegers wandert sofort auf uns beide. „Was ist hier los?", verlangt er zu erfahren, sein Blick liegt dabei streng auf uns. „Draußen liegt mein Kamerad tot am Tisch, hier drinnen sieht auch nicht alles nach einem normalen Streit aus. Tosa, du sagst mir jetzt sofort, was hier vorgeht!"

„Verdammt!", kommt es leise von Tosa. Zwar hält sie das Schälchen immer noch in ihrer Hand, aber ihr Gewicht hat sie von meinen Rippen genommen, auch ihr Blick liegt nicht mehr auf mir, sondern auf dem Krieger.

Eine Unachtsamkeit, die ich sofort ausnutze.

Ich versuche Tosa erneut von mir herunterzustoßen, diesmal sogar mit Erfolg.

Die Brünette fällt auf dem Boden und mit ihr das Schälchen, dessen Inhalt neben meinem Bett landet.

„Miststück!", knurrt Tosa mich an. Ihre Augen liegen gewohnt giftig auf mir, während sie sich wieder aufrichtet.

Ich richte mich im Bett auf und flüchte an die Wand. Mein Blick liegt dabei voller Panik auf dem jungen Mädchen, das jetzt neben meinem Bett steht.

„Sie … sie hat versucht mich zu vergiften!", kreische ich panisch.

„Du verdammtes Miststück, hätten diese Idioten dich bloß umgebracht, statt mit dir zu spielen!", speit sie mir giftig entgegen. „Hättest du dummes Ding uns nicht gestört, hätten wir uns auf unsere Pläne konzentrieren können, statt auf dich!"

„Entschuldige vielmals, dass ich dich und diesen Bastard bei dem Plan die Station zu vergiften gestört habe!", gehe ich die Andere an. Einschnappt wende ich den Blick von ihr ab.

Wie kann sie es wagen, solche Worte gegen mich zu schleudern? Als wäre ich ein Verbrecher und sie die Unschuldige, die ich an einer edlen Tat gestört habe.

„Wag es ja nicht Kyle zu beleidigen!", knurrt sie mich drohend an.

Ich will etwas darauf sagen, doch Koro geht schon dazwischen.

„Beruhigt euch Mädchen!", ruft der Kämpfer. Stöhnend geht er zwischen Tosa und mein Bett. „Entweder ihr beruhigt euch und erzählt mir jetzt in Ruhe, was hier passiert ist oder ich hole Otscharsan hinzu." Sein Blick wandert auf Tosa, die beim Ertönen des Namens ihres Halbbruders deutlich zusammenzuckt. „Der würde sicher gerne mit streiten, besonders wenn es für sein liebstes Schwesterherz so mies ausschaut."

„Koro, bitte ruf ihn nicht", kommt es im flehenden Ton von Tosa. Sie senkt ihren Kopf und wirkt bedrückt. „Ich würde gerne mit ihm selbst darüber reden, wenn ich es darf."

„Nenn mir den Freiwilligen, der meine Vermutung in Otscharsans Nähe gerne ausspricht!" Ein Lächeln huscht über seine Lippen. „Wer dem sagt, was ich vermute, dem bekommt es gar nicht. Selbst wenn es die Wahrheit ist."

Etwas, das ich mir gut vorstellen kann, nach seiner Reaktion auf meine Beobachtung.

Koros Blick wandert streng und fordernd von Tosa zu mir, und wieder zurück. „Also wer von euch beiden erzählt mir jetzt, was hier los ist." Sein Blick wandert zur Tür, hinter der sein toter Kamerad liegt. „Aber ich kann mir auch schon vorstellen, was passiert ist. Es fängt wahrscheinlich damit an, dass ich froh sein kann, heute das erste Mal verschlafen zu haben."

„Es tut mir leid." Reumütig liegt Tosas Blick auf dem Fußboden. Es ist ihr anzumerken, wie schwer ihr das weiter sprechen fällt.

Aber von mir kann sie kein Mitleid erwarten.

Meine Hand legt sich auf meine immer noch schmerzenden Rippen, mein Blick liegt voller Zorn auf der Brünetten.

Koro legt ihr seine Hand auf den Kopf und streichelt darüber. „Tosa, wieso machst ausgerechnet du so einen Blödsinn?" Zwar wirkt er verständnislos, dennoch fast eher so, als würde er mit seiner kleinen Schwester reden, die gerade einen Fehler begangen hat. „Dir kann es doch eigentlich an nichts fehlen. Besonders da dein Bruder mit Torsos befreundet ist. Dazu soll unser Herrscher dich doch aus deinem Sklavenleben befreit haben. Du müsstest ihm eigentlich dankbar sein. Wieso tust du nun so etwas?"

