"Heh. Ist dieser Typ immer noch hier?" Liam grinste, als er aus dem Handelsgebäude kam. Natürlich hatte er bemerkt, dass Berat ihm gefolgt war, aber er sah keinen Grund, darauf zu reagieren.
"Nun, mal sehen, ob er immer noch in der Nähe wartet." Sein Grinsen wurde breiter und in der nächsten Sekunde verschwand seine Gestalt.
"Was zum Teufel? Wo ist er hin?" Berat blickte sich suchend um. "Ist seine Geschwindigkeit und Wendigkeit bereits so hoch, dass ich ihm nicht mehr folgen kann?"
"Nein, warte. Hat er vielleicht eine Art Tarnkappenfähigkeit erlernt?" Berat war enttäuscht, dass er seine Spur verloren hatte. "Wie soll ich ihn nun wiederfinden?"
Er zerbrach sich eine Weile den Kopf, bevor ihm etwas Wichtiges einfiel. Dann schlug er sich vor die Stirn – wie hatte er das nur übersehen können!
"Verdammt. Er muss sich gerade ausgeloggt haben. Warum werde ich nur so nervös?" Er schüttelte den Kopf, um sein Hirn dazu zu bringen, nicht zu überreagieren.
Er seufzte tief und setzte sich in der Nähe eines Baumes am Eingang des Handelsgebäudes. "Ich habe bereits 3 Stunden verschwendet. Was soll's, wenn ich noch ein paar mehr verschwende? Scheiß drauf."
Er hatte versucht, auf hundert verschiedene Arten mit den wenigen Alchemisten in der Stadt zu sprechen, aber er hatte nicht einen klitzekleinen Hinweis auf ein mögliches Schlupfloch entdeckt.
Mittlerweile war er so sehr in die Sache vertieft, dass er besessen war, das Schlupfloch zu finden! Entweder das, oder er würde das Spiel ganz aufgeben – zumindest für den Rest des Tages…
…
…
…
Liam spürte einen Ruck durch seinen Körper gehen und sein Bewusstsein kehrte in die reale Welt zurück. Er öffnete beiläufig die Spielkapsel und stieg aus.
"Bruder! Bruder! Wahh! Du bist endlich zurück!" Meilin sprang auf und lief zu ihm, neugierig auf seine vertraute, aber leicht veränderte Gestalt blickend.
"Ja. Bist du hungrig geworden? Tut mir leid, ich bin ein bisschen spät dran."
"Nein, mir geht es gut." Das Mädchen lächelte wie immer, obwohl ihr kleines Gesicht und ihre mandelförmigen Augen müde und schlaff aussahen.
Liam musste ebenfalls lächeln. Das Mädchen war für ihr Alter viel zu reif. Sie hatte nie etwas von ihm verlangt, obwohl sie oft hungrig ins Bett gegangen waren.
Er tätschelte sie und bestellte dann schnell etwas zu essen für sie in einem nahe gelegenen Restaurant.
Er wollte mit ihr an einen schönen Ort gehen, aber morgen würde er viel zu tun haben, also entschied er sich, den Tag mit einer schnellen Mahlzeit zu beenden.
Das Essen kam bald, und Liam servierte die verschiedenen Gerichte auf Tellern und Schüsseln für die beiden.
Da das Geschwisterpaar alleine im Haus war, war es ziemlich ruhig, als sie das Essen hinunterschlangen.
"Bruder, ist das wirklich in Ordnung? Wir geben viel Geld aus…"
"Mei, willst du morgen in eine größere Wohnung ziehen?" Liam lächelte und fügte noch ein Stück zart gekochtes Schweinefleisch hinzu.
"Größere Wohnung? Bruder, haben wir in der Lotterie gewonnen?" Das Mädchen kicherte.
"He. Ich denke wir könnten das so nennen." Liam grinste. Er fügte ihr noch etwas mehr Essen hinzu und nahm auch selber noch.
Er war ausgehungert, nachdem er so viel Energie verbraucht hatte. Und dann war da noch diese andere Sache…
"Ähm… Bruder… Irgendetwas ist anders mit dir..." Meilin konnte es nicht genau sagen, aber ihr dünner Bruder sah heute irgendwie verändert aus.
Obwohl er immer noch dünn war, wirkte er aus irgendwelchen Gründen stärker. Die Pickel in seinem Gesicht waren verschwunden und er hatte Muskeln?
"Eh? Hör auf mich anzustarren und iss dein Essen. Wir essen besser, also ist es natürlich auch, besser auszusehen und sich besser zu fühlen. Denk nicht zu viel darüber nach."
"Und morgen keine Schule, in Ordnung?"
"Ich verdiene jetzt Geld mit diesem Spiel. Daher können wir uns eine bessere Wohnung leisten. Ich will nicht, dass wir hier länger bleiben."
"Heute Abend solltest du gut essen und dich richtig ausruhen, damit du mir bei unserem Umzug morgen helfen kannst."
"Wahh! Bruder, stimmt das wirklich? Wir können Geld verdienen, indem wir einfach nur spielen?"
Liam lächelte und rauften ihr die Haare, was das junge Mädchen schmollen lies. "Klar. Warum sollte ich dich anlügen?"
"Ab jetzt werden wir ein besseres Leben haben. Du bekommst dein eigenes Zimmer, neue Kleider, was auch immer du möchtest. Du wirst es morgen sehen." Er nickte.
"Ahh..." Das Mädchen war sprachlos. "Dann soll ich auch anfangen zu spielen? Ich kann dir helfen?"
"Alles zu seiner Zeit. Lass mich erst stärker werden. Dann werde ich dich in die neue Welt bringen."
"Ahh... aber!"
"Keine Widerworte! Du solltest dich zuerst ausruhen. Nachdem du aufgewacht bist, warte auf mich und geh nicht zur Schule. Erinnerst du dich?"
"Okay, Bruder. Ich werde auf dich hören. Und… arbeite nicht zu viel."
"Ha. Keine Sorge." Liam warf das Geschirr in die kleine Spüle und machte sich nicht die Mühe, es abzuwaschen.
Er vergewisserte sich, dass die Tür richtig verriegelt war, trank einen Krug voll Wasser und stieg wieder in die Kapsel.
Nachdem er gegangen war, betrachtete Chang Meilin die Kapsel aus verschiedenen Blickwinkeln, aber sie traute sich nicht, näher zu kommen, aus Angst, etwas kaputt zu machen.
Sie setzte sich zurück in ihre Ecke, zog schweigend ihr Lehrbuch heraus und begann zu lesen.