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Chapter 13 - Kapitel 12

Während ihrer ganzen Reise redeten beide kaum ein Wort miteinander. Ero in seiner Wut darüber, dass Alina immer noch nicht davon absah, den Auftrag anzunehmen; ihr missfiel, wie wenig er ihre Sorgen und Ängste teilte.

Der vertraute Weg kam ihnen in dem Schweigen so lang vor, obwohl sie nur die geplante Woche unterwegs waren. In der Ferne konnte man schon die ersten Anzeichen der nahen Stadt wahrnehmen. Wie das Läuten der Kirchturmuhr. Sogar Belena spürte die Aufregung ihrer Herrin.

Ihre Schritte, mit denen sie bisher gemächlich die Last zog, wurden schneller.

Wahrscheinlich freute sie sich nach der langen Zeit auf den warmen Stall, in dem sie von den Stallburschen mit allerlei Leckereien verwöhnt wurde.

Auch Alina musste zugeben, sie genoss jeden Aufenthalt in dem herrschaftlichen Anwesen, etwas außerhalb Yloras.

Sie, in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, konnte sich nicht vorstellen, wie eine Familie alleine darin wohnte. Oben und unten schmiegten sich Zimmer aneinander, die einen Teil ihrer Schüler aufnehmen könnten. Ihr genügte die kleine Hütte.

Beldor erzählte oft davon, dass er gerne Besuch zu sich einlud und dennoch schaffte er es nicht einmal, nach einer Feier alle Schlafzimmer zu belegen.

Sie alleine kannte elf davon, sowie einige Räume, deren Funktion ihr unbekannt waren. Der große Ballsaal, Ankleidezimmer für die Damen und noch viel mehr.

Nahe beim Haus der erste Stall mit Beldors liebsten Pferden, etwas außerhalb die großen Zuchtställe und über das gesamte Gelände verteilt, was immerhin mehre Waldstücke, Äcker und Wiesen umfasste, standen die Hütten der Bediensteten errichtet.

Ero war den ganzen Luxus von frühster Kindheit an gewöhnt. Alina staunte bei jedem Besuch darüber.

„Da wird man verrückt", rief Ero aus. „Du bist verrückt!"

Sie durchquerten gerade das Stadttor zu Ylora. Bevor sie den Sitz des Richters aufsuchten, mussten sie etwas anderes erledigen. Außerdem erklärte sich Ero bereit, ihr ein paar Kleider auf dem Markt zu kaufen.

„Wir sind tot, sobald wir in die Nähe dieses Gebietes kommen!"

Es waren die ersten Worte, die er seit dem Morgen mir ihr wechselte. Keine schöne Grundlage für eine Diskussion.

„Ero bitte!", sprach sie ihn ruhig an. „Denkst du, ich nehme gerne an? Marno ist mir so wichtig wie mein eigenes Leben. Würdest du nicht selbst so handeln, beträfe es deinen Vater?"

Kaum merklich glimmte eine Emotion über Eros Züge, die Alina nicht zu deuten wusste. War es womöglich Einsicht für ihre Lage? Sie konnte es nicht sagen.

„Dafür, dass der Alte behauptet sein Töchterchen zu lieben, hat er dich nicht intensiv daran gehindert, zur Schlachtbank zu laufen", urteilte Ero.

Er hatte nicht recht, stand für Alina fest. Ihrem Vater fiel es sehr schwer sie gehen zu lassen. Dabei übersah sie, dass Eros Worte nicht alleine so schroff ausfielen, weil er um das eigene Leben besorgt war.

Beide fielen in ihrem Weg zum Markt wieder in Schweigen, bis Ero es erneut brach.

„Alina!", sagte er mit einer Schwere in der Stimme. Der Junge schluckte und musste sich zwingen, die Worte weiter zu sagen. „Egal was passiert, ich bin immer an deiner Seite. Ich bleibe nicht bei meinem Vater. Ich werde dich beschützen!" Er atmete einmal tief ein und aus, dann kam er zu dem wichtigsten Punkt. „Ich war dir bisher nie eine Hilfe aber diesmal bin ich für dich da. Wenn du kämpfst, werde auch ich kämpfen. Ich werde dich mit mein …"

Seine Worte verloren sich in einer schwach gewordenen Stimme aber Alina wusste, was er sagen wollte.

Er würde sie mit seinem Leben beschützen und die Aussicht darauf besaß nichts Tröstliches. Eher war sie schmerzlich.

„Unternimm bitte keine Alleingänge", flehte er sie an. Er ließ seine Stute antraben und eilte auf den Weg vor ihnen.

Ylora war die Hauptstadt Uras und somit eine der größten. Hier schienen sämtliche Handelswege zusammen zu laufen, weswegen der Mark überladen war. Viele Wagen quetschten sich durch schmale Gassen, oft führte das zu Streit. Heute war es zu ihrem Glück anders. Die Stadt wirkte verschlafen und sie kamen gut zu ihrem Ziel.

