Der Mann, der Abi näher kam, wirkte selbstbewusst und dominant. Sein Anzug, die kostspielig wirkende Uhr und seine glänzenden, bestens polierten Schuhe offenbarten ihr, dass er wahrscheinlich ein sehr vermögender Mann war. Die meisten Männer auf der zweiten Etage trugen ebenso Anzüge, doch irgendetwas unterschied diesen Mann von der Menge. Vielleicht lag es an dem perfekten Schnitt seines Jackets, die hochpreisigen mit Diamanten besetzten Manschettenknöpfe an seinen Handgelenken oder einfach an seiner perfekten Ausstrahlung. Möglicherweise war es aber auch das selbstsichere, arrogante Auftreten, das reiche privilegierte Männer zu besitzen schienen.
Ihre Beobachtung wurde bestätigt, als der Mann ihr seine Visitenkarte überreichte und sie sah, dass er ein Geschäftsführer war. Da er die Annahme seiner Visitenkarte als positives Zeichen nahm, setzte er sich neben sie und leitete ein allgemeines, aber höfliches Gespräch ein. Sie beäugte ihn sorgfältig. Seine Augen waren nicht frostkalt, im Gegensatz zu denen von Alexander Qinn. Wenn er lächelte, schien es, als würde dieses bis in seine Augen reichen; er lächelte sie nicht boshaft an, anders als Alexander Qinn. Seine Worte waren höflich und zuvorkommend; er bedrohte sie nicht ... anders als Alexander Qinn.
Warum dachte sie überhaupt an diesen Mann? Warum verglich sie diesen mit ihm? Das war nicht fair gegenüber dem Mann, der ihr gegenübersaß.
Sie lächelte dem Geschäftsführer zurück und setzte das Gespräch fort. Schließlich war sie genau dafür hier, nicht wahr? Um weniger unerfahren zu sein und weitere Erfahrungen zu sammeln? Er wirkte harmlos, sogar nett. Warum also fühlte sie sich vollkommen anders als in der Gegenwart von Alexander Qinn?
Er unterhielt sich höflich und Abi fühlte sich allmählich wohler in seiner Gesellschaft. Bis er versuchte, ihre Hand zu berühren. Da sträubten sich die Haare in ihrem Nacken, als ob sie eine Gefahr spürte. Sie konnte nicht widerstehen, wollte ihre Hand von ihm zurückziehen.
Da war irgendetwas an der Art und Weise, wie er sie nun ansah, und Abigail verstand nicht, warum sie plötzlich den Drang verspürte, den Namen von Alexander Qinn auszusprechen. Doch sie biss sich auf die Lippe und rückte merklich ein Stück von dem Geschäftsführer ab.
Sie nahm einen weiteren Schluck von ihrem bitteren Drink und verzog das Gesicht bei dem schrecklichen Geschmack, während sie versuchte, alle Gedanken an Alexander Qinn abzuschütteln. Sie schaute wieder auf den Mann vor ihr und tat so, als ob sie seine gerade geäußerten Worte gehört hätte.
Im selben Augenblick, in dem der Mann mit den Fingern schnippte, kam prompt ein Kellner zu ihnen. Er gab diesem Anweisungen, woraufhin der Kellner sofort ging, um seinen Auftrag zu erfüllen. Einige Minuten später sah sie, wie der Kellner mit vier verschiedenen Drinks in ausgefallenen Gläsern zurück zu ihrem Tisch kam und diese behutsam abstellte. Daraufhin gab der Mann an ihrer Seite dem Kellner ein großzügiges Trinkgeld, um ihn schnell wieder loszuwerden.
"Hier, probieren Sie diese. Die schmecken um einiges besser als Ihr Getränk dort," sagte er überzeugend. "Das ist ein Mojito, ein Cosmopolitan, ein Apfel Martini und ein Long Island Eistee." Er wies zuerst auf den Drink mit Limette und Minze, dann auf das rötliche, danach auf das grüne und schließlich auf das, das aussah wie sein Name: Der Tee.
Zuerst zögerte Abi, letztendlich entschied sie sich jedoch zum Probieren. Denn genau deswegen war sie hier. Sie war hier, um Dinge zu testen, die sie zuvor noch nie probiert hatte. Sie kosten zuerst den rötlichen Drink, weil er so hübsch aussah. Überraschenderweise hatte der Mann recht: im Vergleich zu dem Drink, von dem sie annahm, dass ihr Kelly diesen gekauft hatte, schmeckte dieser hier viel besser. Durch die Neugierde getrieben, wie die anderen schmecken würden, probierte sie auch von diesen und stellte fest, dass sie alle gleich gut schmeckten. Aber sie fand den rosaroten am besten. Also nahm sie diesen Drink und nippte daran, während das Gespräch weiterging.
Schon bald war ihr Gesicht gerötet und ihre Augen begannen zu glänzen. Zudem schien sie Schwierigkeiten zu haben, ihre Gedanken zu formulieren, und ihre Worte wurden zunehmend unklar.
Während sie an ihrem zweiten Cocktail, dem Apfel Martini, nippte, kam der leicht angetrunkenen Abi ein Gedanke in den Sinn. Ich muss Kelly von diesen Getränken erzählen. Die sind wirklich gut! Sie muss sie auch probieren!
Als der Name ihrer Freundin in ihrem herum geisterte, sah Abi auf und spähte zu der Stelle, an der Kelly vor kurzem gestanden hatte, aber zu ihrer Überraschung konnte sie ihre Freundin nicht mehr sehen. Sie runzelte die Stirn und sah sich um.
Wo war sie hingegangen?