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Chapter 20 - 20. Etwas Schändliches.

Barak konnte den Eindruck nicht loswerden, dass sie durchaus etwas Disziplin bezüglich ihrer fluchenden Zunge gebrauchen könnte. Einige Klapse mit seiner Handfläche auf ihren nackten Hintern sollten Abhilfe schaffen.

"Lass mich los!", befahl sie. Wie konnte es sein, dass ihre Augen völlig furchtlos waren? Dieses verrückte kleine Ding brachte ihn um den Verstand!

"Ich habe dir alles gesagt, was du wissen musst. Du kannst die Nachricht an deinen Prinzen weiterleiten, wenn du willst, aber lass mich jetzt gehen!"

Goldene Augen bohrten sich in dunkelgrüne. Sie war wahrlich eine liebreizende Kreatur.

"Er wird die Nachricht bekommen. Aber ich bin überzeugt, dass er den Vorschlag nicht ablehnen kann. Es ist ein politisches Manöver und sollte er es ablehnen, käme das einer Absage an weitere Jahre des Friedens und der Freundschaft gleich. Es könnte sogar Krieg bedeuten. Die einzige Möglichkeit für deine Prinzessin ist, ihrem Vater die Wahrheit über ihren Geliebten zu gestehen. Sie sollte ihren Liebsten sogar dazu bringen, um ihre Hand anzuhalten."

"Das wird niemals geschehen!"

"Nun, wenn es keinen anderen, vielleicht schändlichen Grund gibt, warum die Prinzessin Prinz Barak nicht heiraten kann, sollte sich deine Prinzessin darauf vorbereiten, nächstes Monat als Frau von Prinz Barak in das Land der Barbaren zu reiten. Und was dich betrifft, ja, meine kleine Wildkatze, du hast mir genug erzählt. Aber nein, ich werde dich nicht vor morgen früh gehen lassen."

"Warum, du..."

"Noch ein Fluch von dir, und ich werde dir zeigen, was das Wort 'barbarisch' wirklich bedeutet," warnte er, als er sich schließlich von ihrer Seite und ihrem verlockenden Gesicht weg bewegte. Er konnte hören, wie sie unablässig Worte murmelte. Beleidigungen, das wusste er, aber tat so, als hörte er sie nicht.

"Mach es dir im Bett bequem. Das Bad steht dir zur Verfügung, wenn du es noch möchtest."

"Du bist unerträglich!", konnte sie sich nicht zurückhalten. Aber das zählte nicht als Beleidigung, also zuckte er nur mit den Schultern.

Er sollte sie gehen lassen. Das wusste er. Aber noch ein wenig länger. Ihre Gegenwart tat gut. Es war Selbstfolter, sie festzuhalten, aber die Selbstfolter wollte er.

...

Neriah lag auf dem Boden nahe dem Kamin und beobachtete, wie das Feuer darin tanzte. Er hatte ihr gesagt, er wäre kein Gentleman und würde weder das Zimmer noch das Bett für sie räumen. Er behauptete, er würde die ganze Nacht über ein Auge auf sie haben. Der verfluchte Mann!

Sie hatte sich entschieden, stattdessen ohne Decke oder Kissen auf dem harten, kalten Holzboden zu liegen. Wenigstens brannte das Feuer im Kamin noch und da sie ohnehin nicht schlief, hatte sie beschlossen, hin und wieder einige Holzscheite nachzulegen, um es am Brennen zu halten.

Sie lag lange Minuten in Stille da und dachte nach, seine Worte ergaben Sinn. Er hatte recht. Hätte Prinz Barak das Angebot abgelehnt, wäre das wohl ein dummer politischer Zug von ihm gewesen. Das könnte viel unnötigen Ärger nach sich ziehen. Sie hatte zuvor nicht nachgedacht, aber seine Worte hatten ihren Dickkopf erreicht und er hatte recht.

Dann würde sie fliehen! Sie würde mit Lyle durchbrennen. O doch, Aria hatte gesagt, dass auch das eine schlechte Entscheidung wäre.

Oh, die arme Aria! Sie würde ruhelos sein, nun, da dieser Wahnsinnige beschlossen hatte, sie festzuhalten. Sie hatte Aria gesagt, dass sie ihrem Vater erzählen solle, dass sie von den Barbaren entführt worden war, wenn sie nicht vor Sonnenaufgang zurückkehrte.

