Chereads / Puppeteer (Deutsch) / Chapter 6 - Akt 5 - Vorhang

Chapter 6 - Akt 5 - Vorhang

Es war ein weiterer grauer Tag, der über die Stadt zog, und der Regen hatte endlich aufgehört. Die Luft war immer noch frisch, fast kalt, als hätten die Ereignisse des Vortages die Welt um sie herum irgendwie stillgelegt. Cedric, Eliza und Marcus saßen an einem kleinen Tisch in einem unscheinbaren Café in der Nähe ihres Unterschlupfs. Die Sonne schien durch die Fenster und ließ den Raum in einem gedämpften Licht erstrahlen, das den Schrecken des Lagerhauses für einen Moment in den Hintergrund treten ließ.

Cedric nippte an seinem Kaffee, während er die Straße beobachtete. Die Stille zwischen ihnen war fast schon angenehm, als ob jeder versuchte, die Spannung des gestrigen Moments hinter sich zu lassen. Eliza blätterte in einem der Berichte, die sie nach dem Vorfall über die letzten Entdeckungen des Puppeteers gesammelt hatten. Marcus, der sich mittlerweile wieder ein wenig entspannter fühlte, starrte auf seinen Laptop, während er die verschlüsselten Daten erneut durchging. Für einen Moment sah es aus, als ob alles wieder normal war.

„Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Marcus schließlich und schob den Laptop etwas näher zu Eliza. „Die Koordinaten aus der letzten Nachricht... Ich meine, wir haben die richtige Richtung. Es wird langsam klarer, was der Puppeteer vorhat."

Eliza nickte, aber es war offensichtlich, dass sie nach wie vor in Gedanken versunken war. Sie zog eine der Notizen aus ihrer Tasche und starrte darauf, als könnte sie etwas Neues entdecken, etwas, das sie vorher übersehen hatte.

Doch Marcus' Stimme brach die Stille erneut. „Moment mal...", sagte er und griff in seine Tasche. „Der zweite Brief..." Sein Gesicht veränderte sich, als er plötzlich die Hand auf die Tasche legte, in der er die Nachricht sicher verwahrt hatte. „Wo ist er?"

Die plötzliche Panik in seiner Stimme ließ Cedric und Eliza gleichzeitig aufblicken.

„Was meinst du, wo ist der Brief?", fragte Eliza, ihre Stimme ruhig, doch in ihren Augen war eine Spur von Sorge zu erkennen.

„Der zweite Brief", wiederholte Marcus, seine Stimme klang immer unruhiger. „Ich habe ihn gestern Abend noch gelesen, und jetzt... er ist weg. Ich... ich hab' ihn in meiner Tasche gehabt, aber er ist nicht mehr da. Es ist, als wäre er einfach verschwunden."

Cedric legte seine Tasse ab, und für einen Moment war es still. Die Worte, die Marcus gesagt hatte, hingen in der Luft, unbemerkt vom leisen Murmeln der anderen Cafébesucher.

„Das... das kann nicht sein", murmelte Eliza, als sie sich zu Marcus beugte und in die Tasche sah, aus der er den Brief entnommen hatte. „Du hast ihn doch nicht verloren?"

Marcus schüttelte den Kopf, seine Nervosität war offensichtlich. „Ich schwöre, ich hatte ihn noch. Es muss jemand in der Nacht reingekommen sein... oder... er muss irgendwie verschwunden sein. Wir haben zu viel in diesem Moment getan..."

Eliza fuhr sich mit der Hand durchs Haar und atmete tief ein. Ihr Blick glitt von Marcus zu Cedric und zurück. Cedric hatte seine Arme verschränkt und starrte auf den Tisch.

„Es ist nicht das Ende der Welt", sagte Cedric plötzlich, seine Stimme ruhig, fast zu ruhig. „Es wird einen Weg geben, den Brief wiederzubekommen. Vielleicht ist er irgendwo in dem ganzen Chaos einfach verloren gegangen. Wir machen weiter."

