Wer war dieser Mann, der vor mir stand? Obwohl ich mir sicher war, dass ich ihm noch nie begegnet war, kam er mir doch irgendwie bekannt vor.
Der Mann begann sich zu verbeugen.
"Vielleicht sollte ich mich zuerst vorstellen? Mein Name ist Harry Delbert, erster und ältester Sohn der Familie Delbert. Derjenige den du heute besiegt hast, war mein jüngerer Bruder."
Die Ähnlichkeiten zu seinem Bruder und Vater waren nun, wo ich wusste, dass sie Geschwister sind, unübersehbar.
"Bist du also hier um dich zu rächen?" fragte ich.
"Rache, nein. Nicht aus so einem unbedeutenden Anlass. Eigentlich bin ich hier, um dir zu danken. Mein Bruder war arrogant, hat sein Training nie ernst genommen, er hielt sich für den Besten im Kurs. Früher oder später musste er in seine Schranken gewiesen werden."
"Warum bist du dann hier?" Obwohl seine Worte darauf hindeuteten, dass er keinen Kampf wollte, konnte ich den Druck und die Ausstrahlung spüren, die von ihm ausgingen, was eine ganz andere Geschichte erzählte.
Harry zog sein Trainingsschwert, woraufhin ich meins zog, bereit für seinen Angriff.
"Wie gesagt, ich bin hier um dir eine Lektion zu erteilen. Die Schüler der ersten Klasse dieses Jahr waren die schwächsten, die wir je hatten. Ich kann es nicht zulassen, dass ihr euch aufspielt. Gleichzeitig kann ich auch ein wenig Rache für meinen Familiennamen nehmen."
Dann bemerkte ich an Harrys blauer Schärpe ein einzelnes goldenes Band. Das Band diente zur Unterscheidung zwischen den verschiedenen Jahrgängen der Schule. Kein Band bedeutete das erste Jahr, ein Band das zweite Jahr und so weiter.
Die Ranglistenkämpfe waren nach Jahrgängen getrennt und man durfte nicht die Jahrgänge darüber herausfordern. Das bedeutete, dass ein Kampf inoffiziell sein würde.
"Nun, zeig mir, was du drauf hast." Er machte eine Handbewegung, die mir signalisierte, auf ihn zuzugehen.
Normalerweise war ich nicht derjenige, der zuerst den Angriff initiierte, aber ich wollte das Ganze hinter mich bringen. Ich griff mit voller Kraft von oben an. Harry erhob sein Schwert zum Block, aber ich machte mir keine Sorgen.
Als ich meine Kraft mit den Trainingsgeräten getestet hatte, wusste ich, dass die Kraft, die ich gerade einsetzte, ausreichen würde, um sein Schwert zu durchbrechen und ihn zu treffen.
Als mein Schwert mit seinem kollidierte, hielten beide Schwerter mitten in der Luft inne. Ich war überrascht, aber was mich noch mehr überraschte, war, dass ich das Gefühl hatte, meine Waffe würde brechen, nicht seine.
Ich zog meine Waffe schnell zurück und sprang zurück, um Platz zwischen uns zu schaffen.
"Oh, ich bin überrascht, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Ich nehme an, das ist das erste Mal, dass du gegen einen Ki-Anwender kämpfst?"
Ki? Das muss die Kraft gewesen sein, die ich in seinem Schwert gespürt habe. Ki war etwas, das ich noch lernen musste und das mir die Akademie noch nicht beigebracht hatte. Wie auch immer, wenn ich ihn nicht mit meiner Kraft besiegen konnte, würde ich stattdessen meine Fähigkeiten nutzen.
Ich begann mit der Beinarbeit der schwarzen Schärpe, die es mir ermöglichte, in unvorhersehbaren Mustern auf meinen Gegner zuzugehen. Bei der Schwertkunst ging es vor allem darum zu erraten, was der Gegner tun würde, und darauf zu reagieren. Die Techniken der schwarzen Schärpe, die wir gelernt hatten, lehrten uns, unberechenbar zu werden.
Links, rechts, oben, hinten, unten! Es funktionierte nicht. Jedes Mal, wenn ich angriff, wurde ich mit seinem Schwert pariert. Es war seltsam, wie er wissen konnte, von wo ich angriff. Es schien nicht so, als könne er meiner Beinarbeit folgen, aber er konnte trotzdem erkennen, wo und wann ich angreifen würde.
Ich hörte auf anzugreifen, alles, was ich tat, war, meine Energie zu verschwenden, es war klar, dass das, was ich tat, nicht funktionierte.
"Ist das alles, was du kannst?"
Ich hatte mich schon lange nicht mehr so gefühlt, es erinnerte mich an die Zeiten, in denen ich noch mit meinem Vater trainiert habe. Ich wollte es nicht zugeben, aber Harry war stärker als ich. Selbst wenn ich meine Bestienform einsetzte, wusste ich, dass es keinen großen Unterschied machen würde. Es gab jedoch noch eine Sache, die ich ausprobieren wollte.
Ich lockerte meinen Griff um den Schwertgriff. Dann sprang ich wieder auf ihn zu, ähnlich wie bei meinem Angriff auf Sebastion, dabei schwang ich das Schwert von unten. Harry versuchte es zu blocken, aber das war genau das, was ich wollte.
Als die beiden Schwerter aufeinander trafen, sah es so aus, als würde meine Waffe verschwinden und dann wieder auftauchen, und sich durch seine Blatt hindurch phasen. Es hatte geklappt, aber gerade als ich dachte, es sei ein Erfolg, schaffte es Harry, rechtzeitig zurückzuweichen und dem Schlag auszuweichen. Mein Phantom-Schlag hatte nicht funktioniert.
Harry hatte nun Schweiß auf der Stirn.
"Puh, das war knapp. Du hast es tatsächlich geschafft, mich ins Schwitzen zu bringen."
Als er diese Worte sagte, wurde mir plötzlich bewusst, wie groß der Abstand zwischen mir und ihm wirklich war. Während des gesamten bisherigen Kampfes, in dem nur ich angegriffen hatte, hatte ich ihn keinen einzigen Schritt machen lassen.
"Ich nehme an, das war alles."
Harry änderte den Griff seines Schwertes und hob es über seine rechte Schulter, als wäre es ein Speer. Er warf es in meine Richtung, das Schwert flog mit großer Geschwindigkeit durch die Luft, es war zu schnell, um es ausweichen zu können. Das Schwert kam auf meinen Bauch zu. Ich hob es rechtzeitig, um mich zu schützen, aber es war vergebens. Das Schwert flog weiter und brach mein Schwert entzwei, die Wucht setzte sich in meinem Bauch fort.
Blut trat aus meinem Mund hervor. Sein Schwert war auf den Boden gefallen. Ich wollte mich bewegen, aber ich konnte nicht, der Schlag war zu stark. Schließlich gaben meine Beine nach und ich fiel zu Boden.
Harry hob sein Schwert vom Boden auf und begann wegzugehen.
"Warte!" rief ich.
"Sag mir nur eins, bist du auf Rang 1, oder?"
Während Harry weiterging, hob er seinen Arm, sein Kommunikator zeigte die Zahl 50 an.