Die Prinzessin atmete tief ein, denn sie wusste, dass es kein Zurück mehr gab, sobald sie den Saal betrat. Mit jedem Schritt, den sie machte, erhöhte sich ihr Herzschlag. Ihr Herz hämmerte so heftig, dass sie fürchtete, es könnte aus ihrer Brust springen.
Sie versuchte, niemanden anzuschauen, obwohl sie das Gefühl hatte, dass alle Augen auf sie gerichtet waren. War dies wirklich am Geschehen? Würde dies ihr neues Leben werden? Oder war dies nur ein schlechter Traum? Ehe sie sich versah, stand sie vor dem König, dem Mann, der ihr Vater sein sollte und den sie nur einmal gesehen hatte.
Die Königin kam auf sie zu und führte sie zu ihrem Platz. Beide beäugten sich, hielten ihre Ressentiments aber für sich.
Jetzt wünschte sie sich, Paulina wäre an ihrer Seite. Sie fühlte sich verletzlich, umgeben von Menschen, die sie kaum kannte. Sie senkte den Kopf und war so in Gedanken verloren, dass sie nichts von dem hörte, was gesagt wurde. Erst als die Königin sie auf die Schulter tippte und sie den Kopf hob, antwortete sie abgelenkt: "Hm?"
Die Königin ignorierte ihre unförmliche Antwort: "Es ist an der Zeit, deinen Ehemann zu begrüßen," teilte die Königin ihr mit.
Ihren Ehemann begrüßen? Was für eine absurde Vorstellung. In ihrer panischen Verwirrung fragte sie sich, was sie sagen sollte. Hallo? Guten Morgen? Wie geht es Ihnen?
Ihr Ehemann! Sie fiel ein, dass sie nicht einmal wusste, wer er in der Menge war.
Sie stand auf und sah sich zum ersten Mal in der Halle um. Dort bemerkte sie den attraktivsten jungen Mann, den sie je gesehen hatte. Sie schluckte hart, als sie bemerkte, dass er sie mit seinen strahlend blauen Augen direkt anstarrte. Angesichts seines goldenen Gewands, seines weißen Haares und der Krone auf seinem Kopf konnte sie nur davon ausgehen, dass er der Mann sein musste, den sie heiraten würde.
Diese Augen. Die waren direkt auf sie gerichtet. Sie hatte keine Ahnung, was er dachte. Sie kannte diese Augen. Es war erst ein paar Tage her, allerdings hatte sie sie nicht bei einem Menschen gesehen. Sie erschauderte und berührte unbewusst ihren verletzten Arm, der von den Ärmeln des Kleides verdeckt war. Sie erinnerte sich daran, wie Paulina und Madam Grace fast zusammengebrochen waren, als sie ihren verletzten Arm sahen. Sie hatten etwas darüber gesagt, dass es schlecht für eine Braut sei, eine Narbe zu haben und fürchteten, was passieren könnte, wenn ihr Mann mit ihr unzufrieden wäre.
"Was tust du da, Amber," zischte die Königin. Alle begannen leise zu murmeln, auf die Eröffnung der Prinzessin gegenüber ihrem Mann wartend. Besonders der König schien verärgert.
Mit langsamen Schritten begann sie, auf ihren vermeintlichen Ehemann zuzugehen. Die kalten und einschüchternden Blicke all derer, die wahrscheinlich aus dem anderen Königreich stammten und um ihn herum saßen, ließen sie fast erstarren.
Als sie sich bewegte, begann eine Männerstimme einige Worte zu rezitieren, die sie noch nie zuvor gehört hatte. Verwirrt schaute sie sich um, doch Paulina drängte sie mit Blicken weiterzugehen und sie tat wie ihr geheißen.
"Prinzessin Amber... eine tugendhafte Prinzessin. Von vielen geliebt, von niemandem gehasst. Sanft wie eine Taube. Kennt kein Übel..."
Schließlich stand sie vor dem Prinzen und schluckte nervös. Seine stechenden blauen Augen hatten ihr Gesicht keine Sekunde lang verlassen.
Die lobenden Worte verstummten und alle warteten darauf, dass sie den Prinzen begrüßte, indem sie ihre Tugenden listete und ihre Talente vorzeigte.
Unsicher stand sie da und streckte langsam ihre Hand aus.
"Ähm... Hallo?" fragte sie unsicher.
Die Menge erstarrte und Schrecken machte sich auf ihren Gesichtern breit. Nur Männer schütteln sich die Hand und niemand schüttelt die Hand der Königlichkeit. Auf jeden Fall nicht, wenn man eine Frau ist! Alle warteten darauf, dass er ausrasten oder zumindest wütend hinausstürmen und alles abbrechen würde. Er starrte sie jedoch nur an, was niemandem verriet, was er dachte.
Als er aufstand, hielt die Menge den Atem an. Er war wirklich groß! Sogar in Bauernkleidung wäre er durch die Aura, die ihn umgab, als Adliger zu erkennen gewesen.
Er schaute auf sie herab und schüttelte zu aller Überraschung ihre kleine Hand.
"Hi," entgegnete er und ein schelmisches Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit.
Eine tugendhafte Prinzessin? Sanft wie eine Taube? Was für ein Witz, dachte Prinz Harold insgeheim.
Währenddessen machte sich die Prinzessin Gedanken darüber, was als nächstes zu tun sei.
Wie sollte sie ihnen sagen, dass sie nicht Prinzessin Amber, sondern Alicia Queen war, eine berühmte Schauspielerin aus der Zukunft, die sich in Ambers Körper befand? Sie vermutete, dass man sie für verrückt erklären würde, wenn sie das auch nur murmeln würde. Wie konnte es nur so weitergehen?
Sie erinnerte sich daran, wie alles begann, als sie hier angekommen war...