Eliza hob den Kopf und starrte ihn an. Etwas in seiner Stimme, in seiner Haltung war anders als sonst. In einem Moment wie diesem erwartete sie Wut oder Frustration, wie sie es von ihm kannte. Aber stattdessen war er... ruhig. Fast zu ruhig. Zu gelassen.

„Du machst dir also keine Sorgen, dass wir alles, was wir bis jetzt herausgefunden haben, wieder verloren haben?" Ihre Stimme zitterte leicht, und ihre Augen verengten sich, als sie ihn beobachtete.

Cedric sah auf, und für einen Moment war es, als ob er sie wirklich ansah. Dann nickte er und sagte mit einer ungewöhnlichen Sanftheit: „Nein. Mach dir keine Sorgen. Du solltest positiv bleiben. Wir sind nicht am Ende. Wir finden einen anderen Weg, aber es wird uns nicht aufhalten. Du musst dir keine Sorgen machen, Eliza."

Für einen Augenblick war es still, und Eliza starrte ihn an, als würde sie versuchen, etwas in seinen Augen zu erkennen, was sie zu verstehen versuchte, was gerade nicht stimmte. Ein flimmernder Ausdruck in Cedrics Augen, etwas, das sie in ihm noch nie gesehen hatte, hinterließ bei ihr ein mulmiges Gefühl. Es war, als ob er versuchte, etwas zu verbergen – etwas, das er nicht zeigen wollte.

Ihre Hand ballte sich zu einer Faust, und plötzlich lief eine Träne über ihre Wange, bevor sie sich von ihrem Gesicht abwischte, als sie versuchte, die Fassung zu bewahren. „Es fühlt sich nicht so an. Es fühlt sich an, als wäre alles umsonst", sagte sie leise, fast ein Flüstern.

Doch Cedric, der sie normalerweise für ihre Emotionen scharf kritisierte, zuckte nicht einmal zusammen. Stattdessen blickte er sie an, ein fast unerklärliches Lächeln zog sich über sein Gesicht. „Es wird wieder besser", sagte er, und es klang nicht wie ein Trost. Es klang eher wie eine stille Gewissheit, als ob er selbst die Wahrheit in seinen eigenen Worten suchte.

„Du wirst sehen, Eliza", fuhr er fort, seine Stimme nun so sanft, wie sie es nie von ihm erwartet hätte. „Wir sind nicht auf dem falschen Weg. Wir müssen einfach weitermachen."

Eliza blieb still, und Marcus starrte beide an. Der Raum um sie herum fühlte sich plötzlich enger an, als hätten sich die Wände um sie zusammengezogen. Cedric war... anders. Das war nicht der Cedric, den sie kannte. Der Cedric, der sonst keine Angst hatte, seinen Ärger oder seine Frustration zu zeigen. Der Cedric, der immer ein spöttisches Wort auf den Lippen hatte. Aber jetzt... war er ruhig, fast seltsam beruhigend.

Es war unheimlich.

„Aber was ist, wenn der Puppeteer uns ausmanövriert hat?" Marcus flüsterte die Frage in die Stille, und Eliza blickte auf, als sie auf Cedrics Antwort wartete. Doch statt eines üblichen scharfsinnigen Kommentars, gab Cedric nur einen kleinen, fast unmerklichen Blick auf den Tisch, bevor er antwortete.

„Dann... dann haben wir einfach den nächsten Schritt zu machen", sagte er schließlich. „Das ist alles. Wir können nicht alles kontrollieren. Aber wir machen weiter."

Eliza, die immer noch nach einem Funken von dem Cedric suchte, den sie kannte, schüttelte den Kopf und stand auf. „Es tut mir leid", murmelte sie, als sie den Raum verließ. Sie brauchte Abstand. Etwas fühlte sich falsch an, und sie konnte nicht genau sagen, was es war.

Und während Cedric zurückblieb, ein leises Lächeln auf den Lippen, das kein Lächeln war, blieb Marcus nur stumm und starrte in die leere Tasse vor ihm.

