Nach einigen Minuten erblickte Scarlett endlich ein wunderschönes Haus auf einem Hügel. Sie vermutete bereits, dass es genau dieses Haus war, zu dem sie unterwegs waren. Denn es war das einzige weit und breit. Das Haus ragte einsam auf dem höchsten Punkt im Perlengarten hervor.
Scarlett konnte es kaum noch abwarten zu sehen, wie es dort oben aussah. Es musste weitaus schöner sein als alles, was sie bisher auf ihrer Reise gesehen hatte. Schon bald passierten sie mit ihrem Auto das große, schwarze Tor. Mehrere Wachleute in schwarzer Uniform standen am Eingang, als die Fahrzeuge das Anwesen betraten.
Scarlett konnte die Glocks sehen, die an ihren Hüften hingen. Auf den ersten Blick konnte sie erkennen, dass alle diese Wachen hochqualifiziert waren. Sie wirkten nicht wie normale Wachleute, eher als hätten sie eine Ausbildung von Spezialeinheiten absolviert – ihre Haltung glich eher der von Soldaten, als der von Sicherheitskräften.
Scarlett lief ein Schauer über den Rücken, als sie diese Wachleute sah. Warum benötigte Xander solche Leute, die auf sein Haus aufpassten? Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Er war noch immer vertieft in sein iPad.
Das einzige, was Scarlett sicher über Xander wusste, war, dass er sehr fleißig war. Sie hatte ihn noch nie untätig erlebt. Stets las er etwas oder telefonierte.
Dabei ließ Scarlett ihre Gedanken über die Wachmänner hinter sich und richtete ihren Blick stattdessen nach draußen. Wunderschöne Gärten breiteten sich vor ihren Augen aus. Die Straße, auf der ihr Auto fuhr, war von wunderschönen Spartanischen Junioren gesäumt.
Und dann, schon bald, blickte sie auf ein zweistöckiges weißes Haus mit modernem Anstrich. Es stand fest am Ende der Straße, wirkte langgestreckt und war von einem Garten umgeben, der dem, was sie bislang gesehen hatte, in nichts nachstand. Als das Auto sich dem Vorgarten des Hauses näherte, war Scarlett überrascht ein Dutzend Bedienstete in schwarz-weißen Uniformen zu sehen, wie sie am Haupteingang Spalier standen. Die Szene überraschte sie.
'Empfangen sie Xander jedes Mal so, wenn er nach Hause kommt?'
Scarlett war völlig verblüfft von Xanders luxuriösem Lebensstil. Dieser Mann wusste offensichtlich, wie er sein Geld einsetzen musste. Er war die zweite Person in ihrem Leben, die einen solchen Lebensstil pflegte.[⑤She felt amused. How could she get involved with both of them!? Just thinking about the other guy made her feel dizzy.]
'Lebt seine ganze Familie hier?'
In einem Moment erstarrte Scarlett vor Schreck. Sie hätte nie gedacht, dass sie Xanders Familie treffen würde. Sie hatte sie völlig vergessen. Nun aber stürzten Ängste über die bevorstehende Begegnung auf sie ein.
'Werden sie mich als ihr Schwiegertochter akzeptieren?'
Scarlett blickte zu Xander, wollte ihm diese Frage stellen, doch plötzlich war er nicht mehr an ihrer Seite. Gerade als sie den Fahrer danach fragen wollte, spürte sie, wie jemand die Autotür neben ihr öffnete.
Ein überraschter Blick huschte über ihr Gesicht, doch schließlich lächelte sie, als sie sah, dass Xander ihr die Autotür öffnete. Er streckte ihr die Hand entgegen.
Träumte sie? Hatte dieser kühle Mann tatsächlich auch eine sanfte Seite? Wie süß. Scarlett biss sich auf die Innenseite ihrer Lippen – sie wollte unbedingt vermeiden ihm gegenüber ihre Bewunderung zu äußern. Seine charmante Geste durfte nicht dazu führen, dass sie Gefühle für ihn entwickelte.
