LUO YAN starrte auf seine Aufgabenspalte, insbesondere auf die Extraaufgabe. Sie sagte aus, dass es für den Spieler nicht erforderlich war, sie zu erfüllen. Doch Luo Yan würde sie sicherlich in Angriff nehmen. Eine Extraaufgabe konnte höhere Erfahrungspunkte (EXP) und bessere Belohnungen einbringen. Also würde er sie natürlich machen.
In Bezug auf bessere Belohnungen: Als er Arcadia spielte, gab es viele versteckte Ereignisse, die ihm erstklassige Materialien verschafften. Manchmal waren diese sogar besser als jene, die man im Spielshop kaufen konnte. Versteckte Ereignisse konnten auf unterschiedlichste Weise ausgelöst werden. Man konnte mit einem Nicht-Spieler-Charakter (NPC) reden, und das Gespräch konnte ein verborgenes Ereignis auslösen. Sogar das Töten eines bestimmten Monsters konnte eines bewirken. Aber wie der Name schon sagt, waren diese Ereignisse verborgen, also allgemein nicht bekannt. Es hing allein vom Glück des Spielers ab.
Luo Yan fragte sich, ob er hier ein verstecktes Ereignis auslösen konnte. Doch er war nicht sonderlich optimistisch. Schließlich war dies ein Ursprungsdorf. Wäre es nicht zu viel Glück, gleich zu Beginn ein solches Ereignis auszulösen? Aber dennoch entschied sich Luo Yan, vorsichtshalber mit allen NPCs zu sprechen, denen er begegnete.
Zuerst öffnete er die Karte des Dorfes und bestimmte die Positionen der Apotheke und des Waffenladens. Da er bereits die Aufgabe angenommen hatte, in das Crescent Woodland zu gehen, um die Blights zu töten, musste er sich zuerst vorbereiten. Das, was er am dringendsten benötigte, waren Tränke und eine Waffe. Er konnte nicht einfach unbewaffnet in den Wald ziehen.
Offensichtlich konnte er sich im Moment keine Gegenstände leisten, da sein Konto leer war. Aber basierend auf seiner Erfahrung, bekam er als Anfänger gratis Tränke und eine gratis Waffe, einfach indem er die Apotheke und den Waffenladen aufsuchte. Er zweifelte daran, dass es in dieser Version anders war. Doch selbst wenn dem so wäre, könnte er sich einfach ausloggen und außerhalb Kristallmünzen kaufen.
Es gab zwei Wege, Kristallmünzen zu erwerben. Entweder durch direkte Online-Überweisung oder den Einsatz von Spielkarten. Ein Spieler konnte zwischen vier Spielkarten wählen: eine Spielkarte für 100 Kristallmünzen, eine für 500, eine für 1000 und eine für 5000 Kristallmünzen. Aber wollte ein Spieler eine große Menge Kristallmünzen kaufen, war die erste Option besser - die direkte Online-Überweisung.
Arcadia hatte eine App dafür. Zur Registrierung benötigte ein Spieler nur seinen Spielkontonamen. Wollte ein Spieler Kristallmünzen per Online-Überweisung kaufen, musste er nur den gewünschten Betrag und den Namen seines Bankkontos eingeben. Kauften Spieler hingegen eine Spielkarte, mussten sie nur den Code auf der Spielkarte eingeben. Der Kristallmünzenbetrag der Spielkarte wurde dann automatisch auf das Spielkonto übertragen. Dasselbe galt für die Online-Überweisung.
Wenn sich Luo Yan richtig erinnerte, lag das aktuelle Umtauschverhältnis für Kristallmünzen bei 1 RMB für jede 10 Kristallmünzen.
Er schloss sein Statusfenster und machte sich auf den Weg zur Apotheke. Nach seinem Plan sprach er mit jedem NPC, an dem er vorbeikam. Doch fast alle gaben ihm nur allgemeine Antworten, so als hätten sie bereits einen Satz von vorgegebenen Antworten eingebaut. Schon daran konnte man sehen, dass sie in Wirklichkeit keine Menschen waren, sondern nur eine Ansammlung von Daten.