Oh, jetzt, da sie an den Befehl dachte, den sie der armen Aria gegeben hatte, konnte Neriah sich nur fragen, warum ihr Kopf stets von schlechten Entscheidungen gefüllt war! Wenn Aria ihrem Vater erzählte, dass sie entführt worden war, würde das eine Katastrophe nach sich ziehen!

Sie musste hier weg! Aber der schändliche Mann hatte die Schlüssel. Und sie musste auch einen Weg finden, Prinz Barak nicht zu heiraten und stattdessen Lyle.

Was sonst könnte sie tun?

"Nun, wenn es keinen anderen Grund gibt, vielleicht einen schändlichen, warum die Prinzessin Prinz Barak nicht heiraten kann," die Worte, die der Mann zu ihr gesagt hatte, hallten plötzlich in ihrem Kopf wider.

Ihre grünen Augen weiteten sich. Er hatte recht! Bei der Göttin, er hatte so recht! Etwas Schändliches! Was könnte als so schändlich gelten, dass die Hochzeit abgeblasen würde?

Vielleicht könnte sie so tun, als wäre sie von einer Krankheit befallen. Vielleicht eine Geisteskrankheit! Oh, aber das würde wahrscheinlich nicht funktionieren, dieser Mann hatte sie gesehen, was, wenn er sie später wiedererkennt und seinem Prinz sagt, dass es ihr gut geht? Das würde nicht funktionieren.

Was, wenn sie vorgibt, an einer körperlichen Krankheit zu leiden? Sie hatte Kräuter studiert und kannte viele giftige Pflanzen, die sie zwar nicht umbringen, aber ihrer Haut schaden würden!

Oh, aber ihr Vater würde das Heilmittel finden! Oh, verflucht!

Was könnte sie tun, das sie beschmutzen würde? Etwas, das nicht ungeschehen gemacht werden kann. Eine Handlung, so widerlich, dass sie entehrt werden würde. Dass selbst ihr Vater es ihr schwerlich verzeihen könnte? Etwas, das weder ihr Vater noch Prinz Barak übersehen könnten.

Was Schändliches kann eine junge Maid ihrer Familie und der ganzen Nation antun? Was? Was? Was...Und es traf sie wie ein Schlag! Etwas Unehrenhaftes, etwas, das niemand einfach so übersehen konnte. Etwas, von dem sie wusste, dass selbst ihr Vater es schwer verzeihen würde. Etwas, das nicht mehr zu ändern war, wenn es erst einmal geschehen war!

Sie verlor ihre Unschuld. Und schlimmer noch, an keinen Prinzen! Plötzlich saß sie aufrecht da und sah den Mann direkt an, der mit geschlossenen Augen auf dem Bett lag.

An einen namenlosen Ritter! Nichts könnte entehrender sein!

Aber bei all dem Wahnsinn, zu dem ein Mensch in seinem Leben fähig sein konnte, worüber dachte sie hier überhaupt nach? Wollte sie sich wirklich willentlich einem Barbaren hingeben? Sie hasste ihn. Er war unvernünftig, stolz und eingebildet. Generell verabscheute sie Barbaren, doch dieser bestimmte Barbar hatte sich eine Medaille des Ekels und der Verärgerung bei ihr verdient.

War sie so verzweifelt? War sie so verzweifelt, dass sie ihre Jungfräulichkeit diesem Mann opfern würde, der so gut wusste, wie man eine Frau verspottet?

Ja... Oh ja, sie war verzweifelt. Sie wollte diesen nutzlosen Prinzen nicht heiraten. Sie wollte ihren Lyle. Ihren attraktiven Elfenprinzen. Sonst nichts und niemanden. Und sie wusste, dass sonst nichts funktionieren würde.

Sie hatte versucht, ihren Vater zu überreden, sie niemandem zu überlassen, doch das war kläglich fehlgeschlagen. Sie hatte sich hierher geschlichen, um den Prinzen zu treffen und ihn umzustimmen, doch was war aus dieser Idee geworden? Letztendlich saß sie hier fest mit dieser sturen Bergziege! Und die Idee, reinen Tisch zu machen und die Wahrheit über ihren Geliebten preiszugeben, die dieser Ziegenbock vorschlug, würde auch nicht funktionieren. Das wusste sie. Das würde nicht klappen.

Jetzt blieb ihr nur eine Option: etwas Undenkbares tun. Etwas Schändliches. Ihre Unschuld einem Fremden zu opfern, während sie eigentlich einem anderen versprochen war, galt ihr als äußerst schändlich.

