Shui Yins Augen waren feucht. Tränen fielen aus seinen Augen, rannen seinen schlanken weißen Hals entlang und benetzten seine langen Schmetterlingswimpern.
Er umarmte sie fester, darauf achtend, dass seine Tränen ihr Haar nicht nass machten, und hob sein Gesicht von ihrem Kopf.
Xuexue, wusste sie denn nicht, dass alle Vertragspartner, insbesondere bei einem Seelenvertrag, ihre Gedanken hören konnten, wenn sie die Kommunikation über den Vertragskanal nicht abschließt?
Er beruhigte sich und tat so, als würde er ihre Gedanken nicht hören. Wenn sie wüsste, dass er ihre Gedanken hören konnte, würde sie ihre Gedanken abschotten, so dass er nie erfahren würde, was sie in Zukunft dachte.
"Meisterin, ich werde weiterhin meine Sachen zusammenpacken." Er ließ sie los und drehte ihr den Rücken zu, um seine Tränen zu verbergen. Er sah in den azurblauen Himmel. Seine Stimme war fest; niemand konnte erahnen, dass ein so großer und starker Mann durch ihre Worte berührt sein würde.
"Das musst du nicht tun. Ich habe einen Platz für dich, an dem du leben kannst." Sie entschied, ihn zu unterbrechen, als sie sah, wie beschäftigt er war. Dies und das vorbereiten.
Xiu Wanxue schloss die Augen und wischte ihre Gefühle fort, während sie lächelte.
Es war das zweite Mal in ihrem neuen Leben, dass sie mit echten Gefühlen lächelte. Das erste Mal lächelte sie Onkel Ru an, das zweite Mal Shui Yin.
Nur Menschen, die sie wiedererkannte, zeigte sie ihr wahres Lächeln.
Shui Yin wischte mit seiner spirituellen Kraft die Tränen fort und drehte sich um, als er ihre zitternde Stimme wahrnahm. Zufällig erblickte er ein Lächeln, das so strahlend war, wie er es noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte.
"Meine Meisterin, wollt ihr mich überraschen?" Ihr Lächeln lenkte seine Tränen ab.
Sie nickte, ergriff seine Hand und führte ihn in ihre kleine Welt.
"Das ist ein wunderbarer Ort!" Als Shui Yin die malerische Landschaft in der kleinen Welt erblickte, leuchteten seine silbernen Augen auf und wechselten von Silber zu traumhaften und regenbogenfarbenen Nuancen.
Wenn man genau hinsah, konnte man einen winzigen Tränentropfen an seinen Wimpern hängen sehen.
"Meine Meisterin, ich möchte, dass du alle Ressourcen des kleinen Waldes draußen entwurzelst und hierher transplantierst. Könntest du das tun?"
"Ich werde meiner Meisterin auch helfen." schlug Shui Yin vor.
"Bist du sicher?" Das hatte sie nicht bedacht.
"Ja, wenn diese Ressourcen in die Hände guter Menschen gelangen, ist das ein Segen. Andernfalls wäre es eine Verschwendung dieser Geistfrüchte und -gräser, wenn schlechte Menschen die Ressourcen des Paradieswaldes zerstören." Shui Yin analysierte die Wahrheit.
Xiu Wanxue dachte einen Moment nach, bevor sie zustimmte.
Sie wusste, dass diese Ressourcen eines Tages in die Hände von Xiu Wanxia fallen würden.
Da Xiu Wanxia in der Lage war, sie so herzlos zu töten, zerbrach das Bild ihrer Feenzwillingsschwester. Sie glaubte nicht mehr, dass Xiu Wanxia eine reine und gütige Person war.
Ist also Xiu Wanxia nach Shui Yins Analyse eine schlechte Person?
"Zuerst möchte ich dir etwas über diese kleine Welt erzählen. Ein Tag hier drinnen entspricht einer Stunde dort draußen." Sie begann ihm die Funktionen der kleinen Welt zu erklären.
Später erzählte sie ihm von ihrem Leben mit Xiu Wanxia, verschwieg jedoch, dass sie wiedergeboren wurde.Sie hatte das wahre Gesicht von Xiu Wanxia noch nicht enthüllt, weil sie wissen wollte, wie er reagieren würde, nachdem sie ihm erzählt hatte, wie Xiu Wanxia sich ihr gegenüber von außen hin gegeben hatte.
"Sanft, lieblich, freundlich? Mein Meister, seid Ihr sicher, dass Ihr mir nicht von einer falschen weißen Lotusblume erzählt habt?" Shui Yin ließ sie auf seinem Schoß Platz nehmen, ungeachtet ihres Widerstandes.