Einen Platz mit vier Linden, eine jeweils an der Ecke eines Podestes. An manchen Tagen drängten die Leute hierhin, um der Grausamkeit teilhaben zu können. Oftmals übernahm Beldor selbst diese Rolle, die dem Richter seinen Ruf einbrachte. Als Henker von Ylora von so vielen gehasst und verabscheut, war er eigentlich ein gutmütiger Mensch.

Sie stoppten die Pferde hinter dem Gerichtsgebäude. Hier in der Gasse fand sich der Zugang zum Kerker, wo auch ihre Begleitung zuerst auf die Verurteilung warten würde, dann die Hinrichtung.

Für viele Verbrechen gab es in ihrem Land die Todesstrafe. Eine traurige Bilanz, der Beldor seit langem stumm folgte.

Ero wies ihr an zu warten. Er stieg von Faliras Rücken und kümmerte sich alleine um die beiden Räuber. Nachdem er wieder kam, reichte er Alina die magere Beute. Obwohl der Betrag vor wenigen Tagen erhöht wurde, würde es der Schule nur für ein paar Wochen reichen.

„Wehe irgendjemand behindert die Kutschfahrt von König Selon", sagte Alina, während sie den Beutel sicher in einem geheimen Fach verstaute. „Auf den wird sofort ein hohes Kopfgeld ausgesetzt, sollte er den Wachen entkommen. Bei Mördern vieler Familien gibt es ein paar Geldstücke."

„So schlimm ist der alte König auch nicht", verteidigte Ero seinen Herren.

„Das sagst du nur, weil du früher auf seinen Schoß gesessen hast." Es bedurfte eines kleinen Zeichens, damit Belena loslief.

„Sag bloß, du hörst auf das, was die Leute erzählen." Ero lachte auf. „Wo überall von meiner Verlobung berichtet wird."

Alina fand, dass dies kein Vergleich war.

 

Ein Stück unterhalb von Gerichtsgebäude und Hinrichtungsplatz, wo sich der Stadtteil von eher gut situierten Leuten befand, aber noch nahe dem Markt und weiteren wichtigen Punkten stand das große Auktionsgebäude.

Dort fand sich einiges zur Versteigerung ein. Kunstwerke großer Maler, Skulpturen, genauso wie Werke neuer Künstler.

Sie erinnerte sich daran, Beldor einmal dorthin begleitet zu haben. Er wollte das Gemälde eines aufstrebenden Künstlers ersteigern. Für Alina erschien dieser Ort wie eine neue Welt.

All der Glanz, die Schmuckstücke getragen von so vielen unterschiedlichen Leuten und Summen, von denen manche Familien ein ganzes Leben satt wurden. Sie fühlte sich damals darin verloren.

Heute sah sie nur die Wipfel des Daches aufragen. Ihr Weg führte sie einige Gassen weit entfernt entlang zum Markt auf dem Lebensmittel und allerlei Handwerkskunst angeboten wurden.

Ihre Nasenflügel wallten sich unter der Kombination von Blumendüften und exotischen Gewürzen.

Alina lenkte ihren Wagen zu einem der Orte, an denen die Wachen häufiger patrouillierten. Die Gänge auf dem Markt waren viel zu nah angeordnet, sodass sie mit dem Wagen nicht vorankämen.

Nachdem sie herunter gestiegen war und die Stute sicher angebunden hatte, richtete sie noch ein letztes Tätscheln zum Abschied. Ihrer Belena würde hier nichts passieren, war sich Alina sicher.

Sie konnten in Ruhe über den Markt streifen, würde aber den Blick einige Male zum Wagen richten.

 

Schon vom ersten Betreten des Marktes wurde ihr aufgezeigt, dass Ero hier zuhause war. Er war der Sohn einer der bekanntesten Familien von Ylora. Die Leute senkten tuschelnd die Köpfe zueinander.

Einige Bemerkungen schwappten zu ihnen. Manche klangen schon alleine wegen seiner Erscheinung abfällig.

„Dort geht der Sohn des großen Richters. In was für Lumpen er herumläuft. Ob die Hinrichtungen nicht mehr so viel einbringen?"

Ero ging an solchen Bemerkungen vorbei, ohne seinen Kopf danach zu neigen, oder irgendeines Zeichen seines Interesses. Der Ruf seines Vaters verleitete so manchen zu bösen Worten, nicht nur in Ura. Auch viele ihrer Schüler gingen mit Vorurteilen an den Jungen heran, die sich erst langsam legten.

In all dem, gab es auch Leute, die den Jungen gerne mit Freundlichkeit begrüßten.

„Hallo!", wurden sie von einer Blumenverkäuferin fröhlich begrüßt.

Die schon etwas ältere Frau eilte zu ihnen, eine der Blumen schützend an ihre Brust geschmiegt.

„Wann wird die große Verlobungsfeier hergerichtet, von der schon so viele sprechen?"

In einer kurzen Geste wurde die Blume mit ihren goldenen Blütenblättern Alina gereicht.

Vielleicht hoffte die Frau, ein solches Fest könne auch ihr einen großen Auftrag bescheren.