Und bei aller Güte auf Erden war er nicht einmal hässlich, wenn sie ehrlich war! Es wäre nicht so schlimm! Sie hatte gelogen, als sie ihm sagte, dass er kein ansehnlicher Mann sei.

Aber bevor sie es zugeben würde, wäre sie lieber tot, als dass sie ihm ins Gesicht sagen würde, dass er das robusteste und schönste Wesen war, das sie je gesehen hatte. Sogar schöner als ihr Lyle.

Aber sein Ego war bereits so gewaltig wie ein Berggipfel. Sie wollte nicht, dass es den Himmel erreichte.

Aber Moment, wie sollte sie ihrem Vater alles erzählen? Wie sollte sie ihm die Neuigkeit überbringen? Oh, sie könnte behaupten, sie wäre vergewaltigt worden. Das wäre wohl ausreichend. Weinend würde sie zu ihrem Vater laufen und wenn er sie fragte, wer ihr Unrecht getan hätte, würde sie ihn zu diesem vollkommenen Fremden führen.

Ja! Das würde eine Win-Win-Situation für sie sein. Ihr aufgebrachter Vater würde diesen Schurken töten, weil er seine Tochter angefasst hätte, und noch besser, er würde seine Tochter niemandem aus solch einem Stamm anvertrauen wollen! Sie wusste sogar, dass ihr Vater für so etwas gegen die ganze Trago-Nation in den Krieg ziehen könnte.

Und danach würde ihr Lyle in Erscheinung treten und sich gnädigerweise bereit erklären, sie zu heiraten.

Sie war sich sicher, dass Lyle sie immer noch lieben würde, sogar nachdem sie ihre Unschuld an einen anderen Mann verloren hatte. Sie würde ihm alles erklären. Sie wusste, dass er sie sehr liebte. Also würde er sie trotzdem nehmen. Also musste sie sich eigentlich keine Gedanken über Lyle machen. Er war kein Problem, er würde ihr versprechen, sie für alle Ewigkeit zu lieben, egal was passierte.

'Oh, armer Fremder, du musst für mich den Kopf hinhalten. Ich muss dich benutzen, um zu bekommen, was ich will. Auch wenn es dein Leben kostet.' dachte Neriah bei sich. Sie würde ihn dafür büßen lassen, dass er sie nicht gehen ließ, als sie ihn darum gebeten hatte.

Doch jetzt war das Problem, dass er ihr bereits versprochen hatte, sie nicht anzurühren, und bisher hatte er bewiesen, dass er ein Mann seines Wortes war. Er hatte sie nicht berührt.

Würde er jetzt, wenn sie zu ihm käme, ihrer Forderung nachkommen? Würde er sie berühren? Was, wenn er nicht zustimmte? Was dann? Sie hatte von Verführung gehört, war sich aber nicht sicher, ob sie wirklich wusste, was zu tun war.

Nein, sie war sich sicher, sie konnte diesen Mann nicht verführen. Wie sollte sie überhaupt anfangen? Sie hatte nie geübt, jemanden zu verführen. Sollte sie damit jetzt beginnen? Mit diesem Mann? Auf keinen Fall! Er würde sie nur dumm aussehen lassen und über sie lachen.

Oh! Was sollte sie nur tun?

Es schien jedoch, als wäre das Universum auf ihrer Seite, denn aus der Dunkelheit, aus den Schatten der Bettvorhänge, sprach er...

"Du kannst nicht schlafen?", fragte er. Und sie nickte.

Plötzlich erhob er sich vom Bett und kam auf sie zu. Und ihr Herz begann langsam, schneller zu schlagen.

"Wegen des harten Holzbodens?", fragte er erneut, und er hatte sie erreicht und kniete sich vor ihr nieder. Helle goldene Augen, in denen sich die Flammen spiegelten, starrten sie an, versprachen so viel und gaben doch nichts preis. Er hielt seine Hände noch bei sich.

"Oder kannst du das Gefühl meiner Hände auf deiner Haut nicht vergessen?"

Vielleicht war das auch ein Grund. Verrückt genug, vielleicht dachte sie wirklich daran, wie er sie berührte, sie küsste. Vielleicht war das der Grund, warum sie so leicht zu dem irrwitzigen Entschluss kommen konnte, sich ihm hinzugeben. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Sie war sich nicht sicher. Aber sie machte es. Für Lyle.

Oder das wollte sie sich zumindest einreden.

"Vielleicht. Vielleicht ist es genau das", sagte sie und streckte ihre Hand nach ihm aus, und ihre Lippen verschmolzen mit seinen.