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Chapter 10 - Hoffnung auf einen Schimmer

"Weißt du ein paar haben gesagt, man kann sich bei den Automaten alles kaufen."

"Wie Kaufen? Mit Geld?"

"Bei den Automaten kann man mit seinen Punkten anscheint alles mögliche kaufen."

"Wollen wir dahin gehen?", frage ich sie.

"Ja, na klar."

Wir gehen den Flur zum nächsten Automaten entlang. Er steht genau gegenüber von der Tür, die zur Aula führt.

"Jetzt musst du deine Hand rauflegen.", sagt mir Hanami.

Ich lege meine Hand auf's Display. Es öffnet sich ein Shop.

"Jetzt musst du die medizinische Kategorie auswählen." Ich gehe auf 'Kategorie' und wähle 'Medizin'.

"Und jetzt?", frage ich sie?

"Ähh, weiß ich nicht. Ich kenne die Begriffe für die Gegenstände nicht."

Ich schaue mich im Shop um. Hier kann man konkretere Medizin auswählen. Ich tippe auf den Button 'Brüche'.

"Ich glaube ich hab's."

"Gut. Du brauchst diese beiden Binden," Ich wähle beide aus und scrolle weiter nach unten. " diese Watte," Ich wähle sie aus. "und die Schiene." Auch die Schiene wähle ich aus. Dann tippe ich auf den Button 'Kaufen'. Es kostet 142 Punkte. Ich muss meine Handfläche erneut rauflegen um den Kauf zu bestätigen. Unten beim Automaten kommen die Gegenstände auf einem Fließband raus.

"Was jetzt?", frage ich sie.

"Jetzt, sollten wir uns an einen Tisch setzen."

"In meinem Zimmer ist ein Nachttisch."

"Dann lass uns da hingehen."

Dort angekommen, weist sich mich an, meinen Ellenbogen auf den Nachttisch zu stellen.

"Nun brauchen wir diese Strümpfe. Kannst du sie mir geben?"

"Strümpfe?", frage ich verwundert, "Ich habe nichts gekauft was Strümpfen ähnlich sieht."

Sie schaut sich die gekauften Sachen an. "Dann hab' ich dir wohl vergessen zu sagen sie zu kaufen. Ich gehe sie schnell holen." Sie geht aus den Raum.

Wieso kauft sie die? Das ist doch meine Wunde? Aber viel wichtiger ist, dass sie mein Ziel ist. Soll ich warten und hoffen, dass sie stirbt? Will ich überhaupt, dass sie stirbt. Sie scheint nett zu sein. Und die Welt braucht mehr Menschen wie sie. Was soll ich machen? Was würde mein Lehrer jetzt machen? Er würde mir wohl sagen, ich muss es selbst wissen. Was für 'ne dumme Scheiße. Während ich vor mich hin grüble, kommt sie wieder.

"Hallo!", grüßt sie mich, "Da bin ich wieder."

"Hallo."

"Ich hab auch gleich eine Schere gekauft."

Sie setzt sich zu mich an den Nachtisch und stülpt mir die 'Strümpfe' über den Arm. Sie zieht den Strumpf bis zu meiner Armbeuge. Dann schneidet sie ein Loch für meinen Daumen. "So. Jetzt die Watte." Sie nimmt die Watte und bindet sie um mein Handgelenk. Beim Daumen schneidet sie die Watte ein. Dann wickelt sie die Watte um meinen restlichen Arm. Nun zieht sie den Strumpf von der Armbeuge über die Watte zu meiner Hand. Dann schneidet sie ein Loch über den Zeigefinger und stülpt das Ende zurück. Das eingeschnittene Loch über den Daumen.

"Der erste Schritt ist dann fertig."

"Sag' mal warum hilfst du mir eigentlich? Nicht das ich das schlimm finde, aber ich habe jemanden umgebracht."