Er muss Xuexue an seine Anwesenheit und seinen Körper gewöhnen, damit sie ihm ihr Herz öffnet.
"Glaubst du, dass sie eine weiße Lotusblume ist? Warum?" fragte Xiu Wanxue mit ungerührter Miene. Sie war der Ansicht, dass jeder diesen Persönlichkeitstyp lieben würde.
"Diese Person ist nicht nur eine falsche weiße Lotusblume, sondern eine verdorbene." Shui Yin fühlte Abscheu. Diese Person, die behauptete, Xuexues Zwillingsschwester oder ähnliches zu sein, benahm sich wie die falschen Menschen, die er kannte.
Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken an die Frau mit demselben Gesicht wie Xuexue, die vorgab, rein und gütig zu sein, sich aber heimtückisch und mit finsterem Herzen verhielt.
Verdammt noch mal! Er konnte es kaum erwarten, dieser Frau das Fell über die Ohren zu ziehen. Er war nicht so töricht, nicht zu erkennen, wer echt und wer falsch ist.
"Xuexue, dein Meister und deine Sektenbrüder sind blind." Shui Yin empfand Mitleid mit diesen Männern.
Als Mann konnte er ihre Gefühle nachvollziehen. Er stellte sich ihre Gesichter vor, als sie herausfanden, was für eine abscheuliche Person diese Frau war.
Er verstand, dass diese Männer diese verdorbene weiße Lotusblume womöglich aufrichtig liebten. Sich in diese Frau zu verlieben, war nicht ihr Fehler. Ihr Fehler war, dass sie sich von ihren Taten und Worten blenden ließen und Xuexue verletzten!
Sich in die falsche Person zu verlieben und dies als ihre Sünde zu betrachten, Xuexue verletzt zu haben - niemand konnte steuern, wen er mochte, aber das war kein Grund, Xuexue zu verletzen.
Dies war für sie die schlimmste Strafe, Xuexue Schaden zugefügt zu haben.
Selbst wenn Xuexue ihm nicht gesagt hatte, dass diese Menschen sie verletzt hatten, konnte er ahnen, dass diese verdorbenen weißen Lotusse absichtlich alle dazu gebracht hatten, Xuexue als schlechte Person zu sehen.
Wenn jemand Xuexue Schaden zufügen würde, würde er diese Person töten! Und jene Männer waren genauso. Jemand hatte ihre verdorbene weiße Lotusblume verletzt; sie würden nicht tatenlos zusehen.
Es wäre amüsant, wenn diese Männer eines Tages herausfänden, dass die Person, die sie liebten, nicht einmal mit einem Haar von Xuexue vergleichbar wäre.
Dasselbe Aussehen, dieselben Gesichtszüge, doch das falsche Herz dieser Frau könnte niemals mit dem echten Herzen von Xuexue verglichen werden.
Shui Yin wirkte auf den ersten Blick wie eine reine weiße Lotusblume; wer hätte gedacht, dass er ein getarnter schwarzer Lotus war? Xiu Wanxia konnte in keiner Weise mit ihm konkurrieren. Die Tricks dieser verdorbenen Frau waren kindisch im Vergleich zu seinen und zu denen seiner Vettern.
"Yin, was ist los?" Xiu Wanxue war verwirrt, als sie keine Antwort von Shui Yin erhielt.
"Mein Meister, was habt Ihr gesagt?"
"Ich sagte, dass heute mein und meiner Zwillingsschwester Geburtstag ist. Ich muss zurückkehren und sie treffen." Sie sagte.
"Xuexue, warum nutzen wir nicht diesen Augenblick und verlassen die Sekte?" schlug Shui Yin vor.
"Ich werde Onkel Ru bitten, mit uns zu kommen. Er lebte allein in der Sekte, und ich fürchte, dass meine Zwillingsschwester ihm etwas antun wird. Ich traue ihr nicht." Sie schüttelte den Kopf.
"Onkel Ru, ist das die Person, von der du mir erzählt hast und die nicht auf deine faule weiß Lotusblumen-Schwester hereingefallen ist?" Shui Yin dachte nach.
"Ja ..." Xiu Wanxues Lippen zuckten. Sie hatte diesen Satz nicht gesagt. Sie hatte nur erwähnt, dass Onkel Ru sie gut behandelt hatte und seinen Standpunkt ihr gegenüber nie geändert hatte, selbst nachdem er Xiu Wanxia begegnet war.