Es war ein kleines Gebäude mit einem Apothekenschild auf dem Dach. Luo Yan betrat es und roch sofort den Duft von Kräutermedizin. Die einzige Person darin war eine weibliche Elf mit dem Namen "Apothekerin" über ihrem Kopf. Wie alle Elfen im Dorf war auch sie groß und schön.
"Noctis, ich hörte, der Älteste hat dich gebeten, die Blights in den Crescent Woodlands zu beseitigen," sagte die Apothekerin, als sie ihn sah.
"Ja", antwortete er."Dann ist es gut, dass du mich besucht hast. Ich habe hier zusätzliche Tränke, die du gebrauchen könntest." Sie holte eine Kiste aus einem Regal und öffnete sie. Darin befanden sich fünf kleine Fläschchen mit roter Flüssigkeit.
Er nahm sie entgegen und sie verschwanden sofort - ein Zeichen dafür, dass sie bereits in seiner Gegenstandsliste eingetragen waren. Luo Yan öffnete die Liste und sah, dass die fünf Tränke einen der Plätze belegten. Die Liste hatte eine Funktion, die es ihm erlaubte, grundlegende Spielgegenstände zu identifizieren, wie zum Beispiel diesen Trank. Er klickte darauf und es erschien eine Beschreibung am Rand.
Kleiner roter Trank: Ein Gegenstand, der 100 HP wiederherstellen kann. Preis: 10 Kristallmünzen.
Wenn er sich richtig erinnerte, gab es drei Arten roter Tränke: klein, mittel und groß. Der große rote Trank stellte die meisten Lebenspunkte wieder her.
Die HP eines Spielers konnte man auf der Statistikseite sehen. In Arcadia konnte diese Seite in zwei Kategorien unterteilt werden: Grundwerte und abgeleitete Werte. Die Grundwerte umfassten Stärke (STR), Beweglichkeit (AGI), Geschicklichkeit (DEX), Vitalität (VIT) und Intelligenz (INT), die Spieler selbst verteilen konnten. Für jede fünf Stufen erhöhte sich, bekam ein Spieler 4 Statistikpunkte, die er nach Belieben verteilen konnte.
Diese Grundwerte beeinflussten wiederum die abgeleiteten Werte des Spielers. HP oder Lebenspunkte gehörten zu den abgeleiteten Werten und stellten die Lebenslinie eines Spielers dar. Ein HP-Wert von 0 bedeutete, dass der Avatar des Spielers im Spiel starb. Neben den HP gab es auch MP oder Manapunkte, die verbraucht wurden, wenn ein Spieler eine aktive Fähigkeit einsetzte. Wie HP, konnten MP durch Tränke wiederhergestellt werden – hierfür waren blaue Tränke nötig.
Das maximale HP und MP eines Spielers stieg mit jedem Levelaufstieg. Diese konnten jedoch auch durch Hinzufügen eines Punktes zu VIT oder INT erhöht werden. Andere abgeleitete Werte waren Angriffskraft (ATK), Verteidigung (DEF) und Geschwindigkeit (SPD). STR beeinflusste direkt ATK, während AGI und DEX direkt SPD beeinflussten. DEF hing manchmal von der Rüstung oder Kleidung ab, die der Spieler trug.
Luo Yan sah nicht länger auf den Trank und schloss sein Statistikfenster.
"Danke", sagte er zur Apothekerin.
"Wenn dir die Tränke ausgehen, gibt es im Wald einige Früchte und Pflanzen, die dir helfen können", fügte die Apothekerin hinzu. Sie spielte wohl auf Heilpflanzen an. "Und bitte sei vorsichtig. Du bist einer der wenigen jungen Elfen in unserem Dorf. Ich möchte nicht, dass du wegen eines Unfalls im Wald nicht zurückkehrst."
Luo Yan nickte nur, verabschiedete sich von der Apothekerin und machte sich auf den Weg zum Waffenladen. Dieser befand sich direkt gegenüber der Apotheke, sodass er schnell dort ankam.
