Gu Zhou fand es immer noch unglaublich, dass jemand, der so sanft und unschuldig wirkte, tatsächlich so fähig sein konnte. Er spürte, dass die kleine Schlange sich nicht unterwerfen wollte und sich immer noch für einen Kampf aufbäumte. Mit gerunzelter Stirn befahl er leise: "Lan!"
Die blaugrüne Python rieb ihren Kopf an Gu Zhous Kinn, versuchte ihren Meister zu erfreuen und wirkte dabei extrem gehorsam. Wer es nicht besser wüsste, würde meine, sie sei nichts weiter als eine Marionette. Gu Zhou streckte die Hand aus, berührte den Kopf der Schlange und im nu wand sich die Schlange um sein Handgelenk wie ein Armband. Er ging zum Sofa, betrachtete Qiao Nians Brautkleid und sagte mit gleichgültiger Miene: "Die Qiao-Familie hat ganz schön Mut. Sie haben es tatsächlich gewagt, eine Ersatzbraut zu schicken."
Obwohl es nur ein beiläufiger Kommentar war, konnte Qiao Nian eine starke Unterdrückung in Gu Zhous Haltung spüren. Seine Ausstrahlung war durchgehend kühl. Wenn sie sich nicht irrte, hatte Gu Zhou den Befehl gegeben, sie mit der Schlange anzugreifen. Bei diesem Gedanken lächelte Qiao Nian.
"Schlangensuppe ist sehr nahrhaft. Herr Gu, hätten Sie gerne welche?" fragte Qiao Nian unerschrocken. Aus seinem kühlen Blick las sie seine Missbilligung.
Qiao Nian sah zu, wie Gu Zhou auf sie zukam und sie musterte. Aus irgendeinem Grund, kam ihr in den Sinn, wie ähnlich dieser rätselhafte Mann demjenigen gegenüber ihr jetzt sah, an jene Nacht, fünf Jahre zuvor.
Noch in Gedanken vertieft, packte Gu Zhou Qiao Nians Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Mit einer tiefen und magnetischen Stimme verspottete er sie: "Die Qiao-Familie hat ihre eigene Tochter gezwungen, eine lebende Witwe zu sein, und das nur für ein kleines Verlobungsgift?"
"Entschuldigen Sie, aber ich werde keine Witwe sein." Obwohl Qiao Nian verwirrt war, zeigte sie nach außen Ruhe. Furchtlos schaute sie Gu Zhou in seine unergründlichen Augen und sagte: "Herr Gu, Sie brauchen sich nicht selbst zu verfluchen. Sie werden nicht sterben und ich werde keine Witwe sein!"
Du wirst nicht sterben!
Diese Worte ließen Gu Zhou einen Moment lang sprachlos zurück. So lange er sich erinnern konnte, hatte jeder in seinem Leben ihm gesagt, dass er das Alter von zwanzig Jahren nicht überleben würde. Obwohl er sich auf verschiedene medizinische Mittel gestützt hatte, um noch fünf weitere Jahre zu leben, spürte er, wie seine Lebenskraft stetig schwand. Er näherte sich bereits dem Ende seines Lebens.
Dieses junge Mädchen hatte tatsächlich den Mut zu sagen, dass er nicht sterben würde! Sie war wirklich eine naiv-kühne junge Frau.
Gu Zhou lächelte leicht und seine Augen leuchteten auf. Sanft strich er Qiao Nians Haar hinter ihr Ohr und fragte interessiert: "Warum, glauben Sie, Sie können mich retten?"Die Gu-Familie war in der ganzen Welt bekannt. Jeder in der Familie hatte berühmte Ärzte konsultiert, aber keiner konnte ihm helfen. Die Ärzte waren sich einig, dass er nicht älter als zwanzig Jahre werden würde.
Qiao Nian hatte das Gefühl, dass der Mann ihr gegenüber nicht mehr feindselig gesinnt war. Ernst sagte sie: "Ihr Gesicht verrät mir bereits Ihren Gesundheitszustand."
Beobachten, Hören, Fragen stellen und den Puls fühlen waren die vier grundlegenden diagnostischen Methoden der traditionellen chinesischen Medizin.
Gu Zhous Augen verdunkelten sich. Die Schlange an seiner Hand wand sich um Qiao Nians Hals. Er zog die Hand zurück, als würde er eine Leiche betrachten.
Qiao Nian griff erneut ruhig nach der sieben Zoll langen Schlange, die in ihrer Hand schlaff wurde. Sie drehte den Kopf, blickte zu Lan und sagte leise: "Lan, ist es nicht schön, am Leben zu sein? Möchtest du wirklich, dass ich dich in eine medizinische Zutat verwandle? Lebend könntest du fünf bis sechs Millionen Yuan wert sein. Tot wärst du bei Weitem nicht so viel wert. Möchtest du wirklich sterben?"
Daraufhin schnippte Qiao Nian Lan lässig auf das Sofa an der Seite. Sie lehnte sich vor und trat näher an Gu Zhou heran, ein Lächeln auf dem Gesicht. "Ich kann dir helfen!"
"Du willst mir helfen?" Gu Zhou sah Qiao Nian mit einem unergründlichen Lächeln an. Als er in ihre klaren Augen sah, war er aus irgendeinem Grund seltsam berührt. Wenn er weiterleben könnte, wäre er definitiv bereit dazu. Doch dieses junge Mädchen schien zu naiv zu sein.
Ärzte waren keine Götter. Sie konnten nicht jeden retten.
Zudem gab es zahlreiche seltene Krankheiten auf der Welt, die schlichtweg unheilbar waren. Gu Zhou wusste, dass er schon lange krank war und dass für ihn keine Hoffnung mehr bestand. "Willst du mir helfen, um der Familie Qiao einen Gefallen zu tun?"
"Nein", antwortete Qiao Nian und schüttelte den Kopf. Sie nahm Gu Zhous Hand in ihre. Seine Hand fühlte sich außergewöhnlich kühl an. Als er sie zurückziehen wollte, hielt sie sie fest und sagte: "Wenn ich hier nicht bleiben kann, wird mich meine Familie zurück ins Krankenhaus bringen, wo ich eingesperrt sein werde."
Ihre Hände fühlten sich an wie von der Wintersonne erwärmt - eine berauschende Wärme.
Diese Wärme breitete sich langsam von seinen Händen in seinen ganzen Körper aus. Gu Zhou sehnte sich nach mehr davon. Er bewahrte eine kühle Miene, bevor er zu Qiao Nian aufblickte und neckte: "Diese Patientin aus der Psychiatrie entpuppt sich als ziemlich interessant!"
Qiao Nian zuckte kurz zusammen – sie hatte nicht damit gerechnet, dass dieser Mann wusste, wer sie war. Sie hob den Blick, um Gu Zhou anzusehen, doch er blickte bereits kalt zur Seite.
Sie senkte ihren Blick und lächelte still. Es schien, als wäre der Zweite Junge Meister Gu, dem nachgesagt wurde, er sei skrupellos, in Wirklichkeit recht freundlich.
Sein Körper schien jedoch tatsächlich fast ohne Kraft zu sein…
[1] Lan bedeutet Bergnebel.