Chereads / Der Aufstieg der Drachen - Schatten des Gleichgewichts Band 2 / Chapter 7 - 5. Die Umarmung der Schatten

Chapter 7 - 5. Die Umarmung der Schatten

Der Kampf war wie ein Tanz aus Licht und Dunkelheit. Kael'thars feuriger Atem durchdrang die Schatten, ließ sie für einen Moment zurückweichen, nur um sie erneut zusammenströmen zu sehen. Kira bewegte sich mit der Präzision einer Jägerin, ihr Dolch glitzerte im schwachen Licht des pulsierenden Kristalls, während sie die schattenhaften Gestalten abwehrte.

Danny kämpfte ebenfalls – oder versuchte es zumindest. Sein Schwert zerschnitt die Schatten, doch jedes Mal, wenn er eine Gestalt traf, formte sie sich erneut, als ob seine Angriffe bedeutungslos wären. „Warum kämpfst du gegen uns?"

Das Flüstern in seinem Kopf wurde lauter, dringlicher. Die Schatten, die ihn umgaben, bewegten sich nicht wie die anderen. Sie griffen nicht an – sie warteten. „Du gehörst zu uns, Danny."

Er fühlte, wie seine Bewegungen schwerer wurden, als ob die Dunkelheit an seinen Gliedern zog. Die Stimmen wurden klarer, sprachen nun nicht mehr in Rätseln, sondern direkt zu ihm. „Du hast uns gerufen. Du hast uns akzeptiert. Warum leugnest du uns jetzt?"

„Hör nicht hin, Danny!" Kael'thars Stimme schnitt durch das Chaos, doch es war, als ob sie aus weiter Ferne kam. Der Drache kämpfte gegen eine Wand aus Schatten, die sich immer dichter um ihn zog. Kira trat an Dannys Seite, ihre Atemzüge schwer, ihr Dolch mit einer schwarzen, flüssigen Substanz überzogen, die wie Teer aussah. „Bleib bei mir," sagte sie, ihre Stimme leise, aber eindringlich.

„Sie... sie sprechen zu mir," murmelte Danny, seine Augen weit und glasig. „Natürlich tun sie das," zischte Kira. „Das ist ihr Trick. Sie wollen dich schwach machen, dich für sich gewinnen. Aber du bist stärker, Danny. Du hast es schon einmal bewiesen."

Danny nickte schwach, doch die Stimmen hörten nicht auf. „Kämpfe nicht gegen das, was du bist."

Er spürte, wie die Dunkelheit in ihm erwachte, sich regte, als ob sie auf die Präsenz des Kristalls reagierte. Es war keine feindselige Macht – es fühlte sich vertraut an, wie eine alte Erinnerung, die an die Oberfläche drängte.

„Danny!" Kael'thar brüllte, während er mit einem mächtigen Flügelschlag die Schatten zurückdrängte. „Das Relikt – es manipuliert dich! Du musst es zerstören!"

Danny wandte den Blick zum schwarzen Kristall, der auf dem Podest lag. Sein pulsierendes Licht war hypnotisierend, wie ein Herz, das in perfektem Rhythmus schlug. Er wusste, dass Kael'thar recht hatte. Der Kristall war die Quelle, und solange er existierte, würden die Schatten nie verschwinden.

Doch als er sich dem Podest näherte, wurde das Flüstern in seinem Kopf zu einem Schrei. „Du kannst uns nicht zerstören! Wir sind ein Teil von dir!"

Danny sank auf die Knie, sein Kopf dröhnte vor den Stimmen. Kira kniete sich neben ihn, legte eine Hand auf seine Schulter. „Du darfst ihnen nicht glauben," sagte sie eindringlich. „Das bist nicht du, Danny. Das sind sie."

„Aber was, wenn sie recht haben?" flüsterte Danny, seine Stimme voller Zweifel. Kael'thar trat an sie heran, seine großen, leuchtenden Augen fixierten Danny. „Du bist mehr als diese Schatten," sagte der Drache. „Du hast sie einmal gezähmt. Du kannst es wieder tun. Aber nicht, indem du dich ihnen hingibst."

Danny hob langsam den Kopf, sein Blick wandte sich erneut dem Kristall zu. Er wusste, dass er eine Wahl treffen musste. Die Dunkelheit bot ihm Macht, Verständnis – eine Möglichkeit, die Schatten zu kontrollieren. Doch er wusste auch, dass diese Macht einen Preis hatte.

„Danny, wir haben keine Zeit," drängte Kira, die Schatten schlossen sich erneut um sie. Mit einem Schrei stürzte sich Danny auf das Podest. Sein Schwert durchbohrte den Kristall, und für einen Moment schien die Welt stillzustehen.

Dann explodierte das Relikt in einem grellen Licht. Eine Welle aus purer Dunkelheit brach aus dem Kristall hervor, durchströmte den Raum und riss Danny von den Füßen. Kira wurde gegen eine Wand geschleudert, während Kael'thar sich schützend vor sie warf.

Das Flüstern in Dannys Kopf verstummte plötzlich – und wurde durch etwas anderes ersetzt. „Du hast uns befreit."

Als Danny die Augen öffnete, lag er am Boden des Turms, das Schwert immer noch in der Hand. Der Kristall war verschwunden, doch die Dunkelheit war geblieben. Sie war überall – in den Ruinen, in der Luft, in ihm.

Kira stöhnte leise, als sie sich aufrappelte. „Was... hast du getan?" fragte sie, ihre Stimme schwach. Kael'thar sah Danny an, seine Augen voller Sorge. „Die Schatten sind frei. Sie sind nicht verschwunden. Sie sind in dir."

Danny fühlte es. Die Dunkelheit, die er einst akzeptiert hatte, war nun stärker als je zuvor. Sie durchströmte ihn, verschmolz mit ihm, wurde ein Teil von ihm, der nicht mehr ignoriert werden konnte. „Ich... ich wollte sie zerstören," murmelte er.

Kira legte eine Hand auf seine Schulter, ihre Augen suchten seine. „Vielleicht kann man sie nicht zerstören," sagte sie leise. „Vielleicht muss man sie kontrollieren."

Kael'thar brüllte leise. „Das Gleichgewicht, Danny. Es liegt an dir, es zu wahren. Aber sei vorsichtig – die Dunkelheit ist ein hungriger Verbündeter." Danny nickte langsam. Er wusste, dass er eine Grenze überschritten hatte. Der Kampf in Karath'Zul war vorbei, doch der wahre Krieg hatte gerade erst begonnen – ein Krieg in ihm selbst, zwischen dem Licht und der Dunkelheit, die er nun beide in sich trug.

Und während sie die Ruinen verließen, spürte Danny, dass die Schatten ihn nicht besiegt hatten. Noch nicht.