'"Nan Luo, du kannst jetzt herauskommen", seufzte der alte Meister Nan.
Hou Liang war verdutzt und richtete dann seinen Blick nach vorn. Jetzt, wo er sich auf den Eingang konzentrierte, konnte er tatsächlich die leichte Präsenz eines jungen Mannes wahrnehmen. Seine Lippen verzogen sich bei dem Gedanken, dass der junge Meister tatsächlich die Kampfkünste in einem solchen Ausmaß gemeistert hatte.
*Knister*
Mit zusammengepressten Lippen kam Nan Luo hervor. Er blickte zu seinem Großvater und rief: "Großvater, woher weißt du, dass ich es bin?"
"Wer sollte es auch sonst sein?" Der alte Meister Nan schnaubte verächtlich. Bei dem Anblick von Nan Luos Kleidung wusste der alte Meister Nan, dass der Lümmel ihm sicherlich nachfolgen würde, selbst wenn er ihn auffordern würde, umzukehren. "Aber wie kommst du darauf, dass es ausgerechnet heute sein muss?"
"Weil Hou Liang uns erlaubt hat, früher zurückzukehren", grinste Nan Luo. "Dieser geizige Kommandant würde uns niemals früher ausruhen lassen, wenn es nicht etwas Wichtiges gäbe. Also nehme ich an, dass er sich heute Abend auf den Weg machen will."
Der alte Meister Nan warf einen Blick auf Hou Liang, der ins Schwitzen kam. Es schien, dass der Kommandant immer noch nicht sonderlich gut darin war, andere zu täuschen; so gut nicht, dass sogar ein kleiner Bengel wie Nan Luo seine Absichten durchschauen konnte.
'Ich habe ihnen wirklich nichts gesagt.' Hou Liang hätte fast geweint.
Er hatte den beiden Kindern nichts verraten, und dennoch war es Nan Luo gelungen, zu erraten, dass sie jetzt gehen würden. Er fühlte, dass sein Talent als Kommandant, es einst geschafft zu haben, seine Feinde zu täuschen, stark nachgelassen hatte.
"Ich verstehe."
"Also, darf ich dir folgen, Großvater? Selbst wenn du nein sagen würdest, würde ich dir trotzdem heimlich folgen." Nan Luo grinste. Sein kleiner Körper war kalt, da er geduldig darauf gewartet hatte, dass sein Großvater sich bewegen würde. Jedoch wagte er es nicht sich zu bewegen, da sein Großvater ihn sicher entdecken würde.
Leider war seine Fähigkeit, seine Präsenz zu verbergen, noch nicht so ausgeprägt wie die seines Großvaters.
Der alte Meister Nan seufzte. Er dachte gerade darüber nach, ob Nan Luo es herausfinden würde und ob es Nan Hua genauso ergehen würde. Nan Hua war intelligenter und beobachtungsgeschickter als Nan Luo.
Wenn schon Nan Luo es herausfinden konnte, musste Nan Hua es ebenfalls wissen.
'Aber ich habe ihre Anwesenheit nicht gespürt.'
"Schön", gab sich der alte Meister Nan geschlagen und signalisierte Hou Lin in der Dunkelheit. Er wies die anderen an, ihre Umgebung genauer zu beobachten, denn Nan Hua musste in der Nähe sein.
Das kleine Mädchen verbarg ihre Präsenz noch besser als ihr Bruder.
"Ja!", rief Nan Luo freudig aus und eilte zur Seite des alten Meisters Nan. Sein kleines Gesicht zeigte ein glückliches Grinsen.
"Junger Meister, bitte zieh das hier an." Hou Liang reichte Nan Luo ein schwarzes Tuch, während er selbst eines trug.
Als Nan Luo sah, wie alle ihre Gesichter bedeckten, blinzelte er. Er hatte das Gefühl, dass es sinnlos sei, wenn sie versuchten, ihre Gesichter zu verbergen, denn es war selten, dass jemand so gebaut war wie sein Großvater. Nichtsdestotrotz tat er, was man ihm sagte, und legte das schwarze Tuch an.
"Junger Meister, hast du es deiner Schwester gesagt?", fragte Hou Liang leise.
"Nein, aber sie sollte in der Nähe sein, oder?", meinte Nan Luo und neigte den Kopf. Er konnte Nan Huas Präsenz nicht spüren, aber sie musste in der Nähe sein, da es nicht schwer war, Hou Liangs Absicht zu erraten.'Hou Liang war ratlos und kratzte sich am Hinterkopf. "Vielleicht?"
"…Commander Hou kann meine Schwester nicht spüren?" Nan Luo sah Hou Liang misstrauisch an.
Hou Liang lachte trocken und weigerte sich zu antworten. Es war ihm peinlich zuzugeben, dass seine Fähigkeiten nicht so ausgeprägt waren wie die eines kleinen Mädchens von nur neun Jahren.
Der alte Meister Nan wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu warten, und winkte mit der Hand. "Wir sollten gehen."
"In Ordnung."
Zischend gingen sie durch die Dunkelheit in Richtung Stadtrand. Das Huang Shi Restaurant lag auf der gegenüberliegenden Seite des Anwesens der Familie Nan, sodass ein großer Umweg erforderlich war, um es zu erreichen. Außerdem lag es nahe des Rotlichtviertels, was bedeutete, dass es auch mitten in der Nacht noch betriebsam war.
Nan Hua folgte ihnen still, während sie ihren kleinen Körper im Schatten verbarg. Obwohl ihre kleine Statur sie im Kampf benachteiligte, war sie vorteilhaft, um sich so in der Dunkelheit fortzubewegen.
'Hou Lin ist sehr aufmerksam.'
Mehrere Schatten in der Nähe ihres Großvaters waren so vorsichtig, dass Nan Hua Abstand halten musste. Wäre sie näher gekommen, hätten sie sie sicherlich entdeckt. Nan Hua verlangsamte ihr Tempo ein wenig und bemerkte, dass sie das Restaurant erreichten.
Das Restaurant war bereits geschlossen, und es gab nur noch einige Bedienstete, die nach dem Rechten sahen. Doch konnte sie auf dem dritten Stock in einigen Zimmern Präsenzen spüren.
Und wenn sie sich nicht irren würde.
'Long Qian Xing und Prinz, nein, Kaiser Yang Zhou sind dort.'
Nan Huas dunkle obsidianfarbene Augen blitzten auf, bevor sie sich geschwind bewegte und sich im Stockwerk darunter, in der Lücke zwischen den Böden, niederließ. Es war dunkel und eng, doch aus dieser Entfernung konnte sie ihr Gespräch hören.
Zisch!
Klopfen! Klopfen!
"Herein", ertönte die vertraute Stimme aus dem Raum. Nan Hua erkannte leicht den Besitzer dieser Stimme als ihren Verlobten, Long Qian Xing. Sie blieb stumm an ihrem Platz, tat so, als wäre sie nichts weiter als ein Stein, der nicht lebte.
Als Assassine war es ihre Spezialität, ihre Anwesenheit zu verbergen.
Solange sie sich nicht bewegen würde, sollte niemand in der Lage sein, zu bemerken, dass sie hier war.
Kreet!
Die Tür öffnete sich und der alte Meister Nan trat ein. Sein Blick glitt durch den Raum und blieb auf den beiden Jugendlichen in der Mitte, Kaiser Yang Zhou und Long Qian Xing, haften. Er ballte die Faust zum Gruß. "General Nan grüßt Seine Majestät, Kaiser Yang Zhou und den jungen Kommandanten Long."