Das schlagartige Verbeugen von hundert oder mehr Personen gleichzeitig erschütterte Ainsley zutiefst. Ihre Kinnlade fiel herunter, als sie den Ältesten mit leuchtenden Augen anstarrte.
Dieser Großvater hat wahrlich eine hohe Stellung in der Familie inne! Kann ich ihn nicht zu meinem Vormund ernennen?
Ainsleys Augen funkelten unentwegt, während sie den Ältesten beobachtete. Ihr Vorhaben war so offensichtlich, dass der Großvater sich ein wenig bedrängt fühlte.
Er entschloss sich, Ainsleys Blick zu ignorieren.
"Heute wird die junge Miss als Oberhaupt der Familie gekrönt. Dafür benötigen wir einen Vormund, der als ihre rechte Hand agiert", erklärte der Älteste nach einem Räuspern den Zweck des heutigen Zusammentreffens.
Natürlich waren sich die anderen dessen bewusst und warteten nur auf eine Gelegenheit.
"Gut. Die junge Miss wird ihren Vormund persönlich auswählen. Beginnen wir also in der ersten Reihe. Tretet einzeln vor die junge Dame. Ihr habt jeweils 10 Sekunden Zeit."
Mit einer Handbewegung forderte der Älteste die Menschen in der vorderen Reihe auf, anzufangen.
Solch eine knappe Anweisung hätte jeden verwirren können, doch nicht die 1000 Personen im Raum, die sich bereits im Vorfeld vorbereitet hatten.
Kaum hatte der Älteste das Zeichen gegeben, stellten sie sich in einer geraden Linie auf dem roten Teppich auf und begannen, die junge Miss mit einem warmen Lächeln zu begrüßen.
"Ich grüße die Erbin, mein Name ist..."
"Hallo, junge Miss! Ich..."
"Ich stamme aus einer Nebenlinie der Familie. Ich kann..."
"Die junge Miss ist so anmutig! Wenn Sie mich wählen würden..."
Dutzende Personen stellten sich Ainsley vor und deuteten sofort auf die Vorteile hin, die sie haben würde, wenn sie sich für sie entschieden. Einige versuchten sie gar mit Essen und Spielzeug zu bestechen.
Andere demonstrierten ihre Kräfte, wie die Beherrschung von Wasser, Erde, Eis und dergleichen.
Viele umschmeichelten das Mädchen mit Geschenken, sodass sich die Präsente bereits zu einem kleinen Berg neben dem Thron auftürmten.
Bis jetzt hatte Ainsley über 50 Personen kennengelernt, doch keine hatte wirklich ihr Interesse geweckt. Vielleicht weiteten sich ihre Augen, wenn sie die Fähigkeiten der anderen sah, aber als Chuunibyou fand sie keinen mehr wirklich ansprechend.
Das Kind konnte nicht anders, als nach der hundertsten Person zu gähnen.
Diese Leute sind verdorben. Sie wirken kein bisschen nett. Haaa, mein linkes Auge zuckt. Ich muss auf die versiegelte Kraft in mir vertrauen, dass keiner von ihnen ein guter Vormund sein wird.
Ainsley beobachtete die Mitglieder mit unschuldiger Miene, obwohl sie sie genau beurteilte. Wenn sie jemanden zurückwies, würde sie natürlich kindisch erscheinen.
"Nöö, ihr seht gruselig aus."
"Ihr seid langweilig."
"Mag dieses Geschenk nicht."
"Du bist unhöflich."
"Deine Kraft ist schwach."
"Langweilig."
"Nächster!"
Ainsley gab sich wie ein verwöhntes, schrulliges Kind, das niemand handhaben konnte. Plötzlich mussten die Leute erkennen, dass die zukünftige Anführerin tatsächlich so arrogant und von sich selbst eingenommen war.
Sie blickte auf die Mitglieder mit so teilnahmslosen Augen, als könnte sie nichts amüsieren. Wenn das so war, müsste es doch leicht sein, ihr zu gefallen. Aber wie war die Realität?
Sie war zu unvernünftig!Über 200 Personen wurden abgewiesen, bevor sie auch nur ein Wort sagen konnten. Die Gründe?
"Du bist hässlich!"
"Du bist zu groß."
"Du bist zu dünn."
"Ich mag keine großen Brüste."
"Du bist eine Zicke."
"Ich will gutaussehende Männer."
Ainsley schnaubte arrogant. Sie wies hübsche Frauen zurück und erlaubte Männern nicht, mit ihr zu sprechen. Natürlich durften gutaussehende Männer mit ihr sprechen, aber letztendlich wies sie auch diese ab.
Das Mädchen, das die Hälfte der Gäste abgewiesen hatte, sorgte für großes Gemurmel unter ihnen.
"Ältester, ist das nicht zu unvernünftig? Wer kann ihre Vormundschaft übernehmen, wenn sie so unhöflich ist?"
"Absolut, Ältester, das junge Fräulein ist verdorben! Wir sollten ihr einen Lehrer an die Seite stellen!"
"Geehrter Ältester, ich denke, es ist falsch, ein unreifes Kind ihren Vormund wählen zu lassen."
"Ältester, sollten Sie nicht einen von uns als Vormund für das junge Fräulein bestimmen? Wenn das so weitergeht..."
"Ja, Ältester. Die Erbin gleicht einem wilden Pferd. Wir brauchen einen strengen Vormund, der ihr Manieren beibringt."
Die Gäste begannen, sich beim Ältesten zu beschweren. Sie äußerten ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Erbin. Sie dachten, sie wäre ein gutes Mädchen, weil sie früher ernst und heilig erschien.
Aber was ist jetzt? Sie wirkt wie eine Banditin!
Ainsley hörte natürlich die Bitten der Leute an die Ältesten mit ihrem feinen Gehör, aber sie zuckte es einfach weg.
In erster Linie würde sie sich wie ein normales Baby verhalten. Sie würde ihrem wahren Ich als "egoistisches Gör" treu bleiben. Sie brauchte die Würde der Erbin nicht mehr zu zeigen, sobald sie die Macht hatte, ihren Vormund zu wählen.
Ja, mein Auftreten war nur eine Warnung an diese Leute. Jetzt, wo ich weiß, dass es nicht funktioniert, warum sollte ich wie ein süßes kleines Mädchen agieren?
Ainsley schnaubte bei dem Gedanken und fuhr fort, Menschen abzulehnen, sobald sie ihre wahren Motive durchschaute, die meistens unrein waren.
Doch als der Älteste sie ansprach, verwandelte sie sich augenblicklich in ein süßes Enkelkind, was alle im Raum verblüffte.
"Ältester, lassen Sie sich nicht täuschen! Die Erbin ist wirklich unhöflich!"
"Hmmm, sie sieht für mich süß und gut erzogen aus." Der Älteste lächelte, aber sein Lächeln erreichte nicht die Augen.
Er wusste natürlich, dass diese Leute Ainsley nur ausnutzen wollten, und irgendwie drückte das Baby seine Abscheu gegenüber solchen Leuten aus.
Warum sollte er das kluge Baby tadeln? Sie muss die bösartigen Absichten dieser Leute gespürt haben. Also zeigte sie ihre egoistische Haltung, um sie zu vertreiben.
Entweder ist es geplant oder es passiert unbewusst. Wenn Ersteres zutrifft, dann muss die Erbin ein Genie sein.
Der Älteste konnte sich ein breites Lächeln bei diesem Gedanken nicht verkneifen.
In der Tat, Lady Ainsley ist ein Genie.
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