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Chapter 18 - "Ein Auftrag"

Ainsley war in Gedanken versunken und so konzentriert, dass sie nicht einmal bemerkte, wie sie bereits die große Halle betreten hatte. Die Krönungszeremonie war schon vor geraumer Zeit begonnen, doch sie schien noch immer verträumt.

Ah... was ist mit meinen zwei Fähigkeiten, dem scharfen Gehör und der Charme-Kraft? Ich muss sie trainieren und den Schlüssel finden, sie zu kontrollieren. Ich muss die Schwächen und Grenzen jeder Fähigkeit kennenlernen.

Kann eine Fähigkeit stärker werden? Was, wenn jede Kraft stagniert, so wie das angeborene Talent eines Menschen? Falls dem so ist, muss ich herausfinden, wie stark meine Kräfte sind.

Ich sehe viele Leute mit denselben Fähigkeiten. Bedeutet das, dass ihre Kräfte gleichstark sind oder gibt es jemanden, der stärker ist, trotz gleicher Fähigkeit?

Gibt es eine einzigartige Kraft, die sonst niemand besitzt? Wenn ja, welche? Um hier zu überleben, muss ich das alles herausfinden.

Ainsley hatte viele Fragen, doch sie hatte keine Autorität, Informationen über diese Welt zu erhalten.

Normalerweise hätten Babys wie sie einen Tutor, der ihnen alles über diese Welt beibringt. Aber Ainsley hatte keinen.

Vielleicht würde sie nach der Krönung einen bekommen...

Ainsley hoffte nur, dass die Sloan-Familie sie behutsam behandeln und ihr die angemessene Fürsorge als Familienoberhaupt zukommen lassen würde.

Das ist richtig. Ich bin keine Erbin mehr. Jetzt bin ich das legitime Familienoberhaupt! Selbst wenn andere mich nur als Symbol sehen, denke ich nicht so. Ihnen geht es so, weil ich noch ein Baby bin.

Aber bin ich ein gewöhnliches Baby? Nein!

Ainsley kicherte leise, als der Älteste ihr eine hübsche, prinzessinnenhafte weiße Krone aufsetzte. Die Krone, besser gesagt das Diadem, war mit sieben bunten Juwelen geschmückt, die die Zweige der Sloan-Familie symbolisierten.

Aber Ainsley kümmerte sich nicht wirklich darum. Sie verhielt sich während der ganzen Krönungszeremonie gehorsam, doch ihre Gedanken waren woanders.

Hmmm, nach diesem... wird es ein geheimes Treffen zwischen den höheren Rängen und Elliana geben.

Ainsley warf einen Blick auf Elliana, die ebenfalls mit einer roten Tiara gekrönt wurde. Das Diadem symbolisierte den Schutz des Familienoberhauptes und würde ihr entnommen werden, sobald Ainsley erwachsen war.

Das ist noch 15 Jahre hin.

Trotzdem würde Elliana als Vertreterin von Ainsley als Familienoberhaupt agieren. Das heißt, die Höhergestellten würden ihr jedes Problem bezüglich der Sloan-Familie mitteilen.

Und das ist gut so! Das ist meine Chance! Wenn ich nichts weiß, werden diese Leute Elliana nach Gutdünken lenken. Dann würde sie zur nächsten Marionette externer Mächte.

Elliana ist nicht besonders genial. Sie wird nicht in der Lage sein, die Aufgaben der Familie zu bewältigen. Deshalb...

Ainsley behielt ihr unschuldiges Lächeln bei, als sie an Ellianas Ärmel zupfte. Während die anderen sich um den blauäugigen Ältesten scharten, dessen Name unbekannt war, gab Ainsley Elliana ein Zeichen, näher zu kommen.

"Ja." Elliana beugte sich herunter und legte ihr Ohr an Ainsleys Mund. Die bärenstarke Frau war noch genauso steif wie immer, selbst jetzt, wo sie zur Wächterin geworden war.

"El. Nimm mich überall mit (everywhere). Okay? Geh nicht allein (alone)!" Ainsley umarmte Ellianas Hals und setzte behutsam ihre Charme-Kraft ein.Sie konnte spüren, wie eine warme Energie aus ihrem Mund hervorströmte und langsam, aber sicher Ellianas Hals berührte.

Ellianas Herz setzte aus. Sie spürte eine seltsame Empfindung in sich aufsteigen, beachtete sie jedoch nicht.

"Ja. Überall hin mitnehmen." Elliana nickte und betrachtete Ainsleys glatte Wange, die sie sanft mit ihrer Fingerspitze streichelte.

Dieses Kind. Fühlt sie sich einsam? Sie möchte nicht von mir getrennt sein. Ich muss sie überallhin mitnehmen. Ich kann sie einfach nicht alleine lassen. Und wenn sie zu weinen beginnt?

Elliana verspürte ein tiefes Mitgefühl für Ainsley, die seit ihrer Geburt alleine war. Die Frau gelobte nochmals, ihr Leben dem Kind zu widmen, und bemerkte nicht, dass sie bereits in die süße Falle des Babys getappt war.

"Mmm. Hab dich lieb, El! (Ich liebe dich)." Ainsley rieb ihren Kopf am Hals der Frau, entschlossen, nicht aus ihrer Umarmung zu entkommen.

Genau so ist es richtig. Werde langsam zu meinem Schild und meinem Schwert. Ich werde dafür sorgen, dass unsere Familie gedeiht.

Hinter Ellianas Kopf zeigte Ainsleys Lächeln die List eines Rotfuchses.

Wie von Ainsley vorausgesagt, wurde Elliana noch in derselben Nacht zu einem Treffen gerufen. Die Vorgesetzten dachten, sie würde alleine erscheinen, doch die Frau kam, ein Baby im Arm haltend...

"Was soll das?! Warum haben Sie das junge Fräulein mitgebracht?" Der Vizeleiter des Riger-Familienzweigs schrie aus Leibeskräften. Sein kurzes schwarzes Haar schien in der düsteren Nacht zu glühen.

"Ja, Fräulein Elliana, was denken Sie sich? Das ist kein Ort für ein Kind!" Der Familienoberhaupt der Dober Familie schnaubte und strich sein glänzendes Silberhaar zurück, während seine roten Augen bösartig funkelten.

Sogar der Sekretär der Ale-Familie, die rechte Hand des Chale-Familienoberhauptes und die besten Kämpfer der Familien Raos und Lionel protestierten still.

Wer wäre so wahnsinnig, ein Kind zu einer Versammlung mitzubringen, die das Schicksal ihrer Familie verändern könnte?

Trotz der ablehnenden Blicke der Männer betrat Elliana den düsteren Raum, erhobenen Hauptes.

"Anweisungen befolgen. Befehl. Herrin." Elliana setzte sich unsanft und platzierte das Baby auf ihrem Schoß. Sie warf den Männern, die um den runden Tisch versammelt waren, mörderische Blicke zu.

"Es ist ein Befehl." betonte Elliana noch einmal.

Obwohl die Männer nicht ganz verstehen konnten, was Elliana damit sagen wollte, waren sie klug genug, das Wort 'Befehl' zu erkennen.

Jemand hatte dieser törichten Frau aufgetragen, das harmlose Familienoberhaupt zu so einer Versammlung mitzubringen?

Wer?

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