Genau deswegen genoss der Richter bei den Kaufleuten Yloras seinen Respekt. Er nahm gerne Waren aus der Umgebung an, sei es von einem Bauern oder dem Markt. Dabei ließ er sich oft verleiten mehr zu bezahlen, als gefordert.

„Ich erinnere mich noch an die Hochzeit eurer Brüder Jos und Per." Sie schlug die Hände ineinander und seufzte verzückt. „Selbst hier wurde von der Feier berichtet. Und wie hübsch beide Paare anzusehen waren. Ich konnte einen kurzen Blick auf sie während der Fahrt zum Anwesen erhaschen. Hach."

„Das würde mich ebenfalls interessieren", drang eine kräftige Stimme zu ihnen. „Eure Mutter bekundet immer ihre Trauer darum, dass ihr Enkel eher heiratet als der jüngste Sohn."

„Meine Mutter verdrängt dabei, dass der Enkel älter ist, als ich es bin." Ero wandte sich zu dem Mädchen um und schloss es freundschaftlich in seine Arme.

An der Seite des Platzes entdeckte Alina die Kutsche und ihre Ladung aus Futter für die Pferde. Viel zu Edel für solch eine Fracht, mit vertrauten Emblem auf der Seite.

Die Kutscherin schaute freundlich zu dem Jungen und dann auf Alina. Ihr braunes Haar fiel unordentlich auf die Schulter, ihre ebenfalls braunen Augen kannten nur gegenüber Schurken böses.

Sie trug meist Jungenkleidung und besaß eine überaus kräftige Gestalt, von der Größe her überragte sie sogar Ero. Obwohl Arela eigentlich jeden Mann um mindestens einen halben Kopf überragte.

Manche ängstigten sich vor der gewaltigen Frau, der Beldor seit ihrer Kindheit Unterstützung und später Arbeit in seinen Ställen anbot. Ihren Dank zeigte sie in guter Arbeit innerhalb der Stallungen.

Ero sagte einmal zu ihr, Arela sei wie ihre Mutter Marli für ihn das beste Beispiel einer Amazone. Groß, stark und von gutem Charakter.

Zum Ende des Amazonenkriegs opferte sich Marli für ihre kleine Amazonenprinzessin. Sie war sich immer bewusst, dass ein Kampf für ihre Kameraden auch bedeutete, ihre Tochter nie aufwachsen zu sehen. Ein weiteres Opfer dieses sinnlosen Kriegs.

Arela gab nie zu, wie sehr sie ihre Mutter vermisste, dafür aber welchen Stolz sie auf diese Frau verspürte. Sie machte nie ein Geheimnis daraus, die Tochter einer Amazone zu sein.

Manchmal beneidete Alina sie genau deswegen, ohne es irgendjemanden zu gestehen.

„Was verschlägt euch hierher?", erkundigte sich Arela. „Heimweh?" Wie die Blumenverkäuferin es zuvor tat, schlug sie die Hände ineinander. „Hach. Endlich Hochzeits- oder Verlobungsvorbereitungen?"

Wenn Alina eines an dem Mädchen missfiel, war es deren Freude beide mit den Wünschen der Väter aufzuziehen.

Ero verschränkte die Arme vor sich.

„Die süße Alina hat einen hitzigen Auftritt hinter sich gebracht." Er grinste die Freundin schief an, in seiner Fantasie erweckte er das Bild der Vortage wieder zum Leben. „Ich habe mich dazu bereit erklärt, ihr neue Kleider zu kaufen. Du kennst ihren geizigen Vater."

Statt sich darüber zu ärgern, sprang Alina zu einem der Verkaufsstände. Wenn Ero es ihr anbot, würde sie dafür sorgen, dass der Geldbeutel links an seinem Gürtel bei Verlassen des Marktes leer wäre.

Ylora besaß viele Schneider und Boutiquen aber hier auf den Mark fand sie manches Stück aus fernen Ländern. Schleier, Tücher und zauberhafter Schmuck, das Richtige für ihren Tanz.

Für sie der wahre Begriff eines Schatzes.

Schon bei dem zweiten Stand wurde sie belohnt. Zwischen vielen Kleidern, die eher grau wirkten, fand sich eins im schönsten Blau eines sommerlichen Himmels.

Alina hielt es sich an und wirbelte dann in einem weiten Schwung herum.

„Was meinst du?", sprach sie ihren Freund an. „Für meine Tänze wäre es vielleicht zu lang."

Die Schultern lagen nackt. Nur ein dünner Träger gab ihm halt. Den Armen entlang zogen sich goldene Ketten, wie auch der Stoff durch Gold mit Effekten versehen wurde. Bei ihren Bewegungen klirrte es, wann immer die Goldkettchen und Platten aufeinander schlugen.

Ero antwortete ihr nicht sofort, er ging an einen anderen der Stände. Alina beobachtete ihn bei jede seiner Bewegungen, doch blieb ihr verborgen, was er tat.

