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Chapter 59 - Erste Welt: Lin Jin Ich mag dich

Als er wie ein Sack Kartoffeln über die Schulter geworfen wurde, durchströmten Wen Qinxi zahlreiche Emotionen, darunter auch Demütigung. Er konnte Qie Ranzhes Gedanken in diesem Moment nicht nachvollziehen, er vermutete sogar, dass der Kerl bipolar sein könnte oder Ähnliches. Gerade noch hatte Qie Ranzhe vor Wut seinem besten Freund einen Stoß versetzt. Wenngleich Qie Ranzhe es nicht zum Ausdruck brachte, konnte Wen Qinxi fühlen, dass dieser entspannter als zuvor war und eine unergründliche Stimmung verbreitete, die der Nerd nicht deuten konnte.

Qie Ranzhe trug ihn bis zu seinem Zimmer, trat die Tür auf und setzte ihn dann mit ausdrucksloser Miene sanft ab. Die Situation kam Wen Qinxi seltsam vor, sein Gedankengang glich der Szene, in der der Bräutigam die Braut über die Schwelle trägt – nur dass es hier kein Märchenprinzessinnen-Tragen war.

Diese Gedanken wurden jedoch bald unterbrochen, als Qie Ranzhe ihn in eine zügige und fest umschließende Umarmung zog. Man könnte diese Umarmung als emotional und anhaltend beschreiben, bei der Qie Ranzhe sein Gesicht in Wen Qinxis Schulter vergrub. Wen Qinxi spürte, wie Hitze seinen Nacken erfasste und ein Kribbeln überkam ihn. Das war Wen Qinxi zu viel, und so löste er sich vorzeitig aus der Umarmung und tadelte Qie Ranzhe.

Qie Ranzhe war sichtlich unzufrieden und empfand einen starken Verlust, doch fand er nicht die Kraft, Lin Jingxie wieder in die Arme zu ziehen. Wen Qinxi, konzentriert darauf, ihn zu tadeln, bemerkte die subtilen Veränderungen in Qie Ranzhes Mimik nicht. "Warum musstest du es so weit treiben? Selbst wenn sie etwas Unangenehmes gesagt hat, wäre das Töten keine Lösung, oder? Ai... du bist so impulsiv. Du darfst dich nicht von deinen Gefühlen leiten lassen", ergossen sich seine Worte wie ein Strom, unbedacht von seiner Zunge.

Er lief auf und ab, als würde er etwas überdenken, und blieb abrupt vor Qie Ranzhe stehen: "Bist du dir der Konsequenzen deines Handelns bewusst? Die Zhao-Familie hätte uns durch die Hölle und zurück gezogen, wenn du sie getötet hättest. Sie würden mit Gewalt Rache üben und uns Probleme bereiten. Verdammt, vielleicht hätte ich mit dir fliehen müssen, um zu verhindern, dass sie dich umbringen", fühlte er sich wie Bonnie und Clyde, jedoch mit der Hoffnung auf ein besseres Ende als die beiden.

Die ganze Zeit über hatte Qie Ranzhe den Kopf gesenkt und so tat er als wäre er reuig, doch in Wahrheit war er in Gedanken anderswo, und erst als er über das gemeinsame Fliehen hörte, kehrte er in das Hier und Jetzt zurück. Überrascht hob er den Kopf, überwältigt von der Freude, dass Lin Jingxie bereit wäre, mit ihm auf der Flucht zu sein. Diese Erkenntnis ließ sein Herz in süße, fluffige Zärtlichkeit zerschmelzen, die sich in seiner Brust ausbreitete.

Ohne Nachzudenken fragte er nervös: "Hast du keine Angst vor mir?", obwohl er sich vor der Antwort fürchtete. Sein Leben lang war er sich seines Potenzials bewusst, jedoch wusste er nicht, dass er zu so grenzenloser Wut fähig war. Als Kind, konnte er sich nicht erinnern, worüber er wütend war, nur dass er in Ohnmacht gefallen war und aufwachte, um festzustellen, dass die alte Dame von Bissen übersät war, die er verursacht hatte.

Quie Ranzhe war von Reue geplagt und hörte nicht auf, sich unter Tränen zu entschuldigen. Die alte Dame war nicht wütend, sondern beruhigte ihn mit kopftätschelnden Worten, er solle seine Wut im Zaum halten, um andere nicht zu verletzen. Von da an wusste er, dass er anders war, und er unterdrückte erfolgreich seine Wut – bis er Gefühle für Lin Jingxie entwickelte. Sobald Lin Jingxie respektlos behandelt wurde, konnte er sich nicht zurückhalten. Leider führte das dazu, dass er jene Banditen tötete.

