Qiao Nian räumte auf und ging zur Treppe. Gerade als sie dort ankam, beobachtete sie, wie Lan von Gu Zhous Füßen aus auf Qiao Xin zu schwirrte.
Sie hielt inne und betrachtete Gu Zhou interessiert. Was hatte er wohl vor?
"Ah!"
In dem Moment, als Lan sich Qiao Xin näherte, erblasste diese und schrie auf.
"Lan, komm zurück!"
Auf Gu Zhous Kommando hin kroch Lan selbstgefällig zurück zu Gu Zhou.
Qiao Nian warf Gu Zhou einen bedeutungsvollen Blick zu. Also testete Gu Zhou sowohl sie als auch Qiao Xin absichtlich. Qiao Nian fragte sich, warum.
"Schätzchen, habe ich dich gestört?" fragte Gu Zhou leise, als er an der Treppe stand und zu Qiao Nian aufsah.
Mit einem süßen Lächeln im Gesicht stieg sie langsam die Treppe in ihrem beigen Kleid hinab. Als sie Gu Zhou erreichte, grüßte sie: "Guten Morgen!"
"Ich habe die Diener gebeten, das Frühstück zu richten." Gu Zhou erhob leicht den Arm.
Qiao Nian warf Gu Zhous Arm einen fragenden Blick zu. Sie traf auf seinen lächelnden Blick und nahm zögerlich seinen Arm.
Was hatte dieser Mann vor?
Inszenierte er eine Aufführung für Qiao Xin?
Gu Zhou beachtete Qiao Xin überhaupt nicht und ging mit Qiao Nian am Arm in Richtung Speisesaal.
Qiao Nian hatte ohnehin nie ein gutes Verhältnis zu Qiao Xin, so kam ihr nicht in den Sinn, Qiao Xin zum Frühstück einzuladen.
Qiao Xin betrachtete die sich auf Gu Zhous Bein zusammenrollende Schlange und zitterte. Als sie sich jedoch daran erinnerte, dass sie Gu Zhou näherkommen wollte, stand sie auf und fasste sich ein Herz, um dem Paar in den Speisesaal zu folgen.
Im Speisesaal setzte sich Qiao Xin neben Qiao Nian. Über den Tisch hinweg betrachtete sie die Schlange und erzitterte vor Angst. Sie wandte sich an Qiao Nian und fragte leise: "Schwester, hast du keine Angst?"
"Vor was?" fragte Qiao Nian gelassen.
"Vor dieser Schlange!" Qiao Xin zitterte unkontrolliert. Heute Morgen hatte sie sich noch gefreut, als sie von ihrer Mutter erfuhr, dass jemand aus der Gu-Familie sie abholen würde. Hätte sie gewusst, dass es bei den Gus eine Python geben würde, hätte sie sich geweigert zu kommen.
"Warum sollte man davor Angst haben?" Qiao Nian betrachtete Qiao Xin unverwandt mit ruhigem Ausdruck. Bedächtig antwortete sie: "Es ist nur eine Schlange. Findest du sie nicht süß?"
Qiao Xin: ...Qiao Nian fügte hinzu: "Lans Nettovermögen ist viel höher als Ihres. Wie kannst du es wagen, darauf herabzusehen!"
Qiao Xins ganzes Gesicht verfinsterte sich.
Sie war ein Mensch! Wie konnte man sie mit einer Bestie auf eine Stufe stellen?
Nein.
Qiao Nian schien anzudeuten, dass sie noch weniger wert war als eine Bestie!
Qiao Xin blickte zu Boden. Im Moment konnte sie es kaum erwarten, den Besitzer des Jadeanhängers zu treffen. Wenn es ein alter Mann war, würde sie Qiao Nian einfach als das Mädchen von vor Jahren ausgeben. Wenn es Gu Zhou oder ein junger, gut aussehender und reicher Freund von Gu Zhou war, würde sie einfach vorgeben, der wahre Besitzer des Jadeanhängers zu sein!
Qiao Xin wurde ganz aufgeregt, als sie nur daran dachte. Ganz gleich, wer der Mann sein würde, sie würde von der Situation profitieren. Wenn Qiao Nian vortreten wollte, während Qiao Xin behauptete, der Anhänger gehöre ihr, dann würde Gu Zhou mit Sicherheit erkennen, dass Qiao Nian nicht so rein und keusch war, wie es schien!
In diesem Fall würde Qiao Nian vielleicht sogar an die Schlange verfüttert werden!
Qiao Xin unterdrückte ihr Lachen und senkte ihren Kopf weiter.
Gu Zhou, der direkt gegenüber von Qiao Nian saß, hatte den selbstgefälligen Gesichtsausdruck von Qiao Xin bereits bemerkt. Er runzelte die Stirn.
Nach dem Frühstück wischte sich Qiao Xin den Mund mit einem Taschentuch ab. Sie schaute zu Gu Zhou auf und setzte eine sanfte Fassade auf. "Schwager, wann wird diese Person ankommen?"
Qiao Nian wischte sich ebenfalls den Mund ab. Bei Qiao Xins Worten hielt sie kurz inne, wischte sich dann aber weiter den Mund ab, als ob nichts wäre.
"Er ist erst heute Morgen mit dem Flugzeug angekommen", sagte Gu Zhou gleichgültig. Als er einen Anflug von Enttäuschung in Qiao Xins Augen sah, fuhr er fort: "Warten Sie hier eine Weile!"
Mit diesen Worten stand Gu Zhou auf und ging. Doch Lan ging nicht. Stattdessen schlüpfte sie an Qiao Nians Seite und klammerte sich charmant an ihr Handgelenk, wie ein verwöhntes Kind.
"Okay, Schwager!" Qiao Xin antwortete gehorsam und sah dabei so rein aus wie ein weißer Lotus.
Qiao Nian verdrehte leise die Augen.
"Schwester! Ah!" In diesem Moment war Qiao Xins ganze Aufmerksamkeit auf Gu Zhou gerichtet gewesen. Sie bemerkte gar nicht, wie die Schlange auf Qiao Nians Handgelenk kletterte. Völlig verängstigt stand sie schnell auf und ging zwei Schritte zurück, doch sie stolperte über den Stuhl und fiel auf den Boden.
"Autsch." Qiao Nian stand ebenfalls auf und ihr Blick fiel auf das Gesicht von Qiao Xin. Mit unbekümmerter Miene fragte sie: "Bist du gelähmt?"
Qiao Xins Augen waren durch den Schmerz des Sturzes mit Tränen gefüllt, aber bei Qiao Nians Worten verwandelte sich ihr Ausdruck in Schock. Sie schaute ihre Schwester ungläubig an.
Ihre Schwester schien ein ganz anderer Mensch geworden zu sein, als sie es früher war. Als Qiao Xin in die teilnahmslosen Augen von Qiao Nian blickte, musste sie ihren Unmut zurückhalten. Sie stand auf und sagte kalt: "Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss, Schwester. Leider geht es mir gut."
"Ich bin in der Tat ein wenig enttäuscht", sagte Qiao Nian gleichgültig. Ihr Blick fiel auf den Jade-Anhänger an Qiao Xins Hals. "Da du mir helfen willst, den Mann von vor fünf Jahren zu finden, werde ich dir eine gewisse Genugtuung verschaffen. Wollen Sie mal raten, was aus Ihrem Leben wird, wenn ich Ihre abscheulichen Taten öffentlich mache?"