"Ich weiß.", sagt sie zufrieden lächelnd. Sie schneidet den Stoff in die richtige Länge. Sie legt mir den Stoff noch einmal an den Arm. "Ich kann einfach nicht anders als anderen zu helfen. Es macht mich unglücklich jemanden nicht zu helfen" Sie steht auf. "Ich muss die Schiene unter Wasser halten. Wart solange hier." Dann geht sie ins Bad. Ich warte und schaue mich im Raum um. Da auf dem Bett hat mir Yorio erzählt, dass er eins meiner Ziele beschützen soll. Sie könnte Yorios Ziel sein. Was soll ich nur machen? Sie kommt wieder. Sie geht leicht in die Hocke. Die nasse Schiene spüre ich durch die Watte kaum. Ich spüre nur ihre Hand wie sie sich auf meinen Arm bewegt wird. Es entspannt mich irgendwie. Sie nimmt meine Hand und dreht sie in die richtige Position. Meine Finger werden durch ihren warme und weichen Hände gewärmt. Sie bindet die Schiene mit der dünneren Binde fest. Sie fängt wieder am Handgelenk an zu binden. Als sie unten am Arm ankommt schneidet sie die überstehende Schiene ab und bindet die Binde fest.

"Bist du fertig?", frage ich sie.

"Nein, noch nicht. Ich muss das noch mit der anderen Binde stabilisieren."

Sie nimmt die blaue Binde und fängt diesmal von unten an zu binden. Oben angekommen schneidet sie wieder einen Schlitz für den Daumen. Dann schaut sie, ob ich alle meine Finger bewegen kann. Sie kontrolliert ebenfalls die Mobilität des Ellenbogens.

"So, fertig." Sie lächelt mich zufrieden an.

"Ja, danke.", sage ich verblüfft.

"Den wirst du einige Wochen nicht benutzen können."

'Einige Wochen'. Habe ich mir schon gedacht.

"Falls du mal irgendwann Hilfe brauchst, werde ich ich mich gerne revangieren."

"Danke."

Ich begleite sie zur Tür.

"Ach falls irgendwas ist. Mein Zimmer ist dort drüben." Es liegt auf der anderen Seite. Ein Zimmer weiter als Yorios. Yorio. Ich antworte mit einem kurzen "Ja." und schließe die Tür. Yorio? Warum ist er mir so wichtig gewesen? Liegt das daran, dass mir niemand wirklich geholfen hat. Er hat sich sofort für mich eingesetzt. Mein Lehrer hat mir auch geholfen. Ist vielleicht ein unnormal, wenn der Lehrer der beste Freund ist. Aber... Ich war nicht unbeliebt. Also später nicht mehr. Ich habe einfach nur eine 'lustige' Maske auf. Ich bin der, wegen dem alle lachen, wenn der Unterricht 'mal wieder langweilig ist. Und er ist oft langweilig. Das liegt wohl auch an meinem ADHS. Dadurch habe ich nie Freunde in meinem Alter gehabt. Also richtige Freunde. Freund denen ich aufrichtig glauben kann. Ja, ist schon 'ne scheiß Welt in der wir leben. Nur manchmal scheint auch 'mal Hoffnung durch die triste Wolkenmauer.

Mir fällt wieder die Punkteanzahl in der Mitte des unteren Drittels auf. 358P. Ich blinzle zweimal. Strümpfe und eine Schere. Das hat mir Hanami gekauft. Das hat sie doch sicher was gekostet. Wohl nicht so viel wie mir aber immerhin nicht nichts. Sie ist ein guter Mensch. Aber glauben kann ich das nicht so einfach. Menschen verraten und belügen sich gegenseitig um einen Vorteil daraus zu schlagen. Was ist wenn sie das nur gespielt hat. Ich meine die Schere wird sie wohl früher oder später eh für sich kaufen. Dann hätte sie nur Punkte für diese Strümpfe verschwendet. Und sie hat doch fast die ganze Zeit gelächelt. Das kann doch nicht normal sein. Aber andererseits, will ich glauben, dass sie wirklich gut ist, das sie ein Hoffnungsschimmer ist.

Ich gehe ins Bad und trinke was vom Waschbecken. Dabei fällt mir auf, dass, dass mein linker Arm gebrochen wurde. Wäre es der rechte, würde ich viel stärker eingeschränkt sein. War das Absicht oder Zufall? Grübeln wird da auch nicht weiterhelfen. "Also,", sage ich zu mir selbst, "geh raus und hab' Spaß." Als ich mein Zimmer verlasse sehe ich Urakiri wie sie vor Yorios Tür steht. Sie scheint zu warten.

"Was machst du da?", frage ich sie.

Sie schreckt auf. "Ach du bist es. Ich hole die Leute in die Aula. Wir versammeln alle in der Aula."

"Ah ok, aber das Zimmer ist leer. Da war Yorio drinne. Das ist", ich schaue nach unten auf ihre Hände, "der tote Junge."