Cedric verließ das Café und schlenderte langsam durch die Straßen, ohne wirklich einen Zielort im Kopf zu haben. Der Regen hatte zwar aufgehört, doch der Dunst der Nacht hängte schwer in der Luft. Es fühlte sich an, als würde er durch einen Nebel gehen, der die Welt um ihn herum verzerrte. Alles, was er gesagt hatte, als er Eliza beruhigen wollte, hatte ihn selbst überrascht. Positiv bleiben, hatte er gesagt. Mach dir keine Sorgen.

Er verstand nicht, warum er es getan hatte. Warum hatte er ihr das gesagt? Warum war er in diesem Moment so ruhig? Normalerweise hätte er doch seine Wut herausgelassen, hätte sie in irgendeiner Form abgelassen, in Sarkasmus oder einem schroffen Kommentar. Aber stattdessen war er ruhig. Zu ruhig. Fast wie jemand anderes.

Sein Ziel war der Unterschlupf, der Ort, an dem sie alle temporär Zuflucht fanden. Als er die Tür hinter sich schloss und die Stille des Raumes umfing, zog er die Jacke aus und warf sie achtlos auf einen Stuhl. Der Raum war still, und es war dieser Moment der Ruhe, der ihn dazu trieb, plötzlich gegen die Wand zu schlagen. Ein lauter Knall hallte durch den Raum, und Cedric starrte auf seine Hand, die nun leicht schmerzte. Doch der Schmerz war nichts im Vergleich zu dem, was in seinem Inneren tobte.

Er schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die Haare. Warum hatte er ihr das gesagt? Warum hatte er ihr Hoffnung gemacht, als er selbst keine hatte? Ein tiefer Zorn stieg in ihm auf. Ein Zorn über sich selbst, über das, was er gesagt hatte.

„Verdammt!", brüllte er und starrte auf den Boden. „Warum... warum hab ich das getan?"

Für einen Moment war er nur noch Wut – pure Wut und Frustration. Doch dann blieb er stehen, atmete tief ein, und etwas in ihm begann sich zu ändern. Es war nicht sofort spürbar, eher wie ein leises, kaum wahrnehmbares Kribbeln.

Seine Hand, die noch immer schmerzte, senkte sich langsam. Der Zorn in ihm begann sich zu verflüchtigen, und statt der gewohnten Bitterkeit, die er jahrelang in sich getragen hatte, stellte er sich etwas anderes vor – etwas, das ihn überforderte. Es war... Freundschaft.

„Was ist das...?" Cedric murmelte es in die Stille des Raumes, als ihm der Gedanke bewusst wurde. Er hatte nie wirklich Freunde gehabt. Niemanden, dem er vertrauen konnte. Niemanden, dem er sich jemals wirklich geöffnet hatte. Doch jetzt... jetzt spürte er es. Er war nicht mehr allein. Sie alle – Eliza, Marcus – sie gehörten zu ihm. Es war diese unerklärliche, unerwartete Verbindung, die plötzlich in ihm wuchs und ihn beinahe erdrückte.

„Verdammt...", flüsterte er, und das frustrierte, wütende Gesicht, das eben noch den Raum dominiert hatte, verwandelte sich langsam. Es war keine Trauer, keine Wut mehr. Es war ein Lächeln. Ein echtes, tiefes Lächeln. Es war nicht triumphal oder spöttisch – es war einfach ein Moment des Verständnisses. Ein Moment des Erkennens.

„Vielleicht ist das... das Richtige", sagte er leise zu sich selbst, als er sich gegen die Wand lehnte und auf den Boden blickte. „Vielleicht ist das, was ich die ganze Zeit gebraucht habe. Und jetzt... jetzt weiß ich, dass ich nicht länger allein bin."

Das Lächeln blieb auf seinen Lippen, und für den ersten Moment in seinem Leben hatte er das Gefühl, dass er etwas gefunden hatte, was er nie gesucht hatte – die Möglichkeit, sich wirklich mit anderen zu verbinden.

Die Tür öffnete sich leise, und Eliza trat ein, ihre Schritte hallten sanft im Raum wider. Sie hatte die letzten Stunden damit verbracht, den Kopf klarer zu bekommen, und nach Cedrics Abgang war es ihr bewusst geworden, dass sie ihm noch einiges schuldig war. Der Raum war fast still, das sanfte Klirren von Gläsern und die flimmernde Lampe an der Wand waren die einzigen Geräusche, die die Stille unterbrachen.

Cedric stand immer noch an der Wand, mit gesenktem Kopf, als hätte er gerade eine tiefere Erkenntnis über sich selbst gewonnen. Doch als er Eliza hörte, blieb er stehen und drehte sich langsam zu ihr um. Seine Miene war immer noch ernst, aber das Lächeln, das in den letzten Minuten in ihm aufgekeimt war, blieb.

„Cedric...", Eliza trat einen Schritt näher und senkte den Blick, als sie in seine Augen sah. „Es tut mir leid, wie ich mich vorhin benommen habe. Ich war zu impulsiv, zu... zu ungeduldig. Ich hätte dir mehr zuhören sollen, hätte... anders reagieren sollen."

Cedric starrte sie einen Moment lang an. Ihre Entschuldigung war unerwartet, und es war ein Moment, der ihn aus seiner Selbstreflexion riss. Normalerweise hätte er ihren Versuch, sich zu entschuldigen, abgewiesen, hätte ein spöttisches Kommentar fallen lassen. Doch diesmal war es anders. Etwas in ihm hatte sich verändert, etwas, das er nicht vollständig verstand, aber es war da.

„Du hast nichts falsch gemacht", sagte er ruhig, wobei sich ein Hauch von Gelassenheit in seiner Stimme bemerkbar machte. „Das passiert. Du bist menschlich. Und außerdem..." Er hielt inne und trat einen Schritt auf sie zu, „ich nehme deine Entschuldigung an, Eliza. Ich hab' sie nicht erwartet, aber ich verstehe, was du meinst."

Eliza sah auf, überrascht von seiner Reaktion. Für einen Moment hielt sie inne, als sie das Lächeln auf seinen Lippen bemerkte – ein echtes Lächeln, keines seiner üblichen, von Bitterkeit durchzogenen Grinsen. Es war ein Moment der Offenbarung, der ihr zeigte, dass er sich ihr tatsächlich öffnete, dass er ihr auf eine Weise begegnete, die sie nie zuvor gesehen hatte.

„Danke, Cedric", flüsterte sie, ein kleiner, aufrichtiger Ausdruck der Erleichterung in ihrer Stimme. „Das bedeutet mehr, als du denkst." Sie trat noch einen Schritt näher und legte ihre Hand leicht auf seinen Arm. „Es fühlt sich gut an zu wissen, dass du da bist. Dass du für uns da bist. Wir sind jetzt wirklich ein Team, nicht wahr?"

„Ja", sagte Cedric, und seine Stimme war nun klar, fast sanft. „Freunde tun das. Für die anderen da sein, egal was passiert. Und genau das werde ich tun, Eliza. Ich bin da. Für dich und Marcus. Keine Angst."

Die Worte klangen so anders, so neu. Cedric selbst konnte kaum fassen, wie sich sein eigenes Verhalten verändert hatte. Der Zweifel, der immer an ihm genagt hatte, begann zu schwinden, und in seiner Brust machte sich ein Gefühl der Verbundenheit breit – etwas, das er nie wirklich gekannt hatte. Freundschaft. Ehrliche, wirkliche Freundschaft.

Eliza nickte langsam, und für einen Moment standen sie einfach da, die Stille zwischen ihnen trug keine Last mehr, sondern einen Hauch von Frieden. „Danke", sagte sie noch einmal, ihre Stimme ein wenig weicher als zuvor.

Cedric sah sie an und erwiderte das Lächeln, das sich auf ihren Lippen gebildet hatte. „Du musst dir keine Sorgen machen", fügte er hinzu, ein letzter Gedanke, der in ihm aufstieg, als sie sich einander zuwandten. „Ich bin nicht der einzige, der sich öffnet."

Es klingelte an der Tür, und Eliza sah überrascht auf. Es war spät, und sie hatte nicht mit Besuch gerechnet. Als sie zur Tür ging, öffnete sie sie vorsichtig und erblickte ihren Vorgesetzten, Sir Jonathan Harrington. Ein stechender Schock durchzuckte sie, als sie hinter ihm auch Marcus erblickte, der nervös zu Boden sah.

„Sir Jonathan?" Eliza war sichtlich überrascht und konnte ihre Verwunderung nicht verbergen. Sie wusste, dass ihre Beziehung zu ihm in der Vergangenheit eher formell und distanziert gewesen war, aber dass er hier vor ihrer Tür stand, überraschte sie völlig.

„Eliza", sagte Jonathan mit einem Lächeln, das so charmant wie durchdringend war. „Der Kleine hat mich hierher geführt." Marcus trat einen Schritt zurück und schaute entschuldigend zu Eliza, als würde er sich für das, was er getan hatte, entschuldigen. „Es tut mir leid", sagte er leise.

Jonathan beachtete ihn kaum. Stattdessen richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf Eliza, als er fortfuhr: „Ich habe ein klares Interesse an dir gefunden, Eliza. Nachdem ich den Fernsehbericht über den Vorfall im Lagerhaus gesehen habe, musste ich einfach mehr wissen." Er trat näher, seine Stimme jetzt eindringlicher. „Es war dein Gesicht an diesem Tag. Deine Entschlossenheit, deine Stärke... Ich muss tag und nacht an dich denken."

Eliza wusste nicht, was sie davon halten sollte. Ihr Puls beschleunigte sich, als sie das spürte, was hinter seinen Worten lag. Irgendetwas an ihm war anders, und sie hatte das Gefühl, dass er nicht nur hier war, um sie zu unterstützen – er hatte andere Absichten.

„Ich möchte, dass du wieder in der Haupteinheit bist, Eliza. An meiner Seite. Als meine rechte Hand", sagte Jonathan schließlich. Er lehnte sich leicht nach vorne, als er sie mit einer intensiven, fast hypnotischen Miene ansah. „Du kannst alles haben, was du dir wünschst. Reichtum, Macht, Ruhm – all das steht dir offen, wenn du mit mir arbeitest."

Eliza starrte ihn an, und für einen Moment war alles still. Ihre Gedanken rasten, während sie versuchte, seine Worte zu verarbeiten. Hatte sie wirklich die Möglichkeit, ihr Leben grundlegend zu verändern? Alles, was er versprach, lag so nahe – aber zu welchem Preis?

Ein langer Moment der Stille verging, während Eliza tief nachdachte. Cedric, der im Hintergrund stand, beobachtete sie schweigend. Sie fühlte sich hin- und hergerissen, und die Entscheidung lag schwer auf ihr.

Letztendlich atmete sie tief durch, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich danke dir für das Angebot, Jonathan", sagte sie ruhig, „aber ich habe etwas, was du mir nicht geben kannst. Ich habe meine Freunde, die Unchained-Einheit. Sie sind mehr als nur Kollegen. Wir sind ein Team."

Jonathan's Gesicht verhärtete sich für einen Moment, als er ihre Antwort hörte. Er hatte es sicher nicht erwartet, und eine Spur von Frustration zeichnete sich in seinen Zügen ab. „Schade", murmelte er, doch dann gab er einen leichten, fast amüsierten Seufzer von sich und trat zurück. „Ich werde dir nichts aufzwingen, Eliza. Aber ich möchte, dass du weißt, dass dir meine Dienste und die ganze Polizeieinheit jederzeit zur Verfügung stehen. Wenn du es dir anders überlegst, weißt du, wo du mich findest."

Erneut trat eine unangenehme Stille ein, die schwer im Raum lag. Eliza nickte, und es war ihr klar, dass ihre Entscheidung nicht leicht gewesen war. Jonathan sah sie mit einem letzten, kühlen Blick an, bevor er sich umdrehte und aus der Tür trat.

Eliza atmete tief durch, als sie sich umdrehte und den Blick von Cedric suchte, der sie aufmerksam beobachtet hatte. „Danke", sagte sie leise, als sie in seinen Augen die Unterstützung spürte, die sie brauchte.

Cedric nickte einfach, ohne ein Wort zu sagen. Manchmal sprach er nicht viel, aber in Momenten wie diesem war seine Anwesenheit mehr wert als jedes gesprochene Wort.

Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, stand eine gespannte Stille im Raum. Eliza atmete tief durch, ihre Gedanken rasten, während sie sich an Cedric wandte. Doch bevor sie etwas sagen konnte, trat Marcus einen Schritt näher.

„Es tut mir leid", sagte er leise, die Hände nervös in den Taschen vergraben. „Ich wollte das wirklich nicht, aber... als der Chef plötzlich vor mir stand und fragte, wo du bist, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Er hat mich einfach... unter Druck gesetzt."

Eliza sah ihn an, ihre Miene weich, als sie verstand, was er meinte. Sie wusste, dass Marcus sich schlecht fühlte, aber sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Was hätte er tun sollen? Wenn der Polizeichef persönlich anfragt, da ist es nicht einfach, ihm etwas zu verweigern.

„Marcus, es ist völlig okay", sagte sie ruhig und trat einen Schritt auf ihn zu. „Was hättest du tun sollen? Wenn der große Polizeichef plötzlich nach mir fragt, was kannst du da schon machen? Du hättest dich vielleicht in die Luft sprengen können, aber mehr hätte dir da auch nicht geholfen."

Marcus schaute sie mit einem entschuldigenden Blick an, aber auch mit einer Erleichterung, die sie nicht übersehen konnte. „Danke, Eliza", sagte er schließlich und ließ sich entspannt auf dem Sofa nieder. „Ich dachte, du würdest mir die Hölle heiß machen."

Eliza setzte sich ebenfalls, schüttelte den Kopf und lächelte leicht. „Hast du etwa wirklich geglaubt, dass ich dir böse bin? Du hast nicht einfach aus freien Stücken gehandelt. Ich weiß, dass du das Beste für uns willst, Marcus."

Marcus nickte dankbar und atmete tief durch. „Trotzdem, es fühlt sich komisch an, den Chef so zu verärgern."

„Du hast nichts falsch gemacht", versicherte Eliza ihm. „Alles, was wir tun, ist für das Team, und niemand kann uns dafür verantwortlich machen. Nicht mal Jonathan Harrington."

Cedric, der bis jetzt still in der Ecke gestanden hatte, seufzte laut und legte die Hände hinter den Kopf. „Jonathan mag der Chef sein, aber er hat nicht das Recht, uns auseinander zu reißen. Nicht solange wir zusammenhalten."

Ein weiteres Schweigen trat ein, aber diesmal fühlte es sich nicht unangenehm an. Im Gegenteil, die Atmosphäre war entspannt, fast tröstlich. Eliza hatte das Gefühl, dass sie und Marcus, sowie auch Cedric, wirklich auf der gleichen Seite standen.

„Wir sind ein Team", sagte Eliza schließlich und blickte zwischen den beiden hin und her. „Und wir lassen uns nicht von ihm oder irgendjemand anderem auseinanderbringen. Wir haben schon Schlimmeres überstanden."

Cedric blickte Eliza nachdenklich an, als er seine Frage stellte. „Warum willst du den Puppeteer eigentlich so unbedingt bekämpfen? Was treibt dich an, gegen ihn zu kämpfen?"

