Chapter 16 - Unterstrom

In einem schwach beleuchteten Raum spielte sich ein Schauspiel des Schreckens ab. Ein Mann war an einen Stuhl gefesselt, seine Schmerzensschreie hallten von den kalten Metallwänden wider, während die Frau, die vor ihm stand, unerträgliches Leid über ihn brachte.

Ihr wallendes weißes Haar umspielte ihre Schultern und verlieh ihr eine ätherische Schönheit, die im krassen Widerspruch zur Grausamkeit in ihren Augen stand. Trotz ihrer wohlgeformten Gestalt zeugten ihre Handlungen von Bosheit.

Bald darauf gesellte sich eine weitere Gestalt, ein Mann, zu ihnen.

"Herrin Lyanna," sprach er sie mit bedacht an, "Meister Magnus hat eine Familienversammlung einberufen, und Ihre Anwesenheit ist verpflichtend."

Die Worte des Mannes veranlassten Lyanna dazu, ihren Blick von ihrem gegenwärtigen Opfer auf den soeben eingetroffenen Fremden zu richten. Ihr durchdringender Blick schien ihn zu durchbohren und ließ ihn erschaudern.

Ein Gefühl der Beklommenheit überkam ihn, als er das volle Ausmaß ihrer Fähigkeiten und ihrer Grausamkeit erfasste. 'Beängstigend!' dachte er, seine innere Stimme war von einer Mischung aus Furcht und Ehrfurcht gefärbt.

Der Mann fühlte sich von dem intensiven Blick der Frau vor ihm gefangen, er war überwältigt von ihr.

Lyanna, die geheimnisvolle Anführerin des Silent Nexus, war stets für ihre kalte Ausstrahlung und ihre strategische Präzision bekannt. Jede ihrer Handlungen war genau kalkuliert und reflektierte ihre Fähigkeit, Ergebnisse vorauszusehen.

Doch der Schmerz, den sie verursachte, offenbarte einen erschreckenden und zugleich faszinierenden Aspekt ihrer Persönlichkeit. Mit einer subtilen Handbewegung signalisierte Lyanna dem Mann, zu gehen, und wandte sich wieder ihrer düsteren Arbeit zu.

Die Zeit verging und schließlich trat Lyanna aus der Kammer, auf ihren Lippen spielte ein bösartiges Lächeln. Ihre einstige Kühle hatte sich in eine fast überschwängliche Erwartung verwandelt. "Endlich", murmelte sie aufgeregt vor sich hin, "es wird interessant werden."

***

In einem eleganten Speisezimmer saß Nathan, ein Mann mit einem freundlichen, rundlichen Gesicht und schlohweißem Haar, beim Mittagessen mit seiner Familie. Sie plauderten und lachten.

Plötzlich trat sein Butler heran und flüsterte ihm etwas über eine Familienversammlung zu. Nathans Miene zeigte kurz einen Anflug von Sorge, bevor er wieder ein höfliches Lächeln aufsetzte.

"Danke, Ren", sagte er in beherrschtem Ton. Der Butler verbeugte sich und zog sich zurück, Nathan musste sich mit der plötzlich veränderten Atmosphäre auseinandersetzen. Als seine Familienmitglieder ihn neugierig ansahen, äußerte Nathans Frau ihre Besorgnis. "Ist alles in Ordnung, Liebster?", fragte sie.

Nathans Lächeln blieb unverändert, während er sie beruhigte, und seine Augen begegneten ihren mit einem besänftigenden Blick. "Es gibt keinen Grund zur Sorge, meine Liebe", antwortete er, seine Stimme trug eine beruhigende Unternote. 'Die Dinge werden bald problematisch werden.'

Ein düsterer Gedanke hallte in seinem Kopf wider. Als Leiter des Ravencrest-Konsortiums konnte Nathan dank seiner Weitsicht die Veränderungen vorhersehen, die dieses unerwartete Familientreffen zweifellos mit sich bringen würde.

Nach einem letzten Schluck Wein nahm Nathan sich einen Moment Zeit, um seine Gedanken zu ordnen.

***

Inmitten eines mit leblosen Körpern übersäten Feldes stand eine einsame Gestalt, die Macht und Verwüstung ausstrahlte.

Seine erhabene Erscheinung und sein weißes Haar setzten sich gegen das Chaos seiner Umgebung ab, seine tadellose Kleidung bot einen schroffen Kontrast zur Gewalt auf dem Schlachtfeld.

Unvermittelt erschien ein weiterer Mann vor ihm und sank auf ein Knie. Doch der hochrangige Krieger zeigte keine Überraschung über das unerwartete Erscheinen.

In der Stimme des Großmeisters schwang Autorität, als er sprach, ein Zeichen für seinen Rang.

"Echo, ich hoffe, niemand ist entkommen?"

Seine Frage wurde bejaht. "Nein, Meister Sirius", antwortete der Mann, sein Tonfall verriet Zuversicht.

"Es gibt eine Nachricht von Zuhause, Meister", führte Echo fort.

Sirius' Neugier war geweckt. "Ah, und welche?" fragte er.

Als Echo die Nachricht von Ariels Tod und der von Magnus einberufenen Familienversammlung überbrachte, wurde Sirius wütend, sein Gesichtsausdruck verzerrte sich vor Zorn.

"Ariel wurde getötet?" zischte er, ungläubig vor Empörung. Der Gedanke, dass jemand es gewagt hatte, die Familie Ravenstein herauszufordern, entfachte in ihm eine brennende Wut.

Seine nächsten Worte waren entschlossen und klangen mit einer erschreckenden Endgültigkeit. "Wir brechen ab", erklärte er, seine Stimme durchdrungen von Gift.

Die Implikation war klar – wer auch immer für Ariels Tod verantwortlich war, würde den Zorn der Ravensteins zu spüren bekommen. Sein Wort hatte Gewicht, denn dieser Mann ist das Oberhaupt der Raven Vanguard, Sirius Ravenstein.

Gleichzeitig breitete sich die Welle der Konsequenzen auch anderswo aus und spiegelte Sirius' Entscheidung wider. Die Grundfesten von Macht und Einfluss erzitterten, als verschiedene Mitglieder der Familie Ravenstein gleichzeitig ihre Präsenz zeigten, ganz gleich, wo sie sich befanden.

Die Landschaft des menschlichen Herrschaftsbereichs stand kurz vor einer Veränderung, und das Leben zahlloser Menschen würde durch die Entscheidungen, die in diesem schicksalhaften Familientreffen getroffen würden, unwiderruflich beeinflusst werden.