Seine Erinnerungen an jenen Tag waren verschwommen; er konnte sich nur an wenige Dinge erinnern, der Rest war nebulös. Es tat ihm leid, die Banditen getötet zu haben, doch bereute er nicht, dass sie es gewagt hatten, seinen Mann anzufassen. In dem Augenblick, als sie ihre schmierigen Hände an Lin Jingxie legten, waren sie schon so gut wie tot. Das einzige Bedauern, das er verspürte, war, dass er Lin Jingxie so sehr eingeschüchtert hatte, dass dieser drei Tage lang sein Gesicht nicht zeigte – die längste Zeit, die sie seit Beginn ihrer freundschaftlichen Beziehung getrennt verbrachten.Diese drei Tage waren wie die Hölle und trieben Qie Ranzhe an den schmalen Grat zwischen Verstand und Wahnsinn. Hätte Lin Jingxie heute nicht auftaucht, hätte Qie Ranzhe geplant, ihn zu entführen und ihn öffentlich zu entlarven, wohlwissend, dass der Gefangene keine Fluchtmöglichkeit gehabt hätte, egal was er gesagt hätte.

"Nein... vielleicht", antwortete Wen Qinxi, als er merkte, wie durchdringend Qie Ranzhe ihn anstarrte. "Okay, ich habe Angst, wer hätte das nicht?" Wen Qinxi entschied sich, die Wahrheit zu sagen, die Qie Ranzhe bereits erwartet hatte. Der Junge sah kränklich blass aus und sein Gesichtsausdruck war niedergeschlagen, als wäre seine ganze Welt in sich zusammengebrochen.

Der traurige Ausdruck auf Qie Ranzhes Gesicht war einfach zu unerträglich, also fügte Wen Qinxi hinzu: "Aber ich weiß, dass du mir nie etwas antun würdest. Ich hatte vielleicht Angst, dich so wütend zu sehen, aber ich bin mir auch sicher, dass du mir nie weh tun würdest. Ich werde dir helfen, deine Wut zu kontrollieren, damit du dir keine Sorgen machen musst, okay?"

Diese Worte schienen Qie Ranzhe wieder Farbe ins Gesicht zu bringen, denn er eilte herbei, um ihn erneut zu umarmen. "Lin Jingxie, ich mag dich. Bitte verlass mich nicht", platzte es emotional aus Qie Ranzhe heraus, mit belegter Stimme. Er hatte nie beabsichtigt, so früh seine Gefühle zu gestehen, konnte aber seine Emotionen nicht kontrollieren und offenbarte seine Gefühle, ohne nachzudenken. Sofort bereute er seine Worte, als sie seinen Mund verließen, doch sie waren bereits ausgesprochen und unumkehrbar.

Wen Qinxis Herz setzte aus, als Qie Ranzhe das sagte, doch er beruhigte sich sofort wieder, als er erfasste, was gemeint war. Basierend auf seiner Kenntnis von Qie Ranzhe aus der Vergangenheit schloss er darauf, dass es sich um eine freundschaftliche Zuneigung handelte. Erstens war Qie Ranzhe gerade wie ein Bügelbrett, obwohl er sowohl Fan-Girls als auch Fan-Boys hatte. Zweitens erinnerte er sich, dass Qie Ranzhe seinem engen Freund in der Klasse ein paar Mal ähnliches zugerufen hatte. Es hieß immer "Laozi mag dich sehr" oder "der Ahne liebt dich sehr", selbst bei so einfachen Dingen wie dem Frühstückskauf, auch wenn er es damals persönlich unangenehm empfand, wenn die Jungs das zueinander sagten.

In dem Wissen, was Qie Ranzhe meinte, antwortete er: "Ich mag dich auch und ich würde dich nie im Stich lassen. Du hängst an mir wie das Weiße am Reis und wirst mich nicht los, egal was passiert", während ein aufrichtiges, beruhigendes Lächeln sein Gesicht zierte.

"Wirklich?" fragte ein ekstatischer Qie Ranzhe, dessen Gehirn weit über dem siebten Himmel schwebte, bevor er wie ein Raumschiff, das beim Verlassen der Stratosphäre plötzlich den Treibstoff verliert, abstürzte. Sein Herz entflammte, als ihm klar wurde, dass sie sich auf unterschiedliche Arten von Zuneigung bezogen.

"Muss du das fragen? Du bist mein Freund, wie könnte ich dich im Stich lassen?", sagte Wen Qinxi und schuf Distanz zwischen ihnen. Als die Wärme seiner Arme verschwand, war Qie Ranzhe entmutigt, aber versuchte nicht, dies zu klären, denn es war klar, dass Lin Jingxie ihn sicher abweisen würde. Er schien in der Freundschaftszone festzustecken und wusste nicht, wie er Lin Jingxies Wahrnehmung von ihm ändern könnte, ohne völlig durchzudrehen.