Mit zwei Schritten stand der Junge wieder bei ihr.

Ein Tuch legte sich über Alina. Durchsichtig und eine Nuance heller als der Stoff des Kleides.

„Es wird wundervoll an dir aussehen", meinte er. „Versprich mir, es nur bei Auftritten zu tragen, wo dir niemand zu aufdringlich wird oder mich zu deinem Aufpasser zu bestimmen. Wenn du das tust, kaufe ich es dir."

„Solang du über deinen Schatten springen kannst, werde ich es auch tun." Alina neigte sich nach vorne und stellte sich auf die Zehenspitzen, um auf Höhe seiner Wange zu kommen. Ihre Lippen legten sich in einer flüchtigen Berührung darauf, kaum stärker als ein seichter Windhauch.

Für sie ein kleines Zeichen des Dankes. Bei ihrer Arbeit musste sie weit demütigendere Dinge tun. Nicht dass sie angewidert von Ero war, im Gegenteil. Er war ein hübscher Junge. Es bedeutete für sie jedoch nichts; er bedeute ihr nichts oder eher so viel, dass sie ihn gerne um sich hatte. Ein Freund, mehr nicht.

Als sie sich zurückzog, blickte Ero sie aus aufgerissenen Augen an.

Es dauerte eine Weile, bis er seine Stimme wiederfand.

„Gerne", sagte er stockend. Seine Finger betasteten die Stelle seiner Wange, an der ihn ihre Lippen berührten. „Such dir aus, was du möchtest. Ich kann später auch einen der Diener in die Stadt schicken, um es zu bezahlen."

Er wandte sich um, damit sie sein Gesicht nicht mehr sah. Für einen Augenblick meinte sie, er würde erröten oder täuschte sich Alina?

War es wirklich schon so lange her, dass sie sich auf dem Hof der Schule gerauft hatten, oder gemeinsam ohne Scheu badeten?

Arela nahm ihr die Kleider ab, damit Alina in Ruhe nach weiteren Stücken suchen konnte. Auch wenn Ero meinte, es fiel ihr nicht auf, merkte sie, wie oft er sie beobachtete.

An diesem Tag spürte sie, dass Ero in ihr längst nicht mehr nur einen Kameraden sah. Er nahm sie als das wahr, was sie war. Eine Frau mit all ihren Reizen.

Sie musste all die Jahre blind gewesen sein, das nicht zu erkennen.

Vielleicht war es ein Fehler, ihn auf diesen gefährlichen Weg mitzunehmen.

 

Sie suchte sich noch drei weitere Kleider für ihre Auftritte aus. Sowie ein paar einfache für ihre Reise.

Alina wollte nicht daran denken, wie die Reise womöglich endete oder ob sie überhaupt eine Chance bekam sie anzuprobieren. Dass würde alles noch schlimmer machen. Sie stand hier auf dem Markt, nicht schon vor dem Lager der Räuber. Bis dahin dauerte es einige Tage, genug Zeit sich einen Plan auszulegen.

Arela trat hinter sie, gerade als Alina sich eines der Kleider zurechtlegte.

„Richter Beldor sagt nie etwas aber einige der Adeligen sind schon auf ihn zugekommen", berichtete sie. „Viele baten darum, er möge seinen jüngsten Sohn zu einem Ball mitbringen, um ihm die Tochter vorzustellen. Es bedarf nicht vielem Werben, Ero eine Braut aus gutem Hause zu verschaffen. Mag sein, dass Richter Beldor euch beide gerne vermählt sähe, aber selbst er kann nicht zu lange warten, ihn in eine Ehe zu geben."

Ihre Finger krallten sich in den Stoff. Nicht wie Arela meinte in einem Aufwallen von Gefühlen für den jungen Adeligen. Sie warf einen Blick auf Ero. Es war nicht richtig, dass sie beide sich in Gefahr brachten. Nur einer würde diese Bürde tragen müssen, daher fällte sie eine Entscheidung.

„Für Ero wäre besser, er heiratet in eine adelige Familie ein", sagte Alina leise.

War das ein Stich in ihrer Brust? Alina hob die Hand, hielt aber kurze Zeit später in dieser verräterischen Geste inne und führte sie in einem Streichen durch ihr goldenes Haar aus.

Eine Heirat bedeutete auch, sie würde ihre Freundschaft, so wie sie jetzt war, verlieren.

„Er liebt dich", brachte es Arela auf dem Punkt. Einen Moment schwankte sie darin, ob es ein Geheimnis zwischen beiden war, überzeugte sich dann doch jeden Punkt auf den Tisch zu legen. „Seit Jahren denkt er nur an dich."

Mit einer Handbewegung wischte Alina die Diskussion vom Tisch. Beide stammten aus unterschiedlichen Welten. Er ein Adeliger, sie die Tochter eines einfachen Mannes. Eine Ehe war absurd.

Alina wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Ero zu.

Er hielt ein einzelnes Goldstück in der Hand. Das letzte, was ihm verblieb.

„Solltest du noch mehr Kleider wollen, erinnere meinen Vater daran, wen er zur Schwiegertochter ausgesucht hat", sagte Ero. Er hielt es nicht einmal fest, sodass Alina es leicht nehmen konnte. „Und was bleibt mir?"

Sie reichte es einem der Händler und nahm sich im Austausch fünf Äpfel. Zu viel aber das war egal.

Einen der Äpfel warf sie Ero zu.

„Zufrieden?", erkundigte sie sich Alina lächelnd bei ihm.

Den Zweiten gab sie Arela.

Das Mädchen würde ihn später mit dem Kutschpferd teilen.

Einen behielt sie bei sich. Die restlichen Zwei waren für Belena und Falira vorgesehen.

Ein Lächeln umspielte Eros hübsche Züge.

Er biss kräftig in den Apfel.

 

Die Villa lag von einem tiefen Wald umschlossen. Nicht nur, um seinen Gästen die Jagd zum Zeitvertreib anzubieten. Zwitschernde Vögel oder das Klopfen eines Spechtes nannte er den Klang des Waldes.

Beldor genoss es, hier einfach ein kleiner Mensch zwischen so viel großem zu sein. Hier im Wald war er nur für ein paar unbedeutende Räuber der berüchtigte Richter. Pflanzen und Tiere interessierten sich nicht für Gerüchte oder den Stand einer Person. Und entgegen seines Rufs, zeigt er sich erfreut wie ein keines Kind über jede Begegnung mit einem Tier des Waldes.

Daher führte nur ein schmaler Weg zum Anwesen.

Mancher Dieb nutzte die Nähe der Bäume für sein Versteck, von dem aus er den Kutschen des Richters oder denen seiner Gäste auflauern konnte.

Beldor selbst unterhielt viele treue Wachen, einige von Marno ausgebildet. Seine Gäste dagegen kamen oft nicht ohne Verlust von Gold an ihrem Ziel an.

Alina und Ero wirkten auf manche wie die Kinder von Bediensteten. Keine lohnende Beute und wer doch angriff bekam schnell die Klingen beider zu spüren.

„Es ist schön, eine Leibgarde zu haben." Arela lachte in den sommerlichen Tag hinein. Um sie herum zeugte alles von einer ungewohnten Ruhe.

Die Kutsche rollte voll beladen mit der Futterlieferung vor Alinas Planwagen. In unregelmäißgen Abständen ritt Ero vor ihnen her, oder hinter ihnen, immer den Wald und mögliche Gefahren im Blick.

Der Richter bot Arela seinen Schutz an, den das Mädchen jedes Mal ablehnte. Wen ihre Größe nicht einschüchterte, dem half sie mit einigen Hieben ihres Stabes nach.

Er lag griffbereit hinter dem Kutschbock.

Der Umgang darin wurde dem Mädchen nicht von ihrer Mutter beigebracht, die oft mit Speer oder Stab kämpfte. Arela war beim letzten Besuch ihrer Mutter noch zu klein. Kaum älter als Alina konnte sie sich noch an ein paar schemenhafte Erinnerungen krallen.

Richter Beldor hatte ihr auf Wunsch Unterricht gewährt.

Das Mädchen strich sich eine ihrer großen, braunen Locken aus dem Gesicht, ihre Augen waren von dunklerer Farbe als das Holz der Nadelbäume und schätzten die Länge ihres Weges ab.

Trotz ihrer Größe besaß Arela eine ungewöhnlich schlanke Gestalt.

„Wenn Ero mich nur auch so pflichtbewusst beschützen würde." Ein Seufzen stieg bis zu dem anderen Mädchen nach vorne.

Die schwarze Stute fiel auf Höhe Belenas gemächlichem Schritt zurück.

„Alina, du benötigst keine Hilfe", blies Ero auf ungewohnt arrogante Art. „Deine größte Waffe ist dein Körper. Ein paar aufreizende Bewegungen, der Blick in lockender Versuchung, schon folgt jeder Mann brav deiner Weisung, den Abend mit Bier und Wein zu beginnen. Bereit für alles Folgende. Oder du lenkst sie auf andere Art ab und schenkst ihnen damit den schönsten Gang ins nächste Leben." Ero seufzte verträumt auf. „Ich hätte letztens wirklich an deine Seite eilen müssen."

„Was ist geschehen?", erkundigte sich Arela bei ihm. Sie war immer neugierig auf neue Erzählungen der Beiden. Darüber blieb ihr unbemerkt, wie sich Wut in Alina aufwallte.

Bloß kein Ton darüber!, wies sie Ero stumm an. Er zuckte mit den Schultern, ehe er zum Letzten ansetze.

„Die holde Schöne hat glatt ihr letztes Kleid verloren. Sie stand nackt vor ihrem Gegner."

Die Schritte seiner Stute stoppten und Alina griff hinter sich.

„Wirklich schade!", stahl es sich in einem Seufzen über seine Lippen. Während dieser Worte war er genau neben der Freundin, kurz darauf blieb er zurück.

Alinas Finger ertasteten den Griff einer Pfanne – es war das Erste, was ihre Hand ertasten konnte. Ohne lange zu überlegen schlossen sich ihre Finger fest darum. Dann warf wie diese schon im hohen Bogen über den Planwagen, wo sie daneben nach einem ersten dumpfen Schlag in einem zweiten auf dem Boden aufkam.

Die Stute war eigentlich ein ruhiges Tier, sprang jetzt aber verschreckt nach vorne und warf ihren Herren beinah ab.

Alina hatte nicht gezielt, traf Ero dafür aber erstaunlich gut, wie sie als Erstes dem Schrei entnahm, der sich mit dem des Pferdes mischte. Kurz darauf eilte das Pferd unkontrolliert an ihnen vorbei.

Ero musste all sein Können einsetzen, um die Stute wieder unter Kontrolle zu bringen.

Sie müsste Mitleid mit dem Jungen haben, immerhin lebten beide schon lange in Marnos Schule zusammen. Aber so war es nicht. Alina brach in schallendes Gelächter aus, ebenso Arela.

„Das ist nicht witzig!", empörte sich Ero. Die Stute unter ihm schnaubte unruhig auf, folgte dann dem Willen ihres Herren, der sie zurückdrängte.

Am meisten tat beiden Mädchen die treue Stute Falira leid, nicht aber ihr Reiter.

„Da dachte ich, du seist mir wegen der Kleider dankbar", sagte Ero. Er brachte das Pferd neben der Pfanne zum Stehen und stieg hinab. Seine Hand griff danach und hob das Ding in seinem Blick.

Eine große Beule lag darin, die er später ausbeulen würde.

„Oder äußerst du deinen Dank öfters mit fliegenden Pfannen?"

Ero stieg zurück in Faliras Sattel. Mit schnellem Schritt holte er zuerst Alina auf, wo er die Pfanne lieblos in den Planwagen warf.

„Wir sind jetzt quitt", sagte Alina in ihrem zauberhaften Lachen. Seine Hand tastete nach der zurückgebliebenen Wunde an seinem Hinterkopf. Er konnte sie später im Anwesen versorgen lassen.

Alina wollte nur nicht daran denken, wie Miri darauf reagierte. Der Junge war ihr größter Schatz.

„Hey!", protestierte Ero. „Ich habe aber keine Badewanne nach dir geworfen. Ich wollte dich wecken. Was kann ich dafür, dass du darin ausrutschst?"

Recht hatte er, dennoch streckte ihm Alina die Zunge heraus.

Arelas Blick wandte sich interessiert ihnen zu. Sie bekam keine Antwort.

„Komm meine Gute", rief er dem Pferd zu und gab ihr den Befehl voran zu traben. „Die paar Schritte bis zum Anwesen ertragen wir die Zicke noch."

Er stoppte erst am Ende des Hügels. Wenige Augenblicke später sprang die Stute in Galopp.

Alina war klar, dass er so bald wie möglich seinen Vater aufsuchen würde und doch überraschte sie, dass er beide Mädchen so plötzlich zurückließ.

 

Nach allem, was in den letzten Tagen passierte, konnte es Ero kaum erwarten, mit seinem Vater zu sprechen. Nicht aus dem Sehnen nach den Eltern. Er war es gewohnt, lange von seiner Familie getrennt zu sein. Manche konnten in seinem Alter schon auf Frau und Kinder hinab blicken oder suchten ihr Glück in der Ferne.

Eher hoffte er, sein Vater könne Alina von ihren Dummheiten abhalten.

Das Mädchen mochte eine gute Tänzerin sein, die sich mit dem Schwert zu verteidigen wusste, gegen eine Horde wilder Barbaren angeführt von einem der größten Räuber, konnte sich selbst Alina nicht verteidigen. Manchmal wünschte er sich sogar, sie möge sich nach den schützenden Armen eines Mannes sehnen, weit weg von irgendwelchem zwielichtigen Gesindel. Unter den Gedanken wurde es ihm sogar egal, ob diese Arme ihm gehörten oder jemand anderes. Solange Alina glücklich war.

Von dieser Anhöhe aus hatte man einen guten Blick über das majestätische Anwesen seiner Familie. Mancher Gast hielt hier staunend inne, genau, wie der Junge einen Moment im Sattel ruhte.

Der Wald erstreckte sich weit um das Anwesen herum. Keine natürlich gewachsene Schneise. Sie wurde einst gerodet um dieser Lichtung Sonne zu geben und Platz für ein Haus. Jetzt umschloss eine grüne Wiese das Anwesen, auf der ihrer Pferde grasten.

Falira unter ihm scharrte unruhig mit dem Huf. Auch das Pferd zeigte seine Sehnsucht nach dem vertrauten Geruch der Stallungen. Hie war ihr beider Heim.

Über das Anwesen legte sich der Schatten einer großen Wolke, die einsam ihre Bahn am Himmel zog.

Neben dem Haus erkannte Ero auch ein Detail, dass seine Freude an der Heimkehr trübte.