Eliza atmete tief durch und setzte sich, ihre Hände auf den Tisch vor sich abgelegt. Sie war sich sicher, dass es irgendwann zur Frage kommen würde, und dass sie es irgendwann aussprechen musste. „Es ist mehr als nur dieser Fall", begann sie leise, ihre Stimme fast unhörbar. „Es geht um meine Vergangenheit. Um meinen Vater."

Cedric und Marcus schauten sie an, neugierig, als Eliza weitersprach.

„Mein Vater war Psychologe", erklärte sie, „und der Puppeteer war einer seiner Patienten. Er durfte mir nie seinen Namen oder irgendwelche anderen Details nennen. Alles, was ich weiß ist, dass er ein sehr schwieriger Fall war. Niemand hat je so richtig verstanden, warum er so geworden ist, wie er ist, aber mein Vater hat ihm geholfen, dachte er. Er wollte ihm helfen, ihn verstehen."

Sie hielt einen Moment inne, um sich ihre Gedanken zu ordnen. „Eines Tages kam er nach Hause, als hätte er etwas Ungeheuerliches gesehen. Er hatte Angst. Und ich habe ihm nie richtig geglaubt, als er meinte, dass er für den Puppeteer verantwortlich war, für das, was dieser getan hatte. Aber an dem Tag... der Tag, als es passierte... war der Puppeteer nicht mehr nur ein Patient. Er war der Mörder meines Vaters. Das war der erste Mord des Puppeteers."

Cedric und Marcus sagten nichts, aber Eliza konnte die Schwere der Worte in der Luft spüren. Sie warf einen Blick auf Marcus, dann auf Cedric, die beide aufmerksam zuhörten.

„Ich habe nie wirklich verstanden, was mein Vater durchgemacht hat, bevor er starb", fuhr sie fort. „Aber jetzt, wo ich dem Puppeteer immer näher komme, weiß ich, dass ich ihn nicht nur für meinen Vater aufhalten muss. Ich muss ihm zeigen, dass das, was er getan hat, nicht ohne Folgen bleibt. Er muss für all das bezahlen. Nicht nur für meinen Vater, sondern für all die Menschen, die er zerstört hat."

Es war ein Moment des Schweigens, in dem die Wucht ihrer Worte alle drei wie ein schwerer Mantel umhüllte. Die Dunkelheit des Falls, der sie alle miteinander verband, war spürbar, und Eliza konnte das Gefühl der Bestimmung in sich aufsteigen.

Cedric lehnte sich zurück, seine Augen waren nicht mehr die eines Mannes, der nur an den eigenen Vorteil dachte, sondern die eines Menschen, der verstanden hatte, was es hieß, für etwas zu kämpfen.

„Du machst das aus einem sehr persönlichen Grund", sagte Cedric schließlich, seine Stimme jetzt sanft. „Und du hast recht. Es ist nicht nur ein Kampf gegen einen Psychopathen. Es geht um etwas Größeres. Etwas, das nur du wirklich verstehst."

Eliza nickte, ihre Augen brannten ein wenig, als sie den Kopf senkte, um ihre Gedanken zu sammeln. „Ich will den Puppeteer nicht nur stoppen. Ich will, dass er weiß, dass er nicht ungeschoren davonkommt. Was er meinem Vater angetan hat, ist nicht zu entschuldigen. Und was er tut, ist nicht zu ignorieren."

„Das wird kein leichtes Ziel", sagte Marcus, seine Stimme war ein wenig rau, aber er schien Eliza zu verstehen. „Aber du hast uns. Wir sind alle hier, um zu helfen, richtig?"

„Genau", sagte Cedric, und sein Blick war nun fest. „Wenn du für deinen Vater kämpfst, dann kämpfen wir für dich."

Ein leises, aber starkes Gefühl der Entschlossenheit durchzog den Raum, als sie sich einander ansahen. Der Puppeteer hatte sie alle auf unterschiedliche Weise betroffen, aber jetzt war klar, dass sie einander unterstützen würden. Es war mehr als nur ein Job. Es war eine Mission, die sie nicht alleine tragen musste.