Tosa zögert und scheint nicht zu wissen, was sie antworten kann. Etwas, bei dem ich ihr gerne helfe.

„Sie lässt sich von einer Wache dafür ausnutzen", antworte ich an ihrer Stelle etwas ruhiger als zuvor.

Die Brünette wirbelt zornig zu mir herum. „Kyle nutzt mich nicht aus, er liebt mich!"

„Liebe ist es vielleicht für dich, aber nicht für diesen Widerling." Es schüttelt mich automatisch, als ich an diesen Kerl denken muss und an meine erste Begegnung mit ihm. Ich fahre mit meiner Hand automatisch an meine Kehle, an die Stelle, an der er mich würgte. Zweimal. Die Stelle vom letzten Mal ist immer noch mit einem Verband bedeckt.

„Kyle liebt mich und er hat gesagt, er …" Sie stockt. Tränen kullern über ihre Wange, worauf sie ihr Gesicht in ihren Händen verbirgt. „Wenn alles vorbei ist, will er mit mir weggehen."

„Du bist naiv!", sage ich. Dabei sehe ich die Andere streng an. Ich geh zu ihr und reise ihr die Hände vor den Augen weg, zwinge sie dazu mich anzusehen. „Er hasst dich und verachtet dich!"

„Nein!"

„Du bist eine Sklavin und er hat mir gedroht, wenn ich irgendjemandem etwas von eurem Verhältnis erzähle."

„Um mich zu schützen", ist ihre Meinung, aber da muss ich sie enttäuschen.

„Er will nicht, dass jemand erfährt, dass er ein Verhältnis zu einer Sklavin unterhält", sage ich direkt, worauf sie nur wieder mit dem Kopf schüttelt. „Er scheint Sklaven zu verachten und nutzt dich nur aus." Ich mache eine Pause, sehe sie an, doch Tosa weint nur weiter. Sie will es nicht hören und will es nicht glauben.

Ich bin eine Lügnerin, das ist das Einzige, was sie glaubt.

„Das erste Mal, als ich ihn getroffen habe, bat ich ihn, mich und Nora, das Mädchen, das immer bei mir ist. in die Dusche zu bringen. Dort hat er versucht, sich über uns herzumachen." Von Tosa kommt nur ein unglaubender Blick, während meine Hand an meinen Hals fährt. Es schmerzt so sehr bei jedem Wort, aber irgendjemand muss sie doch mal aufklären. Daher spreche ich weiter. „Mich hat er damals versucht umzubringen und das war, bevor ich euch in der Küche gestört habe. Nicht nur Nora kann es bezeugen, auch Mak. Er hat uns an diesem Tag vor diesem Bastard gerettet."

„Mak mag mich nicht, der würde sicher einiges erzählen, damit ich hier verschwinde", ist ihre Meinung.

„Aber Nora nicht! Die hat nichts mit euch zu tun und hat nur Angst vor diesem Kyle." Doch selbst das will sie nicht glauben.

Tosa schüttelt den Kopf und weint.

Der junge Krieger zieht sie in seine Arme, seine Hand fährt tröstend über ihren Rücken, etwas, dass mich nicht gerade glücklich macht. Ich bin hier das Opfer. Sie wollte mich umbringen. Wieso tröstet er da sie, statt mich?

„Ich muss erst einmal Gasard darüber informieren", sagt er. Koro deutet auf mich. „Wenn es so ist, wie sie es behauptet, wirst du es sehen, wenn wir diesen Kyle zur Rede stellen." Er erhebt seinen Arm und ein Bedienfeld wird in die Luft projiziert. „Solange es nicht noch mehr ist, wirst du wohl mit einer Rüge davon kommen."

Ich kann mir vorstellen, dass er die Strafe so sanft erwartet, weil sie Otscharsans Schwester ist, auch wenn ich so etwas nicht verstehen kann.

Tosa zuckt bei seinen Worten leicht zusammen. Es ist ihr deutlich anzumerken, dass sie noch etwas auf dem Herzen hat, das sie sich nicht traut zu sagen.

Sogar Koro fällt es auf. „Ist noch irgendetwas?", erkundigt sich der Krieger bei ihr und scheint eine böse Vorahnung zu haben.

„Wenn ich jetzt lüge, wird es egal sein, wessen Schwester ich bin." Mit gesenktem Blick rückt sie mit der Sprache raus. „Ich habe von Kyle den Auftrag bekommen ein Gift unter Tarisas Essen zu mischen, ihres …" Dabei deutet sie auf mich. „Das von dir und Waro." Beim nächstfolgendem Satz sieht sie Koro direkt an. „Und in das von Torsos' Vertrauten."