Seine Familie hatte Besuch.

Nicht irgendwo her, sondern aus Saron.

Die Stute unter ihm brauchte nur die Andeutung eines Befehls, schon sprang sie in einen schnellen Galopp hinein. Falira wurde so schnell, dass man meinen könnte, der Wind würde dem edlen Rappen Flügel verleihen.

Er erreichte den Hof und schwang sich hier im Schritt des Tieres aus dem Sattel.

Schnell brachte er noch den Rest des Weges hinter sich. Die Diener konnten kaum rechtzeitig reagieren, ihm das schwere Portal zu öffnen. Der Spalt genügte dem Jungen, um Einlass zu finden. Drinnen musste er nur noch die Steintreppe hinauf, wo sich gleich rechts das Arbeitszimmer seines Vaters befand.

Die Tür flog unter seinem kräftigen Stoß auf und schwang hinter ihm ins Schloss zurück.

Sein Vater saß wie erwartet an seinem mächtigen Schreibtisch. Zuhause ging er alle Fälle durch, die er in nächster Zeit bearbeiten musste und Briefe von wichtigen Personen des Landes, sowie die seiner Freunde. Jetzt sah er überrascht zu seinem Sohn hinauf.

„Ero, ich habe dich nicht erwartet", begrüßte Beldor ihn. Schon mitten in dem Satz senkte er seinen Kopf wieder den Papieren zu. „Was tust du hier? Hast du Alina mitgebracht? Ich hoffte du umwirbst sie in der Schule."

„Der dient dein Sohn zurzeit als Zielscheibe für Pfannen", sagte Ero und betastete die schmerzende Stelle an seinem Kopf. An seinen Fingern blieb das noch feuchte Blut haften, das er an den Kuppen betrachtete und dann an der dunklen Hose wegwischte. „Wieso ist Nala bei euch?"

„Ist sie schon da?" Sein Vater wirkte ernsthaft überrascht.

Ein letzter Strich um seine Unterschrift zu vervollständigen. Beldor legte sein Schreibzeug in ein Etui und schob den Stuhl in einem weiten Stück zurück.

Ero kannte Porträts seines Vaters in jungen Jahren. Ein stattlicher Jüngling, mit ausgezeichneten Schwertkünsten. Heute war er dicklich und ein wenig zu träge geworden.

Statt hoch auf dem Ross zu sitzen, bevorzugte er dem Kutscher die Zügel zu überlassen. Mit seinen 64 Jahren lichtet sich sein Haar. Manche seiner Freunde nutzten Toupets, um das zu verdecken, ihn störten die Zeichen seines Alters nicht. Ganz anders, als es bei der geliebten Frau der Fall war.

Beldors Schritte führten ihn zum großen Fenster des Zimmers. Von hier aus besaß er einen Blick auf den Hof, wo Falira ihren Kopf an der Kutsche juckte. Ein Schmunzeln zog sich über die Lippen des alten Mannes.

„Ich habe nicht mit so vielen Gästen gerechnet", gestand er. „Du hast für die Gefangenen einen Boten verlangt und weichst jeder meiner Bitten um einen Besuch aus. Deine Mutter ist alleine mit mir einsam, daher bat sie ihre Freundin, ein paar Tage auf dem Anwesen zu verbringen. Aber es ist schön, Alina wieder zu sehen. Miri wird sich darüber sehr freuen, dass ihr uns besucht."

„Und Alina?", wollte Ero wissen.

„Ach, teilt mein Sohn plötzlich meine Meinung, sie sei die verschwundene Amazonenprinzessin?"

„Das nicht!", gestand Ero. Er ließ sich auf einen der Stühle fallen, während sein Vater am Fenster bleib. Zwischen dem Rahmen und einem großen Gemälde lehnte er sich dagegen.

„Ich habe es Nala nie erzählt." Kummer spiegelte sich in der Miene des alten Mannes. „Sie hat viele große Verluste erlitten, soll ich ihr da von einer Enkelin berichten?"

Vielleicht bildete er sich die Ähnlichkeit auch ein, dachte Ero. Nerre hatte bei ihrem Besuch nichts Derartiges geäußert und immerhin wuchsen beide Schwestern miteinander auf. Niemand kannte Nette besser.

„Wo wir gerade von dieser Familie reden", sprach er den Grund seines eigentlichen Kommens an. „Vor einigen Tagen besuchte uns jemand aus Saron."

„Was wollte sie?", erkundigte sich sein Vater.

„Ihren Privatfeldzug." Mehr brauchte Ero nicht zu sagen. Wissend verzog der Mann vor ihm den Mund und dessen Sohn legte seinen Kopf in den Nacken.

Die nackte Decke wahr geschwärzt von Zeit und Nächten, in denen sein Vater hier im Kerzenschein saß.

„Kann Nerre ohne Einwilligung von König Teron in einem Nachbarland einen Angriff starten? Auf Marnos Schule zum Beispiel."

