Das Glück ist heute auf meiner Seite, dachte Gerald, während er aus dem Supermarkt trat. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er in seine Plastiktüte blickte. Zwanzig Packungen Instant-Nudeln für nur drei Dollar im Sonderangebot! Sie waren fast abgelaufen, aber wen kümmerte das? Die Dinger hielten ewig. Zumindest würde er diesen Monat nicht hungern müssen, bis das Sozialgeld kam.
Langsam hinkte er die Straße entlang, sein linkes Bein schleppend. Sein Herz schlug schneller bei dem Gedanken an sein Vorstellungsgespräch am Nachmittag. Vielleicht würde sich sein Pech ja endlich wenden.
Doch das Leben hatte andere Pläne.
Später saß er auf seiner durchgelegenen Matratze in seinem winzigen Zimmer und starrte in die dampfende Schüssel mit Nudeln. Seine funktionierende Hand hielt die Gabel, während er gedankenverloren aß. Die Absage vom Vorstellungsgespräch war knapp und emotionslos gewesen. "Leider haben wir uns für einen anderen Bewerber entschieden." Die üblichen Floskeln, die er schon so oft gehört hatte.
Um sich abzulenken, nahm er sein Handy und öffnete "Gamestube". TowerAdventure, das neueste VR-Spiel, hatte ihn bereits seit Wochen fasziniert. Es war das erfolgreichste Spiel aller Zeiten, mit Millionen von Spielern weltweit. Die Idee, sich in einer virtuellen Welt zu verlieren, klang verlockend. Ein Leben, in dem er nicht hinkte, nicht in einer winzigen Abstellkammer hauste und nicht als "Krüppel" beschimpft wurde.
Früh am Morgen riss ihn der Wecker aus einem traumlosen Schlaf. Er streckte sich so gut er konnte und schlich zur Gemeinschaftsdusche, in der Hoffnung, noch etwas warmes Wasser zu ergattern. Pech gehabt. Das kalte Wasser prasselte auf ihn herab, während er den Schimmel an der Decke betrachtete. Ein gewohntes Bild.
Zurück in seinem Zimmer aß er eine halbe Scheibe Toast und legte die andere fürs Mittagessen beiseite. Sein Magen knurrte, aber er hatte gelernt, mit Hunger zu leben. Also lenkte er sich mit Videos ab. Immer wieder TowerAdventure. Während er sah, wie Spieler in epische Schlachten zogen, wuchs in ihm der Wunsch, selbst Teil dieser Welt zu sein.
Am Nachmittag schrubbte er das Gemeinschaftsbad. Laut Hausvereinbarung war er heute dran. Als er mit einem Eimer schmutzigem Wasser aus dem Badezimmer trat, prallte ein Nachbar beinahe in ihn hinein. "Hey, Krüppel, pass doch auf!" spuckte der Mann ihm entgegen, bevor er weiterging, als wäre nichts geschehen. Gerald ballte seine funktionierende Hand zur Faust, aber sagte nichts. Was würde es schon ändern?
Am Abend holte er die Post. Rechnungen, wie immer. Eine nach der anderen. Mahnungen. Drohungen. Der Strom würde bald abgestellt, wenn er nicht zahlte. Seufzend warf er die Briefe beiseite und zog sich in seine Matratze zurück.
Er wollte gerade sein Handy rausholen und sich dem einzigen Vergnügen witmen das er besaß als ihm ein Brief auffiel
'Gamestube- Lotterie.'
Herzlichen Glückwunsch sie haben gewonnen.
"Hä?!"