Es war ein später Nachmittag, als das Bestattungsinstitut Zacs Körper abholte. Hazel kam mit den anderen aus dem Krankenhaus heraus. „Wo wohnst du? Mein Fahrer bringt dich nach Hause!", sagte Chase. Seine Stimme klang heiser, denn Hazel hatte vorher nicht einmal mit ihm gesprochen. Hazel lächelte höflich und hielt ihm die Autoschlüssel hin. „Danke, aber ich bin selbst gefahren." Ihr gleichgültiger Gesichtsausdruck wirkte, als wäre sie einfach höflich zu einem Fremden.
Doch Lyra deutete dies als Flirtversuch von Chase. Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich schlagartig, und schnell umschlang sie Chases Arm, „Hazel, warum ziehst du nicht wieder bei uns ein? Dann musst du nicht allein sein, und …" „Es ist einfacher für mich, im Hotel zu bleiben. Tschüss!", sagte Hazel, winkte höflich und machte sich auf den Weg in die Tiefgarage. Bald fuhr ein silberfarbener Bentley aus der Tiefgarage und düste vorbei an den Menschenmengen.
„Es scheint, als hätte meine Schwester in den letzten Jahren gut gelebt! Sie konnte offensichtlich ein reiches Leben führen, ganz ohne Hilfe der Familie", bemerkte jemand. Chase erwiderte nichts. In den sechs Jahren, in denen Hazel weg war, hatte er aus verschiedenen Gründen Lyra nicht geheiratet. Im Laufe dieser Zeit wurde ihm klar, dass Lyra nicht die Richtige für ihn war.
Der einzige Grund, warum er sich nicht von Lyra trennte, war das Versprechen, das er ihr in ihrer Kindheit gegeben hatte. Die Familie Haynes war reich, doch sie verblasste im Vergleich zur Familie Black. Allerdings waren die Ältesten beider Familien enge Freunde, da sie einst zusammen eine schwierige Zeit durchlebt hatten. Deswegen kümmerte sich die Familie Black immer um die Familie Haynes.
Es gab noch einen weiteren entscheidenden Grund. Vor fünfzehn Jahren waren Chase und ein kleines Mädchen entführt worden. Sie hatten ein paar Tage zusammen verbracht, bis Chase eine Fluchtmöglichkeit fand und das kleine Mädchen zurücklassen musste. Bevor er floh, versprach er ihr, zurückzukehren und sie zu retten. Allerdings kam alles anders als geplant. Als er mit einem Rettungsteam zurückkehrte, war das Mädchen verschwunden. Erst drei Jahre später erfuhr er, dass dieses Mädchen Lyra war. Seither hatte er geschworen, dieses Mädchen sein Leben lang zu lieben und zu beschützen.
„Hazel war seit ihrer Kindheit immer ehrgeizig. Sie ist intelligent und kommt auch gut mit Männern zurecht. Sieh dir ihren schicken Lebensstil und ihr Auto an. Sie hat sicherlich einen reichen Mann an der Angel. Im Gegensatz zu ihr, Lyra, bist du immer naiv und leichtgläubig, und jeder versucht, dich auszunutzen", schien Amara Hazel zu loben, aber ihre Worte hatten einen anderen Unterton.
„Mama, was meinst du damit?", fragte Lyra verwirrt.
„Ach, ich will nur, dass du von Hazel lernst. Siehst du, wie gut sie es hat? Um Mädchen wie sie müssen wir uns nie Sorgen machen. Es gibt nicht viele Mädchen, die so schlau sind wie sie", fuhr Amara fort.
Chase war ein wenig verärgert. „Amara, Lyra, ich muss jetzt los. Ich habe heute Abend eine wichtige Besprechung."
„Natürlich. Fahr vorsichtig!", antwortete Amara mit einem schmeichelnden Lächeln, denn sie wollte den zukünftigen Ehemann ihrer Tochter nicht verärgern.
Chase sagte nichts weiter, drehte sich um und stieg in sein Auto …
Als Lyra sah, wie Chase davongefahren war, stampfte sie wütend auf. „Das ist alles deine Schuld, Mama! Du hättest diese Schlampe Hazel nie vor neun Jahren in Chases Bett stecken sollen. Chase hat nie wieder davon gesprochen, mich zu heiraten. Und jetzt, wo Hazel zurück ist, was sollen wir tun?"
Amara knirschte verärgert mit den Zähnen. Was ihre Tochter bedauerte, war auch Amaras größtes Bedauern.
Sie hatte vor neun Jahren alles genau geplant. Zuerst hatte sie Hazel unter Drogen gesetzt. Dann schickte sie das Mädchen direkt in Chases Zimmer, überzeugt, dass Chase zu betrunken war, um etwas zu bemerken.
Danach informierte Amara eine Gruppe von Paparazzi und schlug vor, ein Drama daraus zu machen, wie Hazel sich in die Arme ihres Schwagers warf. Amara tat dies in der Hoffnung, Hazel würde Schande über die Familie bringen und ausgestoßen werden.