 ***

Torsos' Vertraute, das ist eine Gruppe von hochrangigen Untergebenen, die das vollste Vertrauen des Herrschers genießen und mit ihm zusammen in einer Kantine speisen. Darunter auch einige, die mir schon bekannt sind. Kaia, Gasard, Otscharsan und Marto aber noch einige andere Männer, wie Koros Vorgesetzter.

Besonders, dass sie ihren eigenen Bruder in Gefahr bringt, kann Koro einfach nicht glauben, aber laut Tosas Informationen ist ihr Bruder noch damit beschäftigt, bei der Reparatur der Schleuse zu helfen.

„Wieso machst du nur solche Dummheiten?", verlangt Koro zu erfahren, dabei huschen seine Finger in Hektik über das Bedienfeld, bis das Bild eines mir sehr bekannten rothaarigen Mannes aufgebaut wird.

Sein Blick wirkt verwirrt. „Was ist los? Ist irgendetwas mit Janine?"

Dass sich wenigstens einer hier um mein Wohl sorgt, finde ich süß, auch wenn ich immer noch nicht verstehe, wieso Tosa solches Mitleid zukommt.

„Damit hat es auch zu tun", kommt es von Koro, worauf Gasard den jungen Kämpfer nur fragend anschaut.

Koro deutet auf das junge Mädchen in seinen Armen. Ein Seufzen dringt über seine Lippen, bevor er weiter spricht. „Otscharsans Schwesterherz hat Mist gebaut", rückt er mit der Sprache raus. Dabei zuckt die Brünette in seinen Armen deutlich zusammen.

Das heißt?", verlangt der Rothaarige zu erfahren.

„In dem Essen, was in eurer Kantine ausgegeben wird, ist Gift!"

Gift?", ein weiterer Rotschopf schiebt sich auf den Schirm, in ihrem Mund steckt ein Löffel. Sofort, als Koro es mit einem Nicken für sie bestätigt, wird die zierliche Frau kreidebleich.

Das sind ja mal wieder tolle Nachrichten!", kommt es seufzend von Gasard.

Hat dieses verdammte Biest was damit zu tun?", verlangt Kaia zu erfahren. Sie nimmt den Löffel aus dem Mund und schmeißt ihn voller Zorn auf den Tisch. „Wenn ja, reiß ich sie in Stücke!"

Da musst du dann aber an ihrem Bruder vorbei", sagt Gasard ihr, worauf Kaia ihren Kopf auf ihre Hand aufstützt und schmollt. Der Rothaarige wendet sich vom Bildschirm ab. „Hat einer von euch schon mit dem Essen begonnen?", ruft er in den Raum hinein.

Da weder Otscharsan und Torsos anwesend sind, werde ich mal spontan deren Aufgabe übernehmen und einen Spruch loslassen", kommt es von einer männlichen Stimme, die mir irgendwo her bekannt vorkommt. „Wir plaudern doch immer gemütlich, unsere herzallerliebste Furie dagegen schlingt sofort alles rein, damit sie uns arme Kerle in Ruhe belästigen kann."

Ein zorniger Blick wird demjenigen von Kaia geschenkt, der den Spruch abgelassen hat.

Doch der lässt sich nicht davon einschüchtern, sondern lacht nur amüsiert auf. „Und seit dem letzten Vorfall dachten wir uns. Die kann sich doch ruhig den Bauch vollschlagen. Ist irgendwas an dem Essen nicht in Ordnung, merken wir es an ihr am ehesten."

Ein deutliches Knurren kommt von Kaia, ihre Augen verengen sich und sie wirkt, als wolle sie dem Kerl sofort an den Hals springen.

Lumar überlasse so etwas doch bitte denen, die es richtig können", kommt es von einer weiteren männlichen Stimme. „Du kannst den fehlenden Lachern entnehmen, dass es nicht so rüber kommt wie bei anderen."

Sein Name ist mir aus der Todeszone bekannt, daher, dass er mich dort zu einem Dinner eingeladen hat. Allerdings mit einem Korb von mir.

Während Kaia immer noch zornig auf ihn schaut, schüttelt Gasard den Kopf.

Bitte esst erst mal nichts, ich muss vorher etwas abklären!", bittet er die Männer.

Die zierliche Frau neben ihm steht auf und will in die Richtung verschwinden, aus der dieser Spruch kam, doch sie wird von Gasard davon abgehalten.