Beldor sagte nichts. Er schloss die Augen, wartete einen Moment, um sie dann von Kummer getränkt wieder zu öffnen.

„Ich setze sofort ein Schreiben an die Könige auf", sagte er. „Nerre darf nicht gegen den Befehl ihres Königs handeln, aber in ihrem privaten Krieg gegen die Amazonen tut sie alles. Die Könige interessiert es nicht, solange es nicht auf sie zurück fällt aber die Schule ist ein ganz anders Thema. Was sollt ihr für sie tun?"

„Sie denkt in Morlos Bande würde sich eine Nachfahrin von Alesa befinden. Dieses Mädchen soll mithilfe der Sage um den Ursprung der Amazonen ein Heer aufstellen wollen. Ich frage mich, welchen Quellen sie ihre Informationen entnimmt."

Ero lachte auf, wartete aber umsonst auf ähnliche Reaktion durch seinen Vater.

„Wenn ich im Recht bin, schickt Nerre ihnen die beste Waffe." Ero sah zu seinem Vater. „Bin ich im Unrecht, ist es auch egal. Alina sieht Nette so verdammt ähnlich. Unter ihrer Führung würden viele das Schwert ergreifen." Der Richter schüttelte den Kopf. „Ich sehe ein Unglück heraufsteigen."

„Das hat wohl mit deinem Sohn zu tun." Ero schnaubte auf. Es mochte sein, dass Alina der Amazonenkönigin ähnelte, aber sie hatte nichts damit zu tun, genau wie er. „Mein Vater ist so verhasst, dass ihnen sein Sohn willkommen sein wird, wie einst mein Bruder."

„Dieser räudige Hund sollte mir dankbar sein, statt darauf zu sinnen mir die Söhne zu nehmen", knurrte Beldor. „Ich denke kaum, dass ich dich oder Alina davon abhalten kann, dorthin zu gehen."

Genau das war Ero bewusst. Alina würde lieber sterben, als die Schule ins Verderben zu stürzen, wie sie oft genug auf ihrer Reise gesagt hatte. Und er würde nicht zulassen, dass sie sich alleine auf solch einen gefährlichen Weg begab.

Sie waren Freunde.

„Was Nerre sagt stimmt." Ero blinzelte seinen Vater verwirrt an. „Erinnerst du dich wirklich nicht mehr an unsere Reise zur Hinrichtung. Du und Per wart bei uns. Dann war dort diese kleine Gruppe, unter ihnen zwei Kinder."

„Nala." An sie erinnerte sich Ero noch. Ein kleines Mädchen ganz alleine. Verlassen von allem liebsten und Marli, ihre große Beschützerin.

„Das zweite Mädchen war Alesas Enkelin. Die Alte verließ mit ihrer Familie auf Nettes Wunsch das Amazonendorf. Ich schickte sie zu Morlos Versteck. Solltest du mit Alina gehen und dort in Gefahr geraten, frag nach Melasa. Für die Amazonen zählt ihre Ehre mehr als alles andere. Ich hoffe, sie wird dir helfen."

Und ich hoffe du hast recht, alter Mann, beließ es Ero bei einem Gedanken. Er mochte Alina und oh ja, er liebte sie so sehr, dass er sein Leben für sie geben würde. Aber nicht, wenn es sich verhindern ließ.

Ero stand auf und ging ohne eines weiteren Wortes zur Tür. Ein letzter Blick zurück zu dem Vater, der seinen Kopf gedreht hatte und jetzt einen Raubvogel bei der Jagd beobachtete.

Leise schloss der Junge die Tür hinter sich.

Wenn sein Vater schon keine Hoffnung sah, was konnten sie anderes tun? Ob wenigstens der Brief an die Könige bewirkte Marno Schutz zu bieten?

Im Stillen flehte Ero darum, oder wenigstens, dass ihr Opfer nicht vergebens sein würde.

Seine Schritte führten den Gang entlang. Sein Zimmer lag neben dem der Eltern. Für Alina hatte man eines daneben bereitgestellt. Wusste sie davon?

Er traute sich nicht, sie darauf anzusprechen.

Drinnen öffnete er die Schränke mit all seiner alten Kleidung, sowie neue, an die seine Mutter gedacht hatte.

In all den Jahren bei Marno und Alina gewöhnte er sich an das einfache Leben. Dort trug er schon lange keine maßgeschneiderten Sachen mehr. War es kaputt, ließ er es bei einer befreundeten Bäuerin flicken, oder nahm selbst Nadel und Faden zur Hand.

Raue Hände von der Arbeit waren genauso normal, wie die ein oder andere verblassende Narbe. Ein Leben bei seinen Eltern würde ihn vor all dem beschützen und doch wollte er nicht dorthin zurückkehren.

Seine Hände wanderten über den Stoff seines vergangenen Lebens. Ein Versprechen flammte in seiner Erinnerung auf und er sah diesen womöglich letzten Besuch hier darin, es zu erfüllen. Die Frage bleib, wie Alina darauf regierte.

Das würde er dann wohl früh genug sehen.