Doch ihr Plan ging nach hinten los. Chase schlief tatsächlich mit Hazel. Und dann entglitt ihr die Situation. Unter dem Druck von Zac Haynes und Nancy Black heiratete Chase am Ende Hazel.
Darüber nachdenkend sagte Amara: „Ich habe das für dich getan, dummes Mädchen. Verdammt, nur wegen deines Großvaters! Dieser alte Mann hat immer Hazel bevorzugt. Jetzt, da der alte Mann tot ist, werden wir sehen, wer sie dieses Mal beschützen kann."
„Aber Mama ...", Lyra war immer noch beunruhigt.Auch wenn Chase ihr über Jahre hinweg gut getan hatte, konnte sie die Kälte in seinen Augen erkennen.
Seit seiner Scheidung von Hazel hatte der Mann nur noch selten gelächelt.
Im Laufe der Jahre war er vollkommen zum Workaholic geworden. Manchmal verging ein Monat, bevor Lyra ihn einmal sah.
"Mach dir keine Sorgen. Diese Idiotin Hazel ist genauso dumm wie ihre tote Mutter. Wir werden uns jetzt mit ihr auseinandersetzen. Jetzt. Erst wenn sie auf ihren Erbteil verzichtet ..."
Fünfzehn Tage später war Zacs Beerdigung.
Es nieselte. Alle Mitglieder der Familie Haynes waren auf dem Friedhof, außer Hazel. Darüber hinaus waren auch die angesehensten Bürger der Stadt gekommen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Ganz zu schweigen von den Reportern, die sich vor dem Friedhof versammelt hatten.
Immerhin war Zac Haynes eine wichtige Persönlichkeit der Stadt. Daher stand seine Beerdigung natürlich im Rampenlicht.
"Ich habe gehört, Zac hat die älteste Tochter der Familie Haynes als Erbin der Haynes-Gruppe eingesetzt."
"Oh, mein Gott, dieses Mädchen ist wirklich skrupellos. Sie hat vor neun Jahren ihren Schwager verführt und ihre Schwester dazu gebracht zu gehen. Dann hat sie anstelle ihrer Schwester in die Familie Black eingeheiratet, und jetzt ist sie die Vorsitzende der Haynes-Gruppe. Das ist beeindruckend!"
"Ha! Und weiter? Sie ist nur eine intrigante Frau. Sie wurde von der Black-Familie rausgeworfen, nicht wahr? So eine Frau ist einfach widerlich."
Amara war überglücklich, als sie das Getuschel der Menge hörte. Sie bemühte sich, einen traurigen Gesichtsausdruck zu bewahren, und sagte: "Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten? Zunächst möchte ich Ihnen allen danken, dass Sie zu Zacs Beerdigung gekommen sind, und..."
Ein Reporter mischte sich ein: "Mrs. Haynes, stimmt es, dass Hazel die neue Leitung der Haynes-Gruppe übernimmt?"
Amara hielt inne, bevor sie antwortete: "Ich möchte mich an diesem extrem traurigen Tag nicht ablenken lassen. Aber bei einem so großen Unternehmen wie der Haynes-Gruppe kann das Wort eines Einzelnen nicht einfach so wirken. Wir brauchen eine Vorstandssitzung, um den richtigen Geschäftsführer zu wählen."
"Mrs. Haynes, warum ist Hazel an so einem wichtigen Tag nicht hier?"
"Ha, diese Frage sollten Sie ihr stellen..."
Während sie sprach, ertönten plötzlich Motorengeräusche außerhalb des Friedhofs.
Eine Stretchlimousine fuhr auf den Friedhof zu, gefolgt von einer Reihe von Mercedes.
"Schaut euch das Nummernschild an. Das scheint das Auto von Herrn Tristan zu sein!" Die Reporter waren ganz aufgeregt und stürmten auf den Rolls-Royce zu.
Ja, dieses Auto gehörte Tristan Woods.
Es gab zwei bekannte reiche junge Männer in der Stadt. Einer davon war Chase Black, der andere Tristan Woods.
Er war der erste Sohn des Geschäftsmoguls der Stadt und leitete außerdem ein Unterhaltungsunternehmen namens Starlight Media. Mehrere neue Topstars des Showbusiness waren allesamt Künstler, die unter der Kontrolle seiner Firma standen.
Im Gegensatz zu Chase, der sich zurückhielt, war Tristan immer ein Mann der Öffentlichkeit.
Die Türen des Rolls-Royce wurden langsam geöffnet, und Tristan stieg als Erster aus.
"Wow, wirklich Mr. Woods!" Die Presse drängte sich vorwärts wie Fliegen, die Blut wittern.
Nachdem Tristan ausgestiegen war, drehte er sich um und half einer ganz in Schwarz gekleideten Frau aus dem Wagen, wie ein wahrer Gentleman.
"Ist das…? Wow, das ist Hazel Haynes!"
"Das darf doch nicht wahr sein. Was macht Woods mit einer Frau wie ihr?"
Während sie alle verblüfft waren, kamen nacheinander zwei entzückende Kinder in kleinen schwarzen Anzügen heraus.
Die Jungen sollten etwa 5 Jahre alt sein.
Und sie schlugen ein wie eine Bombe und weckten das Interesse aller.