Du kommst mit!", ordnet der Rothaarige an, dann erlischt die Projektion.

Mein Blick wandert wieder auf Koro und Tosa, die in den Armen des Kriegers begonnen hat zu weinen.

Das nächste Gespräch, das er führt, ist mit ihrem Bruder. Allerdings verschweigt er hier den Grund und meint nur, er solle herkommen und es selbst von Tosa hören.

 ***

Ich sitze auf meinem Bett, mein Blick liegt auf den beiden Anwesenden, die warten, wer wohl der Erste sein wird, der sich über das Geschehen erkundigt.

Tosa sitzt auf meinem Bett, eine Tatsache, die mir nicht gerade gefällt. Ihre Tränen sind versiegt, doch ihr Blick wirkt immer noch bedrückt. Außerdem scheint sie Angst vor dem Treffen mit ihrem Bruder zu haben.

Koro steht an der Wand gelehnt. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt der Brünetten. Aber nicht, um mich vor ihr im Notfall zu beschützen. Eher, weil er sich Sorgen um sie macht.

Etwas, dass mir auch nicht gerade gefällt. Aber Tosa arbeitet ja in der Kantine und ist außerdem Otscharsans Schwester. Sie ist im Gegensatz zu mir hier sicher bekannt und nicht erst seit ein paar Tagen da. Dennoch finde ich es ungerecht.

Der Erste, der eintritt, ist Otscharsan.

Sofort, nachdem der Blonde eingetreten ist, stürzt er zu seiner Schwester.

„Was ist hier los?", verlangt er von ihr zu erfahren. „Was ist passiert? Wieso hat mich Koro hergerufen?"

Doch statt zu antworten, liegt ihr Blick nur weiter stumm auf dem Boden. Otscharsans Blick wandert fordernd auf Koro, der nur abwehrend die Hände hebt. Als Nächstes wandert sein Blick auf mich, dann wieder zurück auf seine kleine Schwester.

„Tosa, sag mir bitte nicht, sie hatte doch recht mit ihren Anschuldigungen!"

Koro ist der Einzige, der verwirrt wirkt, während Tosa weiter stumm bleibt. Doch das gibt ihrem Bruder Gewissheit.

„Wieso?", verlangt er von seiner Schwester zu erfahren. „Geht es dir hier nicht gut? Du hast doch alle Freiheiten und ich dachte, dafür seist du Torsos dankbar."

Sein Blick liegt direkt und auf die Antwort wartend auf ihr. Nur kommt von Tosa keine Antwort.

„Irgend so ein Kerl hat sie wohl dazu überredet", wirft Koro ein.

„Wenn ich den in die Finger bekomme!" Otscharsan ballt seine rechte Hand zu einer Faust, die sofort vor Wut beginnt zu zittern. Ich habe ja selbst erlebt, wie das Verhältnis zu seiner Schwester ist und er reagiert, wenn es um sie geht.

„Bitte tu ihm nichts." Flehend sieht sie in an.

„Dein liebstes Schwesterherz liebt diesen Typen und glaubt nicht, dass er sie nur ausgenutzt hat", erklärt Koro ihm. „Wenn ihr ihn gefangen nehmt, nehm' Tosa einfach mit, dann zeigt sich ja, ob er sie nur ausgenutzt hat, oder ob er sie wirklich liebt."

Otscharsan kommt zu uns und setzt sich neben seine Schwester auf mein Bett.

„Ach mein kleiner Dummkopf", seufzt er, dabei fährt seine Hand durch ihr braunes Haar. „Da verliebst du dich und musst an so einen geraten." Sein Blick wandert auf mich. „Geht es dir wenigstens gut?"

„Den Umständen entsprechend, wenn man bedenkt, dass ich gestern noch als Lügnerin betitelt wurde und heute, dafür, dass ich geschwiegen habe, den Dank in Form eines Mordversuchs bekomme." Ich kann es nicht unterdrücken. Alles dreht sich um sie, dabei bin ich diejenige, die fast umgebracht wurde. Und ich muss gestehen, dass sie sich mehr um Tosa kümmern, macht mich eifersüchtig.

Von Otscharsan kommt ein Seufzen. „Janine, entschuldige bitte, dass ich dir nicht geglaubt habe."

Er wendet seine Aufmerksamkeit seiner Schwester zu. Sein Arm legt sich um ihre Schultern und er zieht sie an sich. „Du Schwesterchen kannst hoffen, dass dabei nicht viel passiert ist, dann fällt die Strafe wahrscheinlich nicht ganz so schlimm aus."

Tosa sagt nichts, doch ihr Schweigen und der bedrückte Blick scheinen Otscharsan etwas Schlimmes ahnen zu lassen.