"Der erste?"

"Nein, der zweite.", sage ich leiser.

"Das ist doch der Junge, der in der Aula gefunden wurde. Hast du ihn nicht..." Sie schaut zu meinem immer tiefer hängenden Kopf. "Tut mir leid. Das war keine Absicht".

"Gehen wir denn zur Aula?" Will ich die Atmosphäre lockern.

"Du kannst schonmal vorgehen. Ich hole noch die anderen."

In der Aula angekommen, sehe ich zwei Jungen und ein Mädchen oben auf der Bühne stehen. Die anderen sind vor der Bühne und warten. Ich gehe zu denen vor der Bühne.

"Wisst ihr was hier los ist?"

"Nicht so richtig. Die auf der Bühne wollen wohl irgendwas besprechen, wenn alle hier sind."

Ich warten mit den anderen. Es kommen nach und nach immer mal wieder Leute herein. Es öffnet sich wieder die Tür. Sayumi kommt rein. Sie geht zu einem Jungen. Hat sie auch schon andere Freunde gefunden. Ich schaue zum Automaten am anderen Ende. Wie lange dauert das noch? Ich werde immer hippeliger. Ist das anstrengend. Es passiert gar nichts.

"Hallo." Sayumi ist zu mir rüber gegangen.

"Hallo.", begrüße ich sie.

"Weißt du was das hier soll?"

"Nein, nicht so richtig."

"Ich auch nicht. Und das die beliebtesten oben stehen und reden werden, gefällt mir nicht."

"Was ist daran so schlimm?", frage ich.

"Beliebte Menschen sind nicht zwangsweise kompetent."

"Ja schon, aber wer soll denn sonst reden?"

"Außerdem denke ich...", sie macht eine Pause.

"Was denkst du?"

"Ist nicht so wichtig." 'Alles klar', denke ich mir ironisch.

"Schön das ihr alle da seid!", schreit das Megaphone. Ich halte mir die Ohren zu.

"Entschuldigung!", dröhnt es erneut durchs Megaphone. Schmerzt das!

Ich schaue zur Bühne und sehe einen Jungen, wie er am Megaphone versucht irgendwas umzustellen. Als er es nicht hinbekommt, nimmt es der andere Junge. Er stellt den Regler ein. Er geht einen Schritt nach vorne.

"Ich bin Ryoto Takimoro, der Schlächter. Wir haben uns hier heute versammelt um über die nächsten Schritte zu sprechen. Es ist für jeden von uns eine schwere Zeit. Zusammen können wir diese Missliche Lage überwältigen. Die Rationierung ist dank der Automaten überflüssig geworden. Wir haben beschlossen, dass ab heute vier Menschen am Tag kochen. Jeden Tag werden andere das Essen zubereiten. Die Nahrungsmittel müssen mit den Punkten der Köche bezahlt werden. Ein weiteres Thema mit dem wir uns befasst haben ist der Umgang mit tödlichen Waffen. Wir sind der Meinung, dass Waffen weder gekauft, noch aus der Küche entnommen werden dürfen. Alle tödlichen Gegenstände sollten verboten werden. Menschen mit solchen Gegenstände werden unter Verdacht ein Mörder zu sein weggesperrt. Ich hoffe ihr könnt uns in diesen Punkten zustimmen."

"Keine Waffen find' ich scheiße! Wie soll ich mich da denn verteidigen?" Der Junge hat schwarze Haare. Ein eher durchschnittlicher Typ. Warte am Hals hat er ein Tattoo.

"Ein paar ausgewählten Menschen ist es gestattet Waffen zu tragen. Die ausgewählten bestehen aus allen bei den nachweislich bestätigt ist, dass sie keine Mörder sind."

"Zum Beispiel du?", fragt der Junge der vorhin noch Sportkleidung trug.

"Ja, zum Beispiel ich. Allerdings trage ich auch eine weitere Verantwortung. Ich habe die Verantwortung Urakiri Hirai, die Anführerin, zu beschützen. Nach langem Überlegen und mehreren Gesprächen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie am geeignetsten ist."

"Können wir den Anführer nicht einfach wählen?", ruft ein Freund von dem Jungen mit dem Tattoo.

