Chapter 5 - Hat er mich gerettet?

Arwen fühlte sich, als wäre sie in einen tiefen, behaglichen Schlaf gesunken. Ihr Körper empfand keinen Schmerz mehr, und sie spürte ständig eine Präsenz an ihrer Seite, als bliebe jemand Tag und Nacht bei ihr.

Diese Person sprach zwar nicht, aber sie war da, hielt Arwens Hand und streichelte sie, um sie komfortabel und entspannt zu halten. Wer sie war, blieb Arwen ein Rätsel, doch aus irgendeinem Grund kam ihr die Präsenz nicht mehr unbekannt vor.

Arwen wusste nicht, wie viele Tage sie noch schlafen musste, aber der tiefe und dunkle Schlummer began zu ihrer Müdigkeit zu werden. Sie fühlte sich gefesselt, als sei sie in einem raum ohne Licht eingesperrt.

Plötzlich, mitten in dieser Dunkelheit, spürte sie eine Bewegung. Sie folgte dem Impuls nachzusehen und sah, wie sich die Dunkelheit urplötzlich auflöste. Sie war immer noch gefangen in ihrem Schlaf, doch nicht mehr in demselben schwarzen Raum. Nun konnte sie die Straße ihrer Kindheit erkennen - dieselbe, die sie immer auf dem Weg zur Highschool entlanggegangen war.

Das ...

Sie sinnierte über das Geschehen, als sie ihr jüngeres Ich im vertrauten Schuluniform sah. Kein anderer Tag schien ihr je so bekannt vorgekommen zu sein, und plötzlich begriff Arwen, wieso.

Er war vertraut, denn es war der Tag, an dem sie Ryan zum ersten Mal begegnete.

Normalerweise hätte sie das Auto ihrer Familie zur Schule gebracht. Doch an jenem Tag hatte sie sich aus Sturheit entschieden zu laufen.

Arwen runzelte die Stirn, als sie versuchte, sich an die Geschehnisse jenes Tages zu erinnern. Gerade als sie dies tat, hörte sie einen Schrei und das quietschen von Reifen. Sie blickte zurück, um zu sehen, was geschehen war, doch dann wechselte die Szene. Diesmal befand sie sich in einem Krankenhaus.

Ihr Vaters glückliches Gesicht erschien vor ihr, als sie sich selbst dabei beobachtete, wie sie nach der Gehirnerschütterung aufwachte - schwach und blass.

Ja, an diesem Tag hatte sie einen Unfall gehabt, bei dem sie sofort das Bewusstsein verlor und ins Krankenhaus gebracht wurde. Erst nachdem sie aufgewacht war, begriff sie, wie glücklich sie sich schätzen konnte, dass sie den Vorfall überlebt hatte.

"Arwen, wie oft haben wir dir schon gesagt, dass du auf der Straße aufmerksam sein sollst? Was wäre geschehen, wenn Ryan dich nicht rechtzeitig gefunden hätte? Dein Vater und ich hätten nie erfahren, dass du in Schwierigkeiten warst." Sie hörte ihre Mutter sprechen und ihr Blick fiel auf einen jungen Mann, der am Straßenrand stand.

Er sah aus wie damals – groß und gutaussehend. Nur wirkten seine Züge nun etwas reifer.

"Oh, du kennst ihn vielleicht noch nicht. Lass mich euch einander vorstellen." Ihre Mutter sprach erneut. "Das ist Ryan Foster, der Sohn meiner besten Freundin. Vielleicht erinnerst du dich nicht an ihn, aber ihr kennt euch. Ihr beide habt in eurer Kindheit viel Zeit miteinander verbracht, bis er mit seiner Familie ins Ausland gezogen ist. Jetzt sind sie zurück und Ryan wird auf deine Schule gehen."

Von diesem Moment an erkannte Arwen, wer Ryan Foster war – ein Kindheitsfreund, der später erwachsen wurde und ihr Verlobter.

Aber Moment mal, Arwen konnte nicht verstehen, warum sie jetzt an diesen Tag zurückdenken sollte. Es war eine alte Geschichte, die in ihrem Gedächtnis verankert war, aber sie hatte nie daran gedacht, diese Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Sie waren einfach da, ein Eintrag im Tagebuch ihres Herzens, wie jeder andere Tag in ihrem Leben.Sie versuchte herauszufinden, warum sie sich diesen Teil ihres Lebens wieder vor Augen führte, als sie aus dem Augenwinkel sah, wie das junge Ich Arwens aus dem Zimmer blickte. Ihr Blick schien Verwirrung auszudrücken, die Arwen nicht einordnen konnte.

Was war es bloß?

Sie folgte dem Blick ihres jüngeren Ichs und erblickte die Silhouette eines Jungen. Er hatte sich bereits abgewandt, bereit zu gehen. Da sie die Szene aus der Erinnerung ihres jüngeren Ichs betrachtete, war sie unfähig, sich zu bewegen oder zu überprüfen, wer der Junge war.

Das junge Arwen hatte ihn vielleicht gesehen, doch sie hatte ihn nicht in ihrer Erinnerung bewahrt. Und so, wie er sich abgewendet hatte, vermutete sie, dass er nach jenem Tag nicht wiedergekehrt war.

Wer war er?

Plötzlich kehrte die Dunkelheit zurück. Arwen hatte das Gefühl, wieder an denselben düsteren Ort zurückzukehren, doch dann erhellte ein kleiner Lichtstrahl die Umgebung. Sie hörte eine Stimme und erkannte sie als die einer Krankenschwester.

"Sie wird wach. Ich sollte einen Arzt rufen."

Als Arwen die Augen öffnete, sah sie, wie die Krankenschwester sich beeilte, den Raum zu verlassen – wahrscheinlich, um den Arzt zu holen. Ihr Blick schweifte umher, und wie sie vermutet hatte, war sie nicht gestorben; jemand hatte sie gerettet.

Sie konnte sich nur noch verschwommen erinnern. Obwohl sie bezweifelte, dass es Ryan war, bestand immer noch die Möglichkeit, dass er zurückgekommen war, um sie zu retten. Sie musste es herausfinden, bevor sie ihm ihre Dankbarkeit ausdrücken konnte.

Kurz darauf kam der Arzt, um sich nach ihr zu erkundigen. Nachdem er ihre Vitalwerte geprüft hatte, lächelte er und sagte: "Sie haben sich gut erholt. Wir sollten jedoch noch auf Dr. Clark warten, damit er Sie einmal untersuchen kann."

"Dr. Clark?" Arwen war der Name nicht besonders geläufig.

Der Arzt nickte. "Ja, Dr. Clark. Er ist auch Ihr behandelnder Arzt und es war seine Operation, die Ihnen zu einer solch schnellen und guten Erholung verholfen hat. Wenn er später kommt, werden Sie ihn kennenlernen."

"Ich wurde operiert?" fragte sie. Obwohl ihr bewusst war, dass sie bei dem Unfall schwer verletzt worden war, hatte sie nichts gespürt, was einer Operation glich. Tatsächlich verspürte sie kaum Schmerzen.

"Die Operation war erforderlich, um Sie zu retten. Sie hatten eine schwere Kopfverletzung und einige Knochenbrüche. Aber Sie hatten Glück, dass Dr. Clark Ihre Operation vorgenommen hat. Vielleicht haben Sie dank ihm nichts gespürt."

erläuterte der Arzt und Arwen nickte und betrachtete sich selbst. "Also, war es Dr. Clark, der mich hierher gebracht hat? Hat er mich gerettet?" fragte sie. Der Arzt wechselte einen Blick mit der Krankenschwester, die neben ihm stand.