Doch zum Fragen kommt er nicht einmal. Vorher tritt noch jemand ein, der zweite, der in mein Krankenzimmer gerufen wurde.

Gasards Blick liegt fragend auf der Gruppe. Er scheint dabei stumm um Antwort zu bitten.

Otscharsan ist derjenige, der die Erklärung beginnt.

„Meine Schwester hat sich wohl in den Falschen verliebt und auch prompt totalen Mist angestellt."

„Oh", kommt es nur von Gasard.

„Ich kümmere mich erst einmal um den Kerl!", ruft Otscharsan. Er springt von meinem Bett auf und zieht Tosa dabei mit sich. „Du meine Liebe kommst mit!" Ein Nicken kommt von ihr, bevor beide das Zimmer verlassen.

Koro setzt sofort Gasard ins Bild, ich füge noch ein paar zusätzliche Informationen hinzu. Alles, was damit zu tun hat. Der Angriff in der Dusche, Kyle, der den Gefangenen von meinem Armreif erzählt hat und mich auf der Krankenstation angriff. Besonders dass ich erst zu Otscharsan ging, statt zu ihm, gefällt ihm nicht, doch er sagt auch, dass er da mein Schweigen verstehen kann.

„Armes Mädchen, da bist du knapp zwei Wochen hier und gerätst so oft in lebensbedrohliche Situationen", kommt es seufzend von ihm. „Ich denke nicht, dass es so weitergehen wird." Bei diesem Satz liegt ein Lächeln auf seinen Lippen.

Wie sehr wünsche ich mir, dass er recht behält. Viermal nur knapp dem Tod entronnen zu sein, reicht mir für mein restliches Leben.

Nur eine bestimmte Tatsache beunruhigt ihn. Das auch Tarisa durch Tosas Hand starb. Er erzählt mir, dass sie Torsos liebster Schützling ist und er davor Angst hat, dem Freund das auszurichten.

Was das bedeutet? Die Antwort erfahre ich heute nicht mehr.

Kaia, die wohl den Brei in sich hinein geschlungen hat, soll auch auf der Krankenstation liegen, aber immer noch keine Berechtigung für mein Zimmer besitzen. Das Gegengift wurde ihr früh genug verabreicht, dass ihr nichts passieren kann.

Otscharsan ist im Laufe des Tages noch einmal zu mir gekommen. Seiner Schwester wurde von Gasard angeordnet ihr Zimmer nicht zu verlassen, bis Torsos wieder zurückgekehrt ist. Dieser Kyle soll in einem Teil der Todeszone untergebracht sein, in den die normalen Gefangenen nicht hinein dürfen. Erst wenn Torsos zurückgekehrt ist, wird die Verhandlung der Beiden beginnen. Über solche Vorfälle ist er es, der richtet.

Von dem Blonden wird mir berichtet, wie die Gefangennahme von Kyle vonstattenging.

Der Typ hat auf die Anschuldigungen Tosa als kleine, nichtsnutzige Sklavin betitelt, die sich das alles nur ausgedacht hat, weil er ihr angeblich einen Korb gegeben hätte. Sie soll nach seinen Angaben alles geplant haben, um ihn zu belasten.

Erst da soll Tosa wirklich verstanden haben, das er sie nur ausgenutzt hat.

Nach einer Weile habe ich sogar Mitleid mit ihr.

Dieser Kyle soll sich auch als Rebell bekannt haben, dessen Eltern durch Torsos Regime starben. Durch einstige Sklaven, die der Herrscher befreit hat, weil diese in brutalen Kämpfen gegeneinander antreten mussten. Ein Veranstaltung im Untergrund, die Kyles Eltern ausgerichtet haben.

Die Erzählungen, die ich davon höre, sind in meinen Ohren grausam. Wie sehr kann ich da Torsos' Verhalten verstehen.

Gasard hat außerdem wieder zwei Krieger vor meinem Zimmer positioniert. Koro und einen weiteren Krieger des Teams unter Mikes Führung.

Diesem Torsos begegne ich in der Zeit nicht. Aber vielleicht ja, wenn ich wieder gesund bin. Ich hoffe es jedenfalls.

Doch das dauert noch einige Wochen.

 ***

Das waren also meine ersten beiden Wochen auf der Station.

Noch kann ich nichts von der von Otscharsan angekündigten Langeweile entdecken. Aber das kommt vielleicht noch.

Schlimmer kann es ja nicht werden, oder …?

Doch man kann nie sagen, was die Zukunft bringen wird.

Related Books

Popular novel hashtag