Der Nachmittag verging in einer Mischung aus absurden Ideen und unerwartet tiefgründigen Gesprächen, während Céleste und Lucien versuchten, einen Plan zu schmieden, der sie beide aus der misslichen Lage befreien würde. Céleste war entschlossen, ihre Freiheit zu bewahren, während Lucien sich mühsam damit abfand, dass sein ruhiges Leben als Buchhändler endgültig der Vergangenheit angehörte. „Also," begann Lucien, während er eine Kanne Tee auf den Tisch stellte, „dein Vater will dich mit Monsieur Bouchard verheiraten. Die Frage ist: Wie verhindern wir das?" „Das ist keine Frage," sagte Céleste mit der Selbstsicherheit einer Frau, die gewohnt war, ihren Willen durchzusetzen. „Wir müssen nur dafür sorgen, dass Bouchard mich nicht will." Lucien zog eine Augenbraue hoch. „Und wie stellst du dir das vor? Ihm einen Schnurrbart zeigen, der größer ist als seiner?" Céleste schenkte ihm ein frostiges Lächeln. „Ich dachte eher an etwas... Subtileres." „Subtil? Von dir?" Lucien lachte auf. „Du bist so subtil wie eine Guillotine." „Hast du eine bessere Idee?" fragte sie scharf. Lucien lehnte sich zurück und tippte nachdenklich mit dem Finger auf den Tisch. „Vielleicht... wir könnten einen Skandal inszenieren. Irgendetwas, das deine Familie dazu zwingt, die Verlobung abzusagen." Céleste runzelte die Stirn. „Ein Skandal? Was für ein Skandal?"
Lucien grinste. „Nun, zum Beispiel könnte ich der Welt erzählen, dass du dich heimlich in meinen Buchladen geschlichen hast, um revolutionäre Flugblätter zu verstecken. Oh, warte – das ist ja tatsächlich passiert." „Lucien!" rief sie und schlug ihm mit einem Kissen auf den Kopf. „In Ordnung, in Ordnung," lachte er und hob die Hände zur Verteidigung. „Wie wäre es damit: Du tust so, als hättest du dich in einen unwürdigen, schamlosen, völlig unpassenden Mann verliebt." Céleste verschränkte die Arme und musterte ihn misstrauisch. „Und wen schlägst du dafür vor?" Lucien stand auf, machte eine tiefe Verbeugung und sagte mit übertriebenem Pathos: „Mademoiselle Céleste, dürfte ich mich als Freiwilligen anbieten? Ich bin unwürdig, schamlos und völlig unpassend. Außerdem habe ich immer noch dein verdammtes Manuskript, also bin ich ohnehin verloren." Céleste schüttelte den Kopf, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen. „Du bist unmöglich." „Und doch bin ich deine beste Option."
Die erste Phase: Monsieur Bouchards Dinnerparty Am Abend des geplanten Treffens mit Monsieur Bouchard begleitete Lucien Céleste tatsächlich zur Residenz der Bouchards – allerdings nicht als einfacher Begleiter. Stattdessen trug er eine maßlos übertriebene Adelsrobe, die er sich aus dem Fundus eines alten Theaters geliehen hatte, samt einer abenteuerlich schief sitzenden Perücke. „Du siehst aus wie ein schlecht gefertigter König aus einem Straßentheater," sagte Céleste, während sie versuchte, ihr Lachen zu unterdrücken. „Perfekt," erwiderte Lucien, „dann ist die Rolle glaubwürdig." Die Dinnerparty begann zunächst in höflicher Zurückhaltung. Monsieur Bouchard, ein Mann mit einer Vorliebe für laute, unangemessene Lacher und übermäßig fettige Suppen, schien vollkommen überzeugt, dass Céleste ihm bald gehören würde. Doch Lucien war bereit, die Situation zu verändern.„Monsieur Bouchard!" rief Lucien mitten im Dinner und erhob sein Weinglas, als hätte er etwas Bedeutendes zu verkünden. „Darf ich sagen, wie glücklich ich bin, endlich den Mann zu treffen, der glaubt, dass er die Gunst von Mademoiselle Céleste verdient?"
Die Gäste am Tisch verstummten, und Bouchard starrte ihn an. „Wer, zum Teufel, sind Sie?" Lucien setzte ein breites, selbstgefälliges Grinsen auf. „Ich bin Lucien Dubois – Buchhändler, Philosoph und der Mann, der das Herz von Céleste gewonnen hat." Ein kollektives Keuchen erfüllte den Raum. „Das ist absurd!" rief der Comte, der Célestes Elternhaus nicht verlassen hatte, um der Szene beizuwohnen. „Völlig absurd!" stimmte Bouchard zu, obwohl er sichtbar unsicher wurde. Céleste, die fast an ihrem Weinglas erstickte, spielte die Rolle jedoch perfekt. „Lucien, ich habe dir doch gesagt, dass das keine gute Idee ist!" rief sie dramatisch, bevor sie ihre Hand theatralisch auf den Tisch legte. „Aber, mein Herz," sagte Lucien mit einem ironischen Blick, „wie könnte ich dich einem Mann überlassen, dessen Schnurrbart größer ist als seine Intelligenz?" Der Tisch brach in ein Chaos aus empörtem Murmeln, und Monsieur Bouchard sprang auf, seine fettige Serviette in der Hand. „Das ist eine Beleidigung!" „Nein, Monsieur," sagte Lucien, der immer noch die Kontrolle über die Situation hatte, „das ist die Wahrheit."
Der Erfolg – und die Konsequenzen
Der Plan funktionierte besser als erwartet. Monsieur Bouchard stürmte aus dem Raum, seine Verlobungsabsichten zerstört, und der Comte d'Armand war zu wütend, um Worte zu finden. Doch als Céleste und Lucien später aus dem Bouchard-Anwesen flohen, wurde ihnen klar, dass sie ein neues Problem hatten: Die Geschichte von Célestes „unpassender Liebe" machte schnell die Runde in Paris. „Das war brillant," sagte Céleste, während sie durch die nächtlichen Straßen liefen. „Absolut brillant." „Und gefährlich," fügte Lucien hinzu. „Du weißt schon, dass dein Vater mich jetzt auf die schwarze Liste setzt. Oder die Guillotine." Céleste grinste. „Dann solltest du wohl besser aufpassen, dass ich dich nicht noch öfter in Schwierigkeiten bringe." Lucien blieb stehen und sah sie an, seine Augen voller Ironie – und etwas, das vielleicht ein Hauch von Zuneigung war. „Mademoiselle, ich glaube, du bist die größte Schwierigkeit, die mir je begegnet ist." „Das hoffe ich," erwiderte sie und zog ihn weiter.