"Meine Hände sind taub… kannst du nicht schneller aussteigen?" Xanders ungeduldiger Tonfall erreichte Scarletts Ohren. Doch fast hätte sie vor Überraschung einen Herzinfarkt erlitten, als sie diesen Eisprinzen sie 'Babe' nennen hörte.
Babe? Hörte sie etwa nicht richtig? Scarlett sah ihm in die Augen, doch sie konnte nur seinen gereizten Blick erkennen.
'Ha-ha-ha, natürlich habe ich mich verhört... Es gibt keinen Weg auf dieser Welt, dass dieser Kerl mich so nennen würde, oder?'
Im nächsten Moment hob sie ihre Hand und berührte seine. Ihr Herz schlug unkontrolliert in ihrer Brust. Es war, als würde ein Stromschlag ihren Körper durchziehen, als ihre Hände sich berührten. Sie spürte wie Xanders Wärme sofort in ihren Körper überging.
"Vielen Dank", sagte Scarlett leise, während sie direkt neben ihm stand.
Xander sagte nichts, doch begann zu gehen. Er hielt an, als ein großer Mann mittleren Alters auf ihn zukam.
"Meister..." begrüßte Paul Kane Xander respektvoll.
"Paul, dieses ist meine Frau. Ab sofort wird sie das Haus regieren."
Paul Kane war geschockt. Unzählige Fragen türmten sich in Paul Kanes Kopf auf. Heiratet Meister Xander? Seit wann? Warum wusste er nichts davon?
Doch obwohl Pauls Kopf mit Fragen überfüllt war, sprach er keinen einzigen Gedanken aus. Als Butler konnte er nur Befehle entgegennehmen, ohne Rückfragen zu stellen.
"Jawohl, Sir", sagte Paul. Er betrachtete die Frau, die neben seinem Herrn stand.
Die Frau sah wunderschön aus, doch besaß sie einen eigenwilligen Stil. Ihr Haar war in einem frechen Pixie-Schnitt, mit einem grauen Farbstich getönt. Sie trug auch einen kraftvollen roten Lippenstift. Doch das Auffälligste an ihr war ihre ruhige und würdevolle Ausstrahlung. Sie unterschied sich stark von den Frauen, die sein Herr sonst in die Weiße Villa eingeladen hatte. Diese wurden normalerweise laut, wenn sie sahen, wie groß und luxuriös dieses Haus war. Doch diese Frau war anders. Sie war vorsichtig und wirkte unbeeindruckt, als hätte sie es gewohnt, diese prächtigen Plätze voller Menschen zu sehen.
"Willkommen in der Weißen Villa, junge Frau. Ich bin Paul Kane, der Butler dieser Villa", sagte er, während er den Kopf senkte, um Blickkontakt zu vermeiden. Er fürchtete, sein Herr könnte wütend werden.
"Hallo, Herr Kane. Es ist schön Sie kennenzulernen", antwortete Scarlett höflich und lächelte dabei. Gleichzeitig durchfuhr sie aber ein kalter Schauer. Sie drehte sich zu Xander, dem Auslöser des Kälteschauers, um und war geschockt.
'Warum wirkt dieser Mann so wütend?' Scarlett konnte spüren, dass die Temperatur gefallen war. Auch Paul bemerkte die Veränderung in der Atmosphäre. Er räusperte sich, bevor er sagte, "Bitte nennen Sie mich beim Vornamen, junge Frau. Einfach nur beim Vornamen." Seine Stimme klang ängstlich. Paul wusste, dass sein Herr wütend war, wegen des Lächelns, welches die junge Frau ihm geschenkt hatte.
'Junge Frau, bitte lächeln Sie mich nicht so beiläufig an. Der Meister wird mich ermorden…', betete er in Gedanken.
Scarlette nickte mit einem wunderschönen Lächeln im Gesicht. Pauls Körper versteifte sich.
Er senkte sofort seinen Kopf, in der Hoffnung, Blickkontakt mit der jungen Frau zu vermeiden.
'Oh Gott! Bitte beschütze mich vor dem Zorn meines Meisters!', betete er in Gedanken.