„Dann gehen wir", sagte Eliza schließlich. „Wir gehen bis zum Ende. Und der Puppeteer wird dafür bezahlen."

Plötzlich flackerte der Fernseher auf, und das Bild einer düsteren, halb erleuchteten Bühne füllte den Raum. Ein maskierter Mann trat aus den Schatten, seine Erscheinung war zugleich unheimlich und faszinierend. Er trug eine glänzende, goldene Maske, die in dem schwachen Licht der Bühne schimmerte, und seine Bewegung war ruhig und selbstsicher.

„Guten Abend", sagte er mit einer klaren, aber kühlen Stimme. „Ich bin der Anführer des Puppentheaters. Und ich begrüße euch, Cedric, Eliza und Marcus."

Seine Worte waren leise, fast gesungen, und schienen sich in der Stille des Raums zu verlieren. Doch der Klang seiner Stimme hatte etwas Befehlsgehabtes, das die Luft sofort zum Knistern brachte.

„Das Puppentheater ist nicht nur eine Gruppe von Anhängern", fuhr der Mann fort. „Es ist die größte, Vereinigung, die den Puppeteer unterstützt. Wir, die Schatten, die Marionetten, sind diejenigen, die ihn verehren und seine Mission weitertragen. Wir haben das Netzwerk, das die Fäden zieht. Und nun… nun habt ihr unsere Aufmerksamkeit erregt."

Der Mann machte eine kleine Pause und trat einen Schritt näher an die Kamera, die seine goldene Maske in einem bedrohlichen Licht erscheinen ließ.

„Wir möchten euch einladen. Ein Bankett, das im Keller des La Belle Nuit Theaters stattfindet. Ein Ort, an dem alle wahren Akteure zusammenkommen können. Der Puppeteer und ich würden uns freuen, euch dort zu empfangen. Wir haben vieles, das wir euch zeigen möchten. Und ich versichere euch, es wird eine Veranstaltung, die ihr nicht vergessen werdet."

Der Mann neigte den Kopf, als ob er eine Einladung persönlich überreichte. Dann wandte er sich ab und ging zurück in die Dunkelheit, während das Bild des Fernseherbildschirms verzerrt und schließlich in statisches Rauschen überging.

Für einen Moment war es still. Eliza, Cedric und Marcus starrten den Fernseher an, als ob sie immer noch versuchten, zu begreifen, was gerade passiert war. Der Ton des mysteriösen Anführers hallte in ihren Köpfen nach, und die Bedrohung hinter seinen Worten war nicht zu übersehen.

„Das ist... das Puppentheater", flüsterte Eliza, ihr Blick fest auf den Bildschirm gerichtet. „Der Puppeteer hat also noch mehr Leute hinter sich."

„Das wird kein harmloses Treffen", sagte Cedric grimmig, als er die Fäuste ballte. „Wir müssen vorsichtig sein."

„Aber wir können nicht einfach weglaufen", fügte Marcus hinzu, seine Stimme zitterte vor Besorgnis und Neugier. „Das könnte die einzige Chance sein, mehr über den Puppeteer und seine ganze Organisation zu erfahren."

„Wir gehen", sagte Eliza nach einer kurzen Pause, ihre Stimme fest. „Wir haben keine Wahl. Wir müssen wissen, was sie vorhaben."

Cedric nickte langsam, als ob er sich mit dem Gedanken anfreunden musste. „Also gut. Aber wir gehen nicht einfach rein und lassen uns fangen. Wenn das eine Falle ist, dann sind wir vorbereitet."

Der Raum füllte sich wieder mit einer schweren Stille, während sie sich auf das vorbereiteten, was vor ihnen lag. Ein Bankett im Keller des La Belle Nuit Theaters, das von einem Mann mit einer goldenen Maske eingeläutet worden war. Und während die Dunkelheit der Stadt sie umhüllte, wussten sie, dass dies erst der Anfang eines viel größeren Spiels war.