Ryoto scheint nicht zu wissen was auf die Frage antworten soll. Er dreht sich zu den anderen auf der Bühne. Da fällt mir Urakiri neben der Bühne auf. "Also...", fängt er an als er sieht, dass ihm niemand hilft, "das ist ein gute Frage. Ich habe auch lange darüber nachgedacht, bin dann zum Schluss gekommen, dass die Mörder unter uns auch mitbestimmen könnten wer sie anführt. Das würde die Wahl verfälschen. Denn dadurch könnte jemand Anführer werden, der im Interesse der Mörder handelt." Die Mörder wissen untereinander, doch gar nicht wer ein Mörder ist. Aber wenn ich das sage, mache ich mich verdächtig.

"Die Stimme hat gesagt, dass der Mörder Mörder nicht weiß wer die anderen Mörder sind. Liegt es dann nicht nahe, dass die Mörder untereinander ebenfalls nicht wissen, wer ein Mörder. Die Mörder müssen sich ohnehin verdeckt verhalten und können dadurch nicht den wählen, der im Sinne der Mörder handelt. Für mich klingt das danach eine Marionette einzuführen. Ich meine Urakiri? Sie ist süß und viele stehen auf sie, aber sie ist weder Kompetent noch hat sie eine eigene Meinung." Viele schauen den Jungen in Sportkleidung für seine Äußerung angepisst an. "Sayumi," Er schaut sie an. "du kannst das doch bestätigen und mir mindestens zehn besserer Kandidaten aufzählen." Das ist ziemlich direkt und das er Sayumi da jetzt mit reinzieht... Ich weiß ja nicht.

Urakiri geht auf die Bühne "Das finde ich ziemlich gemein von dir. Meinst du das ist einfach..."

"Einfach Macht zu nutzen?", unterbricht sie der Junge.

"Nein, das meine ich doch gar nicht. Ich will doch nur helfen. Wir müssen uns vertrauen. Anders können wir dem hier kein Ende bereiten." Ihre Stimme kommt ohne Megaphone nicht weit. Sie ist leise und zärtlich.

"Ey, du da mit dem Hals Tattoo was hältst du davon dein Messer abgeben zu müssen?"

"Meinst du mich?", spielt er sich auf, "Das nimmt mir niemand weg!"

"So wie ich das sehe, ist autokratisch Vorgehen hier ohne Widerstand nicht möglich.", fasst der Junge im Sportanzug zusammen.

"Beruhigen wir uns wieder.", fordert Ryoto, der Schlächter.

"Wie machen wir das jetzt mit dem Anführer?"

"Ich wäre eher für eine Wahl.", sagt eine weitere Stimme.

Es wird immer unruhiger. Immer mehr fordern einen gewählten Anführer. Ryoto, der Schlächter ist der Einzige auf der Bühne, der etwas gegen die Unruhe unternimmt.

"Natürlich werden die Berater des Anführers gewählt, aber der Anführer sollte eine feste Säule sein. Er darf unter keinen Umständen ein Mörder sein."

"Sollte der Schlächter demnach nicht der Anführer sein." Der Junge lächelt. "Läuft wohl ziemlich scheiße für dich." Ryoto schaut ihn mit wütend, merkt aber schnell, dass er lieber die Masse beruhigen sollte.

Ryoto stellt den Regler hoch. "Nun gut.", dröhnt es aus dem Megaphone. Alle schauen auf ihn. Er stellt den Regler wieder runter. "Wie wäre es mit dem Kompromiss, dass ich als hundertprozentiger Bewohner Anführer werde und die Berater gewählt werden?"

"Wie viele Berater, sollen gewählt werden?", frage ich.

"Gute Frage. Wie wär's mit zwei? Dann hat jeder Berater und ich eine Stimme. So wird es immer eine Stimmenmehrheit geben." Er schaut in die Runde. "Wenn es keine weiteren Fragen gibt, werde den Zeitpunkt der Wahl in den nächsten Stunden bekannt geben."

Also eine Wahl? Zwei Berater sollen gewählt werden? Sollte ich mich zur Wahl stellen? Mich kennt hier fast niemand und die, die mich kennen denken, dass ich ein rachsüchtiger Mörder bin. Aber als Mörder fühle ich mich nicht. Ich habe keinerlei Schuldgefühle oder fühle mich schlecht. Ich dachte, dass mir der erste Mord mehr zu schaffen macht. Warum ist das so? Wäre mein Lehrer hier könnte er mir sicher weiterhelfen.