Beim Betreten sah er sofort eine Vielzahl verschiedener Waffen. Es gab Breitschwerter, Rapiere, Bögen und Pfeile. Hinter dem Tresen stand ein weiterer gutaussehender elf mit weißem Haar. Über seinem Kopf stand "Waffenmeister"."Noctis, ich habe gehört, der Älteste hat dich beauftragt, die Geißeln in den Mondsichellanden zu bekämpfen."
Luo Yan schüttelte den Kopf, während er dasselbe Gespräch hörte. Anscheinend musste das Entwicklerteam den Dialogen ihrer NPCs mehr Aufmerksamkeit widmen.
"Leider kann ich dir nur dieses Messer geben, um dich gegen die Monster im Wald zur Wehr zu setzen." Er reichte Luo Yan ein langes Messer.
Luo Yan nahm es entgegen und es wurde direkt in sein Inventar übertragen.
"Die Mondsichellanden können sehr gefährlich sein, wenn man nicht vorsichtig ist. Sei also auf der Hut. Es gab junge Elfen, die dorthin gingen und nie zurückkehrten."
Was der Waffenmeister zuletzt erwähnte, erregte Luo Yans Interesse. Es war beinahe das Gleiche, was der Apotheker gesagt hatte, bevor er die Apotheke verließ. Zunächst hielt er es nicht für wichtig und dachte, es sei nur eine flüchtige Warnung. Aber jetzt? Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass hinter dieser Warnung mehr steckte.
"Wer sind diese Elfen, die nicht zurückgekehrt sind?" fragte er.
"An einige Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber der letzte war der Sohn des Torwächters. Er ging vor einem Monat in die Wälder und kam nicht wieder. Der arme Torwächter hat den Dorfeingang seither nicht mehr verlassen und wartet stets auf die Rückkehr seines Sohnes."
Luo Yan hob eine Augenbraue. Der Torwächter? "Wie heißt der Torwächtersohn?"
"Filli."
Er dankte dem Waffenmeister und steuerte geradewegs auf den Dorfeingang zu. Dort sah er einen Elfen, aufrecht stehend und das offene Tor bewachend. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch Luo Yan konnte eine gewisse Schwermut spüren, die von ihm ausging. Über seinem Kopf prangte das Wort 'Torwächter'.
Luo Yan trat auf den Torwächter zu.
"Hallo, ich bin auf dem Weg zu den Mondsichellanden. Möchtest du, dass ich nach Filli Ausschau halte?"
Der Torwächter drehte sich um. Für einen Moment war eine Regung in seinem Gesicht zu sehen, als Luo Yan den Namen seines Sohnes nannte, dann wurde er wieder ausdruckslos. "Nein. Der Älteste hat dich beauftragt, das Blight-Problem zu lösen. Das ist dein Auftrag, und nicht die Suche nach anderen."
"Das macht mir nichts aus."
"Ich habe dir gesagt, das ist nicht nötig."
"Aber es ist mein Wunsch. Ich werde nach Filli suchen und ihn sicher zurückbringen."
Der Gesichtsausdruck des Torwächters zerfiel völlig, als Luo Yan das sagte. Sein Körper begann zu zittern und dann griff er nach Luo Yans Hand. "Ja, ja, bitte bring meinen Sohn zurück", sagte er schließlich mit belegter Stimme, als würde er all seine Gefühle unterdrücken.
"Das werde ich."
Dann erschien plötzlich die Chibi-Version des Wildhüters vor Luo Yan. Der Junge mit den blauen Haaren und den blauen Augen trug immer noch eine Butleruniform und ein Monokel auf dem Gesicht. Über seinem Kopf zündeten sich Feuerwerke.
[Glückwunsch, Spieler Noctis! Du hast das versteckte Ereignis 'Rette Filli' ausgelöst! Filli ist ein gehorsamer Sohn, der seine Stärke unter Beweis stellen und seinen Vater stolz machen wollte. Deshalb ging er in die Mondsichellanden. Aber leider kehrte er nicht zurück. Geh und finde ihn. Wenn es dir gelingt, wartet ein sehr, und ich meine sehr wertvoller Gegenstand auf dich. Viel Glück!]
Er verneigte sich und dann verschwand der Chibi-Wildhüter.
Luo Yan lächelte. Es sah tatsächlich so aus, als ob ihm das Glück hold war.