Auch wenn Rood nicht einverstanden damit war, dass die beiden Xiongshous würden, hatte er sie trotzdem trainiert. Da sie sechs Jahre alt sind wurde das Training an sie angepasst.
„Von dem heutigen Tage an, werdet ihr jeden Tag 50 Liegestütze und 50 Sit-Ups machen, dazu werdet ihr jeden Tag zwei Kilometer mit mir rennen und zu guter Letzt werden wir Waffen ausprobieren. Falls ihr mit einer besonders gut klarkommt oder sie euch sehr gefällt werdet ihr mit dieser trainieren, verstanden?"
„Ja, Herr Lehrer!"
Daraufhin begaben sich die drei von Rood's Zimmer zum Trainingsplatz, auf dem die Aufnahmeprüfung jedes Jahr stattfindet.
Dort angekommen, stellten sich Delia und Luke vor Rood, der die beiden anschaute. Sie hatten heute einen sehr stolzen Blick drauf. Das bemerkte Rood sofort und sprach sie darauf an.
„Warum schaut ihr so stolz drein? Wurdet ihr von irgendwem gelobt?"
„Nein, das ist es nicht.", sprach Delia. „Wir freuen uns einfach nur, von dir trainiert zu werden, Rood!"
Das klang wie Musik in Rood's Ohren. Aber eines fühlte sich nicht richtig an. Was ist dieses Gefühl, fragte sich Rood, besorgt. Kann es sein, dass ich die beiden gar nicht trainieren möchte? Habe ich etwa so große Angst davor, sie als Xiongshous glänzen zu sehen? Rood legte den Gedankengang bei Seite und vergrub ihn tief in seinem Kopf.
„Delia, von nun an ist es Herr Rood! Solange ich dich unterrichte nennst du mich gefälligst so!"
„Ich verstehe, Herr Rood …", seufzte Delia.
„Okay … Dann beginnen wir mal mit dem Training! Als aller erstes die Liegestütze."
Rood forderte Luke und Delia auf, sich auf den Boden zu setzen, und sich dann mit ihren Armen auf dem Boden abzustützen.
„So hier?", fragte Luke nach.
Rood erklärte ihm, nein, man sollte es eher anschimpfen nenne, dass er seine Knie nicht auf dem Boden ablegen sollte. Als Delia das hörte korrigierte sie ihre Position sofort. Doch Rood bemerkte einen Fehler. Delia hatte ihren hintern zu weit nach außen ausgestreckt. Es sah ganz witzig aus, doch Rood empfand es nicht als lustig. In dem Moment, in dem Luke lachte begann Rood zu schreien.
„Das ist vollkommen falsch, Delia! Wieso machts du das! Ich bitte dich, habe ich es nicht ordentlich erklärt?"
Delia erschrak. Sie korrigierte diesen Fehler sofort. Daraufhin sagte Rood, dass ihre Positionen nun perfekt seien. Er gab ihnen den Befehl anzufangen. Und so begannen sie mit ihrem ersten Liegestütz. Für Delia und Luke war das viel zu einfach. Also machten sie einen zweiten, dritten, vierten fünften und so weiter. Rood zählte leise mit.
Er war erstaunt. Rood dachte, es sei für zwei Kinder viel zu anstrengend 50 Liegestütze zu machen, doch diese Kinder sind schon bei zehn und machen weiter, so als würde sie das nicht anstrengen. Sie könnten eines Tages großartige Xiongshou werden. Ohne Frage, sie sind einzigartig. Doch, sollten sie das Risiko eingehen zu sterben? Der Beruf des Xiongshou hat viele Risiken und Nachteile. Man kann ihn eigentlich nur machen, wenn man einen starken Willen und großes Vertrauen in sich und seine Stärke hat. Ich frage mich, was die richtige Entscheidung wäre, die man treffen könnte.
Rood war sich nicht sicher, ob er die Kinder ihren Weg gehen lassen soll oder, ob er sie davon überzeugen sollte, dass man als Xiongshou viele Risiken einging. Rood überlegte noch weiter und verlor sich in seinen Gedanken, bis er von den Kindern gestört wurde. Ihr lautes Stöhnen, dass durch die anstrengende Übung verursacht wurde, zerrte Rood gewaltsam aus seinen verzwickten Überlegungen.
„Das fängt langsam an echt anstrengend zu werden, findest du nicht, Luke?", fragte Delia schwer atmend.
„Das stimmt schon, aber ich halte noch durch. Bis zum bitteren Ende werde ich das jetzt durchziehen."
Delia lachte, doch sie spürte, wie ein stechender Schmerz in ihrer Brust sie davon abhielt, dazu kam noch der stechende Blick von Rood, der sich in sie reinbohrte. So verstummte sie sofort wieder. Luke tat es ihr gleich, denn auch er hatte gelacht, doch auch sofort Rood's Blick bemerkt.
Als wieder Stille eingebracht wurde, versank Rood wieder in seinen Gedanken. Er überlegte Stark: Machen lassen oder überzeugen, dass es nicht so schön ist, wie es klingt? Das war hier die Frage. Doch so leicht war sie nicht zu beantworten. Warte mal? Habe ich überhaupt ihre Liegestütze mitgezählt? Rood wurde nervös und blickte auf die Kinder, die immer noch fleißig Liegestütze machten. Dann begann er zu fragen: „Habt ihr eure Liegestütze mitgezählt?"
„Ähm … Ja, Herr Rood."
Rood seufzte. Er war erleichtert. Er hatte kurz Angst gehabt, dass die Kinder noch einmal anfangen müssten, mitzählen und das nur, weil er nicht mitgezählt hat und stattdessen in Gedanken versunken war.
„Wie viele Liegestütze habt ihr denn gemacht? Ich will nur sicher gehen, dass ihr aufmerksam seid."
Was er sagte, klang zwar nicht glaubwürdig, aber Luke gab ihm trotz alledem die Antwort darauf. Er sagte, dass sie schon 39 Liegestütze gemacht hätten. Daraufhin sagte Rood, dass sie also noch elf vor sich hätten.
Als die Kinder das hörten, entfachte ihr Wille mit all seiner Kraft. Das gab den Kindern die Kraft dazu, die restlichen elf Liegestütze im Nullkommanichts zu machen.
„Jaa, fertig!", riefen die Kinder glücklich, und ließen sich gleichzeitig zu Boden fallen.
„Glückwunsch!", lobte Rood sie beeindruckt. „Aber das war noch nicht alles. Jetzt kommen die 50 Sit-Ups."
Die Kinder seufzten und fragten, ob sie nicht eine Pause machen könnten, aber das verneinte Rood. Er sagte, dass das Training sei.
„Dieser Prozess wird euch stärker machen, als jeden anderen, also hört auf euch zu beschweren.", meckerte Rood mit den Kindern.
Die Kinder nickten, und gaben sich mit dieser Antwort zufrieden. Gleichzeitig dachten sie auch, dass Rood besonders streng sei. Luke und Delia wussten nicht, welchen Grund es für Rood gab sich so zu verhalten. Doch gleichzeitig konnten sie auch nicht einfach untereinander reden, Rood würde sie sonst anmeckern, was sie nicht wollten.
Rood war bereit weiterzumachen, und begann die Namen der Beiden nacheinander zu sagen und sie dabei anzuschauen.
„Luke, Delia, Ihr werdet jetzt die Sit-Ups machen. Dafür müsst ihr …"
Rood erklärte, dass die beiden sich auf den Rücken legen sollten. Delia und Luke empfanden das für komisch, weshalb sie Rood nur verwirrt anschauten.
„Ich meine das ernst. Worauf wartet ihr? Los! Auf den Rücken legen?", schrie Rood.
Die Kinder legten sich auf den Boden. Sie hatten immer noch den verwunderten Blick im Gesicht. Rood versuchte das zu ignorieren, und stattdessen weiter zu erklären. Er sagte Delia und Luke, dass sie nun ihre Beine anwinkeln sollen. Sie taten dies.
„Wenn ihr das nun gemacht habt, dann müsst ihr euch nur noch so weit nach vorn beugen, wie ihr könnt."
„Etwa so hier, Herr Rood?", fragte Delia verwirrt nach.
Rood schaute sich kurz an, wie sie die Sit-Ups machte. Danach sagte er ihr, dass es perfekt so sei, sie solle aber noch warten, bevor sie anfängt. Er wolle sich nämlich noch anschauen, wie Luke sich macht.
„Ich hoffe, dass du es auch so gut machst, wie Delia, Luke."
Rood drehte sich zur Seite und sah Luke, der immer noch mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden lag, sich fragte, was er machen solle und nur verzweifelte.
„Luke! Beine anwinkeln, Arme hinter den Kopf und nach vorn beugen! Sofort!"
„Ah … Ja, Herr Rood, aber wie nur? Ich verstehe es nicht."
Als Luke das sagte, dachte sich Rood: Dieser Junge ist wirklich verblödet. Oder liegt es vielleicht daran, dass er erst sechs ist? Rood verwarf den Gedanken und half Luke stattdessen, während er versuchte, so wütend, wie es nur geht auszusehen.
„D … Danke, Rood …"
Rood erwiderte Luke's Dank nur mit einem Nicken.
„Ihr seid nun bereit für eure 50 Sit-Ups.", erzählte Rood, während er aufstand. „Ihr dürft nun beginnen!"
Luke und Delia begannen mit ihren Sit-ups. Diese waren für sie um einiges einfacher als die Liegestütze. Anstrengend war es trotzdem für die beiden. Sie legten sich richtig ins Zeug. Währenddessen dachte Rood über den Tag, den er noch vor sich hatte, nach und beobachtete die beiden, um sicherzugehen, dass sie auch als richtig machen.
„Wir sind fertig, Herr Luke!"
„Wunderbar, dann steht auf."
Die Kinder hörten auf Rood und standen auf. Kerzengerade standen sie da und warteten darauf, dass Rood etwas sagte. Er sprach jedoch nicht. Stattdessen gab Rood den Kindern Wasser. Das nahmen Luke und Delia mit strahlenden Gesichtern an und tranken so, als hätten sie Tagelang keines gehabt.
„Seid ihr bereit für den zwei Kilometerlauf?"
„Ja, Rood, das sind wir!"
„Dann los, kommt!"
Rood blieb ernst und streng. Die Kinder empfanden das immer noch als komisch aber schenkten dem keine Beachtung.
Als Rood mit den Kindern am Eingang angekommen war, sagte er zu ihnen: „Von hier aus werden wir die zwei Kilometer laufen."
Luke und Delia waren damit einverstanden und nickten. Als Rood sie nicken sah sagte er, dass sie nun loslaufen würden, und begann zu laufen. Er machte extra langsamer, damit die Kinder ihm gut folgen konnten.
So liefen sie gemeinsam die zwei Kilometer. Es war anstrengend für die beiden sechsjährigen. Sie waren so etwas nicht gewöhnt. Sie atmeten schwer.
„Ihr könnt immer aufgeben, wenn es euch zu anstrengend wird.", sagte Rood.
Bitte gebt endlich auf …
Rood hoffte darauf, dass die Kinder endlich aufgaben, denn er wollte nicht, dass die beiden sich jemals auf so gefährliche Missionen begeben und ihr Leben auf Spiel setzen müssten. Er konnte sie aber auch nicht zwingen aufzuhören.
„Nein, Herr Rood! Wir werden nicht aufgeben. Stattdessen werden wir großartige Xiongshous, die dich in den Schatten stellen werden!"
Luke sagte das mit absolutem Selbstvertrauen. Rood lachte nur und sagte: „Das wird nicht passieren. Dafür seid ihr zu schwach."
Daraufhin hakte sich Delia ins Gespräch ein. Sie atmete schwer, doch sie ließ es nicht zu, als schwach bezeichnet zu werden, wenn sie es überhaupt nicht ist.
„Du wirst es noch sehen. Ich und Luke werden eines Tages so stark, dass du vor uns auf die Knie fallen wirst! Wir werden es dir zeigen!"
Nach diesem Satz schaute Rood weder Delia noch Luke ins Gesicht. Er konnte nur ein verbittertes Lächeln erzwingen.
Luke und Delia redeten den restlichen Lauf, obwohl sie die ganze Zeit so schwer geatmet haben.
„Stopp!", sagte Rood. „Das hier ist das Ende. Ihr seid nun eure zwei Kilometer gerannt. Also geht nun auf eure Zimmer!"
Luke und Delia keuchten und lachten, weil sie es endlich geschafft hatten.
„Eine Sache noch. Ihr geht euch nur kurz ausruhen, denn der letzte Teil wird anstrengend. Ich hole euch also später wieder ab."
„Ja, Rood!"
So machten sich Delia und Luke auf den Weg